Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2005)

FREITAG, 22. APRIL 2008 
VOLKSI 1/1 II Tl ID INTERVIEW 
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INJ ACH RICHTEN 
VADUZ - Die SOS-Schülerorganisation lädt 
heute Freitag, den 22. April um 19 Uhr zur 
Fiestargentina ins Liechtensteinische Gym 
nasium ein. Dieses Fest findet zugunsten von 
argentinischen Kindern und Jugendlichen 
aus armen Verhältnissen statt, denen wir eine 
menschliche Zukunft ermöglichen wollen. 
Argentinien wurde durch die Eitttrung des 
Staatsbankrottes im Jahre 2001 in eine gros 
se Krise gestürzt. Auch jetzt noch lebt 47 % 
der Bevölkerung unter der Armutsgrenze und 
diejenigen, die am meisten unter den Konse 
quenzen der Armut leiden, sind die Kinder 
und Jugendlichen. Ihre Entwicklung wird 
durch die schweren physischen und psychi 
schen Belastungen stark beeinträchtigt Aus 
diesem Gnlnd planen wir in Mar del Plata ei 
ne Casita (ein Haus) zu kaufen, wo Kinder 
und Jugendliche aus armen und schwierigen 
Verhältnissen die Möglichkeit haben, Haus 
aufgaben zu machen, verschiedene Berufe zu 
erlernen und zusammen mit den Betreuer 
innen eine würdige Zukunft zu erarbeiten 
und aufzubauen. Dieses Haus wird von einer 
lokalen NGO) (CEREMAP) betreut werden, 
deren Mitglieder die Kinder und Jugend 
lichen schon seit vielen Jahren auf freiwilli 
ger Basis betreuen. Mit der Fiestargentina 
wollen wir informieren und gleichzeitig 
feiern, dassdie Beteiligung sämtlicher Schü 
lerinnen und Schüler es ermöglicht hat, ein 
solches Projekt ins Leben zu rufen. Geboten 
wild eine ganze Reibe von Attraktionen: 
Vanessa und JoeUe lesen eine Geschichte vor, 
Lorin Oehri spricht Über die Armut in Ent 
wicklungsländern und fairen Handel; Rudolf 
Batliner spricht Uber die Entwick- 
lungszusammenarbeit mit Kindern und Ju 
gendlichen; Ifango gespielt wird von Markus 
GseU und Heribert van Sintier; Peter Dahmen 
spricht über interkulturellen Austausch und 
Jugendarbeit; eine Webcam-Übertragung mit 
Argentinien und vieles mehr... (Pp) 
Klangmalerei sondergleichen 
Der Pianist Fuat Kent im Gespräch 
HUBEN * AmI Kant, «avfar- 
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BaWa-ftfar-Iaal. Das valla- 
blatt sprach mit dam 
• AmUMar 
Volksblatt: Was ist das Konzept 
des New Art Ensemble? 
Fuat Kent: Es ist ein Solistenen 
semble aus ca. 33 Musikern, einem 
Kern und Leuten in der Peripherie, 
die an den verschiedenen Projekten 
fallweise mitwirken. Das Ensemble 
existiert seit 1989, es hat mit CDs 
einige Preise gemacnt, und wir wa 
ren immer wieder an Festivals. Wir 
machen nicht sehr viel, aber was 
wir machen, erregt Aufsehen. 
Ist Alfred Achberger, der Organi 
sator des Klangfests, ein festes 
Mitglied oder einer aus der «Pe 
ripherie»? 
Er ist ein festes Mitglied. Es gibt 
ein Gremium, das alle Entschei 
dungen trifft Dort ist er zwar nicht 
drin, aber er ist ein immer gern Ge 
sehener und Gehörter, einer vom 
inneren Kern. Hans-Peter Achber 
ger, der ältere Bruder, ist in dem 
Gremium. 
Sie verbindet eine enge Bezie 
hung mit der Musik von George 
Crumb. Was fasziniert Sie an die 
ser Musik? 
Ich beschäftige mit seit ca. 30 Jah 
ren damit Mich faszinieren die un 
geahnten Klangwelten. Er hat in der 
Neuen Musik bis dahin ungeahnte 
Klangkombinationen und -weiten 
geschaffen, wie auch Debussy sei 
nerzeit, der gesagt hat, er möchte et 
was machen, was in der Musik bis 
jetzt nicht machbar war. Das hat 
auch George gemacht, ein grosser 
Bewunderer von Debussy, Mahler 
und Baitdk. Ich bin mit ihm seit ei- 
nem Vierteljahrtnindeit befreundet, 
und wir haben viele Stücke von ihm 
in Europa zur Erstaufführung ge- 
Dar Plantet hurt Kant gastiart am fcaww—ndan laantag In Wasen. 
bracht. Er hat auch für uns kompo 
niert, und wir haben ein sehr enges- 
Verhältnis zueinander. 
Ist das Stück von George Crumb, 
das Sie am Sonntag spielen, eine 
Komposition für das Ensemble 
New Art? 
Nein. «Macrocosmos I» ist ein 
Solostück, das er komponiert hatte, 
bevor ich ihn kennen lernte. 
Bei dieser Musik wird viel mit 
der Hand in den Flügel eingegrif 
fen. Wie ist das notiert? 
Das ist sehr genau notiert. Für die 
verschiedenen Techniken hat 
Crumb seine eigene Symbolik. Sei 
ne Noten in einer irrsinnig genauen 
Handschrift sind für sich schon ein 
Kunstwerk. Er schreibt manchmal 
spiralförmig, kreisförmig, kreuz 
förmig oder oval. Wenn man sich 
lange mit seinen Stücken beschäf 
tigt, findet man Zusatztechniken, 
die seine Absicht genauer reprodu 
zieret) helfen. Ich leite am Konser 
vatorium ein Praktikum für solche 
Spieltechniken und gebe nächstens 
eine kleine Broschüre heraus mit 
Tipps, wie man solche Techniken 
besser realisieren kann. 
Gehen die anderen Sachen des 
Abends auch in diese Richtung? 
Die gehen in verschiedene Rich 
tungen. Grundsätzlich kann man 
sagen, dass es Komponisten sind, 
die sich intensiv mit Klangregie 
und Klangwelten beschäftigt ha 
ben: keine trockene, errechnete und 
dogmatische Musik. 
Sie riskieren bei Greenpeace im 
Schlauchboot Kopf und Kragen, 
dabei sind Sie auch nicht mehr 
20... 
Ich bin 60. Ich mache auch an 
Land Aktionen und bin Trainer bei 
Greenpeace Central and Eastem 
Europe. Bei Greenpeace Internatio 
nal bin ich Taucheinsatzleiter und 
mache auch in dem Bereich Aktio 
nen. Vor ein paar Monaten habe ich 
mit einem Taucher aus Hamburg in 
der Südtürkei einen Giftmüllfrach- 
ter, der mit 220 0001 GiftmUll ver 
senkt worden war, betaucht und do 
kumentiert. Er galt als unbetauch- 
bar. Das Schiff wurde aufgrund un 
serer Dokumentation gehoben, auf 
Kosten der Verursacherfirma, eines 
französischen Konzerns. Das war 
einer der grössten Erfolge in der 
Geschichte von Greenpeace. 
Manchmal wird kritisiert, 
Greenpeace-Aktionen hätten zu 
viel Eventcharakter, Greenpeace 
kümmere sich nur um die spekta 
kulären Fälle, die dne Medien 
präsenz herstellen... 
Das ist so. Auch jedes Konzert ist 
spektakulär und zielt auf Publi 
kumswirksamkeit. Aber dadurch, 
dass man es so macht, dass es bei 
den Leuten im Ohr und im Herzen 
ankommt, verbreitet man die Mu 
sik. Wir machen bei Greenpeace 
medienwirksame Sachen, mit dem 
Grundsatz der völligen Gewaltfrei 
heit. Dass das eine Wirkung auf die 
Bevölkerung hat und dadurch sehr 
viele Schutzmassnahmen durchge 
setzt worden sind, ist der Erfolg. 
Wenn wir im stillen Kämmerlein 
nur Briefe geschrieben hätten, hät 
ten wir es nicht geschafft. Ich 
möchte auch Stücke spielen und 
Konzerte geben, die direkt die Ge 
danken, die Emotionen der Leute 
ansprechen; nicht Öde, errechnete 
und wichtigtuerische, dogmatische 
Stücke. Da kann man auch sagen: 
Er möchte sich nur beliebt machen. 
Aber mir sagt mir all das andere 
nichts. Der Crumb ist fUr mich eine 
Klangmalerei, und -regie sonder 
gleichen. Und wenn auf einem an 
deren, mir wichtigen, Gebiet, die 
Leute bei ihrem Gefühl gepackt 
werden, sich solidarisieren und et 
was unternehmen: umso besser. 
Beim Ihrem Studentenkonzert in 
Peldldrch Anfang Jahr fiel mir 
auf, dass der Crumb am besten 
ankam. Ich hatte das Gefühl, das 
von dieser Musik eine ganz be 
stimmte Magie ausging... 
Richtig. Das wurde auch in ver 
schiedenen Kritiken romantisie 
rend als «Magie der Klänge» beti 
telt. Aber es ist schon richtig. Ich 
halte ihn für einen sehr wichtigen 
Komponisten, und er ist ein un 
glaublich unkomplizierter, liebens 
werter und humorvoller Typ. 
Geschichten aus vergangenen Zeiten 
«So isches gse» 
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Mathias Ospelt stellte Hedwig 
Rüegg-Spalt vor. In ihren Ge 
schichten lebt das Brauchtum wie 
der auf. In Ruggell als Bauernmäd 
chen geboren und aufgewachsen, 
wurde sie schon früh mit der harten 
Arbeit der Landwirtschaft konfron 
tiert Schon im Alter von fünf oder 
sechs Jahren, musste sie ins Riet, 
die hohe Streue war grösser als sie 
selbst und deren Pinsel oben wedel- 
tenim Wind. ' 
Für Hedwig War der Marsch 
durch den Feldweg wie eine Fuss 
reise durch den Urwald. Von den 
- Erzählungen im Schlösslekeller von Hedwig Rüegg-Spalt 
sen, schwarze Humuserde. Hedwig 
Rüegg-Spalt ist eine wunderbare 
Zeitzeugin, die Lebendigkeit ihrer 
Texte bewegen, als würde sie ihre 
Geschichten in einem Gespräch er 
zählen. Fröhliches und Tragisches 
prägen ihre Erlebnisse in der Kin 
der- und Jugendzeit, subtil versteht 
sie die kindlichen Empfindungen 
während der Kriegszeit 1943 wie 
der zu geben, als ein kleines auslän 
disches Flugzeug aus der Schweiz 
kommend Uber das Riet fliegt, nach 
etlichen Schleifen in Nofels landet 
und der Pilot von vier Soldaten ab 
geführt wird. «Der hat sicher die 
Orientierung verloren», dachte sie. 
Dieses Erlebnis hat sie wochenlang 
verfolgt. 
Da war auch die Geschichte von 
der Hasenjagd, wo eine Verwandte 
den Schrot der Jäger zu spüren be 
kam, der eigentlich für den gejag 
ten Hasen bestimmt war. Dieser 
konnte sich aber mit hohen Sprün 
gen retten. 
Eindrücklich die Geschichten 
vom «Türkauuszüha» und «s 
Schtreuifuader». Sechs wunderbare 
Geschichten las die Erzählerin und 
zum Abschluss das Gedicht «Min 
Rhii>». Manch Zuhörer und Zuhöre- 
rin bemerkte: «Ja, so isches gse.» 
Blumen in der Streue ist die Erin 
nerung an den starken Duft geblie 
ben, auch der Tlanz der Schmetter 
linge, das Brummen der Hummeln 
und das Zirpen der Grillen. Es hat 
derart gelebt im Wald, wie im Mär 
chen und als sie von einer «Brema» 
gestochen wurde, lernte sie, dass 
auch der Märchenwald seine Tü 
cken hat. Aber das Riet war nicht 
nur ein Zauberwald für sie, es war 
auch Weite, Hügel, harte Arbeit, 
Hetzen und Schwitzen, aber auch 
Existenz zum Leben. Es bedeutete 
Wurst, Brot, Geräuchertes, Sauer 
kraut, Zusammensitzen, Zvieries- 
*
	        

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