Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

SAMSTAG, 11. DEZEMBER 2004 
3 NACHRICHTEN Neuer Stiftungsrat für das Kunstmuseum Liechtenstein VADUZ - Die Regierung hat den Stiftungs­ rat für die Stiftung «Kunstmuseum Liechten­ stein» für die Mandatsperiode 2004 bis 2008 wie folgt neu bestellt: Präsident: Peter Goop, Vaduz Mitglieder: Egbert Appel, Eschen Gerhard Meier, Vaduz Ludwig Ospelt, Vaduz Marion Seeger, Vaduz Andreas Vogt, Balzers Andrea Willi, Vaduz. (pafl) Programm zur Bekämpfung des Menschenhandels VADUZ - Die Regierung hat in ihrer Sit­ zung vom 7. Dezember 2004 beschlossen, ein Pilotprogramm der OSZE zur Bekämp­ fung des Menschenhandels in der Ukraine mit 20 000 Euro zu unterstützen. Gemäss einem Bericht des UNO-Ent- wicklungsprogramms (UNDP) aus dem Jahr 2003 gilt die Ukraine als eines der Haupther­ kunftsländer für den Menschenhandel von Frauen und Kindern zur erzwungenen Prosti­ tution und sexuellen Ausbeutung. Die Haupt­ ursache des Menschenhandels wird in der Unzufriedenheit mit den lokalen Arbeits­ und Verdienstmöglichkeiten, insbesondere in den ländlichen Gegenden und Provinzstäd­ ten, gesehen. Eine Mehrheit der Opfer des Menschenhandels sind junge Frauen im Al­ ter von 17 bis 27 Jahren. Sie kommen oft aus zerrütteten Familienverhältnissen oder sind Waisen. Das von Liechtenstein unterstützte Pilotprogramm soll im Januar 2005 mit 50 bis 80 jugendlichen Waisen im Alter von 18 Jahren aus drei ausgewählten, sehr armen Regionen der Ukraine gestartet werden. Die Jugendlichen erhalten die Möglichkeit, ein Berufspraktikum zu absolvieren und dadurch ihre beruflichen, aber auch sozialen Fähig­ keiten zu erweitern. Der private Sektor über­ nimmt bei der Durchführung des Programms durch die Bereitstellung von 
Praktikumsplät- zen eine wichtige Rolle. Es hat sich gezeigt, dass die erfolgreichsten Vorbeugungspro­ gramme gegen den Menschenhandel diejeni­ gen sind, welche Jugendliche auf das Leben vorbereiten und relevante praktische Berufs­ fähigkeiten vermitteln. Des Weiteren soll mit diesem Programm ein erfolgreiches Modell geschaffen werden, das später auf andere Re­ gionen der Ukraine und weitere verletzliche Gesellschaftsgruppen ausgedehnt werden könnte. (pafl) Liechtenstein unterstützt DEZA-Projekte in Armenien VADUZ - Die Regierung hat beschlossen, an das Hilfsprogramm der Schweizer Direk­ tion für Entwicklungszusammenarbeit (DE­ ZA) zu Gunsten von Flüchtlingen in Arme­ nien einen Beitrag von 400 000 Franken zu leisten. Das Programm stellt eine Weiterent­ wicklung der «Cash-for-shelter»-Projekte in Südosteuropa dar, an denen sich Liechten­ stein in der Vergangenheit ebenfalls beteiligt hat. Bei diesen Projekten geht es im Wesent­ lichen darum, die Unterbringung von Flücht­ lingen vor Ort sicherzustellen, indem die stellt wird. Das Programm in Armenien, wo es eine grosse Zahl von Flüchtlingen aus dem unge­ lösten Nagorno-Karabach-Konflikt gibt, wird von der DEZA in Zusammenarbeit mit dem UNO-Hochkommissariat für Flüchtlin­ ge und den lokalen Behörden durchgeführt. Mit dem Programm erhalten schutzbedürfti­ ge Personen (insbesondere ältere Menschen) eine Wohnung in eigens erstellten Wohnhäu­ sern. Für ein erstes Projekt in Armenien hat die DEZA die Stadt Goris gewählt. 40 Flüchtlingsfamilien sollen in den Genuss ei­ ner Wohnung und individueller Betreuung kommen. (pafl) 
«Konkurrenzfähiges Bildungssystem» Regierungschef-Stellvertreterin Rita Kieber-Beck über PISA 2003 VADUZ - Anfangs Woche wurden die neuesten Ergebnisse des internationalen Bildungsver­ gleichs PISA 2003 vorgestellt. Dabei konnte Liechtenstein gegenüber dem Jahr 2000 erheb­ liche Fortschritte eizielen und in die weitweite Spitzengruppe vor- stossen. Das Volksblatt fragte bei Bildungsministerin Rita Kie­ ber-Beck nach den Gründen für dieses Glanzresultat. • Pater Kindle Volksblatt: Frau Regierungschef- Stellvertreterin, Liechtensteins Bildungssystem, hat sich gemäss den jüngsten PISA-Ergebnissen vom hinteren Mittelfeld in die absolute Spitzengruppe bewegt. Wo sehen Sie die Ursachen da­ für? Rita Kieber-Beck: Verschiedene der teilnehmenden Länder können einen Sprung nach vorne verzeich­ nen, aber kein anderes Land konnte sich in allen Bereichen dermassen verbessern wie Liechtenstein. Das legt nahe, dass es verschiedene Gründe für unser hervorragendes Abschneiden geben muss. Woran denken Sie dabei? Wie andere Länder auch war Liechtenstein 2001 nach den uner­ freulichen Ergebnissen von PISA 2000 schockiert. Diese Erfahrung hat damals allen aufgezeigt," dass möglichst rasch Verbesserungs- massnahmen umgesetzt werden mussten. Grosser Sprung nach vorne Noch vor bekannt werden der Resultate von PISA 2000 haben wir die Kernfächer gestärkt und die Promotionsregelungen zugunsten der Kernfächer verbessert. Auf­ grund der PISA-Resultate 2000 wurden Handlungsfelder definiert und gezielte Massnahmen eingelei­ tet. All diese verschiedenen Mass­ nahmen haben wir als gezielte Ver­ besserung eines an sich funktionie­ renden Systems verstanden. Das heisst, wir hatten nicht den An­ spruch, das bestehende System völ­ lig 
umzukrempeln, sondern es kon­ sequent zu verbessern. Derartige Massnahmen wirken denn auch be­ deutend 
schneller als ein System­ wechsel. Gerade ein Kleinstaat hat aufgrund kurzer Wege in diesem Prozess grosse Vorteile. Liechtensteins Sprung nach vor­ ne kann aber sicherlich nicht ausschliesslich darauf zurückge­ führt werden? Nein, natürlich nicht. Auch wenn bei PISA 2003 grundsätzlich alle 15-jährigen Schülerinnen und Schüler Liechtensteins getestet wurden, ist diese Zahl im Vergleich mit anderen Ländern sehr gering. Das bedeutet, dass die Zusammen­ setzung eines Jahrgangs in Liech­ tenstein grösseren Einfluss auf das Endergebnis haben kann. Bestehendes System verbessert Was ebenfalls möglich scheint, ist, dass Liechtenstein beim letzten 
Regierungschef-Stellvertreterin und Bildungsministerin Rita Kieber-Beck: «Natürlich freuen mich Ergebnisse wie die ausgezeichneten PISA-Resultate, aber es gibt keinen Grund, zurückzulehnen und sich mit dem Erreich­ ten zufrieden zu geben.» Test zu schlecht abgeschnitten hat. Lehrer und Schüler haben damals PISA nicht so ernst genommen wie heute. Aber selbst wenn man derartige Faktoren mitberücksichtigt, wird die Kernaussage von PISA 2003 dadurch nicht geschmälert - Liech­ tenstein hat einen bedeutenden Schritt nach vorne gemacht. Dennoch wurde der Vorwurf laut, die Resultate seien zu gut und durch irgendeine Form der Manipulation entstanden. Wie stehen Sic dazu? Keine Manipulation In diesem Punkt möchte ich mit allem Nachdruck unterstreichen, dass seitens der Regierung keiner­ lei Einflussnahme unternommen wurde. Liechtenstein ist meines Wissens ohnehin eines der wenigen Länder, welche die Untersuchung nicht einmal selbst durchgeführt haben. Kontinuierliche Bildungspolitik Liechtenstein hat die Durchfüh­ rung an das Schweizer Bundesamt für Statistik übertragen, welches den Auftrag wiederum an eine be­ kannte pädagogische Hochschule • vergeben hat. Diese hat dann dafür gesorgt, dass der Test in Liechten­ stein OECD-konform durchgeführt wurde. Es war also gewährleistet, dass es keine Form der Manipula­ tion geben konnte. Bildungspolitik wirke nur sehr langsam, wurde kürzlich ge­ schrieben. Die ausgezeichneten Resultate können daher nicht das Verdienst Ihrer Arbeit sein, son­dern 
der Vorgängerregierung, ausruhen, sondern müssen den Wie sehen Sie das? 'eingeschlagenen Weg weiter ge­ Wenn man ein ganzes Bildungs- hen. Die Bildungspolitiker im system umbauen will, wirkt dies Ausland schauen jetzt mit Argus­ natürlich nur sehr langsam. Verbes- äugen auf uns und werden alles serungen eines bestehenden Sys- unternehmen, um ebenfalls zur tems, wie wir sie unternommen ha- Spitzengruppe aüfzuschliessen. ben, wirken dagegen sehr unmittel- Wenn wir angesichts dessen das bar. Signal für Wirtschaft Aber diese ganze Diskussion, wer sich den jüngsten PISA-Erfolg auf die Fahnen schreiben darf, bringt uns letztlich nicht weiter, weder fachlich noch politisch. Wie meinen Sie das? Wenn die Opposition sagt, dass Bildungspolitik nur sehr langsam wirke und der PISA-Erfolg daher eine Konsequenz ihrer vergangenen Arbeit sei, ist das natürlich eine et­ was eigenwillige Interpretation. Von den letzten 12 Jahren Bil­ dungspolitik in Liechtenstein ha­ ben deren 8 Jahre FBP-Bildungs- minister zu verantworten. Vom Ar­ gument der langfristigen Wirkung kann die Opposition daher nicht profitieren. Oder mit anderen Worten, die FBP alleine soll für die Ergeb­ nisse verantwortlich sein? Wie gesagt, diese Diskussion bringt uns nicht weiter. Wichtig ist nur, dass Liechtenstein im Bil­ dungsbereich zur Spitzengruppe aufgeschlossen hat und über ein international konkurrenzfähiges Bildungssystem verfügt. Das ist das einzige, was für Gesellschaft und Wirtschaft zählt. Entsprechend müssen wir unsere gesamten Energien darauf verwen­ den, die Aufbruchstimmung im Bildungsbereich weiter für geziel­ te Optimierungen zu nutzen. Wir dürfen uns auf dem Erfolg nicht 
erreichte Niveau halten oder gar ausbauen wollen, dürfen wir unse­ re Ressourcen nicht verschwen­ den, sondern müssen sie in aus­ schliesslich fachliche Diskussio­ nen investieren. Wie sehr geniessen Sie selbst die­ se internationale Rehabilitation der liechtensteinischen Bildungs­ landschaft? Weitere Verbesserungen anstreben Natürlich freuen mich Ergeb­ nisse wie die ausgezeichneten PI­ SA-Resultate oder das sehr gute Expertengutachten zur Fachhoch­ schule Liechtenstein, aber es gibt keinen Grund, zurückzulehnen und sich mit dem Erreichten zufrieden zu geben. Erreichtes Niveau sichern Stattdessen möchte ich diese Ge­ legenheit nutzen, um allen; welche die vielfältigen Massnahmen der letzten Jahre mitgetragen und um­ gesetzt haben, herzlichst zu dan­ ken. Dabei denke ich insbesondere auch an die Lehrerschaft, diegros- ses Lob verdient hat. Sie hat we­ sentlich zum PISA-Erfolg beigetra­ gen und gerade ihr 
stellt die Studie denn auch ein sehr gutes Zeiignis aus.
	        

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