MITTWOCH, 17. DEZEMBER 2003
VOLKS I | IVII
A IVin AUSSENPOLITIK UND BLATT I I IM LMIML/ WIRTSCHAFTSPOLITIK
5 Mit Vorsitz neue Akzente gesetzt Aussenminister Ernst Walch zieht Bilanz des zu Ende gegangenen liechtensteinischen EFTA-Vorsitzes GENF - Liechtenstein hat im 2. Halbjahr dieses Jahres den EFTA- Vorsitz inne, mit dem gestrigen EFTA-Herbstministertreffen ging dieser quasi zu Ende. Liechten steins Aussenminister Ernst Waich zieht Bilanz. • Marlin Frommel t . Volksblatt: Herr Aussenminister, welche Bilanz ziehen Sie zum Liechtensteiner EFTA-Vorsitz? Ernst Walch: Ich glaube sagen zu dürfen, dass Liechtenstein gute Arbeit geleistet hat und dass von einer erfolg reichen Vorsitzperiode gesprochen werden darf. Ich möchte der
Informa- ERFOLGREICHE VORSITZPERIODE tion halber noch hinzufügen, dass Liechtenstein in diesem 2. Halbjahr beide EFTA-Vorsitze innehatte, d. h. den EFTA-EWR-Vorsitz in Brüssel und den EFTA-Vorsitz in Genf. Aus nahmsweise wird Liechtenstein den EFTA-EWR-Vorsilz in Brüssel für weitere scchs Monate wahrnehmen. Der Vorsitz in Genf geht per 1. Janu ar an die Schweiz Uber. Was können Sie uns konkret zu dem in dieser Woche zu Ende ge henden EFTA-Vorsitz in Genf sa gen? Schwerpunkt der Tätigkeit am Hauptsitz der EFTA in Genf sind die EFTA-Drittlandbeziehungen. Diese haben in den letzten Jahren, mit dem Abschluss zahlreicher
Freihandelsab- MARKTZUGANGS- C.HANCEN SICHERSTELLEN kommen eine neue Dynamik erfah ren. Der Abschluss von bilateralen oder regionalen EFTA-Freihandels- abkommen hat zum Ziel, für die Wirt schaftsaktcure in den EFTA-Staaten die gleichen Marktzugangschancen sicherzustellen, wie sie die Konkur renten aus anderen Wirtschaftsblöck en haben. Die Tätigkeiten und Prio- ritiiten der EFTA im Drittlandbereich werden deshalb wesentlich durch ent sprechende bilaterale Aktivitäten der EU beeinflusst, aber auch durch die USA und andere. Ein wesentliches Kriterium stellen auch die
Fortschrit- LIBERALISIERUNGS- VERHANDLUNGEN te, oder die Nicht-Fortschritte, bei den multilateralen Liberalisierungs verhandlungen im Rahmen der Welt handelsorganisation WTO dar. Der liechtensteinische EFTA-Vorsitz ist diesbezüglich in eine äusserst interes sante Periode gefallen. ANZEIGE Über 600 Partner-Ringe zur Auswahl Gassner Goldschmieds AG . • * Lettstrasse 5 • FL-9490 Vaduz Telefon 00423 / 232 38 45
Was meinen Sie mit «eine äusserst interessante Periode»? Im vergangenen September fand in Cancun/Mexiko eine entscheidende WTO-Ministerkonferenz statt, an welcher ich auch teilgenommen habe, nicht nur in meiner Funktion als liechtensteinischer Aussenminister, sondern auch in derjenigen des EF- TA-Ministerratsvorsitzenden. Ich ha be mich gefreut, dass die EFTA-Staa ten an einem WTO-Ministertreffen erstmals weitgehend als Gruppe auf getreten sind und im schwierigen Dossier der Landwirtschaft eine be achtete, einheitliche Position vertre ten haben. Letzterer haben sich unter der Führung des schweizerischen Bundesrates Joseph Deiss auch Mini ster anderer, wichtiger Staaten wie Ja pan, Korea, Taiwan, Israel und andere angeschlossen. Unsere Gruppe erfuhr entsprechendes Medieninteresse, Inwiefern waren Sie in Cancun als EFTA-Ministerratsvorsitzender aktiv? Erstens war es mir ein echtes Anlie gen, dass die EFTA-Staaten in Can cun möglichst geschlossen auftraten und in entscheidenden Fragen eine gemeinsame Position vertraten. Ich habe deshalb gleich für den ersten Tag ein Mini-EFTA-Ministertreffen organisiert. Zweitens wollte ich in meiner Funktion als EFTA-Minister ratsvorsitzender die Anwesenheit von praktisch allen für den Aussenhandel zuständigen Ministem der Welt nut zen, um eine Reihe von bilateralen Gespräche zu führen. Dies vor allem WTO-KONTAKTE GENUTZT mit Staaten, mit welchen die EFTA Freihandelsverhandlungen führen oder solche aufzunehmen gedenken. Meine entsprechenden Initiativen und Gesprächsinhalte habe ich
vorgängig mit meinen EFTA-Ministerkollegen abgestimmt. Bei verschiedenen Tref fen ging es darum, für die laufenden Freihandelsverhandlungen , politi schen Druck zu erzeugen. Waren Sie dabei erfolgreich? Mindestens zum Teil. Wir konnten bei Freihandelsverhandlungen oder bei neuen Kontakten auf die Gesprä che der Minister in Cancun verweisen und dort anknüpfen. Beispielsweise habe ich dort erstmals mit dem
ameri- USA OFFEN FÜR WEITERE KONTAKTE kanischen Handelsminister gespro chen, mit welchem ich kürzlich in Washington als EFTA-Ministerrats vorsitzender ein längeres Gespräch führen konnte. Mit solchen Persön lichkeiten einen Gesprächstermin zu bekommen ist praktisch schon ein Er folg. Zudem verlief das Gespräch recht erfolgreich. Die amerikanische Seite zeigte sich offen für weitere Kontakte mit der EFTA. Am gestrigen Ministertreffen haben wir die Angele genheit ausführlich diskutieren kön nen. Die EFTA-Staaten werden in den kommenden Wochen nun intern ab klären, in welcher Form und mit wel chem Ziel der mit den USA aufge nommene Faden weitergesponnen werden soll. Was hat Liechtenstein in den EF TA-Vorsitz eingebracht? Haben Sie fUr den liechtensteinischen Vorsitz ein Arbeitsprogramm er arbeitet oder vorgeschlagen?
«Liechtenstein hat gute Arbeit geleistet und darf von einer erfolgreichen Vor sitzperiode sprechen»: Aussenminister Ernst Walch (rechts, In Genf Im Ge spräch mit EFTA-Generalsekretär William Rossler). • Wenn ja, konnten Sie es auch um setzen? Das jeweilige Vorsitzland erarbeitet effektiv ein Prioritäten- und Arbeits programm. Es ist dabei aber
selbst- WAS HAT DER EFTA- VORSITZ GEBRACHT? verständlich nicht völlig frei, sondern hat sich an die Ministerbeschlüsse, die an Ministertreffen gefällt werden, zu halten. Die grösste Priorität haben wir dem Abschluss der seit längerer Zeit laufenden Freihandelsverhand lungen zugeordnet. Einerseits brau chen wir diese Abkommen und ande rerseits
können mit dem Abschluss neue Verhandlungskapazitäten freige macht werden. Weitere Prioritäten waren die Vorbereitungen für an schliessende Verhandlungen und die Weiterentwicklung gewisser beste hender Abkommen. Leider konnten die in Reichweite liegenden Ab schlüsse neuer Abkommen
mitÄgyp- FREIHANDELS- VERHANDLUNGEN ten, Libanon und Tunesien nicht rea lisiert werden. Dies dürfte nun in den kommenden Monaten der Fall sein. Die anderen Zielsetzungen haben wir umsetzen können. Auch interne EF- TA-Fragen. Insgesamt kann sicher von einer erfolgreichen Vorsitzperio de gesprochen werden. Ein bisschen stolz bin ich auch wegen einigen zu sätzlichen Initiativen, die ich vorge schlagen habe und auch umsetzen konnte. Was waren das für Initiativen? Beispielsweise hat mich der Miss erfolg der WTO-Ministerkonferenz in
Cancun und anschliessende Äusse rungen der Handelsverantwortlichen wichtiger Staaten oder Handelsblö cke dazu bewogen, eine eingehende Diskussion unter den EFTA-Minis- tern über mögliche Konsequenzen auf die EFTA-Driltlandpolitik anzu regen. Das.entsprechende, umfassen de Grundlagenpapier ist nun anläss lich des gestrigen Ministertreffens diskutiert worden.' Ich habe auch Vor schläge für Änderungen im Ablauf der Ministertreffen eingebracht. Die Minister werden in Zukunft einen in formelleren Teil des Treffens jeweils für längerfristige Politik- lind
Strate- NEUE INITIATIVEN UMGESETZT giediskussionen verwenden. Warum hat Liechtenstein gerade dem Abschluss der erwähnten Frei handelsabkommen mit Ägypten, Tunesien oder dem Libanon erste Priorität gegeben: Geht es dabei um konkrete Wirtschaftsinteressen oder steckt dahinter auch eine län gerfristige Strategie? Beides. Die angesprochen Länder sind für die EFTA-Staaten interessan te Wirtschaftspartner. Der Abschluss von Freihandelsabkommen mit die sen Staaten basiert aber zusätzlich auf einer EU-bedingten längerfristigen Strategie. Lassen Sie mich hier etwas INTERESSANTE WIRT- SCHAFTSPARTNER weiter ausholen. In der Vergangenheit haben die EFTA-Staaten versucht, möglichst parallel zur EU, wo die Hauptkonkurrenten gesehen wurden und werden, Abkommen abzuschlies- sen. Dies gilt auch für die erwähnten
' Länder. Die bisher einzige Ausnahme bildet das EFTA-Abkommen mit Sin gapur. Es kommt nun aber hinzu, dass gemäss Plan der EU bis im Jahr 2010 alle aii das Mittelmeer angrenzenden Länder an das europäische Kumula tionssystem angeschlossen werden sollen, welchem heute alle westeuro päischen Staaten sowie Israel und die Türkei angehören. Bis im Jahr 2010 soll es nach dem Willen der EU also eine einheitliche grosse Euro-medi- terräne Freihandelszone geben, was voraussetzt, dass alle Staaten oder Staatengrupperi durch Freihandelsab kommen verbunden sind. Die EFTA- Staaten handein deshalb, um die Interessen ihrer Wirtschaftsakteure zu schützen, mit allen diesen Staaten ebenfalls bilaterale
Freihandelsab- DIE INTERESSEN DER WLRTSCHAFTSAKTEU- RE SCHÜTZEN kommen aus. Aber damit sind die diesbezüglichen Ziele der EFTA- Staaten noch nicht umfassend um schrieben. Wo wollen die EFTA-Staaten dann noch aktiv werden? • Die EU hat auch anderen Staaten die Integration in die Euro-mediterra- ne Freihandelszone vorgeschlagen, konkret allen Staaten im westlichen Balkan, die langfristig eine EU-Bei trittsperspektive haben, wie Kroatien, Mazedonien oder Albanien, oder den östlich an die EU angrenzenden Staa ten, die an sich keine EU-Beitrittsper spektive haben, wie die Ukraine, Moldawien oder Weissrussland. Auch mit diesen Staaten werden
Iängerfris- WLRTSCIIAFTSINTE- RESSEN IN OSTEUROPA UND ASIEN tig Freihandelsabkommen abgeschlos sen werden müssen. Die EFTA-Staa ten möchten aber auch eigene Wege gehen, gänzlich unabhängig von der EU. Dort nämlich, wo die Wirtschafts interessen der EFTA-Staaten dies ver langen. Im Wesentlichen ist dies der Fall in Asien. Nicht nur kennt Asien ei ne ungeheuere wirtschaftliche Ent wicklung, die asiatischen Staaten ha ben auch begonnen bilaterale Freihan delsabkommen
abzuschliessen und den Wirtschaftraum langfristig zu inte grieren.
Dieser Entwicklung wollen wir Rechnung tragen. Beispielsweise hoffen wir bereits im kommenden Frühjahr mit Südkorea Verhandlungen aufnehmen zu können. TURNER APERO FEDERER AUCENOPTlk AU-PARK • Fl-9495 TRIESEN TEL. +423/399 30 40 www.federer-augenoptlk.ch LAIM OLE AKTIV!