Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

SAMSTAG, 31. JULI 2004 
VOLKS I BLATT I 
INLAND «6PACK» IN SCHAAN KRIMINALGESCHICHTE 50 JAHRE BERGRETTUNG Verirrt 004 Der «Stoffel», prominenter Sportartikel- hiindler in Schaan und Vater von drei unse­ rer bekanntesten Skirennläufern war sport­ lich vielseitig interessiert. Unter anderem liebte er es seine Ausdauer bei ausgedehnten Bergtouren auf die Probe zu stellen. Nach­ dem er sich in unserem Land sicher fühlte und überzeugt war jeden Weg und jeden Stein bestens zu kennen, traute er sich auch Alleingänge bei jedem Wetter und jederzeit zu. So auch im Herbst 1970, als er bei nicht optimalen äusseren Bedingungen auf den Ziggerberg stieg. Wider Erwarten verlor er durch aufkommendem Nebel die Orientie­ rung, sodass er gegen Abend immer noch nicht.zu Hause angekommen war. Dies ver­ anlasste seine Ehefrau die Polizei zu infor­ mieren, die wiederum die Bergrettung auf­ bot. Es gelang den Rettern relativ rasch den Vermissten zu orten und auf den rechten Weg zurückzugeleiten. Die ganze Geschich­ te war dem versierten Berggänger ziemlich peinlich und er verpflichtete alle Beteiligten striktes Stillschweigen über den unangeneh­ men Vorfall zu bewahren. An diese Weisung fühlte sich allerdings Der «Steiner», ein Steinmetz, ebenfalls in Schaan wohnhaft, nicht gebunden. So kam es, dass der «Stof­ fel» nicht nur unter seinem verletzten Stolz, sondern auch unter dem Spott seiner' Mit­ bürger arg zu leiden hatte. ÄRZTE IM Dltlsf Notfalldienst 8-8 Uhr Samstag Dr. Egon Matt, Mauren 373 40 30 Sonntag Dres. U. & A. Dcckert, Balzers 384 27 20 WOFÜR SIND 
SIE DANKBAR? Wofür ich dankbar bin Wir leben in einer Zeit, in der ftir viele Men­ schen vieles selbstverständlich geworden ist: die Gesundheit, die Lebensfreude, der Arbeits­ platz, genug zu essen und zu trinken, ein Dach über dem Kopf und vieles mehr. Erst wenn ei­ nem von heute auf morgen der Arbeitsplatz ge­ kündigt oder wenn man plötzlich krank wird, dann kömmt einem oft wieder ins Bewusst- sein, wie hoch eigentlich der Wert war, der vor kurzem noch als selbstverständlich betrachtet wurde. Darum bin ich dankbar für alles, was Gott und gute Menschen mir immer wiederge­ ben: die Freude an meinem Beruf; den Halt, den mir mein Glaube gibt; meine Freunde; je­ de Herausforderung, an der ich wachsen kann; die schöne Umgebung, in der ich hier leben darf und dafür, dass ich nun ein paar Tage Fe­ rien habe. Kaplan Markus Degen 
Der zerbrochene Spiegel «Ich habe gar nicht gewusst, dass Sie Interesse haben an der Mystik von Cornwall, mein lieber Albert.» «Es würde mir sicherlich schwer fallen, eine Einladung abzusagen, die mir die Möglichkeit bietet, dich zu treffen», entgegnete ich und hoffte damit, die so genannte diplo­ matische Nuance getroffen zu ha­ ben, die das Gespräch in angeneh­ me Bahnen führen sollte. Offen­ sichtlich hatte ich Glück, da ich auf Richards Gesicht eine vollkomme­ ne Zufriedenheit vorfand, die bei Personen seines Charakters allzu oft als Arroganz bezeichnet wird. Nach dem Tod meiner Frau habe ich viel Zeit mit Richard verbracht, da er die einzige Stütze darstellte, die mir geblieben war. Einen Freund zu besitzen ist eine Sache, die allzu oft unterschätzt wird. Ri­ chard Hampton war zu seiner Zeit sicherlich der bedeutendste Privat­ detektiv von England und half in vielen Fällen, einen Mörder zu • überführen. Nach seiner Theorie war hinter jeder Haustür ein poten­ zieller Mörder verborgeil. Jedes Lä­ cheln, das ein Nachbar uns ent­ gegenbringt, kann Freude ausstrah­ len, oder auch tiefe Befriedigung, da er gerade seine verhasste Schwiegermutter im Bett erwürgt hat und es ihm, ohne Aufsehen zu erregen, gelungen war, sie hinter dem Schuppen zu verscharren. Solch schreckliche Vorstellungen werden nicht ins Bewusstsein ge­ lassen, da man immer glaubt, dass in der eigenen Umgebung solche schlimmen Taten nicht passieren können. Ein Vorurteil, das vielfach mit einem tiefen Schock verbunden ist, wenn man dann aus seinem ge­ mütlichen Heim mit Handschuhen bekleidete Polizisten und Inspekto­ ren bei der Arbeit beobachten kann. Es war Herbst, als ich Richard in Cornwall begegnete. Wir beide be­ kamen eine Einladung von John und Francesca Clark, welche sehr gute Gastgeber waren, da sie eine Gastfreundlichkeit ausstrahlten, die heutzutage immer mehr vernachläs­ sigt wird. Die Tage der meis­ ten Leute sind nur auf den eigenen Profit gerichtet und somit auch vie­ le so genannte freundschaftliche Einladungen. Wie immer kochte Mrs. Clark hervorragend. Da die Familie Clark kinderlos war, ver­ schrieb sie sich der Kochkunst und kreierte ausgefallene Mahlzeiten, die sicherlich für meinen Gaumen eine Freude darstellten, jedoch war ich mir nie so sicher, ob ihr Kochen eine pure Leidenschaft oder ein Verdrängungsprozess war. 
«Mr. Kingston, Sie wollen si­ cherlich auch nofch ein Glas Wein?» Mr. Clark fragte mich in solch einer warmen, erwartungs­ vollen Haltung, dass mich schon der Anstand zur Zustimmung über­ redete. 
John Clark war ein Mann mittleren Alters, dessen Körperbau immer noch an sein Soldatenleben in Frankreich erinnerte. Er sprach nie viel ilber den 2. Weltkrieg, je­ doch war ich mir von Anfang an si­ cher, dass er die Erlebnisse nie ver­ kraftet hatte. Manchmal dachte ich, dass er am liebsten alles herausge­ weint hätte, doch da war eine Blockade, die es verhinderte und verursachte, dass sich seine Frau grösste Sorgen um seine Stim- mungsschwankungen machen musste. Richard und ich waren nicht die einzigen Gäste. Am Ess­ tisch sass mir gegenüber Lance Mc Stow, ein typisches Beispiel für ei­ ne Person, die es nie zu Erfolg ge­ bracht halte, und nun mit ihrem Gehabe ihren Intellekt zum Vor­ schein bringen wollte. Jedoch war schon an seinen Tischmanieren, ei­ ne gesellschaftliche Unreife zu er­ kennen. Man muss nicht nur das Messer und die Gabel richtig hal­ ten können, sondern auch das Weinglas korrekt anfassen. Links von mir sass eine hübsche Frau, die mit ihren Raffinessen sogar mir das Essen zur Nebensache werden liess. «Da Sie mich schon mit solch Verwunderung betrachten, denke ich, ist es angebracht mich vorzu­ stellen. Ich heissc Albert Kingston.» «Sehr erfreut, Mr. Kingston. Mein Name ist Mrs. 
Jen- ;IEBER|i| Warum Krimis? Im Frühling dieses Jahres betei­ ligten sich mehrere Schulklas­ sen unseres Landes beim Pro­ jekt «Krimi-Fieber». Das Liechtensteinische Gym- naium organisierte für die Schü­ lerinnen und Schüler der Ober­ stufe gar einen Krimi-Wettbe­ werb. Einige: der eingereichten Texte wurden bereits im Rah­ men der Liechtensteiner Litera­ turtage 2004 gelesen. Zurzeit sind Krimi-Beispiele bzw. Detektiv-Geschichten von der dritten Klasse Primarschule bis hin zur Oberstufe des Gym­ nasiums in der Liechtensteini­ schen Landesbibliothek einseh­ bar. Das Liechtensteiner Volks­ blatt publiziert die nächsten Wo­ chen jeweils am Mittwoch und Samstag einen Krimi bzw. eine Detektiygeschichte. 
nifer Westfield. Sind Sie auch ein Verwandter der Familie Clark?» «Leider nicht, aber es wäre mir ei­ ne Ehre, solche Verwandte wie sie zu haben.» Mit einem nicht durch­ schaubaren Lächeln wendete sie sich ab. Ich weiss heute noch nicht, ob ich etwas Falsches gesagt halte oder einfach zu aufdringlich wirk­ te, was sicherlich nicht die Absicht meines Vorgehens war. Es war exakt Mitternacht, als das letzte Glas Rotwein getrunken wurde und sich alle langsam verab­ schiedeten, um das Schlafgemach aufzusuchen. Wie es von Mrs. Clark nicht anders zu erwarten war. hatte sie das Schlafgemach wieder einmal hervorragend für die Nacht vorbereitet. Sie dachte sogar an meinen geliebten Morgenmantel, der zu meinem Gebrauch im Schrank hing. Ich besass ein Zim­ mer neben Richard und Lance Mc Stow. Wie Richard besassen auch die Clarks ein Zimmer am Ende des Korridors, neben Mrs. West­ field. Da man einen schönen Abend nicht gerade durch Schlaf zerstören will, nahm ich eine Lektüre hervor und begann zu lesen. Ich war im­ mer schon ein Bewunderer von Shakespeare, der es schafft, in kur­ zen und prägnanten Sätzen menschliches Fehlverhalten he­ rauszukristallisieren. Plötzlich hörte ich einen grossen Krach, der vom Korridor kam. Schnell nahm ich den Morgenman­ tel aus dem Schrank und trat vor die Tür, wö mir schon Mr. Clark und Richard begegneten. Auf dem Boden lag ein zerbrochener Spie­ gel, der nach Angaben von Clark immer schon an einem rostigen Nagel gehangen habe. Bald darauf kam auch Mc Stow, nur Mrs Clark und Mrs Westfield hatten meiner Ansicht nach schon tief geschlafen, aber ich täuschte mich. «Francesca, du brauchst keine Angst zu haben, es war nur der Spiegel», rief Mr. Clark in Richtung seines Schlafge­ machs. «Ich werde morgen die Scherben wegräumen», entgegnete Mrs. Clark. Wir standen alle noch andächtig vor dem Scherbenhau­ fen, als Mr. Clark wieder in sein Schlafzimmer wollte. Doch als er die Tür aufmachte und das Licht anschaltete, kehrte er, ohne die Türscliwelle betreten zu haben, zu­ rück. «Meine Frau ist tot», stotterte er und ein Schlottern befiel mich für eine halbe Sekunde. In diesem Moment kam Mrs. Westfield mit grossen roten Augen heraus. «Was ist denn los? Oh, John was ist pas­ siert.» «Das werden wir gleich se­ hen», versprach Richard. Richard und ich gingen in Clarks Zimmer, 
Rock 'n' Roll im Rathauszelt SCHAAN - Im Rahmen des «Schaaner Sommers» sorgte am Freitag die Gruppe «6Pack» im Rathauszelt in Schaan für Stim­ mung. Für die Bewirtung war die­ ses Mal der Volleyballclub Schaan besorgt. «6Pack» wurde im Januar 2001 gegründet, auf dass verhindert werde, dass im neuen Jahrzehnt livegespielter Rock .V Roll in Ver­ gessenheit gerät. Die sechs Hobby­ musiker zeigten sich auch gestern als wahrhaftige «Elvisse» und lies- sen den Rock 'n' Roll des «King» wieder aufleben, wobei selbstver­ ständlich auch einige Songs der Be­ atles nicht vergessen wurden. Mit Cover-Versionen von Stücken aus der Zeit der frühen 60er- bis hin zü den späten 90er-Jahren er­ streckte sich das Repertoire von «6Pack» über einen musikalischen Bereich, welcher vom frühen Rhythm & Blues bis hin zum spä­ ten Brit-Pop reicht. während Mrs. Westfield und Mc Stow Mr. Clark betreuten. Als wir den Raum betraten, sahen wir ein offenes Fenster und im grossen Bett lag Francesca Clark. Der her­ beigerufene Arzt konnte nur noch den Tod feststellen, wahrscheinlich durch Strangulieren. Richard ver­ sprach dem herbeigeeilten Inspek­ tor der Region, dass er den Vorfall aufklären würde. Der Inspektor gab widerwillig das Einverständ­ nis, um beim grössten Detektiv, den England je hervorgebracht hat­ te, nicht einen schlechten Eindruck zu hinterlassen, da seiner Ansicht nach dies seiner Karriere schaden könnte. «Albert, ich will, dass du mir alles aufschreibst, was die Per­ sonen aussagen.» «Wanim gerade ich», fragte ich auf eine zynische müde Weise. «Weil du in diesem Haus der Einzige bist, der einer Frau nicht während drei Minuten Todes­ qualen ins Gesicht schauen kann.» Zuerst schliefen sich alle aus und am nächsten Tag versammelten wir uns im Speisesaal, der fünfzehn Stunden zuvor noch unter Kontrol­ le von Francesca Clark gestanden hatte. Richard erhob sich und sag­ te: «Es tut mir Leid, zu dieser trau­ rigen Stunde die Aufgabe überneh­ men zu müssen, den Tod Ihrer Ehe­ frau aufzuklären. Ich bitte nun, dass alle, einzeln in mein Schlaf­ zimmer kommen, um sich mit mir ein bisschen zu unterhalten.» Ich ging mit Richard an den bespro­ chenen Ort und wir baten Jennifer Westfield als erste auszusagen. Ich nahm mein Notizbuch hervor und riss die erste Seite ab, die ich, so­ bald ich keine Lektüre zur Hand habe, aus Gewohnheit mit kuriosen Strukturen bezeichne. Richard stand auf und begann, ein bisschen autoritär, die Fragen zu stellen. «Mrs. Westfield, ich mag ja ein schlechtes Gehör haben, aber immerhin, konnte ich iinTief­ schlaf den Aufprall des Spiegels hören.» Sie drehte sich bewusst zu mir und sagte mit eiserner Stimme «Leider hatte ich diesen Zwischen­ fall nicht bemerkt.» Fortsetzung folgt am 4. August ANZHIGU ™ 
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