Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2005)

SAMSTAG, 1. OKTOBER 2005 BLATT 
UNLAND 
3 FORUM Menschliches Leben ist nicht verhandelbar AN/t-IOR INITIATIVKOMITEE FÜR DAS LEBEN Der am Mittwoch vom Landtag selbstbewusst gebilligte Gegenvorschlag der Fraktionen von FBP und VU unterscheidet sich von unserer Initiative «Für das Leben» in der Auswirkung wesentlich. Wir möchten mit dieser Presse­ mitteilung den Unterschied herausstellen, um der Diskussion vor der Volksabstimmung eine unmissverständliche 
Grundlage zu geben. Die Initiative «Für das Leben» sieht den Schutz des menschlichen Lebens über die ge- I samte Zeitspanne eines Lebens vor: «... von ! der Empfängnis an bis zum natürlichen Tod». | Der Gegenvorschlag lässt die Zeitspanne of- | fen. Ein Recht auf Leben, wie es der Gegen- i Vorschlag vorsieht, verpflichtet den Staat | nicht in jedem Fall zu einem Schutz des Le­ bens. Mit der Verfassungsänderung gemäss der Initiative «Für das Leben» wird der Staat ver­ pflichtet, jedes menschliche Leben, ohne Unterschied zu schützen. Das bedeutet, dass • die bestehenden Gesetze im Wesentlichen er­ halten bleiben. Künftige Forderungen jedoch, nach denen mit neuen Gesetzen menschliches Leben beseitigt werden kann, können vom Landtag zurückgewiesen werden. Das betrifft ; viele heute zur Diskussion stehende Bereiche, l wie zum Beispiel embryonale Stammzellen- I forschung, Fristenlösung, vorgeburtliche | Diagnostik, aktive Sterbehilfe usw. Man kann ' annehmen, dass mit der technischen Entwick- I lung heute noch unbekannte Bereiche dazu | kommen. Mit dem Gegenvorschlag der Land- ; tagsfraktionen von .FBP und VU kann der j 
Landtag mit seiner eigenen Wertvorstellung | entscheiden, welches menschliche Leben le- | benswert ist und welches nicht. Mit dem Vorschlag der Initiative «Für das | Leben» hat der Gesetzgeber einen klaren und ! festen Rahmen, innerhalb dem er künftige Gesetze gestalten kann, die bedrohtes menschliches Leben zum Gegenstand haben. Dieser gesetzliche Rahmen bietet einen gros­ sen .Freiraum, in dem anstehende Probleme gelöst werden können, ohne einfach ein | menschliches Leben auszulöschen. Die Kul­ tur des Lebens wird verantwortungsvoll fort­ entwickelt. Die Entwicklung wird in eine hu­ mane Richtung gelenkt. Und so wird man zum Beispiel eine materielle und psychische Hilfe einer Fristenlösung vorziehen. Der Gegenvorschlag will den von der Initi­ ative vorgeschlagenen gesetzlichen Rahmen aufweichen. Der Schutz des menschlichen Lebens würde gemäss Gegenvorschlag je­ weils nach der gerade.geltenden Wertordnung und 
unter immer fragwürdiger werdenden ethischen Gesichtspunkten geändert. Wir wollen mit der Initiative «Für das Leben» das Abgleiten unseres Landes in eine Zukunft verhindern, in der das menschliche Leben wie eine Ware verhandelt wird und Abstimmun­ gen unterworfen ist. Ein aufgeweichter ge­ setzlicher Rahmen beschleunigt eine Zerset­ zung der Moral. Julius Risch, Triesen und Lotte Büchel, Balzers für das Initiativkomitee für das Leben NEUER PRÄSIDENT Andreas Meier neuer Präsident •VADUZ 
- Gestern fand im Gasthof Löwen, Va­ duz, die Generalver­ sammlung des Kiwa- nisclubs Liechtenstein statt. Im Mittelpunkt der Traktanden stand die Wahl des neuen Vorstandes für das neue Clubjahr. Neuer Präsident des Kiwanisclubs Liechtenstein wurde einstimmig und mit Ap­ plaus Andreas Meier (Bild) aus Schaan. (PD) 
Reformen sichern Handlungsfähigkeit Regierungschef Hasler über die Zukunft von Liechtensteins Sozialwerken VADUZ - Die unlängst ran der Regierung vorgestellte umfas­ sende Analyse des Sozialstaa­ tes Ist zum Schluss gekommen, dass unser Sozialstaat nach .wie vor solide finanziert Ist, dass Je­ doch Reformen notwendig sind, um die Finanzierung der Sozial­ werke langfristig zu erhalten. Das Volksblatt hat Reglerungs­ chef Otmar Hasler über die not­ wendigen Reformen befragt. Volksblatt: Die Regierung hat ei­ ne Analyse des Sozialstaates ver­ öffentlicht: Müssen wir uns Sor­ gen machen um die Zukunft un­ seres Sozialstaates? Otmar Hasler: Die Analyse zeigt deutlich auf, dass unser Sozi­ alstaat auf einem soliden Funda­ ment steht. Liechtensteins Sozial­ werke befinden sich im internatio­ nalen Vergleich in jeder Hinsicht in guter Verfassung. Die Finanzierung unseres Sozialstaates ist gegenwär­ tig trotz des breiten Leistungsange­ botes und hohen Kostensteigerun­ gen gesichert. Um langfristig einen ausgeglichenen Finanzhaushalt er­ reichen zu können, müssen aber weitere notwendige Reformen in Angriff genommen werden. Besteht erheblicher Handlungs­ bedarf? Ja, denn ebenso deutlich zeigt die Analyse auf, dass wir in absehbarer Zeit Vorkehrungen treffen müssen, wenn wir verhindern wollen, dass. auch unser Sozialstaat in seiner Substanz in Gefahr gerät. Verschiedene Faktoren wie die demographische Entwicklung, wachsendes Anspruchsdenken und das wirtschaftliche Umfeld haben einen wachsenden Kostendruck 
er- Verhindern, dass auch unser Sozialstaat in seiner Substanz in Gefahr gerät zeugt. Die gegenwärtig noch sehr gute Ausgangslage erlaubt es uns aber, die notwendigen Reformen sorgfältig anzugehen und Uberlegt respektive ausgewogen zu handeln. Viele Menschen fürchten, dass der Sozialstaat durch Sozialre­ formen schrittweise abgebaut wird: Teilen Sie diese Ängste? Es ist verständlich, dass die ab­ sehbaren Veränderungen manchen Menschen Unbehagen bereiten. Im anstehenden Reformprozess geht es aber nicht um Sozialabbau, 
son- Letztlich haben wir zwei Optionen dem um die Sicherung berechtigter Sozialleistungen. Gerade die Angst vor einer Erosion des Sozialstaates sollte uns Mut geben, Reformen in Angriff zu nehmen. Letztlich haben wir zwei Optionen: Entweder wir nehmen frühzeitig moderate und soziale Korrekturen vor oder wir warten bis einschneidende Kürzun­ gen unumgänglich sind. Wo müssen diese Korrekturen ansetzen? 
«Letztlich haben wir zwei Optionen: Entweder wir nehmen frühzeitig moderate und soziale Korrekturen vor oder wir warten bis einschneidende Kürzungen unumgänglich sind»: Regierungschef Otmar Nasler. Wir müssen dort mit unseren Re­ formen beginnen, wo Korrekturen notwendig sind und sozialverträg­ lich ausgestaltet werden können. Dies sind insbesondere die 
langfris- Grundlage für Kostendämpfung tige Sicherung der Attersvorsorge sowie die Bereiche Gesundheit und IV. Gerade im Bereich Gesundheit waren in den letzten Jahren enorme Kostensteigerungen zu verzeich­ nen. Aus diesem Grund haben wir liier als Erstes angesetzt und einen Reformprozess eingeleitet. Diesen Prozess werden wir Schritt für Schritt weiterführen, indem wir beispielsweise durch die Einfüh­ rung von Tarifsystemen wie Tar­ med eine Grundlage für Kosten­ kontrolle und Kostendämpfung schaffen. Was unternimmt die Regierung gegen steigende IV-Kosten? In einem ersten Schritt sind wir dabei, die Beitragssatze anzupassen, anschliessend werden auf der Leis­ tungsseite Korrekturen 
vorgenom- Reform nicht auf Kosten Bedürftiger men. Wie bei der Gesundheitsreform werden wir dabei sicherstellen, dass die Reform nicht auf Kosten deijeni- gen geht; die berechtigterweise von diesem System profitieren. Viele Menschen sind auf ein in­ taktes und tragfähiges soziales Netz angewiesen, daher muss die Grund­ funktion 
dieses Netzes erhalten bleiben. Bei allen anstehenden Re­ formen werden wir daher besonde­ res Augenmerk darauf richten, dass unsere Sozialwerkc die 
notwendige Erneuerung erfahren ohne dadurch ausgehöhlt zu werden. Wie geht es mit dem Sozialstaat Liechtenstein weiter? Die Analyse des Sozialstaates bietet uns einen wichtigen Über­ blick über notwendige Reform­ schritte. Den Handlungsbedarf zu erkennen ist aber nur das eine, Re­ formen auch umzusetzen ist das an­ dere. Schliesslich braucht es Mut, 
in einem schwierigen und biswei­ len auch unbequemen Reformpro­ zess Verantwortung zu überneh­ men. Es ist zu hoffen, dass unsere Politik diesen Mut geschlossen auf­ bringen wird. Es ist natürlich eihfacher, Verant­ wortung durch argumentative Ver­ renkungen und Schuldzuweisungen abzuschieben. Letztlich zählt aber nur, dass wir gemeinsam den Mut aufbringen, Verantwortung zu über­ nehmen und notwendige Reformen sozialverträglich umzusetzen. Der Lohn für diese Arbeit wird dabei nicht in Wählerstimmen ausgezahlt, sondern in kleinen Schritten in eine weiterhin prosperierende Zukunft. Welche Unterstützung seitens der Bevölkerung erhoffen Sie sich für diesen Reformprozess? Die Menschen wissen heute sehr genau, dass Korrekturen 
unum- Gemeinsam den Mut aufbringen gänglich sind, wenn wir erhalten wollen, was uns wichtig ist. Wenn wir den Menschen die Gewissheit geben können, dass Reformen der Sicherung des sozialen Charakters unseres Staates dienen, werden sich Mehrheiten finden. Dessen ungeachtet müssen wir uns aber auch im Sozialbereich vom Glauben verabschieden, dass alles machbar ist und alle Ansprüche befriedigt werden können. Wir müssen uns auch im Sozialen wie­ der auf die wesentlichen Dinge konzentrieren und unser An­ spruchsdenken ablegen. Jede und jeder Einzelne von uns muss wieder vermehrt Eigenverantwortung 
tra- ieder muss wieder vermehrt Eigenverant­ wortung tragen gen. Daher steht Eigenverantwor- tung im Zentrum von beispiels­ weise der Gesundheitsreform und auch künftiger Reformen. Ebenso müssen wir in anderen Bereichen wieder klare Verantwortungsstruk­ turen schaffen, sodass Verantwor­ tung dort wahrgehommen wird, wo 
dies direkt und effizient geschehen kann. Dadurch ergibt sich bei­ spielsweise auch die Aufgabenent­ flechtung zwischen Land und Ge­ meinden. Wohin führt dieser Weg in letzter Konsequenz? Wenn wir alle bereit sind, die not­ wendigen Reformen umzusetzen, können wir einerseits unsere 
Sozial- Handlungsfähigkeit unseres Staates langfristig erhalten werke für uns und für nachfolgende Generationen sichern und anderer­ seits die Handlungsfähigkeit unse­ res Staates langfristig erhalten. Das, was uns nämlich in der Ver­ gangenheit erfolgreich gemacht hat, war vor allem unsere Flexibilität. Nur wenn wir uns diese Stärke durch Reformen bewahren, können wir uns auch 
künftig rasch an veränderte Rahmenbedingungen anpassen. Fehlende Reformbereitschaft würde auf lange Sicht zu wachsen­ den Defiziten und staatlicher Ver­ schuldung fuhren, was wiederum unsere Handlungsfähigkeit stark begrenzen würde. Was ist der Ausweg aus dieser Entwicklung? Einerseits eine Fortführung des eingeschlagenen Reformkurses, 
an- Erschliessung neuer Einnahmequellen dererseits die vorausschauende Weiterentwicklung unseres Staates etwa durch die Erschliessung neuer Einnahmequellen. 
Als Beispiel hierfür möchte ich das neue Vermö- gensverwaltungsgesetz 
anführen, das den Finanzplatz Liechtenstein nachhaltig stärken kann. Als erstes europäisches Land verfügt Liech­ tenstein dank seiner Flexibilität Uber einen solchen Rechtsrahmen. Das macht erneut deutlich, wie wichtig es ist, durch Reformen nicht nur unsere soziale Sicherheit zu erhalten, sondern auf diese Weise letztlich auch unsere Hand­ lungsfähigkeit.
	        

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