Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2003)

SAMSTAG, 27. DEZEMBER 2003 
VOLKS BLATT 
INLAND WIRTSCHAFT: GWK, DETAIL­ HANDEL, INDUSTRIEZULIEFERER 
4 INDUSTRIEZULIEFERER Teil einer Kette TRIESEN - Mit Spitzenleistungen werden auch kleine Unternehmen von Liechten­ stein aus Marktführer, sagt Magnus Tu- or, Präsident der GWK-Sektion gewerbli­ che Industrie Liechtenstein. «Komella Pfalffa r Volksblatt: Herr T\ior, wie war das Jahr 2003 für die 144 Betriebe der Sektion ge­ werbliche Industrie? Magnus l\ior (Bild): Es gibt Unterneh­ men, die ein sehr schwieriges Jahr hinter sich haben. Aber es gibt auch solche, die Zuwäch­ se verzeichnen, teilweise mit zweistelligen Prozentzahlen. Unternehmen aus dem High­ tech-Bereich mit hoher Innovation oder mit hochwertigen Produkten konnten sich trotz Konjunkturflaute auf dem Markt besser be­ haupten. Mehr Schwierigkeiten bekundeten die Betriebe, die zu den klassischen Zuliefc­ rem gehören. In der zweiten Hälfte gab es je­ doch einige Aufwärtstendenzen. Was bedeuten die Autozulieferer für die liechtensteinische Wirtschaft? Jeder Automobilkonzem hat eine Menge von Zulieferern, was zum Teil recht grosse Unternehmen sein können. Und diese gros­ sen Zulieferunternehmen haben wieder ihre Unterlieferanten. In diese Prozesskette gehö­ ren zahlreiche unserer Unternehmen: vom Ingenieur-Büro bis zum Systemlieferanten, ebenso Unternehmen mit ganz spezifischer Fachkompetenz auf dem Gebiete der Logis­ tik, Robotik oder auf dem Sektor der Mess- und Prüftechnik. Eine Reihe von Klein- und Mittelunternehmen stellen ganz spezifische Maschinen- und Apparate-Teile her. Wie haben diese Unternehmen den Sprung unter die Marktführer geschafft? Mit Spitzenleistung ist es möglich, Markt- fiihrer von Liechtenstein aus zu werden. Wich­ tige Voraussetzungen dafür sind Innovation und Qualität. Das ist die Chance beispiels­ weise auch für unsere Produkte, weil wir den Nachweis der Qualität erbringen können. Wir stellen Messgeräte für Motoren, Getriebe und Fahrwerkteile her, für fast alle Autohersteller in Deutschland. Unser .Firma stellt aber auch eigene Produkte im Bereich der Messtechnik her, die wir weltweit vertreiben. Wie können KMU bei Forschung und Ent­ wicklung mithalten? Innovation und Fortschritt sind dringend notwendig. Innovation kann auch Prozessop­ timierung bedeuten, was jeder KMU-Betrieb selbst machen kann. Auch Massnahmen, die zur Steigerung der Produktivität beitragen, gehören zur Innovation. Auf der Seite der klassischen Innovation verhält es sich etwas anders. Meist fehlt es nicht an den guten Ideen, meist fehlt es an den Ressourcen, um eine Entwicklung voranzutreiben. Unter­ schätzt werden oft auch die Anstrengungen und Mittel für eine Markteinführung, die mindestens nochmals so hoch sind wie die Entwicklungskosten. Welche Perspektiven sehen Sie für 2004?- Es gibt Unternehmen, die einen Silberstrei­ fen am Horizont sehen, wenn sie die Entwick­ lung der letzten Monate betrachten. Wenn man diese Aufhellung hoch rechnet, dann kann man sicher mit einem leichten Auf­ schwung im kommenden Jahr rechnen. Aber die Aufwärtsentwicklung wird voraussichtlich langsam vor sich gehen. International stehen nicht alle Anzeichen günstig, wenn wir bei­ spielsweise an die USA oder Deutschland denken. Eines sollte man bei allen Einschät­ zungen nicht machen: Weder Zweckoptimismus noch Zweckpessimismus nützen etwas! 
Wendige Partnerschaft GWK: KMU stellen sich rechtzeitig auf Trends ein SCHAAN - Konkurrenz drückt auf Preise und Stimmung in den KMU - einerseits. Andererseits macht Wettbewerb findiger, schneller und besser. Was die Konsumenten freut, kommt den KMU teils zugute, sagt Arnold Matt, Präsident der Gewerbe- und Wirtschaftskammer. «Komella Pfeiffe r Volksblatt: Herr Matt, war die Stimmung im Gewerbe 2003 
in Liechtenstein schlechter als die Lage? Arnold Matt: Die Zeiten sind härter, doch kann es auch vom Ver­ lauf des Tagesgeschäft abhängen, wie die Stimmung ist. In der ersten Jahreshälfte hatte sich ja teilweise Existenzangst in Gewerbebetrieben. breitgemacht. Die Rückmeldungen von Unternehmen aus verschiede­ nen Sektionen sind zum Jahresende wieder eher positiv, die Auftragsbü­ cher tendenziell voller. Wenn die Aufschwungstimmung bis ins Frühjahr hält, wird auch die schlechtere Stimmung, die der La­ ge entsprach, wieder besser. Welche Branchen haben noch Probleme? Nehmen wir einmal den Detail­ handel, der als wichtigsten Baro­ meter die Weihnachtsstern-Aktion hat. Die Umsätze der Aktion lagen 2002 unter dem Vorjahresniveau. Das heisst, der Detailhandel hatte einen schlechten Start in das Jahr 2003 und konnte sich nicht wesent­ lich steigern. Vor allem mit der 
Arnold Matt, Präsident der Gewerbe- und Wirtschaftskammer. Preissituation zu kämpfen haben Bausektor, Bauhauptgewerbe und Ausbaugewerbe. Im Moment gibt es keine Anzeichen für eine Verbes­ serung. Die Unternehmer ringen um die Aufträge und damit nimmt der Preiskampf seinen Lauf. Das ist eine der schlimmsten Entwicklun­ gen, denn langfristig lässt sich die­ ses nach unten getriebene Preisni­ veau nicht halten. Konkurrenz belebt das Geschäft oder Konkurrenz drückt die Preise, was meinen Sie? Die tiefen Preise sind einerseits der gordische Knoten für die Stim­ mung. Andererseits muss man sich vorstellen, was ohne Konkurrenz passieren würde: Ohne Wettbewerb würden Unternehmen nicht versu­ chen zu rationalisieren oder Ideen 
zu entwickeln, um schneller und besser als die Mitbewerber zu sein. Liechtensteins Wirtschaft wäre noch nicht so leistungsfähig. Wie unterstützt das neue Image der Gewerbe- und Wirtschafts­ kammer (GWK) ihre 3700 Mit­ glieder? Unser Leistungsauftrag seit 2001 lautet, die GWK neu zu positionie­ ren, die Entscheidungsfindung zu beschleunigen und flexibler zu ma­ chen, die Kommunikation inner­ halb der 30 Sektionen fördern. Da­ zu haben wir nicht nur ein neues Logo, sondern auch die schlankere Struktur mit nur sieben Sparten ge­ schaffen. Damit entsteht eine Dis­ kussion über die Branchen hinweg und öffnet das Meinungsspektrum. Als Nächstes will die Gcwcrbe-und 
Wirtschaftskammer mit einem Service-Center ihre Dienstleistun­ gen ausbauen, mit marktgerechten Lösungen zugeschnitten auf die Bedürfnisse aller Mitglieder. Und weil Erfolg nichts mehr mit Zufall zu tun hat, wird das Berufliche Weiterbildungsinstitut der GWK sein Angebot ausbauen. Zugleich hält die GWK Kontakte zu interna­ tionalen Wirtschafts- und Gewerbe­ organisationen, um die Mitglieder rechtzeitig auf Trends vorzuberei­ ten. Was bringt der neue Lehrgang KMU Management an der Faeh- hochschule Liechtenstein? Der Lehrgang KMU Manage­ ment ist eine interessante Perspek­ tive und eine gelungene Partner­ schaft zwischen GWK und Fach­ hochschule. Das erste gemeinsame Produkt richtet sich als Weiterbil­ dung an Praktiker und öffnet zu­ gleich den Weg für das Nachdip- lomstudium Wirtschaftsingenieur an der Fachhochschule Liechten­ stein. Was plant die GWK für 2004 an Aktivitäten? Im Frühjahr 2004 und im Herbst wird der Kurs über 2008 hinaus festgelegt. Im September findet ei­ ne erweiterte Berufsschau für junge Menschen statt und bei der Lihga, wo Industrie, Handel und Gewerbe aus der Region vertreten sind, will die GWK die liechtensteinischen Betriebe fördern. Geplant ist auch, den Innovationspreis wieder zu verleihen. Man kennt sich Detailhandel: Einkaufsland startet gezielte Qualitätsoffensive SCHAAN - Nur ein Kleinstaat kann Einkaufsland sein. Auf kur­ zen Wegen bieten Fachgeschäfte in Liechtenstein Qualität und Service. Doch die Kunden geben ihr Geld vorsichtig auswanderen fehlt die Zeit zum Einkaufen, meint Herbert Steffen, Präsident der GWK-Sektion Handel. * Komella Pfeiffe r Volksblatt: Auf das «Einkaufs­ land Liechtenstein» machten 2002 
bunte, witzige Figuren so­ wie elegante, rote EinkaufstUten aufmerksam. Wie war die Reak­ tion? Herbert Steffen: Die EL's sind sehr gut angekommen. Die GWK- Sektion Handel wollte mit dem Einkaufsland Liechtenstein dem Handel ein Gesicht geben. Ein gan­ zes 
Einkaufsland mit so kurzen Wegen und mit einer so hohen Dichte an Fachgeschäften kann nur unser Kleinstaat bieten. Eine Marktstudie von 2001 besagt, dass die Kunden ein grosses Angebot auf kleinem Raum wollen, wozu auch ein Einkaufszentrum gehört. Die Marktstudie besagt auch, dass die Kunden die Nähe und das Gefühl «Man kennt mich» schät­ zen. Gleichzeitig sind die Kunden heute auch mobiler und fahren zum anonymeren Einkaufen nach Zü­ rich, Vorarlberg oder München. Umgekehrt sind wir auch angewie­ sen auf unsere Schweizer Stamm­ kunden. Wie erging es dem Detailhandel 2003? Die Umsätze aus der 
Weih-Herbert 
Steffen, Präsident der GWK-Sektion Handel: Kunden schätzen die Nähe und das Gefühl «Man kennt mich». nachtsstern-Aktion 2002 lagen un­ ter dem Niveau 2001. Mit dieser Startposition konnte sich der De­ tailhandel nicht steigern. Die Um­ sätze sind tendenziell leicht rük- kläufig. Im Augenblick sind die Konsumenten immer noch etwas zurückhaltend, so dass das Weihn­ achtsgeschäft eher harzig verlief. Natürlich gibt es Unterschiede. Spielwarengeschäfte beispiels­ weise verbuchen stabile Umsätze, zurückzuführen auf Harry-Potter- Bücher oder neue Spiele, die auf den Markt kommen. Geschenkarti­ kel werden besonders ausgesucht gekauft. Und die Elektronikbran­ che leidet generell unter einem Preiszerfall, da wird es einen Um- satzrückgang geben, teilweise so­ gar auf Kosten der Margen. 
Wie kann sich der Fachhandel in eine neue Position bringen? Wir müssen dem Kunden die Kompetenz der Dienstleistung ver­ kaufen. Finanzstarke Kunden ha­ ben meistens .keine Zeit zum Ein­ kaufen und der Handel muss zu diesem Kunden hingehen: ins Bü­ ro, nach Hause. Was planen die Detailgeschüfte für 2004? Das Einkaufsland Liechtenstein hat beschlossen, eine so genannte gezielte Qualitätsoffensive zu star­ ten. Wir wollen über Test-Einkäufe den Ist-Zustand in den Detailge­ schäften feststellen. Auf freiwilli­ ger Basis. Zwei Drittel der Kosten bezahlt das Einkaufsland Liechten­ stein. Die Ergebnisse der Test-Ein­käufe 
sieht nur das betreffende Ge­ schäft, um sich verbessern zu kön­ nen. • Das Gesamtergebnis wird analy­ siert und aufgrund dieser Erkennt­ nisse werden den Unternehmern der Sektion Handel gezielt Schu­ lungen angeboten. In Modulen. Damit kennen wir unsere Stärken und Schwächen und können neue Ansätze suchen. Zudem wird 2004 die Marktbefragung neu durchge­ führt, um zu sehen, ob und was die Initiative Einkaufsland Liechten­ stein bewirkt hat. Wenn wir fest­ stellen, dass wir die Umsätze hal­ ten konnten, haljen wir Marktan­ teile dazu gewonnen. Für die Zu­ kunft wichtig ist auch Trends zu kennen, bevor der Kunde danach verlangt.
	        

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