Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2005)

DIENSTAG, 19. JULI 2005 
BLATT i INLAND 
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Krankenkasse 
3975 Anträge auf 
Krankenkassenbeihilfen 
VADUZ - Aufgrund des neuen KVG, in 
Kraft seit 1. Januar 2004, ist das Hausarztsys 
tem weggefallen. Anspruch auf Prämienver- 
billigung hatten somit im Jahr 2004 nicht nur 
die im Hausarztsystem Versicherten, sondern 
alle in Liechtenstein obligatorisch für Kran 
kenpflege versicherten Personen, deren Er 
werb die festgesetzten Erwerbsgrenzen nicht 
überschritten hat. Die Beiträge der Versicher 
ten an die obligatorische Krankenpflegeversi- 
chening (OKP) basieren auf so genannten 
«Kopfprämien», die unabhängig von Ein 
kommen und Vermögen erhoben werden. Mit 
der individuellen Prämienverbilligung sollen 
die in einkommensschwachen Verhältnissen 
lebenden Personen finanziell entlastet wer 
den. 
Insgesamt sind 3975 Anträge von Versi 
cherten beim Amt für Volkswirtschaft einge 
gangen, was etwa 14,2 Prozent der erwachse 
nen Wohnbevölkerung entspricht. Davon 
konnten 3393 Anträge (85,4 Prozent) positiv 
entschieden werden. Negative Entscheide 
mussten 582 (14,6 Prozent) erlassen werden, 
wobei in über 95 Prozent der Fälle (558) die 
Erwerbsgrenzen überschritten wurden. Von 
den 558 Ablehnungen infolge Überschreitens 
der Erwerbsgrenzen betrafen 97 Anträge sol 
che von in Ausbildung stehenden Personen, 
wo das Eltemeinkommen über der Erwerbs 
grenze lag. 
Die im Jahr 2004 tatsächlich ausgerichteten 
Leistungen des Landes für die Prämienverbil 
ligung betrugen 4 160 218 Franken. Zusatz- 
/ 
«Verzögerung möglich» 
Botschafter Christian Wenaweser über die anstehenden UNO-Reformen 
lieh wurden 20 081.40 Franken an noch aus 
stehenden Prämiensubventionen für Ansprü 
che aus dem Jahr 2003 «naohbezahlt». 
Die 4 160 218 Franken an Prämienverbilli 
gung des Jahres 2004 wurden an insgesamt 
3393 Bezüger und Bezügerinnen ausgerich 
tet; dies sind 21,2 Prozent mehr als im Vorjahr 
(2800). Relativ zur erwachsenen Wohnbevöl 
kerung lässt sich hieraus für 2004 eine Bezü 
ger-Quote von 12,1 Prozent berechnen. 
Schliesslich ergibt die separate Betrachtung 
nach Geschlecht für den weiblichen (erwach 
senen) Bevölkerungsanteil eine deutlich hö 
here Quote als für den männlichen (weiblich 
7,8 Prozent, männlich 4,3 Prozent). 
Weiter lässt sieb aus den genannten Zahlen 
errechnen, dass im Jahr 2004 im Durchschnitt 
pro Bezüger 1226.10 Franken an Leistungen 
nach KVG ausgerichtet wurden; pro Monat 
ergibt dies ein Betrag von 102.20 Franken. 
Diese Grössen können ins Verhältnis gesetzt 
werden mit dem gemäss der Betriebsrech 
nung der OKP ausgewiesenen Prämiensoll 
pro versicherte Person in der obligatorischen 
Krankenpflegeversicherung von 2556 Fran 
ken (mit Unfall) bzw. 2442 Franken (ohne 
Unfall) pro Jahr oder von 213 Franken (mit 
Unfall) bzw. 203.50 Franken (ohne Unfall) 
pro Monat und lassen dann folgende Interpre 
tation zu: Hat eine versicherte Person im Jahr 
2004 eine Prämienverbilligung erhalten, dann 
wurde dieser Person im Durchschnitt fast 50 
Prozent ihrer Monatsprämie subventioniert. 
Die Erfahrungen mit der Durchführung der 
Prämienverbilligung haben deutlich gemacht, 
dass die Prämienverbilligung für einkom 
mensschwache Versicherte eine echte finan 
zielle Entlastung bringt und daher einem ab 
soluten Bedürfnis entspricht. 
Der Abschlussbericht über die Prämienver 
billigung für das Jahr 2004 kann beim Amt 
für Volkswirtschaft, Abteilung Sozialversi- 
cherung/Prämienverbilligung, Austrasse 15, 
9490 Vaduz, bezogen werden (Telefon +423 / 
236 62 92, Fax +423 / 236 74 20, E-Mail: cor- 
nelia.konrad@avw.llv.li, Internet: www.avw. 
llv.li). (pafl) 
NEW YORK - Christian Wenawe 
ser, Liechtensteins Botschafter 
In New York, Ist intensiv In die 
Reformbastrebungan der UNO 
involviert. Wie die Reformen 
gedeihen, verriet er dam Volks 
blatt In einem Besprich. 
• Mtrtiw 
( 
Volksblatt: Herr Botschafter, vor 
der Vollversammlung der Verein 
ten Nationen in New York hat in 
der vergangenen Woche die De 
batte über eine mögliche Erwei 
terung des Weltsicherheitsrats 
begonnen: Die Meinungen gehen 
erwartungsgemäss diametral 
auseinander: Wie gut ist aus Ih 
rer Sicht als Co-,Vorsitzender des 
Reformausschusses - Ihr «Kind» 
unterwegs? 
Christian Wenaweser: Die 
«G4», also Brasilien, Deutschland, 
Indien und Japan, welche für sich 
und zusätzlich, zwei afrikanische 
Staaten einen Ständigen Sitz bean 
spruchen, sind in einer schwierigen 
Situation, und es ist nicht klar, dass 
ihr Vorschlag die notwendige Zwei 
drittelmehrheit auf sich ziehen 
wird. Die anderen Vorschläge - der 
afrikanische, welcher einen Sicher 
heitsrat mit 26 Sitzen und das Veto 
für die neuen Ständigen Mitglieder 
vorsieht, und der «Uniting for Con- 
sensus»-Text, der nur Nicht-Ständi- 
ge Sitze vorsieht, sind taktischer 
Natur und würden eine Abstim 
mung nicht überleben. 
Mit Alternativen 
bereitstehen 
Unser eigenes «Kind», also ein 
möglicher Vorschlag des Präsiden 
ten der Generalversammlung, hat 
das Licht des Tages noch gar nicht 
gesehen, sondern ruht immer noch 
in meinem Laptop - der Zeitpunkt 
für eine Veröffentlichung ist noch 
nicht gekommen. Ich habe Zweifel 
an den Erfolgsaussichten des G4- 
Vorschlags, und wir müssen mit Al 
ternativen bereitstehen. 
Was tvar der liechtensteinische 
Beitrag, den Sie als Co-Vorsitzen 
der des Reformausschusses ein 
gebracht haben und wie gross 
schätzen Sie die Chancen derzeit 
noch ein, dass der Vorschlag Ih- 
. res Ausschusses durchgeht? 
Meine Arbeitsgruppe hat sich 
vornehmlich im Bereich der Ar 
beitsmethoden engagiert - es soll 
dafür gesorgt werden, dass Nicht 
Mitglieder des Sicherheitsrats bes 
seren Zugang zum Rat haben. Die 
entsprechenden Vorschläge wurden 
in enger Zusammenarbeit mit der 
Schweiz erarbeitet, und eine for 
melle Verabschiedung wird noch 
eine Weile dauern. Im Augenblick 
nimmt die Erweiterungsdebatte den 
gesamten Raum ein. 
Sind Sie als Co-Vorsitzender des 
Reformausschusses in die jetzige 
Debatte aktiv eingebunden? 
Als Co-Vorsitzender bin ich auch 
Berater von Jean Ping (Gabon), 
dem Präsidenten der Generalver 
sammlung. Diese Beratertätigkeit 
ist sehr intensiv und zeitaufwändig. 
Ich konsultiere alle interessierten 
und betroffenen Parteien. Diese 
Tätigkeit reisst im Augenblick und 
wohl noch bis Ende des Monats 
kaum einmal ab. Hingegen haben 
wir an der Debatte der vergangenen 
Woche nicht teilgenommen, also 
auf eine Wortmeldung als Liech 
tenstein verzichtet. Meine gegen 
Botschafter Christian Wanawesar über die anstehende Reform des UNO- 
Sicherheitsrates: «Wir warnen zur Vorsicht In Sachen Abstimmung, weil 
unseres Erachtens alles andere als Mar ist, dass dar Verschlag die net 
wendige Zweidrittelmehrheit erhalten wird.» 
wärtige Arbeit findet fast aus 
schliesslich hinter den Kulissen 
statt. 
Sie haben ebenso wie UNO-Ge 
neralsekretär Annan verschie 
dentlich gesagt, dass nur eine Ge 
samtreform der UNO Sinn ma 
che: Warum würde die Reform 
nicht funktionieren, wenn die 
verschiedenen Vorschläge ge 
trennt würden? 
Es kann schon Reform geben, 
ohne dass der Sicherheitsrat refor 
miert wird, aber das Ergebnis wäre 
höchst unbefriedigend. Der Sicher 
heitsrat ist das Kernstück der UNO, 
und alle sind sich einig, dass Re 
form und Erweiterung notwendig 
sind, um den Sicherheitsrat zu mo 
dernisieren. Wenn die Sicherheits- 
ratsreform scheitert, fehlt ein zen 
trales Stück, und die Öffentlichkeit 
würde entsprechend reagieren. 
Keine 
Sicherheitsratsreform 
wäre unbefriedigend 
Die allgemeine Wahrnehmung 
wäre, dass wir nicht fähig sind, 
wirklich wesentliche und schwieri 
ge Probleme zu lösen. 
Die USA stehen einer grösseren 
Erweiterung des Sicherheitsrates 
ablehnend gegenüber, weil das 
ihrer Ansicht nach die Effizienz 
verringert: Was halten Sie dem 
dagegen? 
Die USA lehnen Erweiterung 
nicht grundsätzlich ab, aber sie-be- 
fiirworten einen Rat von 19 bis 20 
Mitgliedern, während die jetzigen 
Vorschläge 25 bzw. 26 Mitglieder 
vorsehen. Ich bin der Auffassung, 
dass zur Effizienz auch gehört, dass 
die gesamte Völkergemeinschaft 
angemessen vertreten ist. Aller 
dings kann man den Einwand der 
USA nicht einfach vom Tisch wi 
schen, dass eine massive Erweite 
rung auch Probleme schaffen wird. 
Die USA wollen vor allem keine 
Lösung zur Sicherheitsratsreform, 
bevor keine Ergebnisse zu anderen, 
für sie wichtigeren, Reformthemen 
vorliegen. Wir sind hingegen der 
Auffassung, dass die Sicherheits 
ratsreform vorangehen muss. 
Wie sieht der aktuelle Termin 
plan und das ganze Reform-Pro- 
zedere aus? 
Die G4 wollen ihren Vorschlag 
grundsätzlich noch im Juli zur Ab 
stimmung vorlegen. Entschieden 
ist aber gar nichts, und ein verbind 
licher Zeitplan existiert damit 
' nicht. Das Treffen der G4-Aussen- 
minister am Sonntag in New York 
hat dazu auch keine Klärung ge 
bracht, die G4 nun zunächst mit der 
afrikanischen Gruppe verhandeln. 
Wir warnen zur Vorsicht in Sachen 
Abstimmung, weil unseres Erach 
tens alles andere als klar ist, dass 
der Vorschlag die notwendige 
Zweidrittelmehrheit erhalten wird. 
Wenn ein Vorschlag in einer Ab 
stimmung scheitert, können wir die 
Sicherheitsratsreform bis auf wei 
teres vergessen. Es ist also eine 
Verzögerung Uber den Juli hinaus 
möglich. 
Sollten die UN-Mitglieder der 
Reform zustimmen, ist die Messe 
aber noch nicht gelesen, well die 
ständigen Mitglieder im Rahmen 
des Ratifizierungsprozesses eine 
Vetomöglichkeit haben: Muss 
vor allem aufgrund der bisheri 
gen Haltung der USA nicht spä 
testens hier das Ende aller Re 
formbemühungen • befürchtet 
werden? 
Keine Ratifikation: 
Situation schlimmer 
als heute 
Das ist vollkommen richtig und 
eine der Hauptschwierigkeiten des 
G4-Vorschlags: Wenn wir eine Re 
form haben, die beschlossen ist, 
aber nie in Kraft tritt, weil gewisse 
Ständige Mitglieder nicht ratifizie 
ren, haben wir eine Situation ge 
schaffen, die noch schlimmer ist als 
die jetzige. Es besteht die Gefahr, 
dass weder die USA noch China 
(und allenfalls Russland) die Ratifi 
kation des gegenwärtigen Vor 
schlags vornehmen würden. 
Geht es bei der Reform nicht 
auch um die Glaubwürdigkeit 
der ohnehin angeschlagenen Ver 
einten Nationen? Ein Scheitern 
der Reformbemiihungen würde 
doch die Frage aufwerfen, wie 
die UN die schwierigen globalen 
Probleme löseh wollen, wenn sie 
nicht einmal fähig sind, sich im 
eigenen Haus auf eine gemeinsa 
me Lösung zu einigen? 
Auch hier bin ich einverstanden; 
Es geht nicht an, dass wir alle sa 
gen - seit einiger Zeit übrigens -, 
dass der Sicherheitsrat reformiert 
wenden'muss und dann nicht fähig 
sind, eine Lösung herbeizuführen. 
Das kann nur als Scheitern bezeich 
net werden, und die öffentliche 
Meinung würde auch so reagieren. 
Es ist aber auch zu betonen, dass 
die Sicherheitsratsreform das kom 
plexeste aller Reformthemen ist: 
Eine radikale Neugestaltung ist 
nicht möglich, weil der Status der 
existierenden Ständigen Mitglieder 
nicht angetastet werden kann. Da 
her handelt es sich um eine Übung, 
welche um das eigentliche Kern 
problem herum arbeiten muss. 
Ausserdem sind die innenpoliti 
schen Risiken in vielen Ländern, 
welche sich stark exponieren, 
enorm hoch. Schauen Sie sich nur 
einmal die innenpolitische Situa 
tion in Deutschland oder Japan an. 
Sie als Liechtensteiner Botschaf 
ter haben sich im Reformaus- 
schuss sehr intensiv und an vor 
derster Front flir die UN-Reform 
eingesetzt: Was bringt dies unse 
rem kleinen Land? 
Höhepunkt der 
diplomatischen Arbeit 
für Liechtenstein 
Für mich ist diese Tätigkeit ein 
Höhepunkt meiner Arbeit als Bot 
schafter in New York. Ich kann die 
schwierigste und prominenteste 
Frage der UNO-Agenda mitgestal 
ten und habe Zutritt zu allen wich 
tigen Parteien. Viel spannender und 
anspruchsvoller kann UNO-Diplo- 
matie nicht sein. Für Liechtenstein 
ist das eine grosse Anerkennung 
und Ehre, und unser Engagement 
findet grosse Anerkennung. Die Ar 
beitsbelastung ist zwar enorm, vor 
allem weil die anderen Arbeiten ja 
nicht einfach aufhören, aber es ist 
'keine Frage, dass sich der Einsatz 
lohnt.
	        

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