DONNERSTAG, 11. DEZEMBER 2003 VOLKS I
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O Zivilrechtliche Streitigkeiten sollen künftig kooperativ und kostengünstiger bereinigt werden können VADUZ - Die Regierung hat einen Vernehmlassungsbericht zur ge planten Einführung der Mediation in Zivilrechtssachen verabschie det Wir unterhielten uns mit Jus tizministerin Rita Kieber-Beck Ober die Perspektiven, welche sich durch das für Liechtenstein neue Instrument der alternativen Streitbeilegung ergeben. «Peter Wndl e • ' - ' Volksblatt: Frau Regierungschef- Steil
Vertreterin, die Regierung hat einen Vernehmlassungsbericht zur Schaffung eines Gesetzes Uber die Mediation in Zivilrechtssachen ver abschiedet. Was versteht man deiin unter «Mediation in Zivilrechtssa chen»? "Rita Kieber-Beck: Mediation ist ein Instrument der alternativen Streit beilegung, das in den letzten Jahren in Europa zunehmend an Bedeutung ge wonnen hat. Im Wesentlichen handelt es sich bei dec Mediation um ein Ver fahren, in dessen Rahmen eine neutra le dritte Person, der Mediator, die Par teien mit dem Ziel unterstützt, ihren Streit durch Verhandlungen beizule gen. Die Freiwilligkeit der Parteien wird dabei allgemein als Vorausset zung für eine echte Mediation angese hen. Die Rolle des Mediators, der kein Richter oder Schiedsrichter ist, be steht darin, die Parteien bei der Identi fikation ihrer Streitpositionen, der .Entwicklung gemeinsamer und unter schiedlicher Interessen und der Unter suchung und Bewertung von Lösungs alternativen
zu unterstützen. Verein facht lässt sich • die Verhandlungsme- thofle mit dem Prinzip «Kooperation statt Konfrontation» kennzeichnen. An Stelle des Denkens in Positionen sucht man gemeinsam nach Lösun gen. Angestrebt wird eine Verhand- . lung, aus der beide Parteien am Ende als Gewinner hervorgehen. Von Mediation in Zivilrechtssachen spricht man dann, wenn die Mediation eine Lösung von Konflikten bezweckt, zu deren Entscheidung die ordent lichen Zivilgerichte zuständig sind. Mediation kann stattfinden, wenn ein Verfahren bereits bei Gericht anhängig ist, aber auch bevor dieses Stadium er reicht ist. Was war der Anlass zur
AusarbeiJustizminlsterln
Rita Kieber-Beck: «Die Interessen der Parteien werden in umfassender Welse berücksichtigt» tung einer Vorlage zur gesetzlichen Regelung der Mediation in Zivil- rechtssachcn? Im Dezember-Landtag 1998 wurde von zahlreichen Landtagsabgeordne ten eine Motion Uber die Einführung des Institutes der Mediation im Be reich des Ehe- und .Familienrechtes eingebracht. Den Motionären ging es im Wesentlichen um die Einführung einer Pflichtmediation im Scheidungs verfahren, sofern Kinder unter einem bestimmten Alter betroffen sind, so- .wie um eine allfällige Übernahme der <, durch die 'Mediation entstandenen ' Kosten seitens des Staates. Diese Mo-- tion war Anlass für die Regierung, die Ausarbeitung eines Entwurfes für ein Gesetz über die .Mediation in Zivils rechtssachen in ihr Aufgabenheft auf zunehmen. Es bot sich an, die Ergeb nisse der Arbeiten des österreichi schen Gesetzgebers zur Schaffung ei nes umfassenden und europaweit ein zigartigen Gesetzes über die Media tion in Zivilrechtssachen zu beobach ten und eine liechtensteinische Rege lung mit der österreichischen abzu stimmen. Welches sind die Schwerpunkte der Vorlage? Der Gesetzesentwurf geht in seinem Anwendungsbereich über das Anliegen
der Motionäre hinaus, welche'die Einführung der Mediation lediglich für das gerichtliche Scheidungs- und Trennungsverfahren anregten. Für ei-' ne umfassende Regelung der Media tion in sämtlichen Zivilrechtssachen hat sich die Regierung deshalb ent schieden, weil die Vorzüge der Media tion in weiten Bereichen des Zivil rechts grossen Nutzen erwarten las sen. Hinsichtlich der durch die Motio näre angeregten allfälligen Kostentra gung durch den Staat gestaltet sich die Vorlage'aber restriktiv. Die Regierung ' spricht sich hier — nicht, zuletzt auf grund aktueller Bestrebungen zur Ein dämmung der Staatsausgaben - zum gegenwärtigen Zeitpunkt gegen eine Kostenübernahme durch den Staat aus. - Weitere Schwerpunkte der Vorlage bilden die Regelung des Verfahrens und der Voraussetzungen Uber die Ein tragung in die von der Regierung ge führte Liste der Mediatoren sowie je ne Regelungen, welche die Akzeptanz und Funktionsfähigkeit der Mediation, durch zivil- und zivilverfahrensrecht liche Bestimmungen fördern sollen. Anzuführen ist hier die Regelung der Verschwiegenheitspflicht des Media tors samt den sich daraus, ergebenden Konsequenzen im zivil verfahrens rechtlichen und strafprozessualen Beweisrecht
sowie die Normierung der Hemmung der Verjährung und sonsti ger Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen während der Dauer des Mediationsverfahrens. Welche Vorteile sehen Sie in der Mediation, als Instrument der alter nativen Streitbeilegung? Für die Mediation ist charakteris tisch, dass sie nicht allein auf Vergan genheitsbewältigung beschränkt ist, sondern auchi gegenwarts- und zu kunftsorientiert ist Die Interessen der Parteien werden in umfassender Weise berücksichtigt. Dies ist nicht hur in der Familienmediation im Hinblick auf die Beziehung von Kindern zu ih ren Eltern nach deren Scheidung oder Trennung besonders wichtig, sondern es erweist sich auch als vorteilhaft, wenn etwa scheinbar gescheiterte Ge schäftsbeziehungen wieder fortgesetzt werden. Als weiterer Vorteil der Mediation gilt auch, da$s sie den Parteien in der Regel Zeit und Geld erspart. Als Bei spiel kann auch hier vor allem auf die Mediation in Scheidungskoriflikten hingewiesen werden, bei deren Erfolg den Parteien die Kosten nicht nur ei nes manchmal langwierigen gericht lichen Verfahrens über die Eheschei dung, sondern vielfach auch der Folgeverfahren
erspart werden. Aber auch Wirtschaftsmediationsverfahren sind oft bedeutend schneller und kos tengünstiger als Gerichtsverfahren. Die hohe Akzeptanz der Resultate und die Zufriedenheit der Parteien, die die Mediation als fair und rational empfinden, führen letztlich auch zu besserer Zahlungsmoral und zu einer geringeren Inanspruchnahme von Vollstreckungsverfahren. Ein weiterer Vorteil der Mediation ist sicherlich, dass sie vertraulich ab läuft und die Öffentlichkeit weder vom Gegenstand des Konfliktes noch von dessen Ausgang erfährt. Denn nicht selten haben die Parteien ein an erkanntes Interesse daran, dass ihre Auseinandersetzung nicht Inhalt der Medien wird. Frau Reglerungschef-Stellvertrete rin: Wie soll das für Liechtenstein neue Instrument der Mediation be kannt und beliebt
gemacht werden? Neben dem Vernehmlassungsbe richt, der bei der Regierungskanzlei erhältlich ist, veranstaltet das Ressort Justiz am 16. Dezember 2003,18 Uhr, im Auditorium der Fächhochschule Liechtenstein einen Vortragsabend zum Thema «Mediation». Zu dieser Veranstaltung lade ich alle Interessier ten heute schon herzlich ein. Zwei Re ferate - welche mit Blick Uber unsere Landesgrenzen hinaus - über das Thema Mediation in Österreich und der Schweiz berichten, werden mit Sicherheit ausgezeichnete Einblicke in diese interessante und wichtige Materie bieten. Im Anschluss an die Referate wird Zeit für Fragen und Diskussionen sein. ANZEIGE Ich engagiere mich für Sie und Ihre Firma. Sprechen Sie mit mir. Roland Schlegel - ' ;
1 Firmenkundenberafer Rheintal Telefon 071 2263208 • ANZEIOE r; \
r • Vortragsabend zum Thema Veranstaltungsort Dienstag, 16. Dezember 2003, 18.00 Uhr und Zeit: Auditorium der Fachhochschule Liechtenstein Referenten: Hon. Prof Dr. Gerhard Hopf, Leiter der Zivilrechtssektion, Österr. Bundesministerium für Justiz • «Die gesetzliche Regelung der Mediation in Österreich» Rechtsanwältin Nicolina Knecht, Zürich «Mediation in der Schweiz» Anmeldung: bis spätestens 11. Dezember 2003 an das Sekretariat des Ressorts Justiz (Email: justi2@rfl.llv.li ) Im Anschluss an die Veranstaltung werden alle Teilnehmer herzlich zu einem Apcro eingeladen. Eintritt frei. SÄ» r'.UVrf.
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