Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2003)

SAMSTAG, 8. NOVEMBER 2003 
5 NACHRICHTEN Europa vom Atlantik bis zum Ural -Regierungsrat Ernst Walch vertrat Liechten­ stein an der Session des Ministerkomitees tiefe Europarats. * VADUZ - Vom 5. bis 6. November fand in Chisinau, der Hauptstadt Moldawiens, die 113. Session des Ministerkomitees des Euro­ parats statt. «Der Europarät wird weiterhin diejenige europäische Organisation sein, die für die Einhaltung der Menschenrechte, De- 
- mokratie und Rechtsstaatlichkeit in ganz Eu- - ropa zuständig ist.» Mit diesen Worten wür­ digte Regierungsrat Emst Walch die beson­ dere Bedeutung des Europarats, die dieser auch nach Annahme. des Verfassungsent­ wurfs de.r Europäischen Union und nach der bevorstehenden-EU-Erweiterung im Früh­ jahr 2004 innehaben wird. . Weiters würdigte Regierungsrat Ernst Walch die historische Bedeutung des in einer europäischen Verfassung mündenden Pro­ zesses der europäischen Integration als "eine der institutionell ^bedeutendsten Errungen­ schaften in Europa. Mit seinen Ministerkol­ leginnen und -kollcgen erörterte Aussenmi- nister Ernst Walch das künftige Verhältnis * zwischen dem Europarat und den anderen europäischen Organisationen, insbesondere mit der Europäischen Union, sowie die Aus­ sichten eines Dritten Gipfeltreffens des Eu- . roparates, welches auf Einladung der Regie­ rung Polens während der polnischen Präsi- * dentschaft im Ministerkomitec des Europa­ rates im Frühjahr 2004 in Warschau stattfin- den'soll. • * Die am Rande der 113. Ministersession ge­ führten Gespräche von Regierungsrat Ernst Walch ."mit den Ministerkollegen von Nor­ wegen und Island führten zum Erfolg, dass das EWR-Erweiterungsabkonimen von den Ministem am 11. November 2003 in Vaduz unterzeichnet wird. . . Vor der Abreise besuchte Regierungsrat • Emst Walch ein Gemeinschaftszcntrum für Kinder und Jugendliche in Chisinau, das von der- Regierung im Jahr  2002 .mil  einem Bei­ trag von rund Euro 25 000 unterstützt wurde. Das Gemeinschaftszentrum ist ein Pilotpro­ jekt zur Integration von körperlich behinder- „ten Kindern und Jugendlichen. Dieses Sozi- alprojekt soll den Lebensstandard dieser in Moldawien besonders ausgegrenzten GeSell- schaftsgruppe verbessern, nachdem diese meist völlig isoliert sind und auch keine Ausbildungsmöglichkeiten haben. (pafl) F A 125 y JAHRE VOLKSBLATT Ereignisse der letzten 125 Jahre 1. OFFIZIELLER STAATSBESUCH VADUZ, 11. Dezember 1974 - Wie die Presse und Informationsstelle der Regierung gestern mitteilte, wird der österreichische Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky, am. Dienstag den 7. und am Mittwoch, den 8. Ja­ nuar 1975, auf Einladung des Fürstlichen Regierungschefs zu einem offiziellen Staats­ besuch in Liechtenstein weilen. Dr. Bruno Kreisky ist damit der erste, ausländische Re­ gierungschef, der unserem Lande einen offi­ ziellen Staatsbesuch abstattet. Der offizielle Staatsbesuch des Regierungschefs unseres österreichischen Nachbarlandes stellt eine Ehre für Liechtenstein und einen Markstein in den traditionell guten und alten Beziehun­ gen zwischen den beiden Ländern dar. Montag: RiesenUberra- schung .  * 
«Mut zur. Zukunft heisst auch Mut zur Sachlichkeit»: Reglerungschef Otmar Hasler ziim aktuellen politischen Klima in Liechtenstein. ~ , ! 
Mut zur Zukunft - Mut zur Sachlichkeit . , «Mein Standpunkt»; Regierungschef Otmar Haster zur aktuellen Politik Die Glaubwürdigkeit der Politik hängt wesentlich davon ab, wie stark es ihr gelingt, die richtigen Fragen zu stellen, die notwendigen •Lösungen für das. Weiterkommen des Staates und seiner Bevölkerung zu erarbeiten. "Das Bemühen utn Lösungen und nicht Polemik, Ef­ fekthascherei und persönliche Ver­ unglimpfungen müssen-im Mittel­ punkt der politischen Auseinander­ setzung stehen, ansonsten werden sich die Menschen von der Politik abwenden. Wir stehen in einer Zeit des Um­ bruchs. Die wirtschaftliche Situa­ tion fordert neue Lösungen, der Staat muss reformiert werden, den Bürgerinnen und Bürgern muss der notwendige Freiraum zur Wahr­ nehmung von Verantwortung ein­ geräumt werden. • , Will der Staat, seine soziale Ver­ antwortung auch in Zukunft wahr­ nahmen können, wird die Politik der letzten Jahrzehnte nicht einfach fortgeschrieben werden können. Deshalb müssen die Beiträge des Staates dort gekürzt bzw. gestri-. chen werden, wo sie direkt in den Bereich der Eigenverantwortung eingreifen. Im Gegenzug muss der Staat seine Sozialbeiträge, gezielter für familiehpolitische Belange und für die sozial Schwächeren einset­ zen. Das ist verantwortungsbewuss- te Sozialpolitik und nicht Besitz standswahrung um jeden 
Preis.- 12 Mio. Mehrausgaben im So­ zial- und Berufsbildungsbereich -. DieStreichung der • Nichtbe* tricbsunfalJsversicherung erTüllt diese Vorgaben: Es ist nicht richtig, dass der Staat an die Unfallversi : J cherung, die für die Zeit ausserhalb 'der Arbeitstätigkeit abgeschlossen- wird, ein Drittel des Beitrages be­ zahlt und das unabhängig von der Eirikommenshöhe. Diejenach.Ein- komtnenshöhe resultierende Mehr-; belastung für 2004 in Höhe von 5 - 10 Franken im Monat muss der Versicherte selbst tragen. Im Gegenzug wurden in den letzten Jahren die Sozialleistutigen des Staates'stark ausgebaut. Genannt seien die Prämienbefreiung der ' Kinder im Krankenversicherungs­ bereich, die Einführung von Miet­ beihilfen, die Erhöhung des Kin­ dergeldes, die verstärkte Unterstüt­ zung von Kinderhorten: Es ist deshalb unverantwortlich, von schleichendem Sozialabbau zu sprechen. Hier  \vird   Jen Menschen vorgegaukelt,, dass der Staat für al­ les und jedes aufkommen" kann. Ei­ serne Besitzstandswahrung führt zur Unfinanzierbarkeitdes Systems. Die Regierung legt ein Budget vor, das im Sozial- und Berufsbildungs­ bereich eine Steigerung von 12 Mio.. Franken vorsieht, das sind 8% mehr als fm Voijahr. Schlagzeilen gegen-, teiliger Art'können diese-Tatsache nicht einfach wegschreiben. Mehrausgaben Iiii 
Zukunftsbereichen Das neue Stipendienrecht wird die Berufsbildung- vermehrt för­ dern. Junge Menschen sollen die Chance haben, sich beruflich seht; gut zu qualifizieren und dabei auf Förderungsmittel' des Staates zu­ rückgreifen zu können. Aber auch hier sieht die Regierung vor, finan­ zielle Mittel vermehrt aly Vorfinan­ zierung einer Aus- und Weiterbil- . dung einzusetzen, die später zu- rückbezahlt wird. Für die Souveränität des Staates einstehen Im Jahr 2006 feiert das Fürsten­ tum Liechtenstein 200 Jahre Sou­veränität. 
Wenn nun die Regierung in den letzten Wochen von Staaten" des künftigen Europäischen Wirt­ schaftsraumes -die Anerkennung der Tatsache, dass Liechtenstein ein seit langem bestehender souve­ räner Staat ist, der in beiden Welt­ kriegen.neutral war, "gefordert hat,- so hat sie das im Interesse des Staa­ tes Liechtenstein . getan. Die Gegenerklärung "von Tschechien und der Slowakei können aii der historischen Tatsache derSelbstän- digkeit des Fürstentums Liechten-, steins.nichts ändern. Jede Regie­ rung hätte wohl .für ihr Land die Anerkennung einer solchen Tatsa­ che? .eingefordert! Liechtenstein "hat dieses Thema auf die europäische Tagesprdnung gebracht; unsere EWR-EFTA-Part- ner Norwegen und Island haben in Absprache mit der EU Vermitt- lungsgespräche geführt. Wenn es" auch noch zu keiner Veränderung der Position der Tschechei und der Slowakei gekommen ist, so hat die Regierung alles getan, was möglich war," um die integrale Anerkennung der Souveränität unseres Lahdes zu" erreichen. Mit der gemeinsamen Unterzeichnung, des EWR-Er- weiterungsabkommens gibt Liech­ tenstein ein starkes integrationspo­ litisches. Zeichen. Die liechtenstei­ nische Regierung begrüsst die Er­ weiterung des Europäischen Wirt- -schaftsraumes. Ein'funktionieren­ der •Wirtschaftsraum ist. auch im Interesse Liechtensteins. ' Kein Poker und keine Sprüche Liechtenstein hat mit offenen" Karten gespielt, der .Vorwurf des Pokerns ist nicht* angebracht.; Schon gar- nicht ging es um grosse Sprüche, sondern um das Selbst­ verständnis eines Staates. Die Fra­ ge des Selbstverständnisses müs­ sen sich diejenigen stellen, die der Regierung vorwerfen, dass sie für die umfassende Anerkennung der Souveränität des Fürstentums. Liechtenstein eingetreten ist. Negativschlagzeilen ersetzen zukunftsgerichtete Politik nicht - Negativschiagzeilen über das wirtschaftliche Umfeld und die Kri­ tik an der Regierung, die scheinbar für alles verantwortlich ist, auch für Fehlänreize, wie sie in Zeiten der Hochkonjunktur gesetzt wurden, ersetzt nicht die .Verantwortung für eine zukunftsgerichtete Politik. Wirtschaftsstandort: langfristig angelegte Politik - Die Regierung hat langfristige 
Projekte in Angriff genommen, um im Sinne einer nachhaltigen Politik den 'Wirtschaftsstandort Liechten­ stein zu sichern.und qualitativ aus­ zubauen. Das Leitbild für den Wirt­ schaftsstandort wird den Rahmen für die zukünftige Politik vorge­ ben,-der Auf- und Ausbau des Bil- • düngsstandortes ̂die Unterstützung von Unternehmern im Rahmen.des im Entstehen begriffenen Kompe- ' tenzzentrums an der FachhocHj schule, das' Projekt Zukunft Fi- narizplatz zeigen auf, dass aktiv an der Zukunft' unseres Landes gear­ beitet wird. ~ Das wirtschaftliche Umfeld hat auch die AYbeitslösenzahl in Liech- -tenstein "ansteigen lassen. Die-'Re- gierurig setzt neue Initiativen, um die" Beratung und Vermittlung von Arbeitslosen zu verbessern. Sie "wird aber auch Anreize für Betrie­ be schaffen, damit junge Berufs­ leute nach der Ausbildung die Chance erhalten, ihren Beruf auch tatsächlich ausüben zu gönnen. • -Es versteht sich aber von selbst, dass die Politik nichralle Probleme lösen kann. Wer das Gegenteil be­ hauptet, der betreibt bewusste Irre­ führung. Der Staat schafft die Rah­ menbedingungen, die Wirtschaft die Arbeitsplätze. Politik im internationalen Spannungsfeld Die Ausrichtung der liechtenstei-. nischen Politik muss die internatio­ nalen Rahmenbedingungen im Au­ ge behalten. Die Wirtschaft ist international verflochten, dife Ent­ wicklung der Märkte abecauch der internationale Ruf des Wirtschafts­ .standortes wirkt sich direkt auf die - Situation der Wirtschaft in Liech­ tenstein und damit auf die.Arbeits- piätze aus.- - . v ' Eine Politik der Besitzstands- wahrung wird Schiffbruch erlei­ den. Die Berücksichtigung interna­ tionaler Standards gehört zur Aus- . richtung einer verantwortungsvol­ len 
Politik.- . * . ». " ' EU-Zinsbesteuerung In Verhandlungen, mit- der EU Über die Zinsbesteüerung wird- die "Regierung die langfristigen Interes­ sen. des Finanzplatzes und somit •des Wirtschaftsstahdortes vertreten, um zu einem'Vertragsabschlüss zu kommen, der für beide Verhand­ lungspartnerakzeptabelist, Auch, da braucht es den Mut, nein zu einzelnen Vorschlügen zu sagen, wenn dies, keine gute Lö­ sung flir die Zukunft ist. Nur so kann eine langfristige Sicherung 
des Standortes Liechtenstein er­ reicht werden. In solchen Verhand­ lungen genügen wohl, gemeint?' Schlagworte nicht, es bedarf Sach­ verstand und viel Überzeugungsar­ beit zur Umsetzung der wohl über­ legten Positionen. . Finanzpolitik der Regierung auf dem richtigen Weg Der Budgetentwurf fiir das Jahr zeigt den von der- Re'gierung einge­ schlagenen Weg" auf.. Die Gesamt­ ausgaben werden etwas zurückge­ nommen, die Stabilisierung des • Aufwandes" ist-das ••vordringliche • Gebot einer, verantwortungsvollen "Politik. Gleichzeitig werden Im­ pulse gesetzt, um den''Wirtschafts- standort zu stärken.. . Die Regierung, gibt auch ein ein-' deutiges Signal, dass sie die Kor­ rektur des - Staatshaushaltes nicht, über. Steuererhöhungen vornehmen will.- Der Staatshaushalt muss den neuen Gegebenheiten angepasst werden, die Aufgabenentflechtung zwischen den zwei Ebenen Staat und Gemeinden muss eindeutiger sein, damit auch die finanzielle Ausstattung der beiden Ebenen »sachgerecht vorgenommen werden kann. - Die Regierung wird nebst der Stabilisierung der Ausgaben wegen des starken Einnahmenrückgainges auch auf Reserven zurückgreifen,- im Bewusstsein,-dass die Weichen­ stellung hin zu einem ausgegliche­ nen Haushalt erste Priorität hat! Ei­ ne kurzfristig derart starke Reduk­ tion • de? Einnahmen kann . im . Staatshaushalt nicht aufgefangen - werden," weil dieser langfristig an­ gelegt ist;" Politik und insbesondere Sozialpolitik muss für die Men­ schen .berechenbiu sein, Korrektu­ ren müssen schrittweise erfolgen, damit die Menschen sich auf diese, einstellen können. Politische UmgangskiiKur ist Frage gegenseitigen Respektes Regierungspartei wie audh Op­ position haben in einem demokra­ tisch organisierten Staat ihre Auf­ gaben:. Kritik dient dazu, Schwä­ chen der Rögierdngsarbeit aufzu­ decken, Alternativen können mittels neuer ^Vorschlägen aufge­ zeigt werden. " - ' ' ' ' Ich hoffe daher sehr, dass die po­ litische Auseinandersetzung in Zu­ kunft wieder vermehrt in der Sache geführt.wird. Dies ist meinem klei­ nen 
Land wie Liechtenstein, -in dem ein Zusammenwirken in wich­ tigen Fragen notwendig ist, äus- 
r serst wjehtig. ' V: ii. _
	        

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