FREITAG, 1. JULI 2005
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Kompakt
Spuren der Konjunkturflaute
In der Zahlungsbilanz
ZÜRICH - Die Konjunkturflaute hat im ers
ten Quartal dieses Jahres auch Spuren in der
Zahlungsbilanz der Schweiz hinterlassen.
Der Überschuss der Ertragsbilanz ging im
Voijahresvergleich um vier auf zwölf Milli
arden Franken zurück, wie die Schweizeri
sche Nationalbank am Donnerstag mitteilte.
Dieser Rückgang wird zum einen auf den tie
feren AusfuhrUberschuss wegen der Export
schwäche und den preisbedingt höheren Im
porten zurückgeführt. Zum anderen trugen
geringere Nettoerträge auf den Direktinvesti
tionen im Ausland dazu bei. Ein positives
Signal kam hingegen vom Fremdenverkehr,
dessen Einnahmen im Berichtsquartal um
vier Prozent stiegen. Im Kapitalverkehr flös
sen netto 34 Milliarden Franken aus der
Schweiz ab, mehr als doppelt so viel als ein
Jahr zuvor. Inländische Investoren erwarben
in grossem Umfang ausländische Wertpapie
re in Franken. Gleichzeitig zogen ausländi
sche Konzerne Kapital aus ihren Tochterge
sellschaften in der Schweiz ab. (AP)
Stimmung in der Wirtschaft
der Euro-Zone verbessert
BRÜSSEL - Die Stimmung bei Unterneh
men und Konsumenten in der Euro-Zone hat
sich im Juni erstmals in diesem Jahr wieder
verbessert. Laut Experten sei dies vor allem
auf eine positivere Lage in der Industrie zu
rückzuführen.
Ob die Wirtschaft damit vor einer Trend
wende steht, sei aber noch ungewiss, teilte
am Donnerstag die Europäische Kommission
mit, die den Index ermittelt. Die Umfragen
für Juni legten der Kommission zufolge zu
mindest nahe, dass die Talsohle erreicht sei.
Volkswirte zeigten sich skeptischer. Zwar ha
be sich die Stimmung in der Euro-Zone ver
bessert, allerdings sei sie noch sehr trübe.
Zusammen mit dem leichten Anstieg der In
flation auf 2,1 Prozent liefern die Daten der
Europäischen Zentralbank (EZB) ein weite
res Argument, dem wachsenden Druck zu
widerstehen, die Zinsen zu senken.
Der Index gibt die Stimmung in der Ge
samtwirtschaft der Euro-Zone wieder und
stieg um 0,2 auf 96,3 Punkte. Seit Oktober
2004 war der Index stets gesunken. «Die
kommenden Monate werden zeigen, ob dies
der Beginn einer Trendwende ist oder viel
mehr eine Unterbrechung eines anhaltenden
Abwärtstrends», erklärte die Kommission.
Ein von der Behörde getrennt erhobener
Geschäftsklima-Index für die Euro-Zone
zeigte für Juni ebenfalls die erste Verbesse
rung seit Jahresbeginn an: Der Index erhöhte
sich auf minus 0,29 Punkte von minus 0,37
Zählern im Vormonat. Hier schätzten die In
dustriefirmen die Produktion der kommen
den Monate und die Lagerbestände fertiger
Produkte positiver ein. (sda)
«International einmalige Aktion»
FRANKFURT - Die deutschen Autoher-
steller und Zulieferer wollen ihren langwieri
gen Streit über die Verantwortung für Pro
duktionsmängel mit einem gemeinsamen
Regelwerk zur Qualitätsverbesserung begra
ben. Die Vereinbarungen haben vor allem ei
nen besseren Informationsaustausch zum In
halt. Der Verband der Automobilindustrie
(VDA), unter dessen Federführung die Re
geln nach zweijähriger Diskussion beschlos
sen wurden, sprach am Donnerstag von einer
«international einmaligen Vereinbarung», die
der deutschen Autobranche helfe, ihre füh
rende Position auf dem Weltmarkt zu si
chern.
Verpflichtung eingegangen
Die Hersteller haben sich laut VDA ver
pflichtet, die Produktspezifikationen mit den
Verantwortlichkeiten, Schnittstellen, Termi
nen, Kosten und Qualitätszielen «rechtzeitig
und eindeutig» zu definieren. Die Zulieferer
erklärten sich dagegen unter anderem bereit,
die Termin-, Kosten- und Qualitätsvereinba
rungen und deren Absicherung Uber die ge
samte Lieferkette einzuhalten. Sollte es zu
Fehlern kommen, wollen sich beide Seiten
rechtzeitig informieren und Gegenmassnah-
men einleiten. (AP)
Leica verstärkt Bollwerk
Aktienriickkäufe für 100 Millionen Franken - Ehrgeizige Ziele
ZÜRICH - Leica Beosystems rüs
tet zur Abwehrschlacht gegen
dan schwedischen Hexagon-
Kanzern. Hassan Obernahmean-
gabot sal vM zu tief, ahne In
dustrielle Legik und opportunis
tisch, sagte Lalca-Chaf Hans
Hass an ainar Medlenkonfereiu.
Dia Aktionära wardan mit alnam
Aktienrückkaufprogramm übar
100 Mlillanan Franken gekö
dert.
«Wir lassen uns nicht von ein paar
Wikingern ins Bockshorn jagen»,
sagte Hess am Donnerstag beim
Auftakt zu einer Roadshow. Dabei
will das bedrängte Schweizer Ver
messungsunternehmen bei den Ak- <
tionären Stimmung gegen einen
Verkauf machen. «Für einen
Schnäppchenpreis lassen wir Leica
nicht untergehen», sagte Hess.
Die Leica-Offerte von 440 Fran
ken pro Leica-Aktie liege nur 15
Prozent über dem Schlusskurs vor
dem Übernahmeangebot - üblich
seien Prämien von 25 Prozent.
Auch aus industrieller Optik mache
ein Zusammenschluss keinen Sinn:
Synergien bestünden einzig beim
Metrologie-Geschäft, das aber nur
zehn Prozent des Umsatzes aus
macht. Die von Hexagon herge
stellte Software sei zwar gut, für
die Leica-Produkte aber völlig un
geeignet.
Ein Zusammenschluss mit Hexa
gon bedeute für Leica eine Verwäs-
serung, alleine sei man stärker, sag
te Hess und präsentierte einen ehr
geizigen Fünfjahresplan: Bis 2009
will Leica den Umsatz von heute
«Wir lassen uns nicht ven ein paar Wikingern Ins Bockshorn lagen», sagte Lslca-Clwf Haas Hess ata Donners
tag bei der gestrigen Pressekonferenz In Zürich.
770 Millionen auf rund 1,2 Milliar
den Franken steigern. Der operative
Gewinn soll von 130 auf 240 Milli
onen Franken erhöht werden.
Im Vermessungsgeschäft und der
Sensorik seien die Wachstumsmög
lichkeiten teilweise zwar schon
ausgeschöpft. Im Dienstleistungs
und Softwaregeschäft und den
Messgeräten für Handwerker seien
die Aussichten aber hervorragend.
«Wir werden den amerikanischen
Do-it-yourself-Markt im Sturm er
obern», sagte Hess. Die Wachs
tums- und Ertragsziele seien realis
tisch. Bislang habe Leica Geosys-
tems seine Ziele stets übertroffen.
Den Entscheid erleichtern soll
den Aktionären ein Aktienrück-
kaufprogramm über 100 Millio
nen Franken. Dadurch steigt der in
nere Wert pro Aktie, umgesetzt
wird das Programm aber nur, wenn
die Aktionäre standhaft bleiben und
nicht verkaufen. Unter dem Strich
sei er zuversichtlich, dass Leica
den Angriff abwehren könne. Fach
presse und Kunden seien gegen ei
nen Verkauf an Hexagon, auch von
Grossaktionären lägen ermutigende
Signale vor. «Wir geben den
Kampf nicht auf», sagte Hess.
Auch die Börse stützte die Leica-
Sicht: Der Kurs ging am Vormittag
zwar um 0,9 Prozent zurück, lag
mit 458 Franken aber deutlich Uber
der Hexagon-Offerte. Um für die
Aktionäre attraktiv zu werden,
müsste Hexagon den Preis massiv
erhöhen. Konzernchef Öla Rollen
schloss dies bislang aber immer ka
tegorisch aus. (AP)
Der Anleger tragt das Risiko
Versicherungsplatz: Mehr Alternative Anlagen bei Versicherungssparen
VADUZ - Vorsicherungsaufseher
aus viar lindern traten sich am
Mittwoch zu ainar Fachtagung
in Vaduz. Versicherungsnehmer
verlangen auch nach Hedge-
fonds, sagt Maria Gassner, Lei
ter Versicherungen der Hnanz-
marktaufsicht Liechtenstein.
Volksblatt: Herr Gassner, die
Situation der Versicherungs
wirtschaft in den vier Län
dern Deutschland, Österreich,
Schweiz und Liechtenstein ist ja
sehr unterschiedlich. Wo gibt es
gemeinsame Perspektiven?
Mario Gassner: In Liechten
stein haben sich im Lebensversi
cherungsbereich schwergewichtig
Tochtergesellschaften ausländi
scher Versicherungsunternehmun
gen angesiedelt, die sich auf fonds
gebundene Lebensversicherungen
spezialisiert haben. Und im Scha
denversicherungsbereich sind es
vorwiegend Captives, also Eigen
versicherungen grosser Konzerne,
welche als Direkt- oder Rückversi
cherer tätig sind. In allen vier Län
dern ist festzustellen, dass vermehrt
auch Alternative Anlagen gewählt
werden, um eine höhere Kapital
rendite zu erreichen.
Was haben Sie für die Versiche
rungswirtschaft aus dem Vierer-
Treffen mitgenommen?
Es war bereits das dritte Treffen
der Anlageexperten der deutsch
sprachigen Versicherungsaufsichts
behörden. In diesem Jahr war erst
mals die liechtensteinische Finanz
marktaufsicht (FMA) federführend.
Neue Erkenntnisse ergaben sich
Maria Oassner: Die Verstehening muss Uber Chancen und Msftan gut In
formieren.
insbesondere in Bezug auf die Ent
wicklungen im Anlagebereich der
Versicherungsunternehmen, wobei
hier natürlich die Aufsichtsaspekte
im Vordergrund standen. Bei die
sem Erfahrungsaustausch werden
gegenseitig Informationen Uber ak
tuelle Entwicklungen in den jewei
ligen Ländern ausgetauscht
Ganz kurz erst gibt es in Liech
tenstein mit der «Superfund» ei
nen Hedge-Fund-Anbieter. Die
Nachfrage nach Alternativen An
lagen ist ungebremst.
Die Lebensversicherungsunter
nehmen in Liechtenstein konzen
trieren sich auf das Versicherungs
sparen. Tatsächlich wollen Versi
cherungsnehmer auch Anlagemög
lichkeiten mit Hedge-Funds oder
auch andere Alternative Anlagen. In
der Regel trägt dabei ja der Versi
cherungsnehmer das Anlagerisiko.
Sehen Sie einen Trend zu Alter
nativen Anlageinstrumenten? Wo
sehen Sie Chancen, wo Proble
me?
Eine gewisse Beimischung von
Alternativen Anlageinstrumenten
zu den herkömmlichen Anlagefor
men kann je nach Risikopotenzial
des Vermögensinhabers sinnvoll
sein. In jedem Fall sollte im Vorfeld
einer derartigen Investition der
Portfoliomanager-Selektion und
dem eigentlichen Anlageprozess
grosse Beachtung geschenkt wer
den.
Was fordert der Wandel in der
Investmentwelt von den 30 Versi
cherungsgesellschaften Liechten
steins?
Von diesem Wandel sind zur
Hauptsache die Lebensversiche
rungsunternehmen betroffen.
Wichtig ist dabei, dass die Versi
cherungsunternehmen die Versi
cherungsnehmer offen Uber Chan
cen und Risiken der verschiedenen
Anlageprodukte informieren, da
diese auch das Anlagerisiko tragen.
Der Versicherungsplatz Liech
tenstein - welche Bedeutung
mlsst man ihm international bei?
Der Versicherungsplatz Liechten
stein hat sich Uberdurchschnittlich
gut entwickelt Das belegen die
stattliche Anzahl von insgesamt 30
Gesellschaften und die Steigerung
der Prämieneinnahmen um 60 Pro
zent im veigangenen Jahr. Durch
die strategische Ausrichtung ist
Liechtenstein bereits heute ein
international anerkannter Versiche
rungsstandort, der sich als so ge
nannter Nischenplayer mit Erfolg
dem Standottwettbewerb stellt.