Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

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H|M DONNERSTAG, 5. FEBRUAR 2004 
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SPORT 
IM GESPRACH MIT PHILIPPE SCHÜRMANN 
21 PERSÖNLICH «Ein Talent war ich nie» SCHAAN - Philippe Schürmanns Augen leuchten, wenn er vom Volleyballsport spricht. Er lacht, wenn er von seinen Anfän­ gen erzählt, denn «angefangen hab ich ei­ gentlich nur, weil neun meiner zwölf Klassenkollegen Volleyball spiel­ ten.» Er gibt auch gerne zu, dass «ich nie ein Volleyball­ talent gewesen bin, aber nach wie vor Freude am Spielen habe.» Als Schiedsrichter ist der 38-jährige Schaaner interna­ tional anerkannt und in Europa gibt es nichts mehr, das er noch nicht arbitriert hat. Trotz­ dem hat Philippe Schürmann auch als Schiedsrichter noch Ziele: «An Olympi­ schen Spielen wäre ich gerne einmal dabei.» Beruflich'lehrt, 
er Gymischüler Informatik und an der Uni Zürich ist der Wirtschaftsin­ formatiker auch als Assistenzprofessor tätig. Seine grosse Liebe aber gilt den Sprachen und neben Deutsch spricht er auch Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch. Japa- nologie hat 
er zwei Jahre lang studiert und Russisch wird sein nächstes Projekt sein. Viermal pro Woche kocht er mittags für sich und verzichtet dabei selten auf seine Lei­ denschaft, den Käse. Sportlich träumt er von vier Goldmedaillen für Liechtensteins Vol­ leyballer an den Lie-Games 2011 und privat ist eine Familie sein grösster Wunsch. 
«Ganz normal bin ich nicht» Philippe Schürmann über Pazifismus, Fremdsprachen und Goldmedaillen SPORT IN KÜRZE Der Leader kommt SQUASH- Ein. hartes Stück Arbeit wartet heu­ te auf die Vaduzer NLB- Squasherinnen, die wei­ ter auf Elisabeth Lam- prccht (Entzündung des Ischias-Nerves) verzich­ ten müssen. Mit Winter- thur gastiert der Leader im Squash House. Auf der Position l steht Nicole Rothmund (Bl, Bild) gegen Moni Bettoni (A2) vor einer schweren Aufgabe. Gleiches gilt auf der Po­ sition 2 für Yvonne Isola (Bl) gegen Barba­ ra Zatti (Bl), die sich derzeit über eine sehr gute Form erfreut. Die für Lainprecht ins Team gerückte Isabella Sele (Bl) ist auf der Position 3 gegen Esther Dübendorfer (B2) hingegen in der Favoritenrolle. (rob) Lothar Matthäus iässt sich in Salzburg nieder FUSSHALL - Ungarns neuer Nationaltrai- ner Lothar Matthäus hat seinen Wohnsitz von Belgrad nicht nach Budapest, sondern in die Nähe von Salzburg verlegt. Matthäus erwarb eine 300 Quadratmeter grosse Pent- house-Wohnung. Benfica gedachte Feher FUSSBALL - Der 2:0-Heimsieg von Benfi­ ca Lissabon gegen Academica Coimbra stand ganz im Zeichen des Gedenkens an den ver­ storbenen Miklos Feher. Die Spieler und Klubfunktionäre bildeten während der Trau- erniinute einen Kreis, zudem trug jeder 
Ben­ fica-Akteur «Feher» auf der Rückseite des Trikots. 56 000 Zuschauer waren im Stadion. EM-Ausreiseverbot FUSSBALL - Der englische Verband (FA) sagt im Vorfeld der EM 2004 in Portugal (12. Juni bis 4. Juli) den Hooligans den Kampf an. Rund 1900 mutmassliche engli­ sche Randalierer sollen während der End­ runde mit einem Ausreiseverbot belegt wer­ den und die Pässe bei den britischen Behör­ den abgeben. Kunbull Deutschland. Cup. Vlerlclflnnl c Alemannia Aachen - Bayern München 2:1(1:1). Ilalhtlnuls (16717. Milrz): Werder Bremen - Lübeck, Aachen - Mönchengladbach. 
SCHAAN - «Es ist wichtig, dass man den Tatsachen in die Au­ gen schaut und nicht versucht, etwas schönschreiben zu wol­ len. Sportlich gesehen sind wir in einem Loch», sagt Philippe Schürmann. Und trotzdem hat sich der 38-jährige Schaaner am Montag zum neuen Präsi­ denten des Liechtensteinischen Volleyballverbandes (LVBV) wählen lassen. Ein Gespräch. • Cornelia Hofer Volksblatt: Weshalb sollten Kin­ der und Jugendliche Hallenschu­ he, T-Shirt und kurze Hose pa­ cken und ins Volleyballtraining gehen? Philippe Schürmann: Haupt­ grund für mich ist mit Sicherheit, dass es ein Teamsport ist. Das hat klare Konsequenzen und dessen muss ich mir als Spieler bewusst sein. Gehe ich beispielsweise nicht ins Training, schadet das nicht nur mir selber, sondern dem ganzen Team. Wichtig ist auch, dass in ei­ ner Mannschaft eine gesunde Kon­ kurrenz 
herrscht, denn damit wird erst der Erfolg möglich. Jedes Team gibt sich eigene Spielregeln und daran müssen sich alle halten, will man gemeinsam ein Ziel errei­ chen. Diese Regeln und dieses Ver­ halten gelten aber nicht nur filr das Vollcyballspiel, 
sondern zählen auch im täglichen Leben. Deshalb bin ich überzeugt, dass Kinder und Jugendliche, die sich für den Voll­ eyballsport entscheiden, auch viel fürs Leben lernen. Eines möchte ich aber auch betonen: das ist nicht nur im Volleyball der Fall, sondern in jeder anderen Sportart auch. Kinder lernen vom Sport ... für Philippe Schürmann ist das Spiel mit einem Ball und dem hohen Netz einfach das: Faszinie­ rendste. Ja, genau! (Lacht) Ich überlege mir denn auch immer wieder, was sie eigentlich ausmacht, meine Fas­ zination für das Volleyballspiel. Ich denke, es gibt verschiedene Grün­ de. Es fasziniert mich beispiels­ weise, dass es kein Einzelspieler sein kann, der ein Volleyballspiel entscheidet. Sicher, ich kann mit ei­ nem Serviceass brillieren, am Schluss entscheidet aber immer die Mannschaftsleistung Uber Sieg oder Niederlage eines Teams. Mir gefällt zudem, dass es nicht zum di­ rekten Körperkontakt zwischen den Mannschaften kommt. Rugby zum Beispiel wäre überhaupt kein Sport für mich, denn ich bin ein absoluter Pazifist und verabscheue bereits die geringste Art von Gewalt. Interes­ sant finde ich zudem die Tatsache, dass Volleyball ein Spiel mit einem Ball ist, dieser aber immer nur ganz kurz berührt wird und ein Spieler pro Partie lediglich ein paar Minu­ ten mit dem Spielgerät in Berüh­ rung kommt. Ich bin ein absoluter Pazifist Sie spielen Volleyball, sind Trai­ ner, Schiedsrichter, Präsident des Volleyballclubs Vaduz und seit Montag auch noch Präsident des Liechtensteinischen Volleyball- verbandes. Sind Sie ein Volley­ ballverrückter? 
Philippe Schürmann: «Es Ist wichtig, dass man den Tatsachen in die Augen schaut und nicht versucht, etwas schönschreiben zu wollen. Sportlich gesehen sind wir in einem Loch. Das ist denn auch der Reiz am Amt des Verbandspräsidenten, mithelfen zu können, aus diesem Wellental heraus wieder nach oben zu kommen.» (Lacht) Ganz normal bin ich si­ cher nicht! Für Aussenstehende ist es sicher schwierig, nachzuvollzie- hen, weshalb ich all das mache. Mir macht diese Abwechslung aber Spass, denn ich kann einerseits im­ mer noch selber das Spiel spielen, das mir so viel bedeutet und ande­ rerseits kann ich als Trainer, Schiedsrichter und Präsident mein Wissen an junge Menschen und im Klub und nun auch im Verband weitergeben. Pas ist für mich keine Aufgabe oder ein Job, den ich als Arbeit betrachte. Im Gegenteil, das ist für mich ein Privileg. Irgendwie ist es für mich ein gegenseitiges Ge­ ben und Nehmen: der Volleyball­ sport hat mir schon vieles geschenkt und gibt mir auch heute noch sehr viel und deshalb bin ich auch gerne bereit, etwas zurückzugeben. Ich gebe mein Wissen gerne weiter Was ist es, das Ihnen der Volley­ ballsport schenkt? (Überlegt einen Augenblick) Dank dem Volleyballsport ist Euro­ pa für mich zwischenzeitlich zu ei­ nem Dorf geworden, denn als Schiedsrichter war ich schon in un­ zähligen Ländern. Dabei sehe ich nicht nur die Sporthalle und ein Hotel, sondern habe meistens auch die Gelegenheit, eine Stadt oder die Umgebung besichtigen zu können. Die Volleyballszene ist nicht riesig und man lernt schnell Leute ken­ nen, die man immer wieder sieht. Daraus entstehen Freundschaften, die eben auch über den Sport hin­ aus gehen. Das schätze ich sehr, denn dadurch lerne ich ein Land auch jeweils ganz anders kennen und komme an Orte, an die du als. «normaler» Tourist eben nicht kommst. Zudem liebe ich Sprachen und es ist schön, mit einem Italie­ ner eben auch italienisch sprechen zu können und mit einem Spanier spanisch. Nicht, dass ich diese Sprachen perfekt sprechen würde, überhaupt nicht, aber das ist mir egal. Ich habe keine Hemmungen, Fehler zu machen, denn aus diesen lerne ich schliesslich am meisten. 
Das grösste Geschenk sind für mich aber sicherlich die Freund­ schaften, die ich dank dem Volley- ballsport aufbauen konnte. Volleyball nimmt einen grossen Platz ein in Ihrem Leben, dane­ ben haben Sic ein Vollpcnsum als Gymilehrer - bleibt Philippe Schürmann noch Zeit für ein Pri­ vatleben? Ich kann gut abschalten Das ist manchmal sicher der Wermutstropfen meines Engage­ ments. Ich investiere fast meine ge­ samte Freizeit in den Sport und die Wochenabende sind beispielsweise mit Trainings ausgefüllt. Ich bin aber jemand, der sehr gut abschal­ ten kann und Schlafprobleme zum Beispiel kenne ich auch nicht. Bei­ des hilft mir, immer wieder genü­ gend Erholung und auch Abstand vom Volleyball zu erhalten, dass mich dieses Hobby nicht ausbrennt. Im Gegensatz zu anderen Men­ schen brauche ich ausgesprochene Ruhephasen oder Zeiten, in denen ich mich zurückziehen kann, weni­ ger. Ich liebe es, mich für etwas einzusetzen, Ziele zu setzen und diese mit anderen Leuten verfolgen und realisieren zu können. ... ideale Voraussetzungen also für das Amt des Verbandspräsi­ denten. Ich habe gute Leute um mich herum - (Lacht) Ob sie ideal sind, weiss ich nicht. Was ich aber weiss, ist, dass ich wirklich sehr motiviert bin und mich auf diese Arbeit freue. Die Motivation rührt von daher, dass ich mit Renate Bachmann, Irmgard Ma- this, Edwin Benne, Andreas Heeb, Markus Mathis und Jürgen Albrecht sechs Leute um mich habe, die alle das gleiche Ziel verfolgen und zwar «Go 4 4 Gold» an den nächsten Lie- Games 2011. Sieben Jahre bleiben 
uns, eine starke Damen- bzw. Her­ rennationalmannschaft und je ein Damen- und ein Herren-Beachvol- ley-Team aufzubauen. Beachvolley wird an den nächsten Kleinstaaten­ spielen nämlich erstmals im Pro­ gramm sein. Dazu kommt, dass wir im Juni in Schaan das Finalturnier der Gruppe C durchführen werden und wir dafür Renate Bachmann als OK-Präsidentin gewinnen konnten. Sie hat im vergangenen Jahr mit dem Präsidium der U-19-Fussball- endrunde bewiesen, was in unserem Land möglich ist. Grosse Ziele, wenn man bedenkt, dass der Volleyballverband aus sportlicher Sicht seit längcrem nicht mehr für Erfolgsschlagzei­ len sorgte. Das ist richtig und ich finde es auch wichtig, dass man den Tatsa­ chen in die Augen schaut und nicht versucht, etwas schönschreiben zu wollen. Sportlich gesehen sind wir in einem Loch, Die Herrennational­ mannschaft ist inexistent und im Herrenvolleyball fehlt uns das Alter zwischen 20 und 30 Jahren. Das Frauennationalteam hat zwar in den letzten Jahren immer wieder kleine Ich will nichts schönschreiben Schritte vorwärts machen können, aber auch nicht so, wie wir uns das vorgestellt und gewünscht hätten. Die neu gegründete Volleyballschu­ le von Edwin Benne stiess auf sehr grosses Echo und zählt rund 40 Bu­ ben. Doch auch hier brauchen wir noch mehr Interessenten, wollen wir in sieben Jahren wieder kon­ kurrenzfähig sein. An , Arbeit fehlt es dem neuen Verbandspräsidenten so­ mit nicht. Nein, darüber könnte ich mich nicht beklagen! (Lacht) Das ist wohl auch der Reiz daran, mithel­ fen zu können, aus diesem Wellen­ tal heraus, wieder nach oben, zu kommen. Ob es uns gelingen wird, ist eine andere Frage. Der Versuch aber lohnt sich auf jeden Fall!
	        

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