Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

voiks Irt/IRTCPUA CT BLATT VWiVl | OV»nHr | DIE WIRTSCHAFTSNACHRICHTEN FÜR LIECHTENSTEIN SBB Warum die SBB in die­ sem Jahr mit einem ne­ gativen Ergebnis rech­ net und wie hoch das Defizit ausfallt. 10 
GEWINN Wie sich der Gewinn bei Huber & Suhner auf die Märkte Kommuni­ kation, Transport und Industrie verteilt. 10 
OLPREIS Mal rauf, mal runter. Derzeit schlügt der Öl- preis auf den interna­ tionalen Märkten Ka­ priolen. 10 
BÖRSE Aktien, Devisen und Obligationen. Wie sich die Kurse an der Börse in 
Zürich entwickelt haben. 12 VOLKS BLATT 
NEWS amaat.ic?r.. v. . *• ? -. Ethik braucht keinen Eid VADUZ - Ethik ist das Gewissen, das je­ der Mensch hat, wenn er geboren wird, sagt Prinz Philipp von Liechtenstein. • Komella Pfeiffe r  - - Volksblatt: Durchlaucht, was halten Sie von einem hippokratischcn Eid für Wirt­ schaftsführer, eine Selbstverpflichtung, die der Missbrauchsgefahr entgegen wirkt? S. D. Prinz Philipp von Liechtenstein: Das würde genauso funktionieren oder nicht funktionieren wie in jeder anderen Tätigkeit. Wenn jemand ehrlich ist, dann braucht er auch keinen Eid zu schwören. Und wer nur darauf aus ist, seine eigenen Interessen mit allen Mitteln durchzusetzen, der schwört ' auch.jeden Eid. Was antworten Sie-Managern,-die acht­ stellige Jahreseinkommen für normal hal­ ten? Die Festlegung eines Salärs sollte grund­ sätzlich geschehen durch einen Verwaltungs­ rat. der unabhängig ist, der möglichst, nicht von) Verwaltungsratspräsidenten oder CEO ernannt wird. Bei Publikumsgesellschaften sollte auch der Aktionär zu Wort kommen. Auch muss man einen Zusammenhang se- ij&aüw?" - • ?i| hen: Ein Aktio­ när, der sein Ka­ pital einsetzt und das Risiko des Kapitalverlustes hat, 
kann verlie­ ren, was er inve­ stiert hat. Doch was kann einem Top-Executive passieren? Letzt­ lich ist die Höhe der Saläre eine Frage des Mark­ tes. Doch muss man sich auch fragen, was bringt eine Einzelperson und was bringt sie als Mitglied eines Teams? Es gibt Fälle von Managern, die ein Unter­ nehmen innerhalb von drei Jahren vor dem Bankrott gerettet und wieder auf die Füsse gestellt haben. Die haben wirklich einen Wert geschaffen, so dass man solchen Mana­ gern für eine Leistung Ausserordentliches geben kann. Eine Zahl zu nennen, stellt aber nicht dem Staat zu. Das muss die-Wirtschaft, der Markt, der Investor tun. Der Begriff «Ethik» wird 
ziemlich strapa­ ziert und taucht fast in jeder Firmenbro- schüre und in jeder Zeitungsanzeige auf. Was ist für Sie Ethik? Für mich hängt Ethik mit dem handelnden Menschen zusammen, der sittlich oder un­ sittlich handelt. Weder ein Unternehmen, noch Geld, noch Gewinnmaximierung kön­ nen ethisch oder unethisch sein. Ethik ist für mich das Gewissen, das 
jeder Mensch hat, wenn er geboren wird. Gewissen lässt sich trainieren oder kann verkümmern. Buddhis­ tisch ausgedrückt, ist es trainierbar durch Meditation, in meiner 
Ausdrucksweise durch Gebet. Ethik ist die dauernde Frage, wie handle ich, und wird dann 
interessant, wenn ich gegen mein eigenes Interesse handeln oder meine Existenz aufs Spiel setzen muss. 
Prinz Philipp von Liech­ tenstein 
Gewissen ist trainierbar Businessforum: Ethik beginnt da, wo das Gesetz aufhört VADUZ - Hohe Abfindungen von Managern und deren gesell­ schaftliche Verantwortung sind ein Reizthema. Wie untrennbar sind Wirtschaft und Ethik - oder wie unvereinbar? Diese Frage stand beim Dusinessfo- rum im Raum. Ein Mönch und ein Danker fanden eine Ant­ wort. «Komella Pfeiffe r «Gewissen'ist nicht eine Frage der Intelligenz, sondern ein behutsa­ mes Vorgehen, das trainierbar ist», erklärte Prinz Philipp von Liech­ tenstein, Präsident des Verwal­ tungsrates der LGT Bank in Liechtenstein, am Montag beim Businessforum in der Fachhoch­ schule Liechtenstein. Gewissen sei verbunden mit Güte, Mitge­ fühl, Nächstenliebe und Gewissen sei das Gerüst, das einen Menschen definiert und entwickelt - oder auch nicht. Der studierte Histori­ ker sprach als Privatmann über Ethik in Unternehmen. Die begin­ ne da, wo kein Gesetz den Weg diktiere und ' verlange Weisheit, die nur durch Gebet oder Medita­ tion erreichbar sei. Ethik ohne Glauben sei wie Grammatik ohne Sprache - nicht sehr sinnvoll, so Prinz Philipp. Für einen Christen seien es die • Gebote, die von G 
ot t gegeben sind. Ethisches Handeln sei, sich diesen Geboten zu unterwerfen. Unternehmen seien geprägt vom Verhalten des Einzelnen und die Vorbildfunktion der Chefs ent­ scheidend. Es liege in der Natur des Unternehmens, Mehrwert zu erzeugen, Das verlange aber, 
Helmut Gassner, Herbert Batliner, Prinz Philipp von Liechtenstein (von links): Ethik ohne Glauben Ist wie Grammatik ohne Sprache - nicht sehr sinnvoll. über den Teilerrand hinauszuse­ hen. Der Wille auf vielleicht not­ wendigen Verzicht sei heute in den Hintergrund getreten. Kurz­ fristigkeit sei dafür umso populä­ rer. «Der Buddhismus hat eine aus­ gefeilte Ethik», beantwortete Hel­ mut Gassner, Leiter und Mönch im tibetisch-buddhistischen Klos­ ter Letzehof in Vorarlberg, die Frage nach Ethik und Wirtschaft. Alles Tun habe eine Wirkung, Handlung, Gedanken, Absichten. 
«Die Absicht, sich zu hüten ande­ ren Wesen Schaden zuzufügen», der Zustand des Geistes, das sei im Buddhismus Ethik. Wirtschaft sei zu verstehen als das Produzie­ ren und Verteilen von Gütern, das umso besser funktioniere, je mehr Menschen zusammenarbeiteten. Diese Abhängigkeit voneinan­ der mache es nötig, das Gewissen zu schulen. Wer verstehe, dass al­ les Leben voneinander abhängig sei, so der Mönch, der lerne ande­ res Leben zu achten. Solange man. 
sich an Regeln halte, lebe man ei­ ne weltliche Ethik. Die wirkliche Ethik lebe der, der verstanden ha­ be, dass es falsch sei, anderen Schaden zuzufügen. Wer also mit der Absicht Wirt­ schaft betreibe, keinem anderen zu schaden, zeige nach Buddha die beste Art weltlichen und reli­ giösen Verhaltens. Das Businessforum ist eine Ver­ anstaltung der Fachhochschule Liechtenstein und der Ospelt- Haustechnik Vaduz. Ethik ist, «die Absicht zu hüten» Das Tun, das anderen Nutzen bringt, ist nach Buddha das wirkliche Kapital VADUZ - Die Absicht zählt im Buddhismus, anderen und da­ mit sich selbst keinen Schaden zuzufügen, sagt Helmut Gass­ ner, Leiter des tibetisch-bud- dhistischen Klosters Letzehof in Vorarlberg. »Komella Pfeiffer Volksblatt: Herr Gassner, fiir Popstars, Manager, Fussballcr sind Forderungen von zweistelli­ gen Millionensummen normal. Gehen die Vorbilder unserer Zeit in die falsche Richtung? Helmut Gassner: Es liegt ja am Einzelnen, sich seine Vorbilder zu suchen. Damit stellt sich nicht die Frage, ob Menschen in die falsche Richtung 
gehen, weil sie berühmt oder bekannt sind. Vielmehr ist es so, dass die Bevölkerung heute fal­ sche Vorbilder wählt. 
Als diplomierter Ingenieur ETH könnten Sie in der Wirtschaft ei­ ne Position haben. Stattdessen le­ ben Sic seit 25 Jahren bescheiden pls buddhistischer Mönch. Wa­ rum? Für das Ingenieur-Studium habe ich mich entschieden, weil ich end­ lich wissen wollte wie der Strom funktioniert. Die gleiche Wissbegie­ rde hat mich auch Psychologie studieren lassen. Ich wollte die tie­ feren Hintergründe der Natur und des Daseins besser verstehen. Per Zufall traf ich einen tibeti­ schen Meister, einen philosophi­ schen Assistenten des Dalai Lama. Das war eine Herausforderung an die eigene Kraft der Überlegung. So habe ich nach dem Technik-Stu­ dium tibetisch gelernt, um mit ihm direkt sprechen zu können. Mein Vorbild war somit ein buddhisti­ scher Meister, der weder berühmt 
werden wollte noch den Drang hat­ te, viele Menschen um sich zu ver­ sammeln. Die Sehnsucht glücklich zu sein ist ja der Motor der Menschen. Ist das falsch? Nein gar nicht. Jedes Wesen hat sogar ein Recht darauf. Es geht ym die Art wie Menschen Glück arf- streben. Alles, was wir tun auf Kos­ ten anderer - also betrügen, steh­ len, töten - bringt im Moment das Gewünschte, auf Dauer aber we­ sentlich grössere Schwierigkeiten. Korrekt ist es, Dinge zu . tun ohne anderen zu schaden. Positives Han­ deln ist immer ein Tun, das anderen einen Nutzen bringt. Das ist das wirkliche Kapital. Wo unterscheidet sich der Buddhismus vom Christentum? Die grundlegenden Ziele sind 
gleich. Im Christentum steht der . Glaube an einen absoluten Gott im Vordergrund. Im Buddhismus geht es mehr um den Versuch, die Ab­ hängigkeiten zwischen Tun und Wirkung, der Wesen untereinander, sich selbst und den anderen zu ver­ stehen. Im Buddhismus ist Ethik ein Zustand des Geistes. Wenn man ein bestimmtes Ver­ halten als schädlich für sich und an­ dere sieht und entschlossen ist, es zu vermeiden, ist diese Entschlos­ senheit des Geistes bei allem, was man tut: die Ethik. Wenn man ver­ standen hat, dass töten, stehlen, rauben nicht nur für den anderen ei­ nen Schaden darstellt, sondern für sich selbst und deshalb entschlos­ sen ist, solches Tun zu vermeiden - diese Absicht, sich davor zu hüten, «die Absicht zu hüten», dieser geis­ tige Zustand ist im Buddhismus Ethik. 'M Kif,- 1!' •j * " ~ 
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