Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2005)


MONTAG, 9. MAI 200« 

VOLKS 
BLATT 
EXTRA 
60 JAHRE 
NACH KMiaSKNDK 

Zweiter Weltkritg 
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Der Zweite Wsttkrlsg: 
die Ctironotogio 
23.August 1939: Der Hitler-Stalin 
einem Oeheimprotokoll über die Ai 
Polens sowie Osteuropas in Interesse|»phl43 
ren wird abgeschlossen. » 
1. September 1939: Mit dem deutschen 
Überfall auf Polen beginnt der Zweite Welt 
krieg. 
10. Mal 1940: Während des Frankreich 
feldzugs kapituliert Holland (15.05.) und 
Belgien (28.05.) und wird ein WaffenstiU- 
stand mit Frankreich geschlossen (22.06.). 
18. Dezember 1940: Hitler gibt die Wei 
sung zum «Fall Barbarossa», wonach die 
Wehrmacht noch «vor Beendigung des Krie 
ges gegen England» die Sowjetunion «in ei 
nem schnellen Feidzug» niederwerfen soll. 
30. März 1941: Hitler betont in einer An 
sprache vor Generälen, dass der Russland- 
feldzug als «Vernichtungskrieg» zu führen 
sei. 
13. Mal 1941: Hitler verfasst einen Erlass, 
der die Kriegsgerichtsbarkeit in den zu be 
setzenden Gebieten der Sowjetunion auf 
hebt. 
22. Juni 1941: Der Russlandfeldzug be 
ginnt. 
7. Dezember 1941: Die Japaner zerstören 
durch einen Luftüberfall Pearl Harbor. 
19. Dezember 1941: Hitler entlässt Gene 
ralfeldmarschall von Brauchitsch und über 
nimmt den Oberbefehl über das Heer selbst. 
22. November 1942: Im Raum Stalingrad 
wird die 6. Armee mit etwa 280 000 Soldaten 
eingeschlossen. 
4. Januar 1943: US-Präsident F.D. Roose- 
velt und der britische Premierminister 
Winston Churchill geben die Forderung nach 
«bedingungsloser Kapitulation» Deutsch 
lands bekannt. 
2. Februar 1943: Die^6. Armee kapituliert 
in Stalingrad. 146 000 deutsche Soldaten wa 
ren gefallen v 90 000, geraten in Gefangen- 
f j^btsetnfeet' An der Konferenz vc(§| 
.Teheran wird zwischen Roosevelt, Stalin uujjj(<< 
Churchill eine grundsätzliche Einigung über 
die Aufteilung Deutschlands erzielt. 
6. Juni 1944: Die alliierte Invasion in der 
Normandie wird gestartet. 
22. Juni 1944: An der Ostfront beginnt die 
sowjetische Offensive. 
11. Februar 1945: Roosevelt, Churchill 
und Stalin beschlossen neben Gebietsforde 
rungen und Reparationen die Zerschlagung 
des Nationalsozialismus. 
14. Februar 1945: Das Bombardement 
und die Zerstörung von Dresden bedeutet 
den Höhepunkt des alliierten Luftkriegs ge 
gen Deutschland. 
30. April 1945: Hitler begeht Selbstmord 
im Bunker unter der Reichskanzlei in Berlin. 
8. Mai 1945: Mit der bedingungslosen Ka 
pitulation Deutschlands endet in Europa der 
Zweite Weltkrieg. 
26. Juli 1945: Japan lehnt die Aufforde 
rung zur Kapitulation und Abdankung des 
Tennos ab. 
6. August 1945: Der Abwurf der ersten 
US-amerikanischen Atombombe fordert 
über 80 000 Tote in Hiroshima. 
9. August 1945: Die USA werfen eine 
Zweite Atombombe auf Nagasaki. 
10. August 1945: Das japanische Kapitu 
lationsangebot whd angenommen. (PD) 
«Der Krieg ist aus» 
Zeitzeugen berichten Uber ihre Erlebnisse am 8. Mai 1949 
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«Gegen Mittag läuteten plötzlich 
die Glocken und ein Mann sprang 
aus dem Haus», erinnerte sie sich. 
Er rief, dass der Krieg zu Ende sei. 
«Ich kann nicht beschreiben wie 
glücklich wir waren.» Ihren Kin 
dern sagte sie: «Wir können nach 
Hause.» Unbehelligt kamen sie 
wieder im benachbarten Heidenau 
an, von wo aus sie am Morgen des 
gleichen Tages bei schönem Wetter 
aufgebrochen waren und sich in 
den endlosen Flüchtlingsstrom aus 
Wehrmachtssoldaten und Zivilisten 
eingereiht hatten. «Meine Mutter 
hatte mich zu der Flucht überre 
det.» Wenige Tage nach der Kapitu 
lation htttten Polen bei ihr vor der 
Wohnung gestanden. Sie htttten ge 
klingelt, wären einfach hereinge 
kommen und hätten begonnen alles 
mitzunehmen, was ihnen gefiel. 
Kress: «Da hat meine Mutter etwas 
auf polnisch gesagt und die Leute 
sind verlegen geworden und wieder 
gegangen.» 
Wenige Tagc^spttier habe plötz- , 
lieh ein Rotarmist in ihrer Woh-, 
nung gestanden und ihr begreiflich* 
gemacht, dass «er jetzt hier 
schläft». «Ich hab ihn dann gefragt, 
wo er seine Dokumente von der 
Kommandantur hat», erzählte 
Kress, deren Mann aus dem Zwei 
ten Weltkrieg nicht wieder zurück 
kehrte. Daraufhin ging er, aber we 
nige Tfcge später seien zwei Russin 
nen gekommen und hätten gefragt, 
ob «ich etwas für sie nähen kann». 
Sie habe das gemacht und dafür im 
Gegenzug Thunfisch bekommen. 
«Wir hatten ja nichts zu essen.» Sie 
habe jedenfalls die Russen als «or 
dentliche Menschen kennen ge 
lernt». 
Ota tshtan «inar jungan Frau 
Weniger Glück hatte die heute 81 
Jahre alte Ingeborg Passolt aus 
Dresden. Die Frau, die Gesang stu 
diert hatte, 14 Jahre lang als 
Schwesternhilfe tätig war und dann 
in einem Reisebüro arbeitete, wur 
de wenige TwBLnacA» Kriegsende 
^^3#S^ge breit»* Villa 
. vq^ wSjwtjetsoldaten 
«Tn der Nachbarstrass^ haben sie 
linen Vater erschossen, als der sich 
schützend vor seine Tochter gestellt 
hat», berichtete Passolt. 
haben drei Wochen in einem Schaf 
stall geschlafen und uns während 
der Zeit auch nicht waschen kön 
nen.» Erst als die Besatzer aus ihrer 
Wohngegend im Stadtteil Strehlen 
abgezogen seien, «sind wir wieder 
zurückgekehrt». Passolt: «Zuerst 
habe ich die Russen gehasst und 
das war ja auch logisch.» Im Laufe 
der Jahre sei sie viel in Moskau ge 
wesen und habe die Leute dort als 
die «bescheidendsten und freund 
lichsten Menschen erlebt, die sie 
im Ausland überhaupt getroffen 
hat». Ihr Trauma von einst sei über 
wunden. «Ach. wir haben so viel 
eriebu.ugte PasaoU. 
häuschen» zeigte. Dort vollendete 
Friedrich Schiller das Drama 
«Don Carlos». «Ich war damals 15 
Jahre alt, hatte kurze Hosen an und 
traf diesen freundlichen und hoch 
gebildeten MenKhen», schilderte 
Hoch die Begegnung. Zuerst habe 
er gedacht, dass er erschossen 
wird oder nach Sibirien kommt. 
Der Offizier habe aber in gebro 
chenem Deutsch nach Don Carlos 
und Schiller gefragt. «Dar wollte 
die Manuskripte sicherstellen und 
verhindern, dass sie von anderen 
Rotarmisten kaputt gemacht wer 
den», schilderte Hoch seine Ein 
drücke:"' **" 
Danach sei sie mit anderen Be 
wohnern des Hauses in einen Vor 
ort von Dresden geflüchtet. «Wir 
Aber nicht nur schreckliche Er 
lebnisse prägten den Einmarsch 
der Roten Armee in Dresden. Der 
76 Jahre alte frühere evangelische 
Pfarrer Karl-Ludwig Hoch er 
innerte sich, wie er bei Kriegsende 
1945 im Stadtteil Loschwitz einem 
sowjetischen Kulturoffizier den 
Weg zum so genannten «Schiller- 
Den Einmarsch der Roten Armee 
und das Kriegsende habe er als Zu 
sammenbruch Deutschlands und 
als Befreiung von der Nazi-Dik 
tatur empfinden. Er sei als 15-Jäh 
riger vor <tem «Verheizen» in 
den Kämpfen bewahrt worden. 
Hoch: «Ich bin diesem böhmischen 
Gefreiten von der Schippe ge- 
sprungen.» (sda) 
Russland feiert 
60 Jahre nach Krieg: Freund und Feind eingeladen 
niniwMi mit fcsin Miisiiirhsi 
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Zum prunkvollen Gedenken an den 
Sieg lädt der russische Präsident 
Wladimir Putin heute Montag Alli 
ierte wie ehemalige Feinde nach 
Moskau ein. «Der Zweite Welt 
krieg war die grösste Katastrophe 
in der Geschichte der Menschheit 
und zugleich die wichtigste Lek 
tion für die heutige Generation und 
alle Mgt Putin. 
US-Präsident George W. Bush, 
Jacques Chirac aus Frankreich und 
der britische Premier Tony Blair 
werdet) in Moskau erwartet. Dazu 
als Vertreter der früheren Feind- 
staaten der deutsche Bundeskanzler 
Qeriiaid; Schilder und der japani 
sche Regierungschef Junichiro Ko- 
izumi. Auch Bundespräsident Sa 
muel Schmid nimmt an den Feier 
lichkeiten teil. 
Kein anderes Land hatte so viele 
Weltkriegstote zu beklagen wie die 
Sowjetunion - Schätzungen gehen 
Ms zu 27 Millionen. «Fast jede 
Familie ist heimgesucht worden 
und hat Verwandte verloren», sagt 
Patriarch Alexi II. 
Beim deutschen Überfall 1941 
wurden tausende Städte und Dörfer 
in der Sowjetunion verwüstet. Die 
Wende gelang 1942/43 in der 
Schlacht von Stalingrqd. Im Gegen 
schlag trieb die vom Sowjetdiktator 
Josef Stalin befehligte Rote Armee 
die Deutschen bis zur Elbe vor sich 
her und hisste die rote Flagge auf 
dem Reichstag in Berlin. 
Angesichts von Millionen Toten 
grenzt es an ein Wunder, dass Rus 
sen und Deutsche heute versöhnte 
Freunde sind. 
Vor zehn Jahren reiste Schröders 
Vorgänger Helmut Kohl zwar zum 
9. Mai nach Moskau, vermied aber 
eine Teilnahme an der Siegespari-t 
de auf dem Röten Platz. Schröder 
wird mit den anderen Gästen auf 
der Tribüne am Lenin-Mausoleum 
sitzen. Für die Parade werden 2600 
Veteranen, Männer und Frauen tun 
die 80 Jahre, noch einmal Uniform 
und Orden anlegen und auf Nach 
bauten sowjetischer SIL^rmee- 
1 astwagen über den Roten Platz 
fahren. 
Das Gedenken an «Pobeda», den 
Sieg, fällt immer militärisch und 
pompös aus, und bisher nutzte jede 
Moskauer Führung die offizielle 
Erinnerung zur Selbstdanteilung. 
Ähnlich wie bei der 300-Jahr-. 
Peier<kfStadtSt. Petersburg 2003 
W^t ein 
selbstbewusstes Russland pfftfca? 


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