Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

t SAMSTAG, 24. JULI 2004 
VOLKS I BLATT I 
KULTUR 
IM GESPRÄCH MIT VLADO FRANJEVIC VIDEOKUNST 
28 , r > t. 
 s • » * I ' . • 
NACHRICHTEN Führung durch die Warhol-Ausstellung VADUZ - Im Rahmen des Beglcitpro- gramms zur Ausstellung «Andy Warliol. The Late Work» findet morgen Sonntag, den 25. Juli morgens um II Uhreine öffentliche Führung durch.die Ausstellung statt. Die Führung wird geleitet von der Künsthistori­ kerin Christina Jacoby. Der Eintritt ins Mu­ seum und für die Führung beträgt 12 Fran­ ken. (PD) Konzert «Kunst aus der Zeit» im Kunsthaus Bregenz BREGENZ - Bereits zum sechsten Mal bietet das Ambiente des Kunsthauses den Hintergrund einer Konzertreihe, die im Rah­ men des Festivalprogrammes der Bregenzer Festspiele veranstaltet wird. Das unter dem Motto «Kunst aus der Zeit» (KAZ) dargebo­ tene Spektrum . zeitgenössischer Musik reicht von einer Marionettentheater-Posse bis zu einem Konzert mit einem Selbstspiel­ flügel aus dem Jahr 1925. Heute Samstag, den 24. Juli findet um 21 Uhr das KAZ- Konzert «In eine neue Welt» im Kunsthaus Bregenz statt. Ein Jugendwerk Kurt Weills, seine 1920 geschriebene Sonate für Violon­ cello und Klavier, dient als Ausgangspunkt für die Suche nach der Moderne in der Alten und der Neuen Welt. Im Spannungsbogen zwischen Romantik und Moderne wird das Konzert in seiner Buntheit so zu einer Stil­ suche. Weitere Informationen unter Tel. +43/5574 485 94-13 oder im Internet unter www.kunsthaus-bregenz.at .  (PD) Gitarrenvirtuose Paredes gestorben LISSABON - Der portugiesische Gitarren­ virtuose Carlos Paredes ist am Freilag im Alter von 79 Jahre nach längerer Krankheit in einem Seniorenheim in Lissabon gestor­ ben. Der aus Coimbra stammende Musiker führte einen neuen Interpretationsstil der zwölfsaitigen portugiesischen Gitarre ein und galt schliesslich als Inbegriff der Instru­ mentalmusik des Landes. 1957 nahm Pare­ des sein erstes Album auf, 1963 schrieb er den Soundtrack zum Film «Os.Verdes An- os» (Die grünen Jahre). Dessen Regisseur Paulo Rocha würdigte den Verstorbenen als Perfektionisten. «Er spielte, bis seine Finger bluteten.» Der Politiker und Dichter Manuel Alegre nannte Paredes ein Genie. Er sei ein grosser Künstler gewesen, «der der portu­ giesischen Gitarre eine universelle Dimen­ sion gegeben und mit seiner Musik die por­ tugiesische Seele ausgedrückt hat». • (AP) Blue Balls Festival Luzern eröffnet LUZERN - In Luzern ist am Freitagabend das Blue Balls Festival eröffnet worden. Als Stars für den ersten Abend wurden die schwedische Sängerin und Songwriterin So­ phie Zelmani und der italienische Rockmu­ siker Zucchero verpflichtet. Die zwölfte Ausgabe des Blue Balls Festivals dauert bis zum 31. Juli. Das Programm umfasst über 70 Konzerte. (sda) 
Dann gibts Vollgas Arbeit Ein Gespräch mit dem Künstler Vlado Franjevic TRIESEN - Der Triesner Künstler Vlado Franjevic ist weit über die Landesgrenzen hinaus aktiv. Erst vor wenigen Wochen war er an einer Aktion der «We- bisten» in Köln beteiligt. Das Volksblatt sprach mit Franjevic über dessen laufende Projekte. • Arno Löffler Volkshlatt: Sie sind diesen Som­ mer besonders aktiv. Was läuft bei Ihnen alles im Moment? Vlado Franjevic: Die wichtigste Sache ist in jedem Fall die Teilnah­ me am Künstlersymposiuni «Isola­ tion» in einer kleinen Ortschaft mit etwa 900 Einwohnern, 40 km süd­ lich von Tartu in Estland. Die Aus­ stellung beginnt am 6. und dauert bis 15. August. Am Anfang werden uns die Organisatoren herumreisen lassen. Dann gibts aber Vollgas Ar­ beit. Natürlich ist das Spannendste die Begegnung mit Künstlerkolle­ gen aus der ganzen Welt. Es gibt dort auch ein Amateurtheater, das man in seine Projekte integrieren kann. Arbeiten Sie vor Ort? Die Künstler wurden anhand ein­ gesandter Projekte ausgewählt. Ich werde einen Eingang in die Isola­ tion der Erde graben, einen 70 cm breiten, spiralförmigen Kanal, bis zu einer Tiefe von zweieinhalb Me­ tern in der Mitte. Vielleicht hilft mir ja jemand dabei, es wird heiss. Ich möchte Personen für eine Per­ formance engagieren. Im Vorfeld habe ich die ganze Well eingeladen, mir Texte zum Thema «Isolation» zu senden. Ich habe von 15 Autoren Texte bekommen, die ich als Basis für unsere Anfangsdiskussionen mitnehme. AI'Leu in der Schweiz hätte Interesse, mein Projekt zu pu­ blizieren. Was sind das für Texte? Alles war frei, es ging mir nur um das Thema. Man konnte von politisch-gesellschaftlicher oder auch von persönlicher Isolation schreiben. Aus Israel habe ich ei­ nen Text von einem siebenundsieb- zigjährigen Mann bekommen. 
Vlado Franjevic im Gespräch: «Was ich so alles mache, gell?» Interessant ist, dass er diese Infor­ mation von jemandem aus Liech­ tenstein hat. Diese «noble Dame», wie er mir schrieb, hat vermutlich den Text im Volksblatt gelesen und die Information an ihn weitergelei­ tet, weil sie wusste: Er ist ein Este, der wegen dieser schrecklichen Ge­ schichte nach Israel auswandern niusst^. Er schrieb von Isolation auf seinem persönlichen Weg. Ziemlich spannend. Auch wie die Information weitergegeben wurde, linde ich spannend. Kommunikation ist auch das Thema des VVebisnnis. Mir geht es immer um Kommu­ nikation. Ich bin mittlerweile voll begeistert vom Webismus. Zuerst war ich skeptisch, weil auch künst­ lerische Laien dabei sind, die vor dem PC sitzen und denken: Ja. jetzt fahre ich los mit der Maus - liuh. ich bin auch ein Künstler! Aber es sind tolle Künstler dabei, mit teils beachtlichen Karrieren, aus Indien, den Vereinigten Staaten, aus Deutschland, von überall. Es geht um Kommunikation, Humanismus und gemeinsame Aktionen. Gehört zu Webismus-Aktionen das Politische wie in Köln? Das ist eher Zufall. Jedes Mit­glied 
kann sich ein Projekt ausden­ ken und die anderen einladen. Alles ist frei. Es gibt keine Leitung. Ingrid Kamerbeek aus Deutschland ist heute die Aktivste. Für sie habe ich 2002 bei der Speedcom AG in Schaan eine Ausstellung Organi­ siert. Was sind Ihre anderen laufenden Projekte? Das New York Arts Magazine möchte eine Reportage über mein Projekt «Isolation» machen. "Den Chefredaktor Abraham Luhelski habe ich in Berlin kennen gelernt, wo er das Berliner Kunstprojekt leitet. Er hat mich eingeladen, dem Magazin meine Vorschläge zu sen­ den. Vielleicht werde ich einer der 15 Künstler sein, die in New York und Boston gemeinsam ausstellen werden. Die Malka Lubelski Cultu- re Foundation, hinter der wahr­ scheinlich seine Mama steckt, luit mit Künstlern weltweit zu tun. Das könnte spannend werden. Es wäre allerdings mit Reisen verbunden, und da wirds langsam schwierig für meine Familie. Für das. was ich er­ reichen möchte, sind die Reisen und die Kontakte wichtig. Man muss sich begegnen und mit den anderen vergleichen können. Wenn man sich draussen beweisen kann, wird man 
auch zuhause akzeptiert. Ich muss auch aus mir selbst herausgehen. Haben Sie aktuelle Projekte in der Region? Nächstes Jahr stelle ich mögli­ cherweise in Münchberg in Bayern aus. Der Kontakte kam übermei­ nen Kollegen Fauzie zustande. Fer­ ner hat mich die Interessengemein­ schaft Deutschsprachiger Autoren, deren Mitglied ich bin, für nächstes Jahr nach Rotterdam eingeladen. Ich habe jemanden, der sich darum kümmert, dass ich dort ausstellen kann. Weilers gehe ich vermutlich mit einem Kollegen nach Kroatien, in das Museum in Bjelovar. wo ich 2001 mit Arno Öhri ausgestellt ha­ be. Woran arbeiten Sie zurzeit? Ich experimentiere damit. Motive von Bildern, die ich vor zehn, zwölf Jahren gemalt habe, am l'C zu bear­ beiten und mit einem Photo zu kombinieren. Das Ganze wird ver- grössert auf eine Leinwand geklebt und weiter bemalt. In den alten Mo­ tiven entdecke ich eine neue Schön­ heit, einwickle eine neue Geschich­ te. Ich verfolge nicht weiter, warum ich das damals so gemacht habe. Die alten Motive dienen nur als er­ ster Impuls. Videokunst in Echtzeit WEB.CAM.PING in der Galerie Lisi Hämmerle BREGENZ - Die Galerie Lisi Häm­ merle befindet sich im Umbau. Das Projekt WEB.CAM.PING lässt sich aber auch auf einer Baustelle realisieren: Lisi Häm­ merle und Ruth Schnell hatten zwölf Künstler und Künstler­ gruppen eingeladen, übers Internet live Beiträge in die Ga­ lerie zu «streamen». • Arno löffle r Erst der letzte der insgesamt fünf Redebeiträge am Donnerstagabend befasste sich mit der Ausstellung an sich: Der Volkswirt Toni Fiirstner, Gastprofessor für Visuelle Medien­ kunst an der Universität für Ange­ wandte Kunst in Wien, seihst Teil­ nehmer am Projekt WEB.CAM. PING und gleichzeitig dessen tech­ nischer Leiter, umriss in knappen Worten, worum es ging. Video­ kunst sei längst eine anerkannte Kunstform; mit dem Einbruch der IT-Branche sei allerdings auch eine Krise der Videokunst und visuellen Medienkunst einhergegangen. Vi­ suelle Medienkunst erfahre daher 
gegenwärtig eine Neiipositionic- rung. Es gehe um die operative Sei­ te des Ganzen: In welchem Kontext findet Videokunst statt? Bei WEB.CAM.PING gehe es nicht um auratische, einmalige Kunst­ werke, sondern ganz im Gegenteil: Übers Internet verbreitete Video­kunst 
habe gerade das Ziel, mög­ lichst viele Rezipienten möglichst schnell, möglichst gleichzeitig, zu erreichen. Die Kunst ereigne sich gleichzeitig im realen Raum, in der Galerie oder sonst wo, und im Internet. Alle zwölf Teilnehmer (Alexandra Berlinger, NUR, Bildschirmschoner von Alexandra Berlinger, live «gestreamt» aus Wien. 
CAI.C, Rouven Dürr, Thomas' Feuerstein. Tom Fiirstner, G.R.A.M., Lydia Lindner, Flora Neuwirth, Wolfgang Tremmel und Arye Wachsmuth) wurden in der Folge nacheinander angerufen und gebeten, von ihrem jeweiligen Standort aus ihren Beitrag nach Bregenz zu «streamen». In der Ga­ lerie Lisi Hämmerle, dem realen Raum, projizierten drei Projekto­ ren nebeneinander das an die Wand, was da gerade hereinkam, und zwar in Echtzeit, d. h. eigent­ lich um 15 bis 30 Sekunden verzö­ gert. Die Faszination, die Fiirstner angesichts des Ganzen verspürte, schien nicht so recht auf die übri­ gen Anwesenden überzugehen. Denn was tatsächlich auf der Wand blässlich flimmernd mehr zu ahnen als zu sehen war und den Charme eines Bildschirnischoners versprühte, ging in der allgemei­ nen Unterhaltung am Büffet rest­ los unter. Alexandra Berlinger filmte unbeirrt mehr oder weniger zeitgleich in Wien einen farbigen Fleck, den sie über zwei weisse Stühle huschen liess
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.