Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2003)

DONNERSTAG, 11. DEZEMBER 2003 VOLKSTC I I BC/M/V BLOCHER IM BUNDESRAT BLATT I CUilC^iIM STIMMEN ZUR BUNDESRATSWAHL 
25 «WAHL-STIMMEN» Rita Kieber-Beck, Justizministerin: Die Wahl ist ein demokratischer Entscheid. Jetzt verfolge ich mit grossem Interesse, wie die Departements im Bundesrat verteilt werden. Die zukünftige Konkordanz hängt stark vom Verhalten 
der einzelnen Regie­ rungsmitglieder ab. Persönlich bedaure ich die «Abwahl» der Justizministerin. Ruth Metzler. Ernst Walch, Aussenminister: Liechtenstein pflegt sehr enge Beziehungen zur Schweiz; Diese freundschaft­ lichen Kontakte sollen genau so weiter geführt werden wie bis anhin, dies ohne Vorbehalte und egal wie der Bundesrat personell besetzt ist, Überhaupt entscheidet die Schweiz, wer im Bundesrat Einsitz nimmt und nicht Liechtenstein. Marcus Vogt, FBP-Parteisekretär: Positiv finde ich, dass man dem Wähler­ willen, dem Volkswillen Rechnung getragen hat und nun die SVP mit zwei Sitzen im Bundesrat vertreten ist. Schade ist, vor allem flir sie persönlich, dass Ruth Metzler nicht mehr gewählt wurde. Bedenklich ist auch, dass, wenn es bei Wahlen hart auf hart geht, immer wieder die Frauen den Kürzeren zie­ hen. Alles in allem bedeutet das Wahlergeb­ nis einen deutlichen RechtsrRutsch, dessen Folgen für die politische Entwicklung in der Schweiz sich noch weisen müssen und ein sicherlich schlechtes Ergebnis für die Frau­ en. Die Konkordanz ist so gesehen nur noch ein schönes Wort und nichts anderes mehr. Die jetzige Situation könnte sich eher Rich­ tung Konkurrenz-System entwickeln. Über­ haupt, das Wort Konkordanz wird meiner Ansicht nach immer häufiger überstrapa­ ziert. I. D. Prinz Stefan, Botschafter Liechtensteins in Bern: Aus der Sicht der Botschaft ist das ganze Wahlprozedere sehr zügig abgelaufen, gera­ de auch in der Frage der Wiederwahl von Bundesrätin Ruth Metzler, darf von einem klaren Entscheid gesprochen werden. Auch bei der Ersatzwahl für Bundesrat Villiger ging so gesehen alles recht schnell. Das His­ torische an der Wahl ist, dass erstmals seit 131 Jahren ein Regierungsmitglied nicht wiedergewählt wurde. Wahrscheinlich wird nun die Linie des Bundesrates in vielen Fra­ gen etwas pointierter ausfallen. In der Schweiz wartet man jetzt recht gespannt, was passieren wird. Ein Grossteil der Schweizer. Bevölkerung bezeichnet die jetzige Konstel­ lation wohl als eine Form der Konkordanz. Die Wahl durch das Parlament war doch recht eindeutig. Auf jeden Fall ein histori­ scher Tag für die Schweiz. Ingrid Hassler-Gerner, VU- Landtagsabgeordnete: Ein Tag der verpassten Chancen. Bundesrat Hansrudi Merz, die ich persönlich gut kenne und der 
auch unser Land gut kennt, sagte, dass er als Erster den Frauen als Ansprech­ partner zur Verfügung stehe. Das ist gut ge­ meint, aber eben nicht das Gleiche. Frauen wollen nicht nur angehört werden. Sie wol­ len und sollen mitentscheiden und mitverant­ worten. Eine Frau wie Ruth Metzler hat dies bewiesen, 
ihre 14 Volksabstimmungen hat sie alle gewonnen. Und gerade Christine Beerli- hätte eine Wahl aufgrund ihrer Kom­ petenz und Weitsicht verdient, als Vertreterin der 
modernen Bürgerlichkeit. Auf die Mit­ wirkung von Bundesrat Christoph Biocher in der Schweizer Regierung kann ich heute hur sagen, ich bin gespannt und muss mich über-, raschen lassen. • . • • 
Rechtsbürgerlicher Vormarsch im Bundesrat - Merz folgt auf Villiger BERN - Im Bundesrat sind die rechtsbürgerlichen Kräfte am Mittwoch gestärkt worden. Die Vereinigte Bundesversammlung wählte, mit Christoph Blocher (SVP) und Hans-Rudolf Merz (FDP) zwei neue Mitglieder in die Landesregierung; Ruth Metzler-Arnold (CVP). wurde nicht bestätigt Die Zauberfor­ mel wurde nach 44 Jahren ge­ sprengt. Justizministerin Metzler-Arnold, die noch vor rund viereinhalb Jah­ ren als Hoffnungsträgerin der jun­ gen Generation in den Bundesrat gewählt worden war, scheiterte in einem spannenden Showdown am SVP-Urgestein Christoph Blocher. Der 63-jährige.Zürcher Unterneh­ mer, der explizit Anspruch auf ei­ nen der zwei CVP-Sitze erhoben hatte, kippte seine Kontrahentin im dritten Wahlgang mit 121 gegen 116 Stimmen aus der Landesregie­ rung. In der ersteh Runde hatten Blocher und Metzler-Arnold in ei­ ner Pattsituation noch je 116 Stirn- ' men erzielt, danach neigte sich die Waagschale zu Gunsten des 
ge-SVP-Urgesteln 
Christoph Blocher setzte sich in einem spannenden Showdown gegen Ruth Metzlar durch. des Bundesstaats ein Mitglied der Landesregierung nicht bestätigt. Die seit 1959 gültige. Zaubprfor- schlossener auftretenden rechtsbür-, mel, nach welcher sich der Bundes- gerlichen Lagers. Mit der Nicht-Wiederwahl der 39-jährigen Justizministerin wurde erst zum dritten Mal seit Bestehen 
rat. bisher aus je zwei Mitgliedern von SP, FDP und CVP sowie einem SVP-Vertreter zusammensetzte, wurde mit dem Einzug von'Blocher Verdienter Kuss von Ehefrau Silvia für Neu-Biindesrat Christoph Blocher. 
! nach 44 Jahren gesprengt. Die SVP besetzt nun erstmals in ihrer Ge­ schichte zwei Sitze, die Christde­ mokraten müssen nach ihrer Niederlage bei den Parjamentswah- len vom 19.. Oktober nun auch ei­ nes -ihrer bisher zwei Regiemngs- mandate aufgeben und sich.so der «arithmetischen Konkordanz» unterordnen. Ihre Mitte-Strategie innerhalb einer «politischen Kon­ kordanz» wurde nicht honoriert. " Überraschend schnell ging auch die Ausmarchung um die Nachfol­ ge 
von Finanzminister Kaspar Villi­ ger aus. Der 61-jährige Ausserrho- der Ständerat Merz, der innerhalb der Freisinnigen ebenfalls dem rechtsbüigerlichen Lager zugeord­ net wird, schaffte die Wahl mit 127 Stimmen bereits'im zweiten Wahl- gang und liess damit die Berner alt Ständerätin Christine Beerli um 31 Stimmen hinter sich. Für die rest­ lichen fünf Mitglieder des Bundes­ rats verlief der Wahltag ohne grös­ sere Probleme. Die nunmehr einzi­ ge Frau" in der Landesregierung, Micheline Calmy-Rey (SP), kam auf 206 Stimmen, ihr Parteikollege 
Moritz Leuenberger erzielte mit 211 Stimmen gar das beste Ergeb­ nis einer Bestätigungswahl'seit 24, Jahren. Pascal Couchepin kam auf 178 Stimmen, Samuel Schmid er­ hielt 167 Stimmen, und Joseph Deiss, der Ruth Metzler-Arnold im kommenden Jahr als Bundespräsi­ dent «beerbt», erzielte 138 Stim­ men. Über die Verteilung der De­ partemente will der Bundesrat am kommenden Sonntag entscheiden.' In den Dienst der Schweiz^ Nach ihrer Wahl versprachen bei­ de neuen Bundesräte, sich in den Dienst an der Schweiz zu stellen. Christoph Blocher, der bereits am heutigen Donnerstag über die Zu­ kunft der von ihm beherrschten Ems-Gruppe informieren will, zeigte sich erfreut Über das Wahler­ gebnis. Es sei an der Zeit, dass sich der Wählerwille nun auch im Bundesrat spiegle. Hans-Rudolf Meiz äusserte sein Bedauern- über die Abwahl von Metzler-Arnold. Er wolle jedoch beweisen, dass er als Liberaler ein offener Gesprächs­ partner sei. «Ein schwarzer lag für Frauen und Junge» Ruth Metzler trug ihre schmerzliche Abwahl aus {dem Bundesrat mit Fassung s> 
BERN - Bundesrätin Ruth Metz-, ler-Arnold hat ihre schmerzliche Abwahl mit Fassung getragen. Sie sprach aber von einem schwarzen Tag für die Frauen und die jüngeren Generationen. Ihre knapp fünfjährige Tätigkeit im Bundesrat bewertete die Justizministerin positiv. Die Zur kunft Hess sie offen. Eigentlich sei sie in ihrer ganzen politischen Karriere immer etwas zu früh dran gewesen, sagte die jüngste Bundesrätin nach der, Ab­ wahl am Mittwoch vor den Medien. Nun komme leider auch das Aus­ scheiden aus der Regierung zu früh. Metzler-Arnold bedauerte die •Abwahl, sie wäre sehr gerne länger geblieben. «Ich kann den demokra­ tischen Entscheid akzeptieren, auch wenn er schmerzt», sagte sie. Sie sei sich der Unterstützung vieler Freunde bewusst und wahrschein­ lich haderten in der Schweiz viele Menschen mit dem Entscheid. Metzler-Arnold sprach insbeson­ dere von einem; schwarzen Tag für die Frauen und die jüngeren Gene­ rationen. Gerne hätte sie einer Re- V". 
gierung mit drei Frauen angehört. Dass es jetzt nur noch eine Bundes­ rätin gebe, das tue ihr weh. Sie hät­ te' auch eine Wahl im vierten Wahl­ gang gegen den Parteikolle'gen Jo­ seph Deiss angehommen. Der Ent­ scheid, für den freien FDP-Sitz nicht mehr anzutreten, sei ihr freier 
Wille gewesen. Metzler-Arnold sah in ihrer Abwahl eine Folge des Wahlresul.tats vom vergangenen 19. Oktober und weniger eine persönli­ che Beurteilung ihrer Amtszeit. . Zu dieser Amtszeit zog sie eine : positive Bilanz. Besonders stolz sei sie 
darauf, von 14 
Abstimmungs- Das abrupte Ende einer Bundesrats-Karriere: Ruth Metzler-Arnold bedau­ erte die Abwahl, sie wäre sehr gerne länger geblieben. 
vorlagen keine,einzige verloren zu haben. Als. Eckpfeiler ihres Wir-, kens bezeichnete sie die Bewälti­ gung der Kosovo-Krise 1999, als es darum gegangen sei, bedrohte Menschen aufzunehmen, ihnen dann aber auch wieder eine würdi­ ge Rückkehr zu ermöglichen. Ein ! besonderes Anliegen sei ihr auch die erleichterte Einbürgerung für junge Ausländer gewesen, wo sie auf ein Ja des Volkes zu ihrer Re­ form hofft. Weiter erwähnte Metz­ ler-Arnold das Ausländer- und das Asylgesetz, wo sie im Sinnender nwürde, aber auch mit ei­ ner gewisSeByHärte Reformen ein­ geleitet habe. Obwohl stets als Asyl- und Polizeiministerin waluv genommen, habe sie auch gesell­ schaftspolitische Anliegen voran­ getrieben, so etwa die registrierte Partnerschaft für. Homosexuelle oder die Fristenregelung. «Ich wür­ de es wieder so machen», bilanzier­ te die Abgewählte. 'Zukunftspläne hat Metzler-Ar­ nold noch keine. Alles sei offen und nichts ausgeschlossen, sagte sie. • Von einem Vferbleib in der Politik geht sie allerdings nicht aus., x;
	        

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