Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

DIENSTAG, 3. AUGUST 2004 VOLKSI 
IIVII 
A 
IVin EINE NACHT MIT DER LANDESPOLIZEI BLATTI 
I IM LMIMLr wo ALLES ZUSAMMENKOMMT 
3 DIEEINSATZZENTRALE Das Kernstück VADUZ - Wer keine Ahnung hat, wie sie aussieht, stellt sich allerhand vor, bloss nicht, wie sie wirklich aussieht: Die Ein­ satzzentrale. In ihr gehen alle Notrufe ein. • Tamara Frömmelt Eine Polizistin und eine Zivilistin besetzen die Einsatzzentrale, als ich sie zum ersten Mal im Leben betrete. Eigentlich war mir : gar nicht bewusst, wie diese Einrichtung : von innen aussehen könnte. Man stellt sich eine Frau vor, die an einem Telefon sitzt und die Informationen in den Bildschirm tippt. Es sind aber zwei Frauen oder in der Regel ein Mann und eine Frau, und vorsieh haben beide nicht nur drei zusammenhängende Computerbildschirme, sondern auch zahl­ reiche andere Biklschirme. 40 Kameras sind rund um das Polizeigebäude und das Ge­ fängnis angebracht. Die Aufnahmen können von der Einsatzzentrale aus verfolgt werden. Auch die Bilder von Kameras anderer Insti­ tutionen, zum Beispiel vom Regierungsge- büude, können von den Mitarbeitern hier ab­ gerufen werden. Gleich wissen, wohin Das Wichtigste aber sind die Telefone und davon gibt es im Raum auch eine ganze Menge. Geht ein Notruf ein, werden die Da­ ten sofort im Computer protokolliert. Befin- ' det sich der Anrufer am Ort des Geschehens, wissen die Mitarbeiter der Einsatzzentrale sofort, wo sie eine Patrouille hinschicken müssen. Bekommen sie eine Adressangabe, wird diese mittels eines speziellen Routen- programnies angezeigt, so dass die Adresse per Funk übermittelt werden kann. Die Ein­ satzzentrale nimmt aber auch Anrufe entge­ gen, die keiner polizeilichen Bearbeitung bedürfen. Die Zentrale alarmiert nämlich auch die.Feuerwehr. j 
Bei Regen Anruf j Ich möchte von den Mitarbeiterinnen wis- l seil, ob sie sich an einen Tag erinnern kön- | neu, an dem es besonders hoch herging. | «Ja, das war im letzten Juli. Es war an dem ; Tag, an dem das Feuerwehrfest stattfand und es extrem viel regnete. Es gab überall Probleme mit dem Wasser. Als die Anrufe begannen, hatten wir zum Glück gerade Schichtwechsel, sodass wir zu viert in der Einsatzzentrale Anrufe entgegennahmen und die Feuerwehr benachrichtigten.» Kurz nach 4.30 Uhr geht auch am 24. Juli der erste Anruf wegen Wasserschaden ein. Draussen regnet es in Strömen. Der Morgen wird wohl nicht rullig werden. Aus DER STATISTIK Straftaten im Jahr 2003 Im Jahr 2003 wurden der Landespolizei 1138 Straftaten gemeldet. 398 davon wurden auf­ geklärt. Die höchste Aufkliirungsquote kann die Polizei bei Wirtschaftsdelikten verbu­ chen: Alle l 17 Fülle von Betrug, Konkursde­ likten oder ähnlichem wurden aufgeklärt. 
Schlaflos durch die Nacht Eine Nacht unterwegs mit den Patrouillen der Landespolizei VADUZ - Das Liechtensteiner Volksblatt erhielt am Freitag­ abend die Gelegenheit, einem Nachtdienst der Landespolizei beizuwohnen. Ein spannender Einblick, der nicht jedem ge­ währt wird. * Tamara Frömmel t Um 21.30 Uhr treffe ich im Polizei­ gebäude in Vaduz ein und werde von Pressesprechcr Markus Kauf­ mann empfangen. Er arbeitet nor­ malerweise nicht in der Nacht, wird mich aber begleiten, denn aus Si­ cherheitsgründen darf ich nicht im Polizeiauto mitfahren. Falls es zu einem dringenden Einsatz kommt,* kann die Patrouille von dannen zie­ hen und braucht sich nicht noch um meine Sicherheit zu kümmern. Ich bekomme trotzdem eine orange Weste, die kugelsichere kommt derweil auf die Riickbank. Heute sind ein Polizist und eine Polizistin im Einsatz. Da wir nie einen Poli­ zisten alleine antreffen werden, sind die beiden mit jeweils einem Bereitsciiaftspolizisten unterwegs. . Die Landespolizei arbeitet mit 35 Bereitschaftspolizisten, kurz BePo, zusammen. Sie arbeiten nebenbe­ ruflich für die Landespolizei und sind für Sicherungsaufgaben zu­ ständig, kommen aber auch bei Grossereignissen zum Einsatz. Am Wochenende machen sie den Dienst komplett mit. «Mit den Poli­ zisten alleine könnten wir die Ar­ beit nicht abdecken», erklärt Kauf­ mann. Aufwendige Zwischenfälle Einer der Bereitschaftspolizisten begann im Januar seine Ausbildung und fing in diesem Monat mit dem Dienst an. Hauptberuflich arbeitet er als Forstwart. «Die Arbeit gelallt mir sehr gut, ich habe auch kein Problem damit, in der Nacht zu ar­ beiten», so der BePo. Nicht viele erfüllen die strengen Anforderun­ gen, welche die Arbeit als Bereit- schaftspolizist verlangt. Oft schei­ tern sie an mangelnder Ausdauer. Der Streifenpolizist erklärt kurz das «Programm» für die Nacht: Verkehrskontrollen im Unter- und Oberland, Jügendschiiizkontrolleii, bei der Post in Schaan, Nachfahr­ messungen (Geschwindigkeitskon­ trollen). 
Um 22 Uhr geht es los: .Markus'Kaufmann meldet sich per Funk bei der Einsatzzentrale ab, denn diese muss immer wissen, wo sich die Polizisten befinden. Bevor mit den Kontrollen begonnen wer­ den kann, fährt eine Patrouille nach Gamprin. Die Beamten vom Spät­ dienst meldeten, dass sie dort einen angetrunkenen Fahrer aufgegriffen hätten. Es hätte sein können, dass dieser sein Auto doch noch heim­ fährt. Der Fahrer scheint aber klug gewesen zu sein und ein Taxi ge­ nommen zu haben, denn das Auto steht noch da. Bald meldet die Ein­ satzzentrale über Funk, dass an ei­ ner Geburtstagsparty ein ungebete­ ner Gast aufgetaucht ist. Es könnte sich dabei um einen illegalen Grenzübertritt handeln. Eine Pa­ trouille fährt hin. «Die Verkehrs­ kontrolle wäre für 22 Uhr ange­ setzt», so Kaufmann, «jetzt kommt ein Zwischenfall nach dem ande­ ren.» Präventiv kontrollieren Schliesslich kann die erste Pa­ trouille in Vaduz die Verkehrskon­ trolle starten. Dafür haben sich die Polizisten einen erhellten Ort aus- , gesucht. «Wir sehen so besser ins Fahrzeug und können beobachten, was die Insassen mit den Händen 
Verkehrskontrolle in Vaduz. Nur am Wochenende kann die Landespolizei mit zwei Patrouillen im Einsatz se|n. tun», erklärt die Polizistin. Wäh­ rend Markus Kaufmann und ich et­ was im Abseits stehen, halten die beiden Polizisten verschiedene Autos an, kontrollieren Führer­ schein und Fahrzeugausweis. Die Polizistin geht ums Auto, achtet auf eventuelle Mängel. Der Bereit- schaftspolizist bleibt an der Fahrer- tiir stehen und «sichert» so die Si­ tuation. «Die Verkehrskontrollen zu Beginn des Dienstes haben den Sinn, Präsenz zu zeigen und so prä­ ventiv zu wirken», erklärt Kauf­ mann. Der Hintergedanke dabei ist, dass möglichst viele Lenkerinnen und Lenker die Polizisten sehen und dies auch weitergeben, so dass jemand, der zu 
viel getrunken .hat, ein Taxi nimmt, anstatt selbst heiin-Verspätung. 
«Es gibt viele Kleinig­ keiten wie Unfälle, die wir nicht publizieren. Auch Fälle von häus­ licher Gewalt (das Volksblatt be­ richtete) werden nicht veröffent­ licht», erklärt Kaufmann. Der Streifenpolizist erklärt ebenfalls die Vorteile der Vcrkehrskontrolle: «Je mehr wir auf der Strasse sind, desto ruhiger wird es. Es liegt nicht in unserem Interesse, möglichst viele zu Nissen, sondern eine siche­ re Strasse zu haben.» Nachdem die Kontrolle eine Wei­ le lang ruhig verlaufen war, fällt ein Fahrer auf, der eindeutig zu schnell fährt. Er muss aussteigen, der Be­ reitschaftspolizist fährt das Auto von der Strasse. Der Atemtest ist positiv, der Fahrer wird zur 
Blutab- f - -v ' V Am Zollamt in Schaanwald hat die Polizei einen Reisebus kontrolliert und sich dabei diesen Fahrtenschreiber genauer angesehen. zufahren. Die Polizislin und ihr Kollege halten auch den Mitarbei­ ter eines Sicherheitsdienstes an. Dies dauert länger. Kaufmann er­ klärt, dass bei ihm auch der Waf­ fenschein kontrolliert wird. Zudem würden die Sicherheitsdienste meist viel mitbekommen und kön­ nen den Polizisten vielleicht nützli­ che 
Informationen liefern. Kauf­ mann und ich verlassen die zweite Patrouille, die noch eine Kontroll­ fahrt machen muss. Beanstandun­ gen gab es keine. Da eine Anzeige wegen illegaler Abfallentsorgung eingegangen ist, fährt die Polizei nun an den Ort, wo verstärkt Abfall aufgetaucht ist, in der Hoffnung; den Täter in flagranti zu erwischen. Wir fahren derweil Richtung Unterland. Ziel: Sichere Strassen In Bendern haben sich ein Poli­ zist und ein Bereitschaftspolizist der ersten Patrouille positioniert. Beginn der Verkehrskontrolle: 23.25 Uhr mit eineinhalb Stunden 
nähme ins Spital gebracht. Nur die Ergebnisse aus dem Bluttest seien für die Busse relevant. Es sei denn, jemand verweigere die Blutabnah­ me. In diesem Fall werde der Füh­ rerschein ebenfalls entzogen, er­ klärt Kaufmann. Nach dem Test wird der alkoholisierte Fahrer ver­ nommen. «Diese Patrouille fällt jetzt für etwa zwei Stunden aus», erläutert Kaufmann. Nach der Blut­ abnahme und der Einvernahme wird der beanstandete Lenker von der Patrouille nach Hause gebracht. Gute Zusammenarbeit Später wird mir der Polizist er­ klären, wie viel Zeit die Polizei für einen «kleinen» Verstoss wie Fah­ ren im angetamkenen Zustand auf­ wenden muss. «Etwa fünf Stunden, wenn alles normal läuft.» Kurz vor 00.30 Uhr, Post Schaan. Die Polizistiii der zweiten Patrouil­ le hat sich mit ihrem Partner pos­ tiert, um auf den letzten Bus zu warten. Alkoholisierte Jugendliche, die handgreiflich 
werden oder 14-Jährige, 
die um diese Zeit nicht mehr alleine auf der Strasse sein dürfen, sind keine Seltenheit. Doch heute ist es ruhig. Die Polizisten sprechen eine Weile mit einem Buschauffeur, der gerade erzählt, wie er an diesem Abend einen be­ trunkenen Jungen nach Hause ge­ fahren hat. Nach dieser Präsenzrun­ de geht es zurück ins Polizeigebäu­ de zu einer kleinen Pause. Bald dar­ auf muss die Patrouille einer Ruhe­ störung nachgehen. Es wird etwa 3 Uhr bis die Poli- zistin mit ihrer Patrouille wie ge­ plant im Zollamt Schaanwald er­ scheint. Die Landespolizei arbeitet eng mit der Grenzwacht zusammen und kommt häufig vorbei, um be­ schlagnahmtes Material abzuholen und Fälle zu übernehmen. Vieles können die Zollbeamten selbst erle­ digen, zum Beispiel Waffen be­ schlagnahmen, Fingerabdrucke für die Personenkontrolle nehmen oder Fahrtenschreiber kontrollieren. Oft muss jedoch die Landespolizei ge­ rufen werden. Diese übernimmt in der Folge den Fall. Einblick in den Zollalltag Der zuständige Zollbeamte über­ prüfte meine Identitätskarte, nahm meinen Fingerabdruck und zeigte mir Dossiers und Anweisungen. «Die Zusammenarbeit mit der Lan­ despolizei funktioniert fabelhaft», gibt er mehrmals zu verstehen. Um 4 Uhr morgens lässt die Konzentra­ tion längsam nach. Die Polizisten, die mit der Nachtschicht überhaupt kein Problem haben, machen sich auf zu einer Patrouillenfahrt in Schellenberg, wo am Tag zuvor ein­ gebrochen wurde und sehen sich nach verdächtigen Fahrzeugen um. Der Polizist der ersten Patrouille wird später Nachfahrmessungen machen, das heisst er stellt mit ei­ nem speziellen Gerät im Innern des Polizeiautos die Geschwindigkeit eines vor ihm zu schnell fahrenden Autos fest. Er tut dies, wenn am Ab- schluss noch Zeit dafür ist. «Es ist schon vorgekommen, dass die Leu­ te, die um diese Zeit zur Arbeit fah­ ren, an die 150 Kilometer pro Stun­ de fahren», erzählt der Polizist. «Vor dem Erwischen eines Temposünders steht immer unsere Sicherheit und die Sicherheit Dritter», erklärt er das Vorgehen der Polizei. Da nicht mehr viel los ist, fährt Markus Kaufmann zurück zum Polizeigebilude. Unser «Dienst» ist beendet, die kugelsi­ chere Weste blieb die ganze Zeit un­ benutzt liegen. Obwohl nicht viel passiert ist und die Nacht untypisch ruhig war, wie alle sagten, nehme ich viele Eindrücke mit. An diese Nacht werde ich mich wohl noch lange erinnern..
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.