Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2003)

SAMSTAG, 13. SEPTEMBER 2003 VOLKS I IIVII AlVin MONITORING BLATT! 
lIvLMIVL/ SENSIBILISIERUNG ; i 
7 LESERMEIIMUNG VUas bleibt, sind Fragen!?!? Zurück zu vorkonziliären Riten in der Kir­ che, zurück zu einer Verfassung des Mittelal­ ters — und nun auch noch Verabschiedung aus der europäischen Gemeinschaft? Durchlaucht, warum Ihre vorauseilende Verurteilung und Verunglimpfung des Eu­ roparats und dessen Vertreter, die beauf-, tragt sind, die Demokratiestandards in Liechtenstein nach der Verfassungsände­ rung zu prüfen? Zeigt dies etwa, wie genau Sie wissen, dass Sie mit Ihren Verfassungs­ änderungen einen markanten Abbau der de­ mokratischen Volksrechte betrieben haben, und dass dies-vom Europarat wohl kaum ohne Kritik hingenommen wird? Ist Ihnen wirklich ernst damit, eine Institution wie den Europarat mit dem Argument der Kos­ ten in Frage zu stellen? Sind wir ohne Mit­ gliedschaft im Europarät überhaupt noch europatauglich, oder müsste man sagen: «ohne Europa sind wir nichts» - und finden Sie es daher nicht bedenklich, diese Mit­ gliedschaft nur an den Kosten zu messen? Sind ethische Grundsätze und existenzsi- chcrnde Mitgliedschaften nicht wichtiger als Geld? Ich hoffe nicht und gehe nicht da­ von aus, dass Geld auch im Fürstenhaus immer mehr zum Mass aller Dinge wird. Stimmt der Eindruck, dass Sie noch immer, wie schon vor der Abstimmung vom 16. März, überall Monarchieabschaffer auszu­ machen glauben? Haben Sie bewusst Orden nur. über Ihre fleissigen, treuen Leserbrief­ schreiber ausgegossen? Wird die Spaltung im Volk, die durch Ihren Abstimmungsstil entstanden ist, dadurch nicht eher zemen­ tiert als aufgelöst? Damals haben Sie, Durchlaucht, alle, die in der Verfassungsfrage nicht Ihrer Meinung waren, auf das Übelste als Monarchieab­ schaffer und Feinde der heutigen Staatsform beschimpft. Wundem Sie sich, dass es den meisten ziemlich tief unter die Haut ging und sie es als puren Zynismus empfanden, als Sie sich am Staatsfeiertag bei «meinen Gegnern» bedankten? Niemand ausser Ihnen und Ihren «Getreuen» hat' uns «Gegner» genannt. Wie kamen Sie eigentlich dazu? Wir sind, was die Verfassungsänderungen betrifft, Leute mit einer anderen (eigenen) Meinung. Wir sind weder Ihre Gegner noch Monarchieabschaf­ fer und schon gar nicht Feinde unserer Staatsform. Wie lange wird Liechtenstein diese sinnlo­ sen Selbstzerfleischungen wohl noch ertra­ gen können ohne Schaden zu nehmen? Ich frage Sie dahbr zum x-ten Mal: Warum tun Sie das alles, Durchlaucht - und finden* Sie das staatsmännisch und landesväterlich? Horst Lorenz, Gamprin TAGUNG Jugendarbeit in Liechtenstein VADUZ - Am Samstag, 20. September führt der Kinder- und Jugehddienst des Am­ tes für Soziale Dienste in Zusammenarbeit mit dem Verein Liechtensteiner Jugendorga­ nisationen (VLJ) eine Tagung zum Thema «Jugendarbeit in Liechtenstein» durch. Dazu eingeladen sind alle Mitglieder der Jugend­ kommissionen in den Gemeinden. Ziel der Tagung ist es, andere Kommissionsmitglie­ der kennen zu lernen, über die Arbeit in den verschiedenen Gemeinden zu diskutieren und am Ende für eine zukünftige Zu­ sammenarbeit gemeinsame Ziele und Inhalte zu erarbeiten. In einem Referat werden die Arbeitweisen der Offenen Jugendarbeit und Soziokulturellen Animation vorgestellt so­ wie die Lebenswelten von Jugendlichen be­ schrieben. In einem weiteren Beitrag werden •die Tätigkeiten des Vereins Liechtensteiner Jugendorganisationen und des «aha - Tipps und Infos für junge Leute» vorgestellt. Da­ nach gibt der Kinder-und Jugenddienst Aus­ kunft über die Schwerpunkte der Jugendför­ derung und des Jugendschutzes. Anmeldeschluss für die Tagung ist Mitt­ woch, der 17. September. Weitere Auskünfte erteilt Ludwig Frommelt, Tel. 236 72 60, oder per E-Mail  ludwig.frommelt@asd.lIv.Ii . (pafl) 
«Explosiv und undemokratisch» Europarats-Delegationsleiterin Renate Wohlwend zur Monitoring-Idee SCHAAN - Der Bericht der Her­ ren Jürgens und Hancock vor dem Monitoring-Ausschuss des Europärates wurde mehrheit­ lich als explosiv und undemo- kretisch taxiert. Renate Wohl­ wend erklärte Im Volksblatt- Interview, dass über ein «Ja» oder «Nein» bezüglich Monito­ ring zum jetzigen Zeitpunkt nur spekuliert werden könne. «Peter Klndl a Volksblatt: Frau Wohlwend, Sie sind Mitglied des Monitoring- Komitees im Europarat und wa­ ren anlässlich der Berichterstat-. tung bezüglich unserer Verfas­ sung in Paris dabei. Wie verlief die Debatte? Renate Wohlwend: Der Be­ richterstatter Hancock ,war zum. Zeitpunkt der Debatte gar nicht anwesend, daher stellte Jürgens seinen Bericht vor und unter­ strich, dass das ganze Problem in der stark ausgeprägten Machtstel­ lung eines nicht-gewählten Staats­ oberhauptes liege. Daraufhin brachte ich meinen Standpunkt ein und unterstrich vor allem, dass die in Art. 2 unserer Verfassung verankerte Staatsfundamental­ norm von den Berichterstattern nicht erfasst bzw. verstanden wor­ den sei; nämlich, dass die Staats­ gewalt im Fürsten und im Volk verankert ist und von beiden Sou­ veränen nach Massgabe der Be­ stimmungen der Verfassung aus­ geübt wird. Des Weiteren hielt ich fest, dass am 16. März dieses Jahres bei einer überwältigen Stimmbeteiligung von 87,7 Prozent die. Stimmbürger mit 64,3 Prozent ganz klar ihren Willen bekundet haben, den Dua­ lismus von Fürst und Volk als Prin­ zip des Machtausgleiches und als Wesensmerkmal der liechtensteini­ schen Konsenspolitik anzuerken­ nen und weiter zu leben. Daraufhin beteiligten sich zehn Kollegen an der Debatte. Würden Sie den Verlauf der De­ batte als fair bezeichnen? Meines Erachtens war es eine ausgewogene Pro- und Contra-De- batte, bei der vor allem die Befür­ worter eines Monitoring-Verfah­ rens mehr auf den Bericht der Ve- nedig-Kommission abstützten, als auf den von den Herren Jürgens und  Ha ncock vorgelegten 
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Liechtensteins Europarats-Delegationsleiterin Renate Wohlwend hielt Im Volksblatt-Interview fest, dass der Demokraitlsierungsprozess in unserem Land längstens abgeschlossen ist. entwurf. Dieser wurde mehrheitlich als explosiv und undemokratisch i taxiert; es wurde auch kritisiert, , dass sich die Schlussfolgerungen nicht unbedingt aus den im Bericht enthaltenen Feststellungen ableiten lassen. Am Ende der Debatte entschied sich eine Mehrheit für die Unter­ stützung der Empfehlung, das heisst für ein Monitoring. Welche Standpunkte vertraten die Berichterstatter Hancock und Jürgens in ihrem Monito­ ring-Berichtsentwurf bezüglich unserer Verfassung? Wenn jemand, der sich über Mo­ nate hinweg fliit der Verfassung und deren Revision befasst hat, den Be- . rieht liest, muss er ihn als Angriff auf unsere Verfassung aus dem Jah­ re 1921 verstehen. Wie eingangs gesagt, haben die Berichterstatter sich gar nicht mit der Besonderheit unseres 
staatstragenden ÖualismuS ' befasst, sondern meinen, dass alle monarchischen Verfassungen in Europa ident sein müssen. Dem­ nach sollte das Staatsoberhaupt nur .Repräsentationspflichten, aber 
möglichst wenig oder gar keine Rechte haben. Sie haben bestimmt eine andere Position im Gremium vertreten... Obwohl ich das Gefühl habe, dass kaum einer meiner Ausschuss- Kollegen die Direktdemokratie und den Dualismus von Fürst und Volk nachvollziehen kann - weil er ihn aus der Praxis, nicht kennen kann - habe ich ganz klar deponiert, dass ich wohl auch: im Namen einer grossen Mehrheit derLiechtenstei- ner spreche, wenn ich mich zu un­ serer in Art. 2 der Verfassung fest­ gelegten Staatsform des Miteinan­ der von Fürst und Volk bekenne. Wir haben bis anhin nur gute Er­ fahrungen gemacht, da die beiden Souveräne immer darum bemüht sein müssen, die Ausgewogenheit zu suchen und zu finden. Dies defi­ niert auch zu einem gewissen Teil die Identität der Liechtensteiner. Liechtenstein hat mit einer Zwei­ drittelmehrheit die Verfassungs­ änderung angenommen. Wird dieser Volksentscheid im Europa­ rat respektiert? 
Im Rahmen des Monitoring-Aus­ schusses hat mein westschweizeri­ scher Kollege Claude Frey ein ganz klares Votum für die direkte Demo­ kratie vorgetragen. Seiner Meinung nach würde der Europarat die Liechtensteiner als «dumm» quali­ fizieren, wenn er deren eindeutigen Volksentscheid vom 16. März kor­ rigieren wollte. Daraufhin entstand eine lebhafte Diskussion zu dieser Thematik. Nach meinen bisher gewonnenen Eindrücken wird der Volksent­ scheid formell respektiert, aber ei­ ner Vielzahl von Abgeordneten missfällt der Inhalt Sie meinen, dass dieser demokratische Ent­ scheid einen undemokratischen In­ halt habe. . Jedoch rufe ich die Stellungnah­ me des Generalsekretärs Schwim­ mer in Erinnerung, der am Abend unserer Abstimmung in einer Pres­ seaussendung festgehalten hat, dass der klare Volksentscheid allen Res­ pekt verdiene. Wie wird es Ihrer Meinung nach weitergehen? Wird es ein Moni­ toringgeben? Vom 25. September 
Bis zum 2. Oktober findet die Herbstsession der Parlamentarischen Versammlung in Strasburg statt, anlässlich welcher das Präsidium 
die Empfehlung des Monitoring-Ausschusses behandeln wird. Ob es zu einem Monitoring kommen wird, kann ich zum heuti­ gen Zeitpunkt noch nicht abschlies- - send beantworten. Sowohl . ein «Nein» äls auch ein «Ja» wären spe­ kulativ. Ich habe das Gefühl, dass ich in Paris mit bestem Engagement für Liechtenstein argumentiert habe. Ein Monitoring-Verfahren macht in ganz bestimmten Fällen gewiss Sinn. Besteht eine Sinnhaftigkeit für dieses Verfahren auch im Zu­ sammenhang mit Liechtenstein? Sie haben Recht. Ein Monitoring- Verfahren in neuen kommunistisch geprägten osteuropäischen Mit­ gliedsländern macht Sinn, weil, der Europarat mit diesem Mittel Hilfe und Unterstützung bei der Demokratisierung anbieten kann. Für Liechtenstein. behaupte ich, dass der Demokratisierungsprozess längstens abgeschlossen ist. Unser Augenmerk liegt in der ständigen Weiterentwicklung der Standards, die das Wesen des Europarates aus­ machen: Rechtsstaatlichkeit, De­ mokratie und Menschenrechte. Sexuelle Gewalt erkennen Fachgruppe diskutierte mit Kindergärtnerinnen über sexuelle Gewalt an Kindern VADUZ - Die Fachgruppe gegen sexuelle Gewalt an Kindern stellte sich gestern den Liech­ tensteiner Kindergärtnerinnen vor und diskutierte mit ihnen Möglichkeiten, um sexuellen Missbrauch an Kindern zu er­ kennen und möglichst opfer­ schonend zu unterbinden. 
Im Zentrum der Diskussion stan­ den die Fragen: Wie geht man vor, wenn man einen Verdacht von se­ xueller Gewalt hat und wie können die involvierten Personen, im Spe­ ziellen Kindergärtnerinnen, ein be­ troffenes Kind möglichst schonend in deriUntersüchüngsprozessein­ binden? Die Fachgruppenmitglie­ der beantworteten die Fragen aus 
ihrem spezifischen Blickwinkel; Pädagogisch-psychologische, ärzt­ liche und juristische Aspekte müs­ sen bei einem Verdachtsfall im Au­ ge behalten werden. Dies ist neben einer gezielten Öffentlichkeitsar­ beit die Hauptaufgabe der Fach-' "gruppe. Ein grosses Dilemma stand während der Diskussion immer im Raum: Bis zu einem strafrechtlich relevanten Beweis ist die Opfer-Tä­terbeziehung 
vom Gesetz her nur' sehr schwer zu trennen. Es muss al­ les getan werden, dass das Kind als Opfer, während den Abklärungen eines Verdachts, nicht noch mehr zum Opfer wird. Eine neue Bro­ schüre zum Thema und Beratung wird vonder Fachstelle in Schaan­ angeboten. Leiterin ist Monika Kind. Für Auskünfte Telefon +423 12361221. (MR) ANZEIOE IN, IHREM INTERESSE GEMEINSAM .ERFOLGREICH 
 1 "'$»j Sie standen Red und Antwort: v.l. Oskar Ospelt, Fachstellenleiterin Moni­ ka Kind, Kinderärztin Dorothea Laternser und Richter Carlo Ranzonf. 
GWK INFORMATION & CONSULTING GEWERBE- & WIRTSCHAFTSKAMMER FÜR DAS FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN
	        

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