Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

DONNERSTAG, 18. NOVEMBER 2004 VOLKS| 11^| Q ROBERT BÜCHEL BLATTI IIVI.r%lllL/ EIN LIECHTENSTEINER BEI DER FUSSBALL-WM ob es nicht doch gereicht hätte» der FIFA-Fussball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland - Erfolg ist Pflicht, Kündigung ist verboten Fortsetzung von Seite 6 präsentieren.» Der zweite Sitz des Or­ ganisationskomitees befindet sich in einem unlängst fertig gestellten Büro­ hochhaus. Der Grossteil der Riiume steht noch leer, jene des Organisa­ tionskomitees sind provisorisch einge­ richtet. Rund um dieses Gebiiude ste­ hen weitere Hochhäuser, dazwischen tummeln sich nur als Silhouetten er­ kennbare Menschen in ihren Schre­ bergärten. . In einem Besprechungszimmer mit nackten, kahlen, weissen Wänden steht ein Tisch mit vier Stühlen, sonst nichts. Einziger Farbtupfer ist das bunt bedruckte Kaffeeservice auf dem Tisch. Daneben steht eine Schale mit Schokoladekeksen. Robert Büchel, petzt sich hin, zwei Leute vom Ticke- ting betreten den Raum. «Hallo Ro­ bert. Heute musst du mit uns vorlieb nehmen. Unser Chef hängt noch in der EIFA-Sitzung bei cuch drüben fest», sagt der Ältere der beiden. «Ja, ich weiss, kein Problem. Also hört mal zu: Diü Sache ist die, dass ich wahr­ scheinlich bei jedem der 64 Spiele Unterschiedlich viele VIP-Plätze brauche. Das heisst, dass sich mein Kontingent immer anders auf den restlichen Kartenbestand auswirkt. ' Punkt zwei ist, dass ich eine Lösung flir folgendes Problem will: Die Ho- spitality-Gäste gehen in der Pause zu- dtlck in ihre Zeltstädte vor den Sta­ dien. Wie bringen wir sie durch die verschiedenen Sektoren? Wir können sie unmöglich jedes Mal kontrollie­ ren, das geht nicht! .Könnt ihr die Tickets irgendwie speziell program­ mieren?» Die Ticketing-Leute schau­ en sich erst gegenseitig an, ,dann ant­ wortet wieder der Ältere: «Mensch, Robert, du machst mir ja Spass. Du weisst eh, was du mir antust...» Seine Arbeit sei wie ein Schach­ spiel: Jede Entscheidung wirke sich auf die anderen Abteilungen aus. Bei jedem Zug, den er mache, müsse er sich die nächsten fünf überlegen, wis­ sen, wie es weitergeht. Er müsse Teamspieler sein, als Einzelkämpfer könne er nichts erreichen. Studium abgebrochen Robert Büchel hat sich nach seinem Skiunfall und der anschliessenden Auszeit für ein Betriebswirtschafts- Studium an der Hochschule St. Gallen entschieden. Da der Studienbeginn noch einige Monate entfernt lag, arbei­ tete er zunächst bei einem Landver­ messer und setzte Grenzsteine. Und zwar so lange, bis die Liechtensteiner Veranstaltungsagentur der Ski-Legen­ den Harti Weirather und Hanni Wenzel einen Praktikanten gesucht hat. Da Ro­ bert Büchels Eltern zufällig die Wen­ zels gut kennen, konnte er kurze Zeit später die Stelle antreten und arbeitete dort bis zum Studienbeginn. «Ich habe aber nicht ins Studium hineingefunden und abgebrochen - das hat meinem Vater gar nicht gepasst. Dann habe ich das Angebot von Harti Weirather ange­ nommen und bin als 7., Mitarbeiter fix in seine Agentur eingetreten. Heute ar­ beiten dort 60 Menschen.» Die Agentur hatte es unter anderem geschafft, Kontakt zur deutschen Bierbrauerei Veltins herzustellen und die Verantwortlichen von sich und ih­ ren Leistungen zu überzeugen. Robert Büchel hat den Sponsoringvertrag zwischen Veltins und dem Formel-l- . Rennstall Williams ausgehandelt. Er war der Einzige, der Geschäftseng­ lisch sprechen konnte. «Das wirklich Interessante am Kauf eines Schrift­ zugs - zum Beispiel auf einem For­ mel* I-Rennwagen - sind die Rechte, die man dadurch erwirbt. Veltins konnte Kunden zu Testfahrten mit­ bringen, wir haben die 
Williams-Pilo-Robert 
Büchel (links) plant mit zwei Kollegen von der Ticket-Abteilung, Frank Arendt (Mitte) und Christoph Ben (rechts), wo die Ehrengäste in den Stadien sitzen werden. ten auf Messen'Bier zapfen lassen und sogar eine Fernsehsendung entwi­ ckelt, die im Deutschen Sportfernse­ hen DSF gelaufen ist. Wir haben gear­ beitet wie die Irren, rund um die Uhn» Es sei dann der Punkt gekommen, an dem Robert Büchel, inzwischen zum eidg. dipl. Marketingplaner weitergebildet, mehr sein wollte als nur ein Angestellter in Liechtenstein. Er versuchte, Teilhaber der Agentur zu werden, wollte das Gefühl haben, et­ was mit zu besitzen. Das war wegen der Zusammensetzung der Anteile un­ ter den Teilhabern aber nicht möglich, Robert Büchel hat gekündigt. Sein letztes Projekt für die Agentur führte ihn zehn Jahre nach seinem WM-Start wieder nach Vail, als er und seine Kol­ legen den Autobauer BMW im Jahr 1999 zum Hauptsponsor der Ski-WM gemacht hatten. Danach wechselte er zu Veltins nach Deutschland. Die Brauerei suchte zufällig jemanden, der die Abteilung Sportsponsoring über­ nahm. «Ein gutes Netzwerk ist das A und O dieser Branche. Man muss stän­ dig ein Ohr am Markt haben, wissen, was läuft, wissen, welches Unterneh­ men was plant. Diese Arbeit muss ei­ nem Spass machen, man muss der "typ dafür sein. Sonst hat man keinen Er­ folg.» Das Tolle an der Arbeit sei, dass er etwas auf die Beine stellen, etwas bewegen könne. Am Anfang jedes Projekts stehe zwar sehr viel Konzep­ tionsarbeit, diese dann umzusetzen, bereite aber umso mehr Freude. Die Besprechung mit den Ticketing- Leuten ist vorbei. Robert Büchel fährt zurück in sein Büro. DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder verlässt ge­ rade das Gebäude des Organisations­ komitees und wünscht - mit aufge­ setztem Lächeln - den zwei Damen am Empfang einen schönen Abend. In Büchels Büro wartet ein Englisch sprechender Kollege und berichtet vom Stand der McDonalds-Verhand­ lungen. Robert Büchel nickt zufrie­ den, sagt «That's perfecta That's exaet- ly what we wanted», fischt eine rot- blau-gestreifte Krawatte aus seiner Sakkotasche und bindet sie sich itt Windeseile um. Der Knoten sitzt per­ fekt. «Die ist für nachher, für die FIFA-Sitzung.» Er prüft auf dem No-. tebook die 
einzelnen Folien der Prä­ sentation, die seine Assistentin There­ sa 
zusammengestellt hat. Anschlies­ send wechselt er den Hintergrund des Notebook-Desktops. Dort, wo jetzt ei-ne.dunkclblaue 
Fläche ist, lachten zu­ vor er und seine Freundin Alice auf ei­ nem Urlaubsfoto. «Ich habe bei einer Präsentation vor FIFA-Leuten einmal vergessen, dass ich dieses Foto als Hintergrundbild habe. Nachdem ich fertig präsentiert und das Programm beendet hatte, blickte ich in die Runde und wartete auf Fragen. Die einzige Frage war, wer denn die Frau auf dem Foto sei, das gerade so richtig gross auf der Leinwand zu sehen war», sagt Robert Büchel lachend. «Das passiert mir nicht noch einmal.» Es ist 18.45 Uhr. Er steht auf, nimmt sein Note­ book unter den Arm. Er geht einige Räume weiter zur Sitzung mit den FIFA-Leuten, vorbei an eingerahmten Fotos jubelnder Mannschaften von vergangenen Weltmeisterechaften. Persönliche Katastrophe Nach vier Jahren bei Veltins suchte der ehemalige Leistungssportler eine neue Herausforderung und hat gekün­ digt. Noch während der laufenden Kündigungsfrist bei Veltins wusste er nicht, wie es weiterging. Dann rief ihn ein Bekannter an, erzählte ihm vom Organisationskomitee, das noch einen Abteilungsleiter suchte. «Das war ein HP 
wirklich grosser Zufall und die Idee, zum Organisationskomitee zu wech­ seln, hat mich nicht auf Anhieb über­ zeugt. Nach dem ersten Gespräch mit meinem jetzigen Chef Horst R. Schmidt war ich aber sofort Feuer und Flamme und habe im März 2003 die. Stelle angetreten. Ich bin auf den letz­organisieren, 
desto öfter werde ich ins Stadion gehen können. Sollten Proble­ me auftreten, muss ich mich um deren Lösung kümmern - für Fussball wird dann keine Zeit bleiben.» Robert Büchel wohnt seit fünf Jah­ ren in Köln - zumindest an den Wo­ chenenden, sonst in Frankfurt. Seine Freundin Alice lebt noch in Brasilien. Wenn alles klappt, zieht die gelernte Physiotherapeuten im nächsten Früh­ jahr zu ihm nach Deutschland um. Robert Büchel fühlt sich als Liechten­ steiner, hat aber nicht vor, ins Fürs­ tentum zurückzukehren. Vermisst er etwas aus seiner Heimat? Er schaut aus dem Fenster, blickt Uber die Stadt hinweg. Keine Berge in Sicht. «Ja. Familie, Freunde, Kollegen. Skifah­ ren und Gleitschirmfliegen. Das geht hier nicht.» Eigentlich versuche er immer, am Tag des Fürstenfests in Liechtenstein zu sein. Er könne dann sehr viele Bekannte innert weniger Stunden treffen. Dieses Jahr musste er arbeiten. Auch während seines 10-tä- gigen Brasilien-Urlaubs im Oktober hat ihn die WM elektronisch einge­ holt. Seine Assistentin leitete ihm wichtige E-Mails weiter, deren Inhal­ te 
er bearbeiten musste. «Wir vom Organisationskomitee können uns nicht einfach ausklinken. Wir sind dauernd damit beschäftigt, diese Ver­ anstaltung auf die Beine zu stellen. - Unser Vertrag hält auch fest, dass wir nicht kündigen dürfen.» Zurzeit seiner Ferien hat die Liech­ tensteiner Fussball-Nationalmann­ schaft im Rahmen der WM-Qualifika­ tion erst unentschieden gegen Portu­ gal gespielt, vier.Tage später Luxem­ burg besiegt. «Das war unglaublich. ten Drückcr reingerutscht. Ich habe den Job nämlich auch mit dem Hinter-, . es hat mich riesig^gefreut und ich Jba- gedanken angenommen, dass^ ich be^sofört E-Matls*an -Freunde ver­ Kontakte zu Weltfirmen knüpfen kann. Was hätte mir Besseres passie­ ren können? Die WM muss einfach ein Erfolg werden, meine Abteilung muss perfekte Arbeit abliefern - alles andere wäre eine persönliche Ka­ tastrophe. Schliesslich hängt auch mein Name daran.» Er sei sehr ehrgeizig, ja. Er müsse aber niemandem auf die Nase binden, dass er die WM mitorganisiert. Allein die Tatsache, dass er es tut, sei gut fürs Ego. «Ich definiere mich sehr stark über meine Arbeit. Ich will jedoch nicht, dass mich andere Leute über meine Arbeit definieren.» Ein Grad­ messer für den Erfolg seiner Arbeit werde sein, wie oft er Zeit haben wird, sich ein Spiel live im Stadion anzuse­ hen. «Je perfekter wir im Vorfeld alles 
schickt. Bis zur WM-Endrunde nach Deutschland werden es die Liechten­ steiner 
aber wohl nicht schaffen.» Und wie sieht seine Zukunft aus? Der Masterplan, der in Büchels Büro hängt, sieht vor, dass das Organisa- tionskomitec den Gesamtabschluss der WM am 30. Oktober 2006 der FIFA vorlegt. Und dann? «Darüber- denke ich jetzt noch nicht nach. Wenn ich im Februar oder März 2006 noch nicht weiss, was ich tun werde, und noch keine Angebote auf dem Tisch liegen habe, werde ich mir vielleicht Sorgen mächen. Ob­ wohl, etwas fällt mir doch ein», sagt Robert BücheL, und grinst breit: «Brasilien hat gute Chancen, die WM 2014 auszurichten. Irgendje­ mand muss sie ja organisieren.» Seit März 2003 leitet der Liechtensteiner Robert Büchel dlei Abteilung «Hospftallty & Catertng» des Organlsatlonskomltees.
	        

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