Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

FREITAG, 26. MÄRZ 2004 VOLKS I BLATT I 
LIECHTENSTEIN MUSEUM 
INTERVIEW MIT DIREKTOR JOHANN KRÄFTNER MUSENTEMPEL Barocke Erlebniswelt Die Fürstlichen Sammlungen setzen sich aus Kunstwerken zusammen, die für die Galerien sowie die Ausstattung der zahlrei­ chen Schlösser der Fürsten erworben wur­ den. Im Liechtenstein Museum soll diesem Umstand der Sammlungsgeschichte Rech­ nung getragen werden. Gartenpalais, Male­ rei, Skulptur und Kunsthandwerk werden zum klassischen Musentempcl. Farben des Barock Der historische Boden, die Decken mit ihrem Stuck und den Deckengemälden so­ wie die Wände, gestrichen in den kräftigen 
: Farben, wie sie auch zur Zeit der Fertigstel­ lung des Palais verwendet wurden, geben den Ton an. Die Bilder, viele noch in ihren originalen Rahmen oder den schweren Ga- Icrierahmen des 19. Jahrhunderts, die Mö­ bel und Kunstkammerschränke und vor al­ lem die Skulpturen werden den Räumen wieder jene Stimmung geben, die der Besu­ cher bis 1938 erleben konnte. Die Bibliothek als Tor in die Welt der Kunst Besondere Bedeutung kommt der Biblio­ thek des Hauses zu, die als geschlossenes historisches Ensemble die Stürme der letz­ ten hundert Jahre fast unbeschadet überleb­ te. 
Alle Skulpturen sind erhalten, an den Decken strahlen die Fresken Johann Mi­ chael Rottmayrs. Musik im Herkulessaal Musik, Lesungen, der Garten, und das gastronomische Konzept des vor dem Pa­ lais liegenden Restaurants machen die ba­ rocke Erlebniswelt des Liechtenstein Mu­ seums komplett; Konzerte in den Galerie­ räumen und im Herkulessaal werden Musik und bildende Kunst zu jenem Gesamtklang zusammenführen, wie er in den Palais des Barock und des 19. Jahrhunderts aller gros­ sen adeligen Familien Wiens zur Selbstver­ ständlichkeit zählte. 
t Perle des Wiener Kulturlebens Fürstliche Sammlungen rücken aristokratische Sammlungen ins Blickfeld Peter Paul Rubens, Mars und Rhea Silvia, um 1616/1617. Wcichcn Stellenwert hat das neue Museum für Wien? Einen sehr hohen. In histori­ schen Dimensionen gedacht, hat es in Wien immer zwei wichtige Sammlungskreise gegeben: die kaiserlichen und die fürstlichen Sammlungen. Aus den kaiserlichen Sammlun­ gen sind die österreichischen Bundesmuseen entstanden, die man auch kennt. Die fürst­ lichen, gräflichen und aris­ tokratischen Sammlungen hingegen sind im Laufe der Zeit komplett aus dem Blickfeld verschwunden. Diese Facette der Samm­ lungsgeschichte feiert mit den Fürstlichen Sammlun­ gen wieder einen Einzug in Wien. Wir haben «Private Art Collections» ins Leben gerufen, einen lockeren Zu- sammenschluss 
von Gale­ rien, der wieder ein Licht auf die aristokratischen Sammlungen in Wien wer­ fen wird. Die fürstlichen und gräflichen Sammlun­ gen haben Bedeutendes geleistet. Die Liechten­ stein-Sammlung war bereits seit Beginn des 18. Jahr­ hunderts teilweise, seit 1807 öffentlich zugänglich, was ganz wichtig war für das Kulturleben und die Entwicklungsgeschichte Wiens. Wie lässt sich das Liech­ tenstein Museum in die Museumslandschaft Euro­ pas einordnen? Die Fürstlichen Samm­ lungen sind die wichtigste Privatsammlung Europas. Das Fürstenhaus von Liechtenstein ist seit Karl I. der Familientradition treu geblieben, die Fürst­lichen 
Sammlungen auszubauen. Wie sammeln Sie jetzt weiter? Wir versuchen Lücken zu schliessen, die entstanden sind durch den Verkauf von Bildern in den ,50er-Jahren. Auf dem Kunst­ markt tauchen immer wieder Stücke auf, vor kurzem auch in Va­ duz. Jan van Huysums Blumenstill- leben, das wir jüngst erworben ha­ ben, gehörte schon einmal zu den 
Fürstlichen Sammlungen. Es war übrigens in der Stilllebenausstel­ lung zur Eröffnung des Landesmu- seums erstmals öffentlich zu sehen. Andererseits möchte ich die Sammlung internationaler machen. Wir haben wunderbare österreichi­ sche Porträts vom Beginn des 19. Jahrhunderts, aber keine internatio­ nalen Porträts aus der Zeit. Damit könnten "wir schlagartig 
beweisen, von welcher Qualität die Fürstlichen Sammlungen interna­ tional sind und damit die österrei­ chischen Maler. Amerling zum Bei­ spiel war in jener Zeit einer der wichtigsten Porträtisten in Europa, den ihm angemessenen internatio­ nalen Stellenwert-erhält er aber erst, wenn wir ihn mit dem neu ge­ kauften Francesco Hayez zusam­ men hängen. Im Vergleich mit die­ sem internationalen Maler • wird deutlich, wie gut Amerlings Bilder sind. Und auch unsere wertvolle Skulpturensamnilung versu­ chen wir 
abzurunden. Werden Sie auch die vor bald 50 Jahren verkauften Gemälde 
einmal ausstel­ len? Der berühmte Liechten­ stein-Leonardo hän^t in der National Gallery in Was­ hington D. C„ er ist der ein­ zige Leonardo da Vinci auf dem amerikanischen Konti­ nent. 
Solche Bilder lassen Galerie-Chefs nicht gerne reisen. Den Liechtenstein- Frans-Hals jedoch, der sich in den Bayerischen Staats­ gemäldesammlungen befin­ det, werden wir als Leihgabe zur Eröffnungsausstellung bis Ende Junr im Liechten­ stein Museum zeigen. Anthonis van Dyck, Bildnis Maria de Tassis, um 1630. 
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