Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

MITTWOCH, 28. JANUAR 2004 
VOLKS| LAIIDTC/^LI A CT ZURÜCK ZUM ERFOLG BLATTI VV IN I OURLMR I KRITIK AN ADECCO 
11 KOMPAKT Jacobs übt scharfe Kritik an der Adecco-Fiihrung ZÜRICH - Klaus Jacobs, der schweize­ risch-deutsche Financier und Grossaktionär des kriselnden Dienstleistungsvermittlers Adecco, hat an der Konzernleitung scharfe Kritik geübt. Es mangle an Führung, Kom­ petenz und teilweise auch an Integrität, sag­ te Jacobs. An die Adresse von Adecco-Chef Jerome Caille stellte Jacobs ein Ultimatum. Sollte Caille es nicht innert kürzester Zeit schaffen, das Vertrauen von Kunden, Inves­ toren und Mitarbeitern wieder herzustellen, müsse er gehen, sagte Jacobs in dem am Dienstag vorab veröffentlichten Interview mit dem Wirtschaftsmagazin «Bilanz». Das von der Familie Jacobs an Adecco gehalte­ ne 
Aktienpaket von 11,8 Prozent hat infol­ ge des Kurssturzes der Adecco-Aktie rund 800 Millionen Franken an Wert verloren. «Management und Verwaltungsrat haben mich in den letzten Wochen persönlich ent­ täuscht», sagte Jacobs. Es mangle schein­ bar an Führung, Kompetenz und in Einzel­ fallen auch Integrität. Er sei überzeugt, dass ein Konzernchef mit mehr Erfahrung, als der 36-jiihrige Caille habe, die Schwierig­ keiten in den USA hätte vorausgesehen können. Und die Kommunikation über die­ se Schwierigkeiten hätte ein erfahrener Chef anders geregelt. Auf das Alter von Caille angesprochen, sagte Jacobs, man müsse dem jungen Mann Zeit geben. «Ich habe sie ihm gegeben. Wenn er sie nicht nutzt, muss er gehen», forderte der Adecco- Aktionär. Bei schönem Wetter könne jeder segeln. «Erst im Sturm zeigt sich der wahre Kapitän», sagte er. Edgar Oehler reisst sich Piatti unter den Nagel ARBON/ZÜRICH - Der Mischkonzern Arbonia Forster hat den aus der Erb-Liqui- dationsmasse stammenden Küchenbauer Piatti übernommen und wird zur neuen Nummer eins in der Schweiz. Der Kauf­ preis dürfte laut Analysten rund 50 Millio­ nen Franken betragen. Nur gut vier Monate nach der Übernahme der Arbonia Forster Gruppe (AFG) hat Mehrheitsaktionär und Konzemchef Edgar Oehler einen weiteren Coup gelandet. Dank der Übernahme von Marktieader Piatti wird die AFG mit einem Jahresabsatz von gegen 20 000 Küchen und 250 Millionen Franken Umsatz zum mit Abstand grössten Schweizer Küchenbauer. Die AFG-Küchenfirma Forster war bisher nur die Nummer sieben im Land. «Ich bin schneller als erwartet an mein Ziel ge­ langt», sagte Oehler an der Medienkonfe­ renz am Dienstag in Zürich. Weltweiter Tourismus mit bislang stärkstem Einbruch MADRID - Der weltweite Tourismus hat im vergangenen Jahr seinen bislang stärks­ ten Einbruch verzeichnet. Der Irak-Krieg, die Lungenkrankheit Sars und die schwa­ che Weltwirtschaft verursachten einen Rückgang der Reisenden um 1,2 Prozent auf 694 Mio. Menschen. Besonders getrof­ fen wurde das Reiseziel Südostasien, wie der Generalsekretär der Welttourismusor­ ganisation (WTO) Francesco Frangialli am Dienstag unter Berufung auf vorläufige Zahlen erklärte. Wegen der Sars-Epidemie sei die Zahl der Urlauber dort im Schnitt um 16 Prozent zurückgegangen, sagte er in Madrid. Westeuropa und der Mittelmeer­ raum litten nach Einschätzung der Behörde im vergangenen Jahr unter dem hohen Eu­ ro-Kurs und der schwachen Wirtschaft in vielen Ländern. Mit 3,7 Mio/ausländischen Urlaubern verzeichnete Westeuropa einen Rückgang um durchschnittlich 3 Prozent. 
«Die Zeichen haben gewirkt» Scheidender Bankenpräsident Adolf E. Real: Rückkehr zum alten Erfolgspfad I i ; 
VADUZ - Als .Speerspitze und Sprachrohr von 15 Banken hat Adolf E. Real manche Hürde ge­ nommen. Das Reglement des Liechtensteinischen Bankenver­ bandes will es, dass der Präsi­ dent nach zwei Jahren den Stab weitergibt. • Komella Pfeiffe r  - ' Volksblatt: Herr Real, als die FATF-Delegation, die Financial Action Task Force on Money Laundering, im Januar 2002 nach Liechtenstein kam, spitzte sich die Situation für den Finanz- platz zu. Wie war Ihnen als frisch gebackener Bankenpräsident zu­ mute? Adolf E. Real: Es war das zwei­ te Mal, dass FATF-Vertreter Liech­ tenstein besuchten und daher wuss- te ich, was auf mich zukam. Na­ türlich gestaltete sich die Situation angespannt, weil uns damals bei der Kommunikation über den Fi­ nanzplatz die Routine fehlte. Der Finanzplatz musste beweisen, dass die vorgenommenen Regulierun­ gen in der Praxis umgesetzt waren. Doch selbst die kritischsten FATF- Delegierten mussten zugestehen, dass Liechtenstein für die Bekämp­ fung 
der Geldwäscherei seine Hausaufgaben gemacht hatte. Das Delisting erfolgte dann auch. wie erwartet. Und 2004 ist die liechtensteini­ sche Finanzwirtschaft wieder im Aufwind? Anzeichen lassen vermuten, dass 2004 ein Jahr sein wird, wo wir aufbauend auf den Aktivitäten der letzten zwei Jahre und die Bör­ senentwicklung im Jahr 2003 wie­ der zum alten Erfolgspfad zurück­ finden können. Allerdings wach­ sen die Bäume nicht in den Him­ mel: die Wachstumsraten werden geringer ausfallen, die Rahmenbe­ dingungen haben sich verändert. Auch in diesem Jahr gibt es Unsi- cherheitsfaktoren: die Entwick­ lung von Euro und US-Dollar, die EU-Osterweiterung, weiterer Druck auf Liechtenstein. Nun geht es darum, die Stärken des Finanz­ platzes zu betonen und weiter zu entwickeln. Welches waren die zwei wesent­ lichen Stationen in Ihrer Zeit als Präsident des Liechtensteini­ schen Bankenverbands? Die Streichung von der schwar­ zen Liste der FATF 2002 und das Assessment des Internationalen Währungsfonds (IWF) 2003 waren entscheidend. Diese Experten ha­ ben Offshore-Plätze untersucht, um festzustellen, ob die Finanzwelt in diesen kleinen Welten in Ordnung ist. Liechtenstein hat im IWF-Be­ richt vom Oktober 2003 sehr gut abgeschnitten. Dies ist eine Refe­ renz für die Qualität des Finanz­ platzes Liechtenstein - und eine internationale Anerkennung. Das Vertrauen der Menschen in die Wirtschaft wurde kräftig durchgeschüttelt durch Bilanz­ fälschungen, unmässige Mana­ gergehälter. Ärgert Sie das? Das ärgert mich sehr, weil solche Ereignisse das Vertrauen in die ge­ samte Wirtschaft schwächen. Zwar sind es letztlich nur sehr wenige Personen, die aber richten sehr viel Schaden an. So 
blieb das Vertrauen der Menschen in die Wirtschaft auch in den letzten Wochen ange­ kratzt, weil erneut grosse Unter­ nehmen - in Italien, den USA, der 
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, »> \ J&A Adolf E. Real war zwei Jahre lang Präsident des Liechtensteinischen Bankenverbandes. Jetzt gibt er den Stab weiter. Schweiz— in die Schlagzeilen ka­ men. Es wird noch eine Zeit dau­ ern, bis Investoren und Öffentlich­ keit das Vertrauen in die Unterneh­ mensführungen zurückgewinnen. Dazu müssen negative Kräfte eli­ miniert und rechtliche Rahmenbe­ dingungen entsprechend angepasst werden. Die Angst vor Terrorismus, der Irak-Krieg - wie hat sich das auf Liechtenstein ausgewirkt? Der Finanzplatz Liechtenstein ist eingebunden in die internationale Finanzwelt und trägt deren Stan­ dards mit. So hat der frühere Unter-. Staatssekretär 
im US-Finanzminis- terium Jimmy.Gurul6 mir gegen­ über persönlich den positiven Bei­ trag Liechtensteins bei der Be­ kämpfung der Terrorismus-Finan- zierung bestätigt. Gleichzeitig ist der Bankplatz angekoppelt an die Entwicklung der Börsen und konn­ te davon profitieren, so dass 2003 ein beinahe erfolgreiches Jahr war mit Wachstumsraten von 20 und mehr Prozent. Wo steht der Bankenplatz in den Augen der internationalen Welt heute? Meine Kontakte im Ausland zei­ gen, dass anerkannt wird, wie Liechtenstein in kurzer Zeit in der Regulierung des Finanzdienstleis­ tungsbereichs sehr grosse Fort­ schritte gemacht hat. Die, Zeichen haben positiv gewirkt. Das unter­ streicht auch ein langes Gespräch mit Jürgen Sanio, einem sehr ge­ nauen Beobachter Liechtensteins. Der damalige Präsident der FATF und heutige Präsident der deut­ schen Finanzaufsicht bestätigte, 
dass Liechtenstein mit der Anpas­ sung seiner Gesetze heute als gutes Beispiel 
gilt. Was kommt auf den Finanzplatz zu und was ist zu tun für die «Zu­ kunft Finanzplatz Liechten­ stein»? Als grosse Neuerung kommt auf den Finanzplatz 2005 die integrier­ te Finanzmarktaufsicht zu. Die Herausforderung wird sein, die Aufsichtsbehörden als Regulie­ rungsbehörde so zu gestalten, ohne dem 
Finanzplatz Fesseln anzule­ gen. Ich stehe hinter der Idee der integrierten Finanzmarktaufsicht, ihre Ausgestaltung muss jetzt aus­ diskutiert werden. 2004 wird Liechtenstein neu auch ein Investmentunternehmen- Gesetz schaffen, unter Berücksich­ tigung der europäischen Richtli­ nien. Das Stiftungsrecht ist in der Diskussion, das Steuerrecht sollte diskutiert werden. Revolutionäre Entwürfe aber sollten nicht das Thema sein, sondern die Weiterent­ wicklung des Bestehenden. Das 70 Jahre alte Personen- und Gesellschaftsrecht ist eine Grund­ lage für den Aufschwung des Fi­ nanz- und Wirtschaftsplatzes. Allerdings hat Liechtenstein lange Zeit geschlafen und die vielen Posi- tiva dieses Gesetzes einfach ge­ nutzt, ohne darüber nachzudenken wie sich die Anforderungen der Zeit geändert haben. Da gibt es noch viel Arbeit, um den Finanz­ platz nachhaltig zu stärken. 2004 ist ein Wahlkampfjahr, könnte das verschleppend wir­ ken? Die Gefahr besteht tatsächlich, 
jedoch hoffe ich, dass alle politi­ schen Kräfte begreifen, dass es hier nicht nur um den Finanzplatz, son­ dern um die Zukunft Liechtensteins geht. Ich hoffe, dass alle Seiten ih­ re Argumente im positiven Sinn einbringen, auch wenn sich politi­ sche Entwicklungen nie aus wahl­ taktischen Argumentationen her­ auslösen lassen. Dönnoch ist es sehr wichtig, dass wir uns in die­ sem kleinen Land über die Rich­ tung einig sind. Politik und Wirtschaft sind ja in den letzten Jahren bereits enger zu­ sammen gerückt. Denn es genügt nicht mehr, Verbände nur in Ver­ nehmlassungen von Gesetzen ein­ zubinden. Die Diskussion muss viel früher beginnen, um die politi­ schen Diskussionen anschliessend richtig einzuordnen. Die Wirtschaft muss gewillt sein, auf die Politik zuzugehen und umgekehrt sollte die Politik die Wirtschaft vermehrt einbinden. Sie waren gern Bankenpräsident, was werden Sie vermissen in der Zeit «danach»? Die intensiven Kontakte mit Per­ sonen und Institutionen, die nicht direkt mit mir als Vorsitzendem der Geschäftsleitung der VP Bank zu tun haben. Menschliche Kontakte geben die meisten.Impulse für den Beruf und für das Privatleben. Allerdings bleibe ich im Vorstand des Bankenverbandes und werde den neuen Präsidenten Thomas Pis-. ke unterstützen, um die internatio­ nalen Kontakte weiter auszubauen. Aber natürlich bekomme ich nun hoffentlich auch Zeit geschenkt, die ich ftir Freizeit und Familie nut­ zen will.
	        

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