Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

DONNERSTAG, 8. JANUAR 2004 VOLKS I BLATT I 
INLAND 
DER REGIERUNGSCHEF ZUR WIRTSCHAFTSPOLITIK «Der Erfolg gibt uns heute Recht» Regierungschef Otmar Hasier zur aktiven Wirtschaftspolitik der Regierung VADUZ - «Die derzeitige Regierung hat unmittelbar nach Amtsbeginn einen phasenorientierten Ansatz zur Stärkung des Wirtschafts­ standortes Liechtenstein gewählt. Der-Erfolg der verschiedenen Massnahmen gibt uns heute Recht», so Regierungschef Otmar Häsler zur aktiven Wirtschaftspo­ litik der Regierung. Herr Hasler, gab es aus Ihrer Sicht in den letzten zehn Jahren eine akti­ ve Wirtschaftspolitik in FL? Und warum ja/nein? Otmar Hasler: Der Schwerpunkt der liechtensteinischen Wirtschaftspo­ litik lag in der Vergangenheit und liegt auch heute darin, die günstigen Stand­ ortvorteile in Liechtenstein zu bewah­ ren, die derzeitigen Rahmenbedingun­ gen zu erhalten bzw. diese nach Mög­ lichkeit auszuweiten. Innerhalb dieser Grundausrichtung besitzt jede Regie­ rung die Möglichkeit, sich in be­ stimmten .Bereichen der 
Wirtschafts- DIES'E REGIERUNG BE­ TREIBT EINE AKTIVE WIRTSC H A FTS PO LITIK politik aktiver oder weniger aktiv zu bewegen, Die derzeitige Regierung betreibt eine aktive Wirtschaftspolitik, - indem sie sich für den Erhalt der güns­ tigen Rahmenbedingungen einsetzt und gleichzeitig verschiedene konkre­ te Projekte im Rahmen eines Gesamt­ konzeptes gezielt umsetzt. Frage auch in Bezug auch auf ihre Aussagen im Liechtensteiner Volks­ blatt: Können Sie die genauen Unterschiede erklären, warum Sie in einem Interview sagten: «Diese Regierung betreiht im Gegensatz zu früheren Regierungen aktive Wirt­ schaftspolitik.» Können Sie konkre­ te Beispiele nennen? Die derzeitige Regierung hat un­ mittelbar nach Amtsbeginn einen pha­ senorientierten Ansatz zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Liechten­ stein gewählt. Im Rahmen eines Ge- samtprogramms wurden dabei Sofort- massnahmen umgesetzt sowie unter­ schiedliche Schlüsselprojekte defi­ niert und mit Prioritäten versehen. Der Erfolg der verschiedenen 
Massnah- FAKTEN STATT SPEKULATION Unverhofft kömmt oft: Dieses auf dieser Seite publizierte Interview mit Regierungschef Otmar Hasler haben wir nicht selbst gemacht, sondern dem Liechtensteiner Vater­ land zu «verdanken». Die Redak­ tion der samstäglichen Vaterland- Beilage,«Wirtschaftsregional» frag­ te vor den Festtagen beim Regie­ rungschef an und schickte Fragen für ein schriftliches Interview. Nachdem die im Interview nach­ prüfbaren Fakten über die verschie­ denen Tätigkeiten der Regierung im Wirtschaftsbereich offenbar nicht ins parteipolitische Weltbild der Va­ terland-Redaktion passte, erschien das Interview im Magazin «Per­ spektiven 2004» nicht. Wohlge­ merkt, ohne dass Regierungschef Otmar Hasler über dieses Vorgehen informiert wurde. Per Regierurigs­ chef hat uns das Interview zur Ver­ fügung  ; 
gestellt, dessen Aussagen nun den Mutmassungen im Maga-' zin des «Wihschaftsregional» gegenübergestellt werden können: Fakten statt Spekulationen! 
«Aktive Wirtschaftspolitik bedeutet nicht, dass die Regierung In blinden Aktionismus verfällt, sondern dass sie geziel­ te Massnahmen im Rahmen eines Gesamtkonzepts plant und umsetzt»: Reglerungschef Otmar Hasler. men gibt uns heute Recht. Beispiele hierfür sind die Projekte «Zukunft Fi­ nanzplatz Liechtenstein», «Integrierte Finanzmarktaufsicht», «Stiftung 
Ima- DER ERFOLG GIBT UNS HEUTE RECHT ge Liechtenstein» oder die «Wirt- schaftsoffensive Liechtenstein», mit welcher wir uns intensiv in den letzten Monaten beschäftigt haben. Wir haben also sehr wohl aktiv und zukunfts­ orientiert gehandelt. Was ist aktive Wirtschaftspolitik und wie wird sie von der Regierung gehandhabt? Aktive Wirtschaftspolitik bedeutet nicht, dass die Regierung in blinden Aktionismus verfällt, sondern dass sie basierend auf dem Grundsatz, liech­ tensteinische Rahmenbedingungen und Standortvorteile zu fördern und zu erhalten, gezielte Massnahmen im Rahmen eines Gesamtkonzepts plant und umsetzt; Beispiele hierfür sind die Gründung des 
KMU-Kompetenzzent- NLCHT BLINDER AKTIONISMUS, SONDERN GEZIELTE MASSNAHMEN rums, die Erarbeitung eines Wirt­ schaftsleitbildes, die Mitwirkung der Regierung am «Business-Plan-Wett­ bewerb» oder das Engagement der Re­ gierung im Energiebercich durch Er­ arbeitung des Energiekonzeptes 2010. Darüber hinaus hat die Regierung innerhalb der Wirtschaftsoffensive Liechtenstein ein Impulsprogramm verabschiedet, welches zahlreiche So- fortmassnahmen enthält. Wciche Projekte werden in Zukunft neben dem KMU-Zentrum ange­ gangen? Wann soll das Wirtschafts­ leitbild vorliegen? Als Erstes werden wir die begonne­ nen Projekte zu Ende führen: Zu Be­ ginn des Jahres 2004 tritt der «Busi­ ness-Plan-Wettbewerb» in seine ent­scheidende 
Phase. Das Wirtschafts­ leitbild wird voraussichtlich im ersten Quartal 2004 in seiner Endfassung vorliegen. Darüber hinaus werden wir die eingeführten Round-Table-Gesprä- che weiterführen. Konkrete Projekte im nächsten Jahr werden auch die Konsolidierung des Telekonimunika- tionsbercichs, die Realisierung der Anbindung im Bereich der Stromver­ sorgung an den EU-Raum, die 
Be- BEGONNENE PROJEKTE zu ENDE FÜHREN kämpfung der Arbeitslosigkeit sowie die Weiterentwicklung des gesamten Sozial- und Gesundheitssystems sein. Zusätzlich wird die Regierung die Frage der Schaffung einer Konjunk­ turforschungsstelle überprüfen. Thema ist immer wieder die Wirt- schaftsförderung. Reicht es heute, einfach gute Rahmenbedingungen und tiefe Steuern zu bieten? Braucht Liechtenstein mehr? Ist die Schweiz uns in diesem Bereich wirklich voraus? Die liechtensteinische Wirtschafts­ geschichte der letzten Jahrzehnte ist eine Erfolgsgeschichte. Die Konjunk­ turentwicklung der neueren Zukunft hat Rückgänge bei den Exporten, bei den in den Banken deponierten Ver­ mögen, bei den Aufträgen im Gewer­ be und schliesslich auch bei den Staatseinnahmen mit sich gebracht, verbunden mit einem Anstieg in der Arbeitslosigkeit. Was den Erfolg in der liechtenstei­ nischen Wirtschaft angeht, so beruht dieser nicht allein auf den tiefen Steu­ ern. Der Schwerpunkt der 
liechten- DIE STANDORT­ VORTEILE BEWAHREN steinischen Wirtschaftspolitik lag in der Vergangenheit und liegt auch heu­ te darin, die Standortvorteile zu be­ wahren und nach Möglichkeit auszu­ weiten. Das Wort steht in der Mehr­ zahl. Es war nie der Gedanke, damit 
nur die niedrigen Steuern im Auge zu haben. Wichtige Standortfaktoren, ganz konkret, sind auch die stabile Sozial-, Rechts- und Wirtschaftsordnung so­ wie ein hohes Mass an politischer Kontinuität und Stabilität. Alle liech­ tensteinischen Regierungen traten in der Vergangenheit und treten zum jet­ zigen Zeitpunkt für eine soziale Marktwirtschaft mit liberalen Wirt­ schaftsbedingungen ein. Dies als etwas ausführlicherer Kom­ mentar zu der Aussage, ob es genügt, einfache tiefe Steuern zu haben. Da­ mit bin ich aber noch nicht auf das Stichwort Wirtschaftsförderung einge­ gangen. Hier muss man sich zuerst der Grössenordnungen bewusst werden: Den Gesamtrechnungen des Landes und der Gemeinden von etwa 1 
Milli- STAAT KANN NUR BESCHRÄNKTEN EINFLUSS NEHMEN arde Franken stehen Exportsummen der Industrie von 4 Milliarden und von bei den Banken deponierten Vermö­ gen von 90 Milliarden gegenüber. Auch wenn ein direkter Vergleich die­ ser Zahlen nicht ohne weiteres mög­ lich ist, wird doch deutlich, dass der Staat mit seinem Volumen nur be­ schränkten Einfluss nehmen kann. Das spricht aber noch nicht gegen ei­ ne Wirtschaftsförderung. Nur ist zuerst zu klären, was genau darunter verstanden werden soll. Wie steht es mit der Arbeitsgruppe Zukunftsplatz Liechtenstein? Wie immer gibt es verschiedene Stim­ men: Unter anderem heisst es, dass eine erste Projektphase abgeschlos­ sen sei und nun «eine Neuausrich­ tung der Arbeitsgruppe» erfolge. Stimmt das? Oder was passiert nun in Zukunft mit dieser Gruppe? Sind konkrete Resultate in nächster Zeit zu erwarten? Die erste Projektphase, eine umfas­ sende Bestandesaufnahme, konnte er­ folgreich abgeschlossen werden. Die­ se Bestandesaufnahme umfasste ins­besondere 
die Untersuchung der Stär­ ken und Schwächen des Finanzplatzes sowie die möglichen Chancen und Gefahren für diesen Platz. Aufbauend auf dieser Analyse konnten verschie­ dene thematische Schwerpunkte iden­ tifiziert werden, nämlich Dienstleis­ tungen und Produkte, Steuerrecht und Steuersystem, Schutz der Privats­ phäre, Schiedsgerichtsbarkeit und 
an- STÄRKEN 
UND SCHWÄCHEN DES FINANZPLATZES dere. Zu verschiedenen Schwerpunk­ ten liegen mittlerweile gesonderte Be­ richte vor. Erarbeitet wurden diese von externen Experten oder aber von den einzelnen Projektgruppen, welche sich aus Vertretern des Staates und des Finanzdienstleistungssektors zu­ sammengesetzt haben. Der konkrete «Nutzen» der Arbeits­ gruppe Zukunft Finanzplatz Liechten­ stein besteht darin, dass sich erstmals in diesem Bereich Vertreter des Staa­ tes und des Finanzdienstleistungssek­ tors gemeinsam Gedanken über die Zukunft und die Ausrichtung des Fi­ nanzplatzes gemacht haben. Es gibt kaum mehr ein Tabuthema in Bezug auf den Finanzplatz. Es wurde das Be- wusstsein geschaffen, dass eine aktive Gestaltung der Zukunft erfolgen muss und in den verschiedenen Schwer­ punktbereichen wurden konkrete Empfehlungen und Ideen entwickelt. Einige für die Zukunft des Finanz- platzes zentrale Projekte wie die Rea­ lisierung einer unabhängigen Finanz­ marktaufsicht, die Revision des 
In- ARBEITSGRUPPE ZUKUNFT FINANZPLATZ vestment-Unternehmensgesetzes und die Revision des Stiftungsrechtes, sind bereits weit fortgeschritten. Staat und Privatwirtschaft sind der einhelligen Meinung, dass das Projekt weitergeführt werden soll. In einer zweiten Projektphase wird es nun da­ rum gehen, die Ergebnisse der einzel­ nen Arbeitsgruppen zusammenzufüh­ ren, eine Prioritätenordnung in Bezug auf die . einzelnen thematischen Schwerpunkte festzulegen sowie die identifizierten Potenziale und Chan­ cen effektiv zu nutzen. Für die zweite Projektphase wird ei­ ne neue Projektorganisation geschaf­ fen, denn die «Umsetzungsphase» verlangt- nach anderen Strukturen. Auch die Umsetzung wird in enger Zu­ sammenarbeit von Staat und Privat­ wirtschaft erfolgen, wobei es Sache des Staates ist, die Stossrichtung vorzuge­ ben und die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen. Gibt es eigentlich eine Arbeitsgrup­ pe für das Gewerbe und die Indust­ rie? Und wenn ja: Was ist deren Aktivitäten und bis wann erwarten Sie Resultate? Eine Arbeitsgruppe in diesem Sinn gibt es nicht. Der Grund liegt darin, dass Gewerbe und Industrie in prak­ tisch allen wichtigen Projekten der Regierung direkt. vertreten sind. An­ sprechpartner für die Regierung sind dabei einerseits die Verbände, z.B. die Gewerbe- und Wirtschaftskammer (GWK) sowie die Liechtensteinische ^Industrie- und Handelskammer (LIHK), und andererseits unternehme­ rische Persönlichkeiten. Dariiber hin­ aus finden in regelmässigen Abstän­ den Arbeitstreffen mit Industrie und Gewerbe statt.
	        

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