Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

FREITAG, 17. DEZEMBER 2004 
VOLKS I BLATT! 
INLAND 
AUFTRAGSWESEN LANDTAG IN KÜRZE LANDTAG IN KÜRZE Auftragswesen: Transparenz im Bereich der Sektoren VADUZ - Die Schaffung des neuen Geset­ zes über das öffentliche Auftragswesen im Bereich der Sektoren war gestern im Landtag unbestritten. Nötig wurde das Gesetz aufgrund des von der EFTA-Über- wachungsbehörde ESA monierten Um- setzungsmangels im Bereich der EWB- Sektorenrichtlinie. • Martin Frommelt In der Eintretensdebatte wies Alexander Mar­ xer. (VU) darauf hin, dass von der Sektoren­ richtlinie Auftraggeber in den Bereichen der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor erfasst werden. Dazu gehören zum Beispiel die Was­ serversorgung, die Gasversorgung, die LBA oder die LTN. Um das ebenfalls aufgrund der Einwände der ESA zu revidierende Gesetz über das Öffentliche Auftragswesen nicht un­ nötig mit Sektorenbestimmungen ergänzen zu müssen, die für andere Auftraggeber keine Relevanz haben und welche die Lesbarkeit sowie Übersicht des Gesetzes zusätzlich er­ schweren würden, hat sich die Regierung ent­ schlossen, dem Landtag für die Sektoren ein separates Gesetz zu unterbreiten. Im Landtag stiess dies auf Zustimmung. ) Kein Verständnis für ESA Elmar Kindle (FBP) begriisste die Gesetzes­ vorlage «im Sinne der Transparenz und einer vereinfachten Handhabung im Bereich der Sektoren». Einmal mehr Unverständnis wurde im Landtag über gewisse Ansichten der ESA geäussert. So monierte Elmar Kindle, dass die ESA eine Verknüpfung von Abwasserentsor- gung und Wasserversorgung macht. Das Ab­ leiten und die Klärung von Abwässern diene, ähnlich wie die Wasser- und Stromversorgung, der Grundversorgung eines Landes, so Kindle: «Deshalb ist es für mich nicht nachvollziehbar, dass die Richtlinie eine Kombination mit der Wasserversorgung macht, da dies zwei völlig voneinander getrennte Abläufe einer Versor­ gung darstellen. Nach Ansicht von Kindle ist es schleierhaft, «was hier das eine mit dem an­ deren zu tun haben soll». Elmar Kindle: «Wür­ de man die Abwasserentsorgung und die Was­ serversorgung unter einem Deckmantel füh­ ren, so würde das Abwasser unter die Sekto- renrichtlinie fallen. Faktisch würde sich aber nichts andern, da die Versorgung nach wie vor getrennt ablaufen würde. Daher ist für mich die Begründung der ESA uneinsichtig und ent­ spricht nicht unseren Verhältnissen.» Regie­ rungschef Hasler sagte, dass Liechtenstein nun einmal zur Umsetzung des EWR-Gesctzes verpflichtet sei: «Hier bleibt ganz einfach kein Spielraum.» Gleichstellung im Berufsalltag VADUZ - Die- gleichberechtigte Beteiligung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt ist wichtig für die Verwirklichung der gesell­ schaftlichen Gleichstellung von Frauen und Männern. Deshalb hat der Landtag in seiner gestrigen Sitzung einhellig einem Beschluss des gemeinsamen EWR-Ausschusses zuge­ stimmt. Dieser sieht die Abänderung einer EU-Richtlinie vor, die Gleichstellungshinder­ nisse abbauen soll. Landtagsabgeordnete Re­ nate Wohlwend (FBP) verwies vor der Ab­ stimmung auf einen zentralen Punkt der Richtlinie: Die Arbeitsplatzgarantie nach Muttcrschaftsurlaub. Sie äusserte leisen Zwei­ fel, ob eine volle Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht nicht problematisch für die Arbeitgeberschaft sein werde. Grundsätzlich' begrüsse sie jedoch die vorgesehenen Mass­ nahmen. Zur Umsetzung der Richtlinie bedarf es einer Abänderung des Gleichstellungsge­ setzes und neuer Bestimmungen im Arbeits­ vertragsrecht, wie Regierungschef. Otmar Hasler gestern festhielt. Da eine volle Umset­ zung der Richtlinie dem Arbeitsplatzstandort eher nicht zuträglich wäre, tendiere die Regie­ rung nicht zu einer Maximalumsetzung. Dies müsse im Laufe der Umsetzung jedoch noch einer vertieften Analyse unterzogen werden. Letztlich gehe es darum, «dass wir Chancen­ gleichheit herstellen». Gleichzeitig wolle man bei einer liberalen Wirtschaftsordnung blei­ ben, betonte Regierungschef Hasler. (mr) 
Stärkung der Position des einheimischen Gewerbes Landtag begrüsst Revision des Gesetzes über das Öffentliche Auftragswesen VADUZ - Die von der Regierung verfolgte Stossrichtung bei der Revision des Gesetzes über das Öffentliche Auftragswesen fand gestern im Landtag grundsätzli­ che Zustimmung. Aus der bishe­ rigen Praxis habe man die rich­ tigen Schlüsse zur Stärkung des einheimischen Gewerbes gezo­ gen, so der Grundtenor. »Martin Frömmel t In der Eintretensdebatte zu diesem für das einheimische Gewerbe sehr bedeutenden Gesetz, meldeten sich ausschliesslich Vertreter der FBP zu Wort. Dabei wurden dennoch auch durchaus kritische Tone ange­ schlagen. Elmar Kindle (FBP) be­ wertete es als positiv, dass Detail­ bestimmungen, wie der Inhalt der Ausschreibungsunterlagen, neu in der Verordnung geregelt werden. Dadurch werde mehr Spielraum für Anpassungen geschaffen, die aus der Praxis resultieren, so Kind­ le. Als nicht gut erachtet der Tries- ner Abgeordnete jedoch den Um­ stand, dass neu alle Ausschrei­ bungsunterlagen sämtlichen inte­ ressierten Personen per Post zuge­ stellt werden: «Somit müssen Of­ ferten nicht mehr bei den Ämtern abgeholt werden. Ich finde dies nicht gut, weil damit eine Hürde fällt, die bis anhin gerade von aus­ ländischen Mitbewerbern als er­ schwerend dazukam.» Wirtschaftlich oder billig? Grosse Mühe bekundete Elmar Kindle mit der von der ESA gefor­ derten Bestimmung, wonach der Zuschlag neu nicht mehr dem «wirtschaftlich günstigsten» Ange­ bot, sondern der «wirtschaftlich günstigsten Offerte oder der Offer­ te mit dem niedrigsten Preis» zu er­ teilen sein soll. Kindle halte kein Verständnis für diese Forderung der ESA: «Eine sachliche Begründung von Seiten der ESA scheint nir­ gends auf, ausser dass sie auf die Richtlinie verweist. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Vergabebehör­ de in Zukunft auf den ersten Teil der neuen Bestimmung hält. Somit kann der Qualitätsstandard auf­ rechterhalten werden.» Auch Wal­ ter Vogt (VU) monierte, dass es für Unternehmer bald nicht mehr inte­ ressant sei, sich für öffentliche Auf­ träge zu bewerben, wenn es nur . noch um den Preis gehe. 
Dem-Engagierte 
sich in der Debatte sehr stark und erfolgreich für die Anlie­ gen des liechtensteinischen Gewerbes: Elmar Kindle (FBP). gegenüber wies Rudolf Lampcrt (FBP) darauf hin, dass es ja dem Bauherren überlassen sei, den Zu­ schlag nach dem* '"Kriterium der Wirtschaftlichkeit' oder nur nach ddm Preis zu erteilen. Das betonte auch Regierungschef Hasler, der je­ doch darauf verwies, dass Zuschlä­ ge, die nicht auf den Preis ausge­ richtet seien, viel anfälliger für Be­ schwerden sind. Kampf gegen Dumpingangebote Neu sollen Offerten, die 30 Pro­ zent unter dem Durchschnitt liegen, einer Einzelprüfung unterzogen werden. Elmar Kindle: «Ich be­ grüsse die Herabsetzung von bisher 50 auf 30 Prozent, weil damit Dumpingangebote zukünftig eher ausgeschlossen werden können.» «Haltlose Drohung der ESA» Als Punkt, den alle Vernehmlas- sungsteilnehmer kritisiert haben, nannte Kindle, dass es in Zukunft aufgrund der Intervention der ESA nur noch ausnahmsweise zulässig sein soll, ein Produkt mit dem Zu­satz 
«oder gleichwertiger Art» zu bezeichnen. Dass die ESA ange­ kündigt hat, dass wenn diese An­ passung nicht gemacht werde, dies dann entsprechend negative Konse­ quenzen habe, empfinde er als halt­ lose Drohung, monierte Kindle. Neue Zuschlagskriterien Unter dem Artikel «Zuschlags­ kriterien» werden im Sinne der Stärkung des heimischen Gewer­ bes neu die Qualität, die Anzahl und Qualifikation der Mitarbeiter sowie insbesondere auch die Lehr­ lingsausbildung aufgeführt. Elmar Kindle: «Ich begrüsse dies sehr, weil damit nicht mehr ausschliess­ lich der Preis als Kriterium heran­ gezogen werden muss.» Ähnlich äusserte sich auch Peter Lampert (FBP): «Ich finde es gut, dass das Kriterium <Lehrlingsausbildung> aufgenommen wurde, ebenso die Zahl der Mitarbeiter. Das sind messbare Grössen. Alle anderen Kriterien sind schwieriger mess­ bar, beispielsweise die Qualifika­ tion der Mitarbeiter oder die Quali-tätssicherungsmassnahmen. 
Ich bin dafür, dass man nicht nur nach dem niedrigsten Preis geht, aber ich bin gleichzeitig skeptisch, ob sich die anderen Kriterien in der Praxis ohne Probleme anwenden lassen.» Frist von 14 plus 3 Tagen? Nicht befriedigt zeigte sich Kind­ le auch über die Neufassung beim Fristenlauf. In der alten Verordnung sei eine Frist von 14 Tagen sowie der Poststempel plus drei Tage be­ zeichnet. Da neu diese drei Tage wegfallen sollen, würde dies be­ deuten, dass der Offertsteller fak­ tisch drei Tage weniger Zeit erhal­ te, um seine Offerte auszufüllen. Wendelin Lampert (FBP) entgeg­ nete, dass der Postweg keine feste Grösse sei und es aus diesem Grund dann besser sei, die Frist dann allenfalls gleich auf 17 Tage zu erhöhen. Regierungschef Hasler versprach, die Frage des Fristen­ laufs noch einmal zu prüfen. Kri­ tisch steht Kindle auch der Neue­ rung gegenüber, wonach Offertstel­ ler neu einen Rechtsanspruch auf Einsicht in die Offertöffnungspro­ tokolle erhalten sollen. Nach Ansicht von Kindle hat die Praxis schon gezeigt, dass Offert- steiler im Besitz des Offertöff­ nungsprotokolls waren und bei der Nachkontrolle durch den Offertprü­ fer den fehlbaren Preis so nachträg­ lich anpassen konnten, da sie wuss- ten wo sie stehen. Kindle sprach sich dafür aus, den Rechtsanspruch zwar stehen zu lassen, eine Einsicht jedoch erst nach der fachlichen Kontrolle zu gewährleisten. Freude bei Regierungschef Regierungschef Otmar Hasler freute sich, dass der Bericht der Re­ gierung im Landtag grundsätzlich sehr positiv aufgenommen wurde. Die Behebung der von der ESA an­ gemahnten Umsetzungsdefizite sei nicht der einzige Grund für diese Gesetzesrevision gewesen, betonte Hasler. Der Regierung sei es auch darum gegangen, die praktischen Erfahrungen der letzten Jahre in die Vorlage einfliessen zu lassen. So wurden auch die Schwellenwerte angepasst. Dabei sei es darum ge­ gangen, einen Ausgleich zu finden. Wie die Diskussion im Landtag zeigte, ist dies der Regierung mit dieser Vorlage und der Verordnung offensichtlich gut gelungen. ANZEIGE Von Ihrcin Gol.d 
?- Jffef i r'f Begrüsst die zusätzlichen Zuschlagskriterien: Der FBP-Ahgeordnete Pe­ ter Lampert (hier Im Gespräch mit Helmut Bühler, FBP). 
- I ti u i' I i' ii • S i'Ii in Ii r k • l\ \ r I u s i v r I! i n /1-1 a n I't'r I i u u n (.'c n \ 11itti.i ( h I \ ,ni u / • I.M-rli len vU« I I• 'IVIrfuü •+I « M 2)1 « !
	        

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