Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

SAMSTAG, 29. MAI 2004 
VOLKS I BLATT I 
INLAND INTEGRATIONSPOLITIK WÖRTER DES MONATS WÖRTER DES MONATS VADUZ - Die Auswahl der Begriffe er­ folgt durch Daniel Quaderer. Sein Büro ist mit der Organisation der Wahl zum «Wort des Jahres» in der Schweiz und in Liechten­ stein beauftragt. Bildungsgau Gemäss einer neuen Studie erfüllt jeder füntte Schüler in Deutschland «die einfachs­ ten schulischen Anforderungen nicht». Ein Bildungsgau (gau = grösster anzunehmen­ der Unfall) ist vorprogrammiert. Auf dem Arbeitsmarkt fallen schwache Hauptschul­ abgänger als erste durch. Auch in Liechten­ stein läuten die Alarmglocken. Bei einem Gespräch der FL-Bildungsministerin mit ih­ rem luxemburgischen Pendant stand die in­ tegrierte Sonderbeschulung im Vordergrund. (LVO 4.5.04) Fäuste und Colt Negative Rauchzeichen aus dem Rathaus. Das Bewilligungsgesuch für die Western- stadt «Ridamm-City» wurde vom Gemein­ derat einhellig abgelehnt. Kurz vor der Sit­ zung hatten Befürworter noch 1218 Unter­ schriften abgegeben, um einer Schliessung der Westernstadt mit Nachdruck entgegen­ zuwirken. Maislabyrinth und Streichelzoo können laut Beschluss weitergeführt wer­ den. (LVA/LVO 19.5.04) motomotional Der Vaduzer Städtlelauf ist das fundamen­ tale Einlauf-Event für den ebenfalls bereits etablierten Alpin Marathon vom 5. Juni 2004. Die Laufveranstaltung steht unter dem Motto: «motomotional». (LVO 4.5.04) Wirtshausgerangel Ein Leserbriefschreiber beklagt sich über die häufige Präsenz rechtsangehauchter.Ju­ gendlicher an Veranstaltungen in Liechten­ stein und über die Beteiligung dieser Grup­ pen an Schlägereien, die man nicht mehr als «Wirtshausgerangel» abstempeln kann. Da­ bei kritisiert er auch das Sicherheitsperso- nal, die Securitys, die sich einmal sogar nicht einmischen wollten und lieber weg­ schauten, weil ihnen die Schlägerei zu bru­ tal war. (LVO 26.5.04) Vorwärtsintegration Die Liechtensteinische Milchindustrie wird reformiert. Unter dem Titel «Vorwärts- inlegration» soll das Land in den nächsten fünf Jahren Verarbeitungsstrukturen für Liechtensteiner Milch-Fertigprodukte auf- und ausbauen. Der grösste Wachtumsmarkt wird bei den Milchdrinks geortet. (LVA 13.5.04) Zahl des Monats: 11 Über 400 Menschen aus Sevelen pendeln täglich zur Arbeit Uber den Rhein. Dieses Fahrgästepotenzial bevvog die LBA zwi­ schen Vaduz und Sevelen die neue Buslinie 11 in Betrieb zu nehmen. (W&O 4.5.04) Satz des Monats . «Jetzt können wir beginnen, das kleine Märchen zu schreiben.» Martin Andermatt, FCV-Trainer am 22. Mai 2004 direkt nach dem Match gegen La Chaux de Fonds * + * Basierend auf den Ideen der Bevölkerung entscheidet Ende Jahr eine Jury Uber das «Wort des Jahres 2004». Wer Vorschläge un­ ter  www.wort.li oder  www.chwort.ch ein­ bringt, hat die Chance, einen Büchergut­ schein der Buchhandlung Bücherwurm, Va­ duz, zu gewinnen. 
«Integration betrifft uns alle» Regierungschef Otmar Hasler zum Thema «Integration» WEITERBILDUNG Bachblüten NKNDELN - An diesen zwei Kurstagen werden die Bachblüten und ihre Wirkung vorgestellt. Jeder bekommt eine individuelle Mischung zum Ausprobieren. Es wird aut­ gezeigt, wie die Blüten gemischt werden. Beispiele und Tipps werden gegeben. Der Kurs 253 unter der Leitung von Carolyn Beljean-Kaeslin beginnt am Samstag, den 5. Juni 
um 8.45 Uhr in der Primarschule in Nendeln. Mit Voranmeldung. (Bing.) 
VADUZ - «Integration ist eine Bedingung für die Herstellung von Chancengleichheit sowie eine Voraussetzung für ein friedliches gesellschaftliches Zusammenleben in unserem Land», sagt Regierungschef Ot­ mar Hasler. Die Regierung will diese Diskussion intensivieren, unter anderem hat sie die Aus­ ländervereine zu einem Dialog eingeladen. • Martin Frömmelt Volksblatt: Herr Regierungschef, sind wir Liechtensteiner ein inte- grationsfreundliches Volk? Otmar Hasler: Ja, das würde ich so sagen. Obwohl der Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung heute rund 34 Prozent beträgt, gibt es keine nennenswerten Konflikte zwischen der inländischen und aus­ ländischen Bevölkerung. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung sind Nichtstaatsangehörige, die zum grössten Teil aus Arbeitsgründen oder im Rahmen der Familienzu­ sammenführungen von Arbeitneh­ mern zu uns gekommen sind. Viele von ihnen leben seit mehr als zehn Jahren hier und haben sich ihr 
Le- Bislang gelungene Integration ben im Land aufgebaut. Inden meis­ ten Fällen konnten sie sich bestens in die Gesellschaft integrieren. Ich meine, der hohe Ausländeranteil in unserem Land ist auch Zeichen für eine bislang gelungene Integration. Liechtenstein wird offenbar als ein Land gesehen, in dem Ausländer eine Chance bekommen, ihr Kön­ nen anzuwenden, ihre Fähigkeiten und ihr kreatives Potential zu ver­ wirklichen. Gibt es überhaupt Intcgrations- Probleme in Liechtenstein? Integration ist sicher ein Problem für Ausländerinnen und Ausländer, die schon seit langem hier wohnen, aber die deutsche Sprache nicht be­ herrschen und Gefahr laufen, Aussenseiter zu bleiben. Dies be­ trifft allerdings nur einen kleinen Teil, da die meisten Ausländer aus unseren gleichsprachigen 
Nachbar- Konfliktprävention für unser Land Staaten 
kommen und somit keine Sprach- oder Kulturbarriere zu überwinden haben. Wir befinden uns im internationalen Vergleich in einer durchaus vorteilhaften Lage. Ich sehe dennoch eine systemati­ schere Integration der ausländi­ schen Bevölkerung als notwendige Konfliktprävention für unser Land an. Ein gutes Angebot fördert zu­ dem auch die Integrationsbereit­ schaft, ohne die erfolgreiche Inte­ gration nicht möglich ist. Die Re­ gierung möchte daher den gesell­ schaftlichen und politischen Dialog und Austausch über Integration zwischen Inländern und Auslän­ dern fördern. Was ist das Ziel der Integrations­ politik der Regierung? Die Ausgestaltung von Integra­ tion sehe ich als eine der Zukunfts­ aufgaben unseres Landes. Für viele Bürgerinnen und Bürger ist die An­ wesenheit und Chancengleichheit von Menschen mit anderem 
kultu­«Die 
Regierung mächte den gesellschaftlichen und politischen Dialog und Austausch über Integration zwischen Inländern und Ausländern fördern»: Regierungschef Otmar Hasler. rellen Hintergrund längst selbstver­ ständlich geworden. Neben der In­ tegralionsbereitschaft der liechten­ steinischen Bevölkerung, die sich in vielfachen Initiativen und auch in den Vereinen zeigt, müssen aber auch die Ausländerinnen und Aus­ länder selbst bereit sein, Integra­ tionsangebote anzunehmen und ih­ re Integration aktiv zu unterstützen. Integration ist kein müheloser 
Pro- Gesamtgesellschaft- liclier Prozess zess. Er verlangt Anstrengungen sowohl von den Einheimischen als auch von den Zugewanderten und ihren Familienangehörigen. Dabei begreifen wir Integration als einen gesamtgesellschaftlichen Prozess, an dem sich Politik, Wirtschaft, Medien, Wissenschaft, Kirchen, Vereine und Verbände beteiligen müssen, bei dem der Staat aber die Rahmenbedingungen setzen kann. Ausländer, die sich dauerhaft und rechtmässig bei uns aufhalten, sol­ len sich möglichst weit am wirt­ schaftlichen und gesellschaftlichen Leben beteiligen können. Für ihre Integration in Staat, Gesellschaft, Arbeitsleben und Kultur sind ver­ lässliche Rahmenbedingungen ebenso notwendig wie ein breiter gesellschaftlicher Konsens über die Notwendigkeit zur Integration. Integration geschieht in Liech­ tenstein schon heute in vielen Be­ reichen. 
Wie stellt sich Liechten­ stein den Herausforderungen, Chancen und Aufgaben der Inte­ gration von Ausländern? Wir haben zum Beispiel unser Bildungssystem integrationstaug­ lich gemacht. Es gibt verschiedene Angebote zur Förderung von zuge­ zogenen Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Solide Sprachkenntnisse sind der Schlüs­ sel zu einer erfolgreichen Ausbil­ dung und zu guten Berufschancen. Im Bereich der Sprachförderung gibt es daher z.B. das Fach 
«Deutsch als Zweitsprache». Inte­ gration beschränkt sich aber nicht nur auf die Vermittlung von Sprachkenntnissen. Daher werden solche Ansätze begleitet von einer interkulturellen Biblio- und Medio- thek oder auch von 
Übersetzungen der wichtigsten schulischen Doku­ mente und Hinweise in die acht am häufigsten vertretenen Sprachen. Für die Durchführung von Eltern­ gesprächen mit Migranten kann die Hilfe eines Dolmetschers beim Schulamt angefordert werden. Mit solchen Hilfestellungen werden entscheidende Grundlagen für indi­ viduelle Bildungserfolge und damit für gesellschaftliche Integration ge­ legt. 
Ich bin generell überzeugt, dass Integration umso besser 
ge­ Bild ungssystem integrationstauglich gemacht iingt, je besser das Bildungsniveau und die soziale Situation der Aus­ länder ist. Bildung ist quasi ein In­ tegrationsmotor. Daher möchten wir die Gestaltung des interkultu­ rellen Dialogs auch in diesem Be­ reich verstärken. Im Bildungsbereich ist der Start- schuss für Integration also längst gefallen. Was macht die Politik noch, um Voraussetzungen für ei­ ne geglückte Integration zu schaffen? Politik und Gesellschaft dürfen nicht getrennt betrachtet werden. Verschiedene Ausländervereine en­ gagieren sich immer wieder im öf­ fentlichen Leben. Ein Verein für interkulturelle Bildung (ViB), der sich Bildungsförderung bei Er­ wachsenen mit einer interkulturel­ len Ausrichtung zum Ziel gesetzt hat, wurde gegründet. Eine Bro­ schüre mit dem Titel «Willkommen in Liechtenstein» wurde speziell für Neuzuziehende in mehreren Sprachen herausgegeben. Projekte, die von Menschen aus verschiede­nen 
Ländern gemeinsam mit Liech­ tensteinern durchgeführt werden, werden durch den Wettbewerb «Vielfalt 2002/03 - Interkulturelle Begegnungen» unterstützt. Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe mit Vertretern verschiedener Ämter hat im Auftrag der Regierung einen 
na- Vielfältige Massnahmen tionalen Aktionsplan gegen Ras­ sismus und Fremdenfeindlichkeit ausgearbeitet. Mit all diesen Mass­ nahmen leisten wir einen Beitrag zum positiven Zusammenleben und zur Erhaltung des Klimas der Of­ fenheit und Toleranz innerhalb der unterschiedlichen Kulturen in Liechtenstein. Worin sehen Sie persönlich die Bereicherung, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kul­ tur, Religion und IVadition fried­ lich miteinander in 
Liechtenstein leben? Nicht wenige Wirtschaftsbetriebe in Liechtenstein sind heute davon abhängig, dass sie Personen aus dem Ausland beschäftigen können, die über Knowhow verfügen, wel­ ches bei uns nicht verfügbar ist. Ausländer sind für mich aber nicht eine Wirtschaftsressource, sie stel­ len ein generelles Potential für 
un- Kein Luxusthema für rosige Zeiten sere Gesellschaft dar. Integration ist dabei in meinen Augen ein gegen­ seitiger Prozess, in welchem die be­ stehenden Verschiedenheiten als Chance und Bereicherung der Ge­ sellschaft erkannt werden. Integra­ tion ist kein Luxusthema für rosige Zeiten, sondern eine Bedingung für die Herstellung von 
Chancengleich­ heit sowie eine Voraussetzung für ein friedliches gesellschaftliches Zusammenleben in unserem Land.
	        

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