Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2003)

DONNERSTAG, 16. OKTOBER 2003 BLATT 
UNLAND GESUNDHEITSREFORM WAS TREIBT DIE PRÄMIEN HOCH ? PRÄMIENERHÖHUNG Klare Worte VADUZ - Gesundheit ist auch 2003 teu­ rer geworden. Rieinhard Beck, Präsident des Liechtensteinischen Krankenkas­ senverbandes, geht von einer Erhöhung der Krankenkassenprämien 2004 aus. •KorneUa Pfeiffer Volksblatt: Liechtenstein ist aufgrund staatlicher Subventionen in Sachen Kran­ kenkassenprämien eine Insel. 
Um wie viel Prozent wird die Krankenkassenprämie in Liechtenstein 2004 steigen? Reinhard Beck: Zurzeit sind die einzel­ nen Krankenkassen daran, die Prämien für 2004 zu berechnen, Die neuesten Zahlen sprechen eine klare Sprache. Das heisst, dass es wiederum eine Prämienrunde geben wird. Es kann zunri heutigen Zeitpunkt aber noch keine eindeutige Aussage über die Höhe ge­ macht werden. . Was sind die Gründe für höhere Kosten? Die neuesten Zahlen zeigen uns zweistelli­ ge Kostcnsteigerungen in den Bereichen Arztkosten, Medikamente, Physiotherapie und insbesondere der ambulanten und statio­ nären Spitalbehandlurig auf. Wir sind daran, diese Kosten vertieft zu analysieren, um de­ ren Gründe zu eruieren. Die ersten Ergeb­ nisse zeigen einen massiv höheren Rcch- nuiigscingan» gegenüber dem Vorjahr auf und dies in fast allen Fachbereichen. Das Er­ gebnis dieser Analyse wird uns die Gründe dieser neuerlichen Kostensteigerung,zeigen. Was verursacht in Liechtenstein so, hohe Gesundheitskosten wie im teuersten Kan­ ton der Schweiz, in Genf? Es ist richtig, wenn wir uns mit dem Kan­ ton Genf vergleichen wollen, dann sind wir etwa, was die Kosten anbelangt, auf demsel­ ben Niveau. Nur liegt uns der Kanton St. Gallen als Verglcichskanton wesentlich nä­ her. Auch ist das Klientel unseres Nachbar­ kantons ähnlicher als das im Kanton Genf. Unsere neuesten Zahlen per Ende September zeigen massive Unterschiede zum Kanton St. Gallen in praktisch allen Fachbereichen auf. Die Gründe haben wir der Regierung mitge­ teilt. Im neuen KVG kann die Regierung für die betroffenen Leistungserbringer bestimm­ te Tarifarten und Tarifstrukturen vorschrei­ ben. Hier erhoffen wir uns eine wesentliche Einsparung, wenn wir diese der Schweiz an­ gleichen. Welche Möglichkeiten Kosten abzubrem­ sen sieht der Liechtensteinische Krankeri- kassenverband? . Unsere Aufgabe ist es, mit Hilfe des im Aufbau befindlichen Dätenpools, Kontroll- mechanismen einzuführen, die es uns erlau­ ben, dort einzugreifen, wo es notwendig ist. Gestützt auf die Kostenziele werden wir aber frühestens gemäss KVG im Jahr 2007 Sank­ tionen ergreifen körinen. Es soll uns aber nicht abhalten, bereits in den kommenden Monaten und Jahren mit einigen Leistungs­ erbringern, die. im Vergleich zur gleichen •Fachgruppe über dem Durchschnitt. liegen, klärende Gespräche zu führen. Ganz ent­ scheidend wird es aber sein, dass die Regie­ rung, wie vorgängig erwähnt, vergleichbare Tarifaften festsetzt, denn nur so können in Zukunft aussagekräftige Vergleiche gemacht werden. Zudem werden bis Ende Jahr die ambulanten Verträge neu ausgehandelt. Wir hoffen natürlich, dass damit nicht noch zu­ sätzliche Tarifforderungen von Leistungser­ bringern verbunden sind. Iis BLATT Probleme mit der Frühzustellung? Kontaktieren Sie bitte unsere Hotline Tel. 081/255 55 10 (Bürozeiten) Auch für Tagesanzeiger und NZZ 
Nicht Gesundheitsreform, sondern Gesundheitskosten treiben Prämien hoch VADUZ - Liechtenstein bleibt ei­ ne Insel der niedrigen Kranken­ kassenprämien, solange der Staat die obligatorische Versi­ cherung subventioniert: ein Zu­ stand, den auch die Gesund­ heitsreform nicht ändern will. Njcht also die Politik jagt die Prämien hoch. Ursache für die erwartete Prämienerhöhurig sind die Gesundheitskosten. Die soll die Reform nun bremsen. • Kornella PtaHfer  • Familie F. aus Schaan hat zwei Kinder unter 16 und bezahlt in Liechtenstein für die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) 265,50 Franken pro Monat. Denn beide Kinder sind von der-Prämie befreit und Herr F. erhält von sei­ nem Arbeitgeber 98 Franken dazu. Eine gute Nachricht bringt für Fa­ milie F. die geplante Gesundheits­ reform. Neu sollen ihre Kinder bis sie 20 Jahre alt sind keine Kosten­ beteiligung zahlen: eine familien­ freundliche Geste bei gleich guter Qualität der medizinischen Leis­ tungen. Ein seltener Fall 1 - < • ... Unnötige Angstö, dass mit der Reform die Prämien steigen, ent­ kräftet die geplante Gesundheitsre­ form auch, weil der Staat die 10 Prozent Prämicnvcrbilligung für al­ le Versicherten bezahlt, von der Fa­ milie F. im alten, Hausarztsystem •profitierte. Was sich allerdings für die Eltern F. neu verdoppelt, ist die Kostenbeteiligung von je 400 auf 800 Franken pro Jahr.,Freilich eine ziemlich sozialvcrtrügliche Mass­ nahme, bedenkt man, dass dafür Gesundheitskosten von je über 6200 Franken anfallen müssten - was heissen würde: Herr und Frau F. müssten beide im Jahr ins Spital. Das aber ist ein seltener Fall. Mit der Gesundheitsreform gilt für alle Liechtensteiner zwischen 21 und dem Rentenalter die gleiche Situation, denn der Staat zahlt weiterhin 35 Prozent Subventionen für die, obligatorischen Kranken­ pflegekosten. «Ohne Subventionen mUsste die Prämie um die Hälfte höher liegen», sagt Mario Gdssner, Leiter Abteilung Versicherung beim Amt für Volkswirtschaft. Zu­ sätzlich gewährt der Staat bei klei­ nen Einkommen noch Prämienver- billigungen im Durchschnitt in der Höhe einer halben Krankenkassen­ prämie. Wie auch rund 1400 Rent­ ner profitieren die Eltern von Herrn F. davon. Privilegien bleiben Rentner müssen mit der Reform, die im Januar 2004 in Kraft treten soll, neu eine halbe Kostenbeteili­ gung bezahlen, sprich maximal 400 Frankeij im Jahr. «Dafür müssten aber Gesundheitskosten von 6100 Franken anfallen», rechnet Mario Gassner aus. Zwar fällt mit der Re- , form also ein kleineres Privileg, än­ dere aber bleiben für Rentner im Land bestehen: die Möglichkeit der verbilligten Prämie, was Rentner noch 80 bis 90 Franken im Monat kostet, sowie die Steuerprivilegien. Chronisch 
Kranke übrigens sind nach wie vor von der Kostenbeteili­ gung befreit. Wie stark die Krankenkassenprä­ mien im Jahr 2004 in Liechtenstein steigen, ist bis etwa November noch in der Daten-Pipeline. Die Krankenkassen orten derzeit die Kosten, die im Jahr 2003 anfallen sowie die voraussichtliche Teue­ rung im Gesundheitswesen 2004 und werden dann ihre neuen 
Prä-Noch 
weiss Familie F. aus Schaan nicht, ob und wie hoch die Prämie für ihre Kankenversicherung 2004 steigen wird. Die Gesundheitsreform hat damit nichts zu tun. mien beim Gesundheitsministe- rium einreichen. In Liechtenstein liegen laut Statistik die Gesund­ heitskosten ähnlich hoch wje in Genf, dem mit vielen Ärzten, 
Spitä­ lern, Apotheken, Labors und Physiotherapeuten teuersten Kan­ ton der Schweiz. Die pro Kopf Krankenkassenprämic bewegt sich dagegen im Unteren 
Schweizer Drittel - eben weil vom Staat hoch subventioniert. Prämien spiegeln Kosten wider Auf höhere Prämien haben Poli­ tik und Gesundheitsreform keinen Einfluss, wohl aber will Gesund­ heitsminister Hansjörg Frick die Gesundheitskosten bremsen, die sich in der Prämiensituation wider­ spiegeln. Das übrigens ist überall in den westlichen Industrieländern so. Die moderne Apparatemedizin wird immer teurer, ebenso die Me­ dikamente. 
Die Menschen werden älter, die Qualität der modernen Medizin nimmt zu. So ist auch die Tatsache, dass für die Schweiz für das nächste Jahr Prämienerhöhun- gen von durchschnittlich 4,3 Pro­ zent ins Land stehen, auf den unge­ bremsten Anstieg der Kosten zu­ rückzuführen, will man ein leis­ tungsfähiges Gesuridheitssystem erhalten. Der liechtensteinische Gesund­ heilsminister sieht Sparpotenzial: zuerst bei den Verwaltungskösten, die das vor drei Jahren eingeführte Haushaltssystem verursacht.. Eine halbe Million Franken hat die Ver­ waltung durch die Firma Sanacare bislang pro Jahr gekostet. Die fie­ len mit der Gesundheitsreform weg. Die Reform legt das Hausarzt­ system ad acta, das weder die Kos­ ten bremsen noch den Run von EWR-Ärzten nach Liechtenstein stoppen konnte, «Menge mal Preis sind gleich die Kosten», sagt Mario Gassner und macht die Rechnung auf: Mehr Ärzte bedeuten einfach mehr Arztleistungen und mehr Me­ dikamente. Der Arzt veranlasst auch weitere Kosten wie Physio­ therapie und Labors.» Arztkosten sind Löwenanteil Mehr Ärzte verursachen mehr Kosten, darin liege, so Gassner, Liechtenstein . höher als die Schweiz. Und dife Arztkösten mach­ ten'nun einmal den Löwenanteil aus, gefolgt von den Spitalkosten, wobei Liechtenstein in den Ver­ tragsspitälern in den Kantonen St. Gallen, Graubünden sowie Vorarl­ berg weniger Eingriffsmöglichkei­ ten besitze als im ambulanten Be­ reich im Inland. In den vergangenen Jahren habe man die stationären 
Leistungen jedoch zu günstigeren Konditionen neu eingekauft, was sich in Zukunft auf die Entwicklung der Spitalkosten auswirken sollte. Zwei Dinge plant das neue "Kran- kenversicherungsgesetz besonders als Bremse für die steigenden Ge­ sundheitskosten: die Zulassung nur einer bestimmten Anzahl von Ärz­ ten zur obligatorischen Kranken- pflegeversicherung und eine Kos- tenstcuerung durch die Vorgabe von Tarifstrukturen in Angleichung an das Schweizer 
Gesundheitswe­ sen. Mit klaren statistischen Zah­ len, die mit denen der Schweiz ver­ gleichbar seien, lassen sich Kosten- zicle planen,, unterstreicht Mario Gassner. Auto wertvoller als Gesundheit? Jeder, jede, auch Familie F., ist also auch zur Selbstverantwortung aufgerufen, nimmt sich doch die Krankenkassenprämie von 265,50 Franken klein aus, überlegt Herr F., dass sein Auto pro Monat 500 bis 1000 Franken kostet. Meistens ver­ stünden 
die Liechtensteiner unter Krankenkassenprämien die Grund-versicherung 
inklusive Halbprivat­ oder Vollprivatyersichcrung, nennt Mario Gassner einen Grund für die Unruhe über höhere Kränkenkas- senprämien, Die Privatversiche­ rung gehe aber über die gesetzliche Grundversicherung hinaus, wozu. auch die «Hotelleric» im Spital ge­ höre: «Was die medizinische Ver­ sorgung angeht, bekommt jeder OKP-Versicherte die medizinische Hilfe, die er zur Heilung braucht.» Auf die Frage nach dem Gemun­ kel in Liechtenstein, dass jemand ein Referendum ergreifen könnte nach der 2. und 3. Lesyng der drei Gesetze zur Gesundheitsrcform - Krankenversicherungs-, Ärzte- und Sariitätsgesetz- am 22. Oktober im Landtag, verweist der stellvertre­ tende Leiter des Amtes für Volks­ wirtschaft auf das Damokles­ schwert des auslaufenden Ärzte­ stopps. «Liechtenstein braucht am 1. Januar.2004 ein gesetzlich gere­ geltes Zulassungssystem zur OKP.» Sonst breche der Damm der Ge­ sundheitskosten, denn mehr als 20 neue Ärzte stünden bereits in der Warteschlange. ANZEIGE Wie d e r e r ö f f n u n g (Rest. Samina Triesenberg Freitag 17. Okt. 03, ab 20.0 Uhr • Uvemustk Top Duo "Gravensteiner" aus Vorarlberg Samstag 18. Okt. 03, ab 20.00 Uhr tlvomuslk Duo "Georg + Harald" aus Südtirol o
	        

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