Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2003)

SAMSTAG, 6. DEZEMBER 2003 VOLKS | EBV II A |V|n DIE OSZE BLATT I IIvLMNU UND GEORGIEN 
7 OSZE Gemeinschaft der Werte Für mehr Verständnis und Respekt für und vor den Interessen des einzelnen Landes plä­ dierte Aussenminister Ernst Walch im OSZE-, Ministerrat, der am 1. und 2. Dezember in Maastricht stattfand. Walch wies auf eine ge­ meinsame Erklärung der Regierurigschefs von Grossbritannien und Estland vom 4. No­ vember hin, in der sie Freiheit in der Gestal­ tung der Steuersysteme in der erweiterten Europäischen Union forderten. Das Plädoyer für die 
Vielfalt und die Selbstbestimmung liefere ein Beispiel dafür, was Liechtenstein unter dem Respekt vor den Interessen und dem historisch Gewachsenen aller Partner der Wertegemeinschaft in der OSZE ver­ stünde. Ein Dach Mit der Schlussakte der Konferenz über Si­ cherheit und Zusammenarbeit in Europa von Helsinki 
vom 1. August 1975 gründeten 35 Teilnehmerstaaten, darunter Liechtenstein, die KSZE. Auf der Konferenz 1994 in Buda­ pest wurde die KSZE in Organisation für Si­ cherheit und Zusammenarbeit in Europa OS­ ZE umbenannt. Ziel der OSZE mit Sitz in Wien ist die Stabilität und Sicherheit in ganz Europa,- eine engere Zusammenarbeit in Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Um­ weltschutz. Seit 1992 finden unter dem OSZE-Dach alle gesamteuropäischen Abrüstungsmass- nahmen und Gespräche über weitere vertrau­ ensbildende Massnahmen statt. Die OSZE hat 55 Mitglieder. Der Ministerrat der Aussenminister tagt jährlich. Verschiedene Institutionen Das Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte in Warschau soll die ; Einhaltung der Verpflichtungen im Bereich der «menschlichen Dimension» überwachen und die Demokratisierungsprozesse unter- , stützen. Das Konfliktverhütungszentrum in Wien ; zur Datensammlung und -auswertung für die Verhandlungen über Vertrauens- 
und sicher- ; heitsbildende Massnahmen in Wien steuert Beratungs-, Vermittlungs- und Beobach- ; tungsmissionen in Spannungsgebieten und • kontrolliert Abrüstungsvereinbarungen. Die OSZE unterhält zurzeit 16 Missionen, Zent­ ren und Präsenzen in Gebieten möglicher oder bestehender Konflikte. ! Bulgarien übernimmt 2004 Vorsitz der OSZE Bei der 11. Ministerkonferenz der OSZE in Maastricht weigerte sich Rüssland, seine Truppen bis Ende 2003 aus Georgien und der Moldau zurückzuziehen. Der amerikanische r Aussenmininster Powell forderte Moskau auf, diese Abmachung in die Tat umzusetzen 3 und auch die Menschenrechte in Tschetsche- ; nien einzuhalten. Die OSZE-Konferenz war i ; der letzte Auftritt von Jaap de Höop Scheffer als niederländischer Aussenminister. Er i - übernimmt den Posten des Nato-Generalsek- retärs in Brüssel. Den Vorsitz der OSZE j übernimmt 2004 Bulgarien. Priorität wird die fortgesetzte Bekämpfung des Terro- I rismus und des organisierten Verbrechens | sein, wie Menschen- und Drogenhandel. Die ! • Kooperation mit den internationalen Organi- l sationen wie der NATO und der EU sollen | intensiviert werden. 
Traurige Phänomene OSZE setzt sich für die Lösung der Probleme in Georgien ein SCHAAN/WIEN - Konfliktverhü­ tung ist eine zentrale Aufgabe der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Die OSZE leistet einen wichtigen Beitrag für,die Sicherheit aller. Bürger, sagt Maria-Pia Koth- bauer-Llechtensteln, Botschaf­ terin in Wien. «Komella Pfeltfe r Volksblatt: Durchlaucht, Aussen- miiiister Walch forderte bei der 11. Ministerkonferenz der Orga­ nisation für. Sicherheit und Zu­ sammenarbeit in Europa (OSZE) «ein noch höheres Mass an Dia­ logkultur». Wo hapert es im internationalen Djalog? Maria-Pia Kothbauer: Mitein­ ander partnerschaftlich zu sprechen und aufeinander eingehen.zu kön­ nen ist leider keine Selbstverständ­ lichkeit. Das gilt auch für 
die inter­ nationalen Beziehungen. Ein Land wie Liechtenstein hat dafür ein be­ sonderes Sensorium und auch kon­ krete Erfahrungen gemacht. Ein hohes Mass an Dialogkultur ist da­ her Ausdruck der Qualität einer Or­ ganisation und der internationalen Beziehungen insgesamt. Liechten­ stein hat sich immer für diesen Punkt eingesetzt. In Maastricht waren sich die Länder ja nicht einig. Russlands Aussenminister Iwanow hat sich zum Ärger des amerikanischen Aussenministers. Powell wegen Georgien und der Moldau quer , gelegt? Beim,Ministerrat von Maastricht wurde eine Reihe, von wichtigen Dokumenten verabschiedet. Die Bilanz ist also durchaus positiv. Es ist richtig, dass es zu Georgien und Moldawien keine Einigung gege­ ben hat und russische Truppen nach wie vor in diesen Ländern statio­ niert sind. Das ist bedauerlich. Die OSZE wird aber auch nach Maast­ richt in-beiden Ländern aktiv sein und an Lösungen mitarbeiten, um die bestehenden Probleme zu über­ winden. Über 5 Millionen Euro für Präsi­ dentschafts- und Parlaments- wählen haben die 55 OSZE-Mit- gliedsstaaten in Maastricht Ge­ orgien zugesagt, Was nützt das, wenn das russische Militär bleibt? Ich sehe da keinen Widerspruch. Vielleicht sogar.ganz im Gegenteil. Je überzeugender sich die demo­ kratischen Strukturen in Georgien festigen, desto eher schwindet auch der Nährboden für die derzeitigen Probleme. Es wird als eines der wichtigen Ergebnisse des Minister­ rates von Maastricht gesehen, dass nur wenige Tage nach dem fried­ lichen Wechsel an der Spitze des Landes Mittel für die Wahlen in Georgien mobilisiert werden konn­ ten. Dies liegt sicherlich auch dar­ an, dass die georgische Interims­ präsidentin und Präsidentin des ge­ orgischen Parlamentes, Nino 
Burd-Marla-Pla 
Kothhauer-llechtenstein, Botschafterin hei der OSZE in Wien: Die neuen Bedrohungen gehen von innerstaatlichen Konflikten und von so genannten «schwachen» Staaten aus. schanadse, zum Ministerrat gekom­ men ist, um über die Situation in ihrem Land zu informieren und um Unterstützung zu bitten. 16 Missionen hat die OSZE in Konfliktgebiete geschickt, die Mehrzahl In Ländern der frühe­ ren Sowjetunion. Was hat die Or­ ganisation seit 1975 für Sicher­ heit und Stabilität in Europa er­ reicht? Sehr viel. In den vergangenen 28 Jahren ist der Kalte Krieg mit fried­ lichen Mitteln, beendet worden. Es ist unbestritten, dass die KSZE, die damalige OSZE, einen wichtigen Beitrag dazu geleistet hat. Viele Konflikte, vor allem jene, die aus ungelösten Minderheitenproble- men entstanden wären, konnten zur Zeit des Kommunismus unter­ drückt werden. Einige dieser Kon­ flikte sind nach dem Zusammen­ bruch des Kommunismus offen ausgebrochen. Ich denke dabei vor allem an die Konflikte auf dem Ge­ biet des ehemaligen Jugoslawien, aber auch an die Probleme, die wir heute in Moldawien, Georgien und Nagorno-Karabach kennen. Die OSZE ist in all diesen Län­ dern aktiv. Auf dem Balkan ist der Krieg beendet. Das ist die wichtigs­ te Voraussetzung für den Wieder­ aufbau und die wirtschaftliche Ent­ wicklung. Die OSZE hat erfoljg- reich am Aufbau unabhängiger Institutionen, wie beispielsweise beim Polizeiwesen, mitgearbeitet. Ein wichtiger Auftrag an die OSZE ist die KonfliktverhÜturig. Die Er­ folge in der Konfliktverhütung sind, ähnlich wie in der Präventiv­ medizin, nicht immer direkt er­ kennbar, aber unumstritten. Die er­ folgreiche Arbeit, 
die die OSZE im 
Bereich des Minderheitenschutzes leistet, ist ein gutes Beispiel dafür. Bei der Sitzung des OSZE-Minis­ terrates zu Beginn der Woche in Maastricht haben die Staaten ei­ ne Strategie verabschiedet als Antwort auf die Bedrohungen für. die Sicherheit und Stabilität im 21. Jahrhundert. Was ist neu an der Sicherheitsstruktur? Wie setzt die OSZE diese Strategie nun um? Die OSZE geht von einem um­ fassenden Sicherheitsbegriff aus. Mit umfassend ist gemeint, dass es . einen Zusammenhang zwischen der militärischen Sicherheit, wirt­ schaftlicher Entwicklung, der Ein­ haltung der Menschenrechte und politischer Stabilität gibt. Bei den Bedrohungsbildern ist man in der Vergangenheit vor allem von den Gefahren ausgegangen, die zwischenstaatliche Konflikte in sich beigen. Die neuen Bedrohun­ gen gehen von innerstaatlichen Konflikten,. beispielsweise von interethnischen Konflikten, von Terrorismus, von organisierter Kri­ minalität, von wirtschaftlicher Unterentwicklung und von so ge­ nannten «schwachen» Staaten aus. Die in Maastricht verabschiedete Strategie inventarisiert diese neuen Gefahrenbilder zum ersten Mal und versucht Antworten darauf zu ge­ ben. Zur Begegnung dieser neuen Gefahrenbilder stehen der OSZE eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung. Dazu zählen etwa die OSZE-Missionen, das Antiterroris- musnetzwerk 
und im Menschen­ rechtsbereich das Büro für Demo­ kratische Institutionen und Men­ schenrechte und der Hohe Kom­ missar für Nationale Minderheiten. 
Wo liegt das bedrohliche Potenzi­ al von Terrorismus, organisierter Kriminalität, Armut, die vielen Konflikte für uns alle? Terrorismus, organisierte Kri­ minalität und Armut zersetzen Gesellschaften, zerstören die Ordnung und kosten Menschenle­ ben. Zum stärksten Symbol für Terrorismus wurde zweifelsohne der 11. September 2001. Einem terroristischen Akt gehen meist andeye Verbrechen und kriminelle Taten, wie Diebstahl,' iiiegaler Besitz von Sprengstoff und Waf­ fen oder etwa Drogenhandel vor­ an. Dass aus Unrecht Unzufrie­ denheit und Radikalität entstehen, ist unumstritten. Grosse Armut zählt sicherlich zu einem Unrecht unserer Zeit. Der OSZE-Ministerrat, also das politische Führungsgremium, hat . auch eine Strategie verabschiedet für Wirtschaft und Umwelt. Kon­ kret geht es um die gute Regie­ rung, die «good governance». Was ist die Absicht? Die KSZE hat sich zuletzt 1990, also wenige Wochen nach den «samtenen Revolutionen» in Ost­ europa, eingehend-mit der so ge­ nannten Wirtschaftlichen Dimen­ sion auseinander gesetzt 1990 ging es vor allem darum, die freie und soziale Marktwirtschaft, demokra­ tische Institutionen,- das Recht auf . Eigentum für alle Länder als poli­ tisch verbindliche Norm festzule­ gen.'Das war damals ein grosser Erfolg. Seither hat die OSZE kaum neue Verpflichtungen im wirt­ schaftlichen Bereich entwickelt. In Maastricht ist es gelungen, den Umweltschutz und die so genannte «good governance» in die OSZE- Agenda aufzunehmen. Im vielen Ländern des OSZE- Raumes läuft die wirtschaftliche Entwicklung äusserst langsam, an. Investoren fehlt oft das Vertrauen in die Rechtssicherheit und die Insti­ tutionen in einem Land. Die. Rah­ menbedingungen dafür müssen die Staaten herstellen. Die Anforde­ rung an gutes Regieren bedeutet in diesem Zusammenhang beispiels­ weise die' Bekämpfung von Kor­ ruption. Wie steht es um den Menschen­ handel, dass die Minister auch ein Papier gegen den Menschen­ handel unterzeichneten? Der Menschenhandel stellt ein sehr grosses Problem im OSZE- Raum dar. Die Zahlen darüber, wie viele Menschen betroffen sind, ge­ hen weit auseinander. Dass es sich um Hunderttausende von Betroffe­ nen, darunter auch viele Kinder, handelt, ist unumstritten/ Die OS­ ZE befasst sich schon seit einigen Jahren mit diesem traurigen Phänor men. Es ist erstmals gelungen, ei­ nen Aktionsplan zur Bekämpfung des Menschenhandels zu verab­ schieden. Das ist ein erster wichti­ ger Schritt; in einer sehr schwieri­ gen Aufgabe. ANZEIOE .InW T« tWlKtk-'l'«-.! ! \ 
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