Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

l'Vslspiclr frlt'lii'ii ( 3 ) '>-nfit Ein seltenes Geschwisterpaar Kurt Weills Kurzopern Der Protagonist 
und Royal Palace Eine Frau, die ins Wasser geht und ein Mann, der in seinem eigenen Theaterstück einen echten Mord begeht: Kurt Wellls frühe Opern Der Protagonist und Royal Palace, die als Double Bill Im Sommer als Oper Im Festspiel­ haus zu sehen sein werden, oszillieren auf seltsame Weise zwischen Sein und Schein, zwischen Theater und Realität: Regisseur Nicolas Brieger und Set Designer Raimund Bauer schildern ihre Pläne für die Oper Im Festspielhaus 2004. Die Eröffnungspremiere der Bregenzer Fest­ spiele am 21. Juli 2004 bildet gleichzeitig auch den Auftakt des Kurt Weill Schwerpunkts des kommenden Sommers. Weill selbst hat seine Kurzopern Der Protagonist und Royal Palace einmal als ..Geschwisterpaar" bezeichnet. Zu einer großen, gemeinsamen Aufführung kam es aber dennoch bis heute nie, erklärt der Regisseur der Oper im Festspielhaus 2004, Nicolas Brieger; .Diese beiden Werke sind Geschwister, das ist ganz offensichtlich. Wenn man sie zusammen hört, dann wird einem außerdem schnell klar, dass im Grunde schon alles, was den Komponisten Weill ausmacht, in diesen beiden Opern enthalten ist. Man hört Mahagonny, man hört die Dreigroschenoper. Er besitzt schon in Der Protagonist und Royal 'Palaco eine ganz eigene musikalische Sprache, 
die unvergleichlich und absolut neu ist: Weill ist mit Jazz und Tanzmusik groß geworden, und er hat keine Hemmungen, seine Erfahrungen auch umzusetzen." Ein Schauspieler wird zum Mörder Der Protagonist, uraufgeführt 1926 in Dresden, war Weills Opernerstling und offenbarte mit einem Schlag seine musikdramatische Be­ gabung. Die Oper legt Produktionsmecha­ nismen von Theater als erfundene Wirklichkeit frei: Wann beginnt das Spiel, wann schlägt die Realität um in Inszenierung und Ritual? Ein Schauspieler - eben der Protagonist - kann im Wechselbad imaginierter Gefühle zwischen Komödie und Tragödie nicht mehr aus seiner Bühnenrolle und wird so zum Mörder. Wahr­ nehmung und Projektion, Wunschdenken und Erfahrung enden in tödlichem Konflikt. Weills Oper steht so als Parabel auf das Bewusstsein des modernen Menschen: In Der Protagonist werden die Demarkationslinien der Wahr­ nehmung neu vermessen - ein für Regisseur Brieger im Zeitalter elektronischer und digitaler . Bildwelten brennend aktueller Aspekt: „Es geht in dieser Oper um Wahrheit und Lüge, und es geht gleichzeitig auch um das Bild, das Der Protagonist abgibt - darum, ob das Bild für ein Publikum wahr ist. Ob seine Kunst nicht nur eine Behauptung ist, sondern so existenziell, 
dass sie die Welt in sich trägt oder ob sie nur Lüge ist." Eine Frau geht Ins Wasser In Royal Palace umwerben drei Männer eine Frau - doch die geht am Schluss ins Wasser. Die reale, beinahe alitägliche Handlungsebene in einem beliebigen Luxushotel wird im Laufe von Weills Kurzoper immer wieder durch visio­ näre Bilder surreal aufgebrochen. Eine wichtige Rolle spielte bei der Uraufführung von Royal Palace der Film: Er erschien damals zum ersten Mal als treibendes Element der Handlung auf einer Opernbühne. Für Bühnenbildner Raimund Bauer war es wichtig, das Medium Film ins 21. Jahrhundert zu transferieren: „Der Film war in den 20er Jahren etwas sehr Innovatives und man überlegt sich natürlich, wie geht man damit heute um, wo Video auf der Bühne eigentlich nichts wirklich Neues mehr ist. Was aber heute noch genauso interessant ist wie damals, Ist die Thematik der Verführung durch Bilder." Um dies zu erreichen, bilden eine ganze Reihe verschiedenster Projektionen einen essentiellen Bestandteil des Bühnen­ bilds. Die Projektionen finden jedoch nicht ein­ fach auf einer Leinwand statt, sondern im Zusammenspiel zwischen Bühne und Dar­ stellern, um die Grenzen zwischen Realität und Virtualität verschwimmen zu lassen. Eine subversive Operettenlandschaft Kurt WeillsDer Kuhhandel 
im Kornmarkttheater Kurt Wellls skurrile Operette Der Kuhhandel bildet den Auftakt einer neuen Operetten­ schiene im Bregenzer Kommarkttheater. Im Kuhhandel 
geht es um Bestechung, schwarze Konten, korrupte Beamte und illegalen Waffenhandel. Weills Musik persifliert einer­ seits In ungenierter Sentimentalität das Pathos großer Hymnen und mischt anderer­ seits witzige;,Tanzrhythmen unter. „Die Ähnlichkeit zwischen dem, was im Kuhhandel passiert, und dem, was derzeit in der Welt vor sich geht, ist ziemlich offensichtlich", sagt Kuhhandel-Ausstatter Duncan. Hayler, „Weills Operette war einfach ihrer Zeit yoraus." Das Problem mit Operetten sei heutzutage, dass sie y als Kunstgattung nicht mehr wirk­ lich ernst genommen würden, nur weil sie humorvoll seien, so Hayler weiter: „Der Kuhhandel aber ist ein absolut ernst zu nehmendes Werk, schon allein, weil seine 
Aussage sehr politisch und aktuell ist. 
Man kann nicht einfach sagen: .Das ist ja nur Unterhaltung, da müssen wir uns nicht so an­ strengen.' Man muss Unterhaltung mit dersel­ ben Ernsthaftigkeit angehen wie eine Wagner- Oper." ' Inszeniert wird Der.Kuhhandel voijukeinem ge­ ringeren als dem; Bregenzer Intendanten David Pountriey, der darnit'auch selri Debüt im Herzen der Bregenzer. Innenstadt gibt.-Die Operette bilde in vielerlei Hinöicht eine Brücke zwischen dem Berliner Weill und dem Broadway-Weill, sagt Pountney: .Durch die gesamte Karriere Weills hindurch zeigt sich, dass es möglich war, zur gleichen Zelt lustig und unterhaltend als auch klug und ernsthaft zu sein. Die an­ steckenden Melodien aus dem Kuhhandel - dargebracht vom Symphonieorchester Vorarl­ berg unter Christoph Eberle - werden dafür sor­ gen, dass man das Theater mit einem Lächeln verlässt, auch wenn einem dabei der Gedanke, kommen mag, dass menschliche Torheit vielleicht nicht immer nur auf die schrullige Welt der Operette beschränkt ist." 
Für Der Kuhhandel im Kornmarkttheater haben' 
1 Pountney und Hayler eine richtige Operetten­ landschaft entworfen: „Der Kuhhandel Ist manchmal als Nazi-Persiflage inszeniert worden. Wir haben den, Schauplatz aber genau so be­ lassen, wie bei Weill vorgesehen", schildert Pountney, „Der Kuhhandel spielt auf einer, kariblschen Phantasieinsel, fr) einer richtigen Operettenlandschaft." Was Ihn an Operetten so*, fasziniere, sagt der Bregenzer Intendant, sei ihre subversive Kraft: „In guten Operetten wird eine Art absurde, verkehrte Welt erschaffen, ; , die jedoch die Absurdität der realen Welt exakt . widerspiegelt. Genau diese subversive Funktion* . der Operette gefällt mir: Sie scheint so harmlos ; zu sein, doch genau In: dieser, vermeintlich harmlosen-,/Absurdität und Komik steckt beißende Satire. Da gibt es keinen moralischen Zeigefinger, wie etwa bef Brecht, und es wäre auch ein großer -Fehler, beim Kuhhandel in diese Richtü'ng zu gehen. Der Kuhhandel muss mit viel Leichtigkeit gemacht werden, damit die Subversivität funktioniert." 
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Oper im Festspielhaus Kurt Weill Der Protagonist/ Royal Palace Premiere: Mi 21. Juli 2004, 19.30 Uhr, Festspielhaus Weitere Aufführungen: 25. Juli, 1.. 8. August 2004 - 11.00 Uhr 31. Juli 2004 -14.00 Uhr Festspielhaus Musikalische Leitung: Yakov Kreizberg Inszenierung: Nicolas Brieger Bühnenbild: Raimund Bauer Kostüme: Margit Koppendorfer Ught Design: Alexander Koppelmann Choreographie: Thomas Stäche Wiener Symphoniker Kammerchor Moskau Operette am Kornmnrkt Kurt Weill Der Kuhhandel V, >)'<•: Premlere: 13. August 2004 - 19.30 Uhr Weitere Aufführungen: 14. 16. 18. 20. August 2004 - 19.30 Uhr 22. August • 14.00 Uhr Kornmarkttheater Musikalische Leitung: Christoph Eberle Inszenierung: David Pountney Ausstattung: Duncan Hayler Choreographie: Craig Revel Horwood Symphonieorchester Vorarlberg Bregenzer Festspielchor Koproduktion mit der Opera North Leeds und der Volksoper Wien Österreichische Erstaufführung Tickctbestcllungen Telefonisch unter +43 5574 407-6 Per Fax an +43 5574 407-400 Online unter www.bregenzerfestspiele.com   oder an: Bregenzer Festspiele GmbH, Postfach 311, A 6901 Bregenz Sommeröffnungszeiten Ticket Center: Täglich 9-17 Uhr IlSiPilps Wmmscht vKs evner^ .Saison" viel 
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