DIENSTAG. 24. MAI 2005
BLATTI BERUFS-WM MAIHi!£lI
RITTER
11
Der Lehrmeister
Opfer müssen beide bringen
Es ist das erste Mal, dass Berno Ender (Bild),
Chef der Enderelektrik AG Ruggell, einen
seiner Schützlinge an die «World Skills»
schickt. Zwar ist die Teilnahme von Manuel
Ritter zu einem wesentlichen Teil auch En
ders Verdienst, doch auch als Lehrmeister
muss man für die Teilnahme Opfer bringen.
Herr Ender, wie aufwändig ist es für einen
Betrieb, einen Kandidaten an die Berufs
weltmeisterschaften zu schicken?
Berno Ender: «Die Idee kam erst im
Herbst letzten Jahres auf, vorher hatten wir
noch gar nicht daran gedacht, obwohl ich
schon von den <World Skills» gehört hatte.
Als klar war, dass Manuel nach Helsinki
reist, wussten wir, was auf uns zukommt:
Der Zeitaufwand ist sowohl auf Seiten des
Lehrbetriebs wie auch für den Kandidaten
sehr gross. Wir haben ihn fürs Training teil
weise freigestellt, andererseits musste er sehr
viel Freizeit opfern. Für mich war es manch
mal schwierig, im Betrieb auf einen Top
mann verzichten zu müssen. Aber letztlich
freut es uns natürlich sehr, dass er in Helsin
ki dabei ist.»
Welche Erwartungen haben Sie an Ma
nuel?
«Das erste Ziel war, ihn überhaupt nach
Helsinki zu bringen, so gesehen bin ich be
reits zufrieden. Eine konkrete Prognose stel
le ich nicht, denn am Wettbewerb selbst gel
ten andere Regeln, und es braucht auch
Glück. Aber ich denke, dass er die Fähigkei
ten hat, um vorne mitzumischen. Wichtig ist,
dass es für ihn persönlich eine gute Erfah
rung wird - er ist in erster Linie als Manuel
Ritter in Helsinki und nicht als Vertreter
Liechtensteins oder der Enderelektrik.
Gibt es unter Ihren derzeitigen Lehrlin
gen schon einen potenziellen «World
Skills»-Teilnehmer?
«Ich kann mir gut vorstellen, dass in den
nächsten Jahren möglicherweise ein weiterer
die Chance bekommt, da wollen wir natür
lich nicht davorstehen. Es ist ja auch wichtig
zu zeigen, dass junge Leute Ehrgeiz entwi
ckeln und etwas wollen, wie beispielsweise
an die <Worid Skills» zu reisen und sich mit
der Weltspitze eines Berufes zu messen.»
Gelassener Titelverteidiger
Elektromonteur Manuel Ritter kämpft an den «World Skills» um Gold
RUGGELL - Sehr angespannt
wirkt Manual Rittor wmIm Ta-
ga vor dam Start dar «World
Skills** In Helsinki nicht «AI«
Fussballer bin ich mir Druck
und Publikum newBhnt», sagt
dar Ruggaller Elektromonteur.
Dabei hatte der 21-Jährige allen
Brand zur Nervosität: Sein Vor-
ginger holte bei den Elektro-
monteuren an den letzten
«World Skills» die Goldmedaille
für Liechtenstein.
Manuel Ritter hält sich bezüglich
Prognosen und Zielen bedeckt.
«Selbstverständlich werde ich in
Finnland mein Bestes geben, aber
wie weit das reicht, wage ich nicht
vorherzusagen. Alles ist möglich.»
Allzu sehr braucht der 21jährige sein
Licht nicht unter den Scheffel zustel
len. Immerhin hat er die nationale
Ausscheidung gewonnen und im
Januar die Mehrheit der Konkurrenz
an der Schweizermeisterschaft in
Luzern hinter sich gelassen.
Talent eHeine reicht nicht
Manuel Ritter hat seine Lehre als
Elektromonteur bei der Enderelek
trik AG Ruggell absolviert und
letztes Jahr abgeschlossen. «Die
Frage, ob ich an den <World Skil!s>
teilnehmen will, war schnell beant
wortet», sagt Ritter. Talent alleine
genügt jedoch nicht. Ein Kandidat
muss bereit sein, viel Freizeit in die
Vorbereitungen zu investieren. Seit
Januar nutzt Ritter fast jeden freien
Abend und die Wochenenden, um
sich mit der Wettbewerbsaufgabe
vertraut zu machen. In einer Gara
ge im Haus seiner Eltern hat er sich
einen «Trainingsraum» mit Monta
gewand eingerichtet, wo er die Auf
gabe dreimal unter Eins-zu-eins-
Bedingungen durchspielte.
«Natürlich musste ich während
der Vorbereitungszeit auf einiges
verzichten - sogar der Fussball
musste zurückstehen, das war das
Ärgste. Aber ich würde es jederzeit
wieder tun.» Manuel Ritter spielt
beim USV Eschen-Mauren 2. Liga
interregional - und das mit mindes
tens so viel Leidenschaft, wie er für
seinen Beruf entwickelt hat.
22 Stunden hat der Ruggeller in
Helsinki insgesamt zur Verfügung,
um die vier Teilaufgaben der Prü
fung zu lösen. «Nach meinen Er
fahrungen an den Vorausscheidun
gen und dem Training hier sollte
ich die ganze Sache eigentlich
Elektromonteur Manual Rlttir »erbracht« seit Januar sota« Freizeit mehr oder weniger Im ItaMagsraem.
innerhalb der vorgegebenen Zeit
packen», sagt Ritter. Aber auch hier
gilt: Alles ist möglich.
Tipps vom Weltmeister
Manuel Ritter hat keinen leichten
Stand in Helsinki. Zwar bezeichnet
er den Druck aus seinem Umfeld
als «nicht sehr hoch», doch Tatsa
che ist, dass er als Titelverteidiger
nach Finnland reist. Der Triesen-
berger Elektromonteur Oliver
Schädler holte vor zwei Jahren an
den «World Skills» In St Gallen
Gold. «Wir haben uns natürlich
mehrmals getroffen und die Aufga
be zusammen angeschaut. Da war
überhaupt nichts von Konkurrenz
oder Ähnlichem zu spüren. Oliver
gab mir viele Tips, welche Details
entscheidend sind, und was ich
vielleicht sogar noch schneller oder
besser machen könnte als er vor
zwei Jahren», betont Ritter.
Unterstützt wird Manuel Ritter
natürlich von seinem ehemaligen
Lehrmeister und derzeitigen Ar
beitgeber Berno Ender, Chef der
Enderelektrik AG in Ruggell. En
der selbst wird zwar nicht nach
Helsinki reisen können, wird sich
aber aus der Ferne über den aktuel
len Stand in Finnland informieren.
Und zwar bei Manuel Ritters El
tern, die ihren Sohn nach Helsinki
begleiten. Viel werden sie aller
dings nicht von ihm haben, denn
Manuels Leben wird - wie das sei
ner rund 650 Leidensgenossinnen
und -genossen - während des Wett
bewerbs eher militärisch sein: Klar
vorgeschriebene Arbeits- und Ru
hezeiten, organisierte Transfers
zwischen Quartier und Messezen
trum, Redeverbot mit den eigenen
Experten und dem Publikum und
natürlich Ausgangssperre. Ritter
wird's kaum stören: «Ich glaube
nicht, dass man abends das Bedürf
nis nach einer Sightseeingtour
dürch Helsinki hat. Da bist du wahr
scheinlich froh, wenn du zurzeit ins
Bett kommst», so Ritter. (lcc)
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