SAMSTAG, 18. SEPTEMBER 2004
V0LKS I INLAND ARBEIITSGESETZ BLATT
v. LANDTAG IN KÜRZE Internationale gerichtliche Zusammenarbeit regeln VADUZ - Liechtenstein hat im Jahr 2001 das Römer Statut des Internationalen Straf gerichtshofs ratifiziert. Das Statut ist seit l. Juli 2002 in Kraft. Es verpflichtet die Ver tragsstaaten (bis heute 94), mit dem Interna tionalen Strafgerichtshof umfassend zu sammenzuarbeiten. Diese Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgcrichtshof und anderen internationalen Gerichten soll in Liechtenstein gesetzlich geregelt werden. Zwar ist das Statut durch die Ratifikation unmittelbar anwendbar, «doch erscheint ei ne Umsetzung in einem eigenen Landesge setz im Interesse der Rechtssicherheit und leichteren Lesbarkeit durch den Rechtsan wender angezeigt», wie es im diesbezüg lichen Bericht und Antrag der Regierung heisst. Im genannten Bericht wird auch die Zusammenarbeit mit den Ad-hoc-Straftribu- nalen für das ehemalige Jugoslawien und für Ruanda geregelt. Diese Gerichte wurden auf Grund von Resolutionen des UN-Sicher- heitsrates eröffnet. Wesentlicher Inhalt die ser Resolutionen ist die Verfolgung von Per sonen, die
für schwere Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht verantwortlich zeichnen. Die Resolutionen sind jedoch nicht unmittelbar anwendbar und sollen des halb ebenfalls explizit gesetzlich geregelt werden. Im gestrigen Landtag fand die erste Le sung der Vorlage statt. FBP-Landtagsabgc- ordnete Renate Wohlwend (Bild) äusserte sich zuvor dahingehend, «dass Liechtenstein hoffentlich nur im Rahmen der Rechtshilfe mit Agenden des Internationalen Strafge richtshofs und anderer internationaler Ge richten befasst sein wird». Es sei jedoch von Wichtigkeit, ausführliche Bestimmungen für hypothetische
Fälle vorzusehen. Die erste Lesung gab keinen Anlass zu Diskussionen. Inhalt der Vorlage Schwerpunkte der Vorlage: Für den Inter nationalen Strafgerichtshof oder internatio nale Gerichte wird die Möglichkeit vorgese hen,
Ermittlungen und Verhandlungen auf liechtensteinischem Territorium zu führen. Die Leistung der Rechtshilfe für den Straf gcrichtshof öder andere internationale Ge richte werden geregelt. Dabei sollen grund sätzlich die in Liechtenstein geltenden Vor schriften Anwendung finden. Als Instrumen te der Rechtshilfe sieht die Vorlage den Auf schub der Erledigung von Rechtshilfeersu chen vor, die Ladung von Personen, die
Ver nehmung einer verdächtigen Person über Er suchen des Internationalen Strafgerichtshofs, die Überstellung von Häftlingen zu Beweis zwecken, die Akteneinsicht und Übermittlung von Aktenabschriften und Informationen so wie die Rechtshilfeleistung durch den Interna tionalen Strafgerichtshof. Die liechtensteinischen Behörden können von den genannten Gerichten ersucht wer den, entsprechende Fahndungsmassnahmen zu veranlassen. Weiter regelt die gesetzliche Vorlage, wie eine Person, welche durch eine Straftat in die Zuständigkeit der genannten Gerichte fällt, den zuständigen Behörden überführt werden soll. Als weitere Möglichkeit sieht die Vorlage für Liechtenstein die Übernahme der Voll streckung von Geldstrafen und auch von Freiheitsstrafen vor, die vom Internationalen Strafgerichtshof oder von einem anderen internationalen Gericht verhängt worden sind. Insbesondere gilt dies im Zusammen hang mit Personen, die das liechtensteini sche Landesbürgerrecht besitzen oder in Liechtenstein ihren gewöhnlichen Aufent halt haben. (
mr)
Liechtenstein 14 Jahre UNO-Mitglied Regierungsrat Ernst Walch an der Generalversammlung in IMew York VADUZ - Am 18. September feiert Liechtenstein seinen 14. «Geburtstag» als Mitglied der Vereinten Nationen. Regierungsrat Ernst Walch wird am folgenden Tag seinen Arbeitsbe such in New York antreten, anläss lich welchem unter anderem ein Mittagessen mit UNO-Generalsek retär Kofi Annan, zahlreiche bilate rale Treffen mit Aussenministern befreundeter Länder sowie Reden vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen und an der New York University auf dem Pro gramm stehen. Liechtenstein wurde am
18. September 1990 als 160. Mitglied der Vereinten Nationen aufgenommen. Entsprechend sei nen aussenpolitischen Prioritäten hat sich Liechtenstein jn diesen 14 Jahren im UNO-Bereich schwer-, punktmässig für die Entwicklung der Menschenrechte, des Völker rechts und humanitäre Angelegen heiten eingesetzt. Anlässlich der 59. Session der Generalversammlung wird Regie rungsrat Ernst Walch am 19. Sep temberin New York eintreffen und ein umfangreiches Arbeitspro gramm absolvieren. Am Montag wird Regierungsrat Ernst Walch an einem vom brasilia nischen Präsidenten Lula da Silva einberufenen Gipfeltreffen zur Be kämpfung von Hunger und Armut teilnehmen. Zahlreiche Staats- und Regierungschefs aus aller Welt sind zum Gipfeltreffen angemeldet. Ein Teil des Besuchsprogramms von Regierungsrat Walch ist dem
Sys-Aussenmlnlster
Ernst Walch weilt zum Jubiläum der UNO-Mitgliedschaft in New York. tem der Vereinten Nationen gewid met, darunter Treffen mit Generalsek retär
Kofi Annan, dem neu ernann ten Schweizer Rechtsberater des Generalsekretärs, Nicolas Michel, sowie dem Nothilfekoordinator Jan
Egeland. Des Weiteren finden unter anderem Gespräche mit Vertretern des von UNO-Generalsekretär Kofi Annan eingesetzten Reformpanels und Paul Volcker, dem Leiter des Untersuchungsausschusses zum
«Oil-for-Food»-Programm der Ver einten Nationen. Ferner sind bilate rale Treffen mit Aussenministern befreundeter Länder geplant, darun ter Jan Petersen (Norwegen), Franco Frattini (Italien) und Ahmed Aboul Gheit (Ägypten). Dabei werden so wohl bilaterale Themen als auch Anliegen von gemeinsamem Inter esse aus dem UN-Bereich bespro chen. Dem Reformprozess wird in diesen Gesprächen eine besondere Bedeutung zukommen, da sich Liechtenstein in der jüngeren Ver gangenheit besonders zu diesem Thema engagiert hat. Neben den ge nannten bilateralen Treffen wird Re gierungsrat
Walch vor verschiede nen Gremien sprechen: Am 24. Sep tember gibt er das liechtensteinische Statement anlässlich der diesjähri gen Generaldebatte ab. Ausserdem wird er vor der International Peace Academy, einem der führenden Thinktanks in New York, zum The ma Reform der UNO-Generalver- sammlung sprechen. An der Law School der New York University wird seine Präsentation dem Thema Rolle des
Kleinstaats sowie transat lantische Beziehungen gewidmet sein. Am Rande des Aufenthalts fin det eine grosse Anzahl gesellschaft licher Anlässe statt,
an welchen die liechtensteinische Delegation •'teil; nehmen wird. Als Höhepunkte kön nen dabei der Empfang von US-Prä sident George W. Bush und ein Ga ladinner zu Ehren des schwedischen Prermiermimsters Göran Persson, bei welchem Regierungsrat Ernst Walch als Ehrengast geladen ist, ge nannt werden. • (pafi) » Vorlage zur Abänderung des Arbeitsgesetzes in erster Lesung beraten VADUZ - Die Vortage betreffend Abänderung des Arbeitsgesetzes ist gestern in erster Lesung vom Landtag beraten worden. Eintre ten auf die Vorlage war unum stritten. Einige wenige Punkte gaben Anlass zu Dikussion. «Martin Rlsch. Mit der gestern dem Landtag vorge legten Abänderung des Arbeitsgeset zes kommt die Regierung einer EWR-rechtlichen Verpflichtung nach. Dabei geht es um Aspekte der Arbeitszeitgestaltung sowie des Ju gendarbeitsschutzes. Richtlinien da zu wurden bereits im Jahr 1997 in EWR-Abkommen übernommen, je doch bis heute nicht in allen Punkten ins liechtensteinische Recht umge setzt. Die EWR-notwendigen Abän derungen des Arbeitsgesetzes wur den gleichzeitig zum Anlass genom men, die Entwicklung der schweize rischen Arbeitsgesetzgebung, auf dessen Grundlagen das liechtenstei nische Arbeitsgesetz fusst, in die Vorlage mit einzubeziehen, «Schutzgedanke» ohne Wettbewerbsverzeming Das Arbeitsgesetz lege an sich die Mindestvorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer bezüglich Arbeitszeit gestaltung und Gesundheitsschutz fest, erklärte Regierungsrats Hans- jörg Frick vor der ersten Lesung der Regierungsvorlage: «Es ist ajso ein Arbeitnehmerschutzgesetz.» Bei der Ausarbeitung der Gesetzesvorlage
FBP-Fraktionssprecher Markus Büchel zur Vorlage betreffend Arbeitsge setz: «Die Vorlage ist ein akzeptabler Kompromiss.» habe man versucht, dem «Schutzge danken» so weit als möglich nachzu kommen, «ohne dadurch die Arbeit geber in der Wettbewerbsfähigkeit einschränken zu müssen». Doppelte Ausrichtung ... Während der Vernehmlassung äusserten sich die involvierten Ver bände positiv, wie FBP-Fraktions sprecher Markus Büchel gestern während der Eintretensdebatte er klärte. Begrüsst würden die Ände rungen, «da diese grundsätzlich zu einer Verbesserung der Situation der Arbeitnehmer beitragen». Mit ge wissen Punkten nicht einverstanden erklären kann sich die Liechtenstei nische Industrie- und Handelskam mer (LIHK), wie Büchel ausführte. Die LIHK erwarte, dass bei einer
Anpassung an das EWR-Arbeits recht der Umsetzungsspielraum der EU-Richtlinie wahrgenommen wer de. Weiter erachtet es die LIHK als nicht notwendig, das schweizeri sche Arbeitsgesetz zu übernehmen. Die LIHK befürchtet dadurch näm lich eine Verschlechterung des Wettbewerbsstandortes gegenüber der EU. Markus Büchel teile diese Meinung und ist der festen Über zeugung, «dass wir sehr vorsichtig sein müssen bei der Veränderung der Rahmenbedingüngen» und dazu zähle er auch das Arbeitsgesetz. An sonsten gefährde man durch eine Verschlechterung von Wettbewerbs bedingungen Arbeitsplätze. Im vor liegenden Bericht und Antrag habe die Regierung gegenüber der Ver- nehmlassungsvorläge Korrekturen
vorgenommen und sei damit zum Teil den Anliegen der LIHK und der Gewerbe- und Wirtschaftskammer nachgekommen. Er begrüsse, dass die Regierung damit nicht die dop pelte Ausrichtung, das heisst, so wohl an die schweizerischen Geset zesänderungen wie auch die Forde rungen der EWR-Richtlinien, reali siert habe. Lohnfortzahlung für Schwangere Ein Nachvollzug des schweizeri schen Arbeitsgesetzes würde unter anderem den Lohnanspruch (80 %) für schwangere und stillende Frau en beinhalten, deren Beschäftigung für beschwerliche und gefährliche Arbeiten untersagt wird und denen keine gleichwertige Ersatzarbeit zu gewiesen werden kann. Die Lohn fortzahlung wäre laut Gesetzesvor lage Sache des Arbeitsgebers. Hin sichtlich dieses Passus äusserten die VU-Abgeordneten Walter Vogt und Donath
Oehri sowie Markus Büchel Befürchtungen, dass gerade KMUs damit Schwierigkeiten haben könn ten. Es könnte dazu flihren, dass entsprechende Arbeitsplätze nicht mit Frauen besetzt würden. Bezüg lich der Lohnfortzahlung meinte Büchel: «Es ist schon zu überlegen, ob diese Kosten zumindest zu ei nem Teil von der Allgemeinheit ge tragen werden sollten.» Abschliessend stellte Büchel fest: «Die
Vorlage ist ein akzeptabler Kompromiss, auch wenn vor allem in Sachen der Flexiblität noch mehr wünschenswert gewesen wäre.» ff :