Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

<' . <r .' "i FREITAG, 30. JANUAR 2004 M INLAND 
INTERVIEW MIT KLAUS KINKEL KURZGEMELDET / ZUR PERSON Klaus Kinkel, Bundesaussen- minister und Vizekanzler a.D. Geboren am 17. Dezember 1936 in Metzin­ gen, Baden-Württemberg, katholisch, ver­ heiratet, drei Kinder. Rechtsanwalt. Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Tübingen, Bonn und Köln. Eintritt in das Bundesministerium des In­ nen), persönlicher Referent des Bundesmi­ nisters und Leiter des Ministerbüros, 1974 bis 1979 Leiter des Leitungsstabes und des Planungsstabes im Auswärtigen Amt. 1979 bis 1982 Präsident des Bundesnachrichten- dien'stes. 1982 bis 1991 Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz. Seit Januar 1991 Mitglied der F.D.P., 1993 bis 1995 Bundesvorsitzender. Mitglied des Bundestages seit 1994. 1991 bis 1992 Bundesminister der Justiz, 1992 bis 1998 Bundesminister des Auswärtigen, 1993 bis 1998 Stellvertreter des Bundeskanzlers. NACHRICHT Gedankenaustausch VADUZ - Der ehemalige deutsche Aussen-', und Justizminister, Klaus Kinkel, traf heute Donnerstag mit dem liechtensteinischen Re­ gierungschef, Otmar Hasler, zu einem inten­ siven 
Gedankenaustausch in Vaduz zusam­ men. Bei dem angeregten Gespräch standen europapolitische Themen im Vordergrund. «Liechtenstein ist für Deutschland, obwohl kein unmittelbarer Nachbar, ein respektabler und wichtiger Partner», betonte Kinkel an­ lässlich des Gespräches. Weitere Gesprächs­ themen waren die engen bilateralen Bezie­ hungen zwischen Deutschland und Liech­ tenstein, die jüngsten Entwicklungen in der europäischen Industrie- und Wirtschaftspo­ litik, sowie die transatlantischen Beziehun­ gen. Schliesslich wurden noch die unmittel­ bar bevorstehende EU-Erweiterung und die damit zusammenhängenden Entwicklungen diskutiert. * (pafl) ÜBEREINKOMMEN Erhöhter Datenschutz VADUZ - Die Regierung hat den Bericht und Antrag über das Übereinkommen vom 28. Januar 1981 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung perso­ nenbezogener Daten zuhanden des Landta­ ges verabschiedet. Mit diesem Europarats­ übereinkommen werden die in der Europäi­ schen Menschenrechtskonvention enthalte­ nen Rechte auf Achtung des Privat- und Fa­ milienlebens bzw. derMeinungsäusserungs- freiheit in Bezug auf die automatische Ver­ arbeitung personenbe/.ogener Daten konkre­ tisiert. Das Übereinkommen gilt für alle automa­ tischen Datensammlungen sowie für die automatische Verarbeitung personenbezoge- ner Daten im öffentlichen und privaten Be­ reich, soweit es sich um Daten Uber be­ stimmte oder bestimmbare natürliche Perso­ nen handelt. Es legt die Grundsätze des Da­ tenschutzes fest, welche die Mitgliedstaaten in ihren innerstaatlichen Gesetzgebungen umsetzen müssen, und regelt die Zu­ sammenarbeit zwischen den Staaten bei der Umsetzung des Übereinkommens sowie den Beistand, den ein Mitgliedstaat betroffenen Personen mit Wohnsitz im Ausland leisten muss. Seit dem In-Kraft-Treten des Daten­ schutzgesetzes am 1. August 2002, mit dem die Datenschutzrichtlinie der EU umgesetzt wurde, entspricht das liechtensteinische Recht den Anforderungen des Übereinkom­ mens. Durch die Ratifikation des Überein­ kommens kann erreicht werden, dass sich der räumliche Schutzbereich auch auf Nicht-EU-Staaten erstreckt. (pafl) ANZIUOF. 
«Erstaunliche Wirtschaft» Interview mit Klaus Kinkel, ehemaliger Deutscher Bundesaussenminister Aussenminlster a.D. Klaus Kinkel wurde gestern von Reglerungschef Otmar riasler zu einem Gedankenaustausch empfangen, bevor Kinkel am Neu- jahrs-Apfero des Liechtensteinischen Anlagefondsverbandes referierte. VADUZ - Klaus Kinkel, Deut­ scher Aussenminister und Vize­ kanzler a.D., sprach gestern auf Einladung des Liechtensteini­ schen Anlagefondsverbandes am Neujahrs-Apero zum Thema «Aktuelle Fragen zur Aussenpo­ litik». Davor traf er sich mit Re­ gierungschef Otmar Hasler zu einem Gedankenaustausch. Im Interview mit dem Volksblatt sprach der FDP-Bundestagsab­ geordnete Kinkel unter ande­ rem über die aussenpoiitische Rolle von Kleinstaaten. »Martin Rlsc h Volksblatt: Herr Dr. Kinkel, sind Sie heute zum ersten Mal im Fürstentum Liechtenstein? Klaus Kinkel: Nein, ich bin hier schon mehrfach durchgefahren. Zur Zeit, als ich meine verschiede­ nen Ämter innehatte, bin ich auch einmal hier gewesen. Auf jeden Fall ist Liechtenstein ein angesche­ ner und nicht unwichtiger, indirek­ ter Nachbar Deutschlands. Sie sind vom Liechtensteiner An- lagefondsverband eingeladen worden, einen Vortrag zu halten. Investieren Sic privat in Fonds, etwa auch in liechtensteinische Fonds? Nein, in gar keine Fonds. Ich ver­ stehe nichts von Geldanlagen. Das macht alles meine Frau. So gese­ hen, bin ich, was das Geld anbe­ langt, ein schlechter Partner für Liechtenstein. ICH VERSTEHE NICHTS VON GELDANLAGEN Wenn Sie einen Fonds wählen müssten, der in bestimmte Welt- Regionen investiert, in welche Welt-Region müsste dieser investieren, wo sehen Sie die grössten Entwicklungspoten­ tiale? - Das kann ich nicht sagen, weil ich zu wenig davon verstehe. Mit meiner Frau könnten Sie gerne ein Interview darüber führen. 
Liechtenstein ist mit seiner Wirt­ schaft gezwungenermassen stark exportorientiert, auch nach Deutschland. Sehen Sie in Deutschland den von der SPD- Regierung seit langem angekün­ digten Aufschwung? Wir sind im Augenblick wirt- * Schaftlich nicht besohders gut gestellt in Deutschland. Es gibt jetzt wohl Licht am Ende des Tun­ nels. zu VIEL STEUERN, • zu VIELE VERREGELUNGEN Ich würde mir wünschen, dass das tatsächlich der Fall ist. Ich sehe aber immer noch Probleme, weil beim Mittelstand, beim Handwerk und im Dienstleistungsbereich, also dort, wo neue Arbeitsplätze ge­ schaffen werden können, zu viel Steuern, zu viele Verregelungen Usw. existieren. Dort müsste noch' einiges getan werden. Sie sprechen heute zum Thema «Aktuelle Fragen zur Aussenpoli- tik». Welches ist die aktuellste Frage in Bezug auf Aussenpolitik, die ich Ihnen jetzt stellen müsste? Oh je! Da gibt es eine Fülle von «Weltbrandherden» und eine Fülle von «Baustellen», deshalb nenne ich nur ein paar, welche für Liech­ tenstein und Deutschland, das heisst für Europa am naheliegens- ten sind. Da ist das Scheitern der Verfassungsfrage in Europa, die unglückselige Stabilitätspaktsent­ wicklung der Irak-Situation. Euro­ pa ist nicht gut ins neue Jahr ge­ startet. Es bleibt die Grossbaustelle Irak, Naher Osten mit def heute wieder schrecklichen Attentatsserie in 
Israel, das Verhältnis Israels zu den Palästinensern. Es gibt leider noch immer gigantische Probleme in der Dritten Welt. Fazit: In der { . Aussen: und Sicherheitspolitik gibt es noch .viel zu tun.' •V In einer , Pressemitteilung 2002 haben sie Bundeskanzler Schrö­ der als einen aussenpolitischen Dilettanten bezeichnet. Nennen Sie ihn rückblickend immer noch 
einen aussenpolitischen Dilettan­ ten? Diese Aussage hab ich auf die damalige «Verdammung» Öster­ reichs bezogen. Gesagt hab ich das jedoch im Inland. Aber wenn Sie mich nun darauf ansprechen, zu meiner damaligen Aussage über das Verhalten Deutschlands gegen­ über Österreich bekenne ich mich. Hat sich Ihrer Ansicht nach die Art und Weise, wie Aussenpolitik betrieben wird oder werden muss, verändert, gerade auch im Verhältnis zu Ihrer Amtszeit als Bundesaussenminister? Die derzeitige Regierung ver­ sucht Kontinuität in der Aussenpo­ litik zu wahren im Anschlüss en das, was die Nachkriegspolitik aller Regierungen in Deutschland war. Das gelingt in gewissen Bereichen, in anderen nicht. Doch ich möchte nicht von Liechtenstein aus die deutsche Aussenpolitik kritisieren. Was kann ein Kleinstaat wie Liechtenstein heute in einem ver­ einigten 
Europa für eine Rolle spielen und können Kleinstaaten generell in aussenpolitischen Fra­ gen Einfluss nehmen oder sind sie zu einem gehorsamen Nach­ vollzug verdammt? Es war immer Deutschlands be­ sonderes Anliegen, dass wir die mittleren und kleineren Liinder in besonderer Weise gepflegt haben. Wir sind mit 82.2 Millionen Ein­ wohnern das grösste Land in der Europäischen Union. Liechtenstein ist für uns ein respektabler, indirek­ ter Nachbar. IN DER AUSSEN- UND SICHERHEITS­ POLITIK GIBT ES NOCH VIEL ZU TUN Sie haben eine erstaunliche Wirt­ schaft, sie sind ein anerkannter Fi­ nanzplatz, sie sind ein Land, das er­ heblich exportiert. Nein, ein Land wie Liechtenstein kann sich ein 7 bringen, tut es ja auch besonders in den internationalen Organisatio­ nen, denen es inzwischen angehört. Das zeigt auch die letzte Diskus- '•) 
sion was den EWR anbelangt. Der Weg, der da eingeschlagen wurde, war richtig und zeigt, auch die klei­ nen Länder können Entscheidendes beitragen 
in diesem Europa - und nicht nur in Europa. EIN LAND WIE LIECHTENSTEIN KANN SICH EINBRINGEN In letzter Zeit war Liechtenstein öfters wegen seiner neuen Verfas­ sung in den Medien. Vom Euro­ parat lag die Drohung eines Mo- nitorring- Verfahrens in der Luft, welche sich vor kurzem jedoch verflüchtigt hat. Haben Sie die Diskussionen verfolgt?. Sehen Sie die demokratischen 
Grundsätze gefährdet? Die Antwort ist nicht einfach. Sie haben hier eine Volks-Abstimmung gehabt mit 64 Prozent der Bevölke­ rung, die 
sich für die neue Verfas­ sung geäussert hat. SIE SIND EIN ANERKANNTER FINANZPLATZ Ich habe keinen Grund, das zu kritisieren/ Natürlich muss sich Liechtenstein vom Europarat her im Prinzip wie jedes Europarats- land kritische Fragen gefallen las­ sen. Der Europarat ist im Fall Liechtenstein nicht parteiisch vor­ gegangen auch bei anderen Län­ dern waren und sind Monitorring- Verfahren im Gang. Zu Ihrer Partei, der FDP: Wie se­ hen Sie in Zukunft die Chancen in Deutschland, wieder Wähler hinzuzugewinnen? Wir haben ein besonders schwie­ riges Jahr hinter uns, Ich bin mir sehr sicher, dass sich die FDP spli-, testens wieder erholt, wenn sie auf Bundesebene - wir sind ja in ver­ schiedenen Bundesländern sehr er­ folgreich - gebraucht wird. Das wird sicher 2006 der Fall sein. Dann wird auch die FDP wieder ei­ ne Chance haben. • 
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