Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2003)

SAMSTAG, 13. SEPTEMBER 2003 VOLKS I IIVII A IVin 
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STATEMENT STATEMENT l Bereit zum Kompromiss «Eine Erhöhung der nationalen Schwellen­ werte für die Vergabe öffentlicher Bau-, Lie- fer- und Dienstleistungsaufträge, würde je ; nach Betrachtungsweise zu dementspre- , chenden Vor- oder Nachteilen fuhren,» gibt Regierungschef Otmar Hasler bei der Dis- ; küssion um die nationalen Schwellenwerte • Vorteile aber auch Nachteile zu bedenken, er kann sich aber eine massvolle Anpassung vorstellen: * «Bei einer Erhöhung der nationalen Schwellenwerte für die Bereiche der Direkt­ vergaben und des Verhandlungsverfahren müssen nach den Erfahrungen der letzten Jahre folgende Gesichtspunkte berücksich­ tigt werden: O Unterneh­ men, die sich i primär auf dem Markt in ihrer Standortge­ meinde kon- zentrie-ren, würden ver­ mehrt zu öf- ' fentlichen Aufträgen in ihrer Stand- ortgemeinde gelangen, da keine Aus- 
Regierungschef Otmar Hasler. schreibungs- pflicht erst ab einem erhöhten Schwellen­ wert bestünde. • Der Handlungsspielraum der zuständigen • Behörde wird erweitert und eine dement- sprechende Vergabe zum Beispiel innerhalb ; der Gemeinde ist ohne Ausschreibung mög­ lich. • Gemäss Statistik über die Vergabe öffent- : licher Bau-, Liefer- und Dienstaufträge aus dem Jahr 2001 wurden unterhalb der EWR/WTO-Schwellenwerte 84 % der Auf­ träge im Inland vergeben und 16 % gingen an Offertsteller aus dem Ausland. Von den 16 % ausländischen Vergaben müssten ca. die Hälfte ins Ausland vergeben werden, da die dementsprechenden Unternehmungen im . Land nicht vorhanden sind. Für die andere ; Hälfte der Vergaben ins Ausland, als ca. 8 % (CHF 8.4 Mio.) der gesamten Vergaben unterhalb der EWR/WTO-Schwellenwerte wäre zukünftig eine Vergabe an inländische " Unternehmungen eher möglich. • Die Erstellung von gesetzeskonformen : Ausschreibungsunterlagen ist für die öffent- ; liehen Auftraggeber mit erheblichem Zeit­ aufwand verbunden. Bei einer Erhöhung des i Schwellenwertes für Direktvergaben würde ; dieser Aufwand reduziert.. • Der freie Markt im Land würde über die i; Gemeindegrenzen hinaus durch die erhöhten 1 nationalen Schwellwerte eingeschränkt. So wäre es zum Beispiel einem regional tätigen i, Bauuntemehmen nicht mehr möglich, von ' sämtlichen nationalen öffentlichen Bauauf- ' trägen oberhalb von CHF 50 000 - Informa­ tionen zu erhalten, da keine Ausschreibungs­ pflicht mehr bestünde. Die Unternehmungen wären gezwungen wieder vermehrt Zweig- - niederlassungen in anderen Gemeinde zu gründen. , • Gesamtwirtschaftlich betrachtet, könnten unterschiedliche. Investitionsvolumen z.B. ; der Gemeinden - und die dementsprechen- ; den Kapazitäten der Unternehmungen - nicht mehr im gleichen Mass ausgeglichen ' werden, wie wenn die aktuellen Schwellen­ werte bestehen bleiben bzw. nur massvoll er- v höht werden. >• 0 Der haushälterische Umgang mit Steuer- ; mittein wäre nicht mehr im gleichen Umfang j gewährleistet. V © Mit der Zeit könnte ein geschützter Markt zum Beispiel innerhalb der Gemeinde entste- T hen, der im Wettbewerb zum Beispiel bei pri- : vaten Aufträgen weniger konkurrenzfähig ' wäre und damit auf lange Sicht weniger : Überlebenschancen hätte. ©Wenn keine Ausschreibungsunterlagen mehr ;• erstellt werden müssten, resultiert daraus zwar Y auf der einen Seite eine Zeitersparnis, jedoch ; ist auf der anderen Seite keine konkrete Auf- I tragsdeflnition vorhanden, was wiederum die Grundlage darstellt für eine qualitativ ein- \ wandfreie Ausführung der Aufträge.» 
Keine Lust auf freien Markt Höhere Schwellenwerte für Öffentliche Aufträge gefordert SCHAAN - Mehr Transparenz,, mehr Wettbewerb und die Ein­ sparung von Steuergeldern soll­ te das Gesetz über das öffentli­ che Beschaffungswesen brin­ gen. Nach vier Jahren wird es revidiert. Aus Gemeinden und Verwaltung kommt nun die For­ derung, die niedrigen Schwel­ lenwerte zu erhöhen: «Heimat­ schutz» oder «Schreckge­ spenst»? »Kornella Pfellfe r  - • Will das Land Liechtenstein PCs im Wert von einer halben Million Franken anschaffen, muss es den Auftrag international ausschreiben. Land und Gemeinden müssen sich nach den international im EWR und von der Welthandelsorganisa­ tion WTO definierten Schwellen-, werten richten. Will eine Gemeinde Büromöbel kaufen, so kann sie den Auftrag bis zu 30 000 Franken di­ rekt vergeben. Will sie ein Feuer­ wehrdepot bauen, so kann sie darü­ ber bis 50 000 Franken mit drei An­ bietern direkt verhandeln, dasselbe gilt beispielsweise für Druckaufträ­ ge 
bis zu 200 000 Franken. Doch alle Lieferungen, Bauaufträge und Dienstleistungen, die über diesen nationalen Schwellenwerten und unter den EWR- und WTO- 
1 Schwellenwerten liegen, müssen Land, und Gemeinden in den Lan­ deszeitungen national ausschrei­ ben. Wenn Gemeinden Aufträge vergeben Die nationalen Schwellenwerte sind zum Teil extrem niedrig in Liechtenstein und via Gemeinden und Landesverwaltung offen in die Diskussion geratend So sieht man­ cher Gemeindevorsteher derzeit Nachteile für die einheimische' Wirtschaft, zu wenig Handlungs­ spielraum, zu viel Zeitaufwand für die Ausschreibungen, zu wenig Ge­ meindeautonomie. «Eine starke Er­ höhung bei einigen Schwellenwer­ ten», fordert der Triesener Gemein­ devorsteher Xaver Hoch und plä­ diert für mehr «Heimatschutz». Für Zweckbauten wie ein Feuerwehr­ gebäude oder ein Parkhaus bei­ spielsweise könne man sich Zeit und Geld zum Beispiel für Archi­ tektenwettbewerbe und Juroren sparen. Das koste unnötig Steuer­ gelder. Vorausgesetzt, die Angebote für ausgeschriebene Aufträge seien im 
Preis fair, sei zu wünschen', dass die öffentliche Hand Aufträge di­ rekt vergeben könne. Hohe nationale Schwellenwerte sicherten den Gemeinden die Mög­ lichkeit, öffentliche Aufträge inner­ halb der eigenen Gemeinde direkt zu vergeben, benennt Wendelin Lampert, Leiter der Stabsstelle für öffentliches Beschaffungswesen und Subventionen, die Kehrseite? Das zerstöre den Wettbewerb im Land; Unternehmen aus' anderen Gemeinden kämen kaum zum Zug. Zwar könnte das ein Vorteil für die vielen kleinen 
Unternehmen in den Gemeinden sein, sicher aber ein Nachteil für mittlere Unternehmen, die landesweit arbeiten. 
Die Statis­ tik von 2001 zeige, dass Land und Gemeinden 84 Prozent aller öffent­ lichen Aufträge unterhalb der EWR/WTO-Schwellenwerte im In­ land vergeben 
haben. Und solange der Markt innerhalb des Landes spiele, sehe er in den aktuellen Schwellenwerten eine «vernünftige Basis für eine gesunde Entwick­ lung der nationalen Wirtschaft.» «Der Markt darf nicht abgeschot­ tet werden, die Unternehmen 
müs­Wie 
viel Wettbewerb braucht Liechtenstein? Darüber entscheiden bei öffentlichen Aufträgen die nationalen Schwellenwerte, die offen unter Beschuss geraten sind. sen sich der Konkurrenz stellen, um im Wettbewerb bestehen zu kön­ nen», sagt Wendelin Lampert. Das gelte regional wie im Inland. Die nationalen Schwellenwerte zu er­ höhen, wie jüngst aus den Reihen von Gemeinden und Verwaltung gefordert, könne sich zum «Schreck­ gespenst» entwickeln. Liechten­ steins Unternehmen hätten in der Vergangenheit ihre Konkurrenzfä­ higkeit bewiesen, die Öffnung des Marktes brauchten sie nicht zu fürchten. Eine Abschottung aller­ dings könnte bewirken, dass sie auf Dauer ihre Konkurrenzfähigkeit einbüssten, was fatal wäre in einer Zukunft mit freien Märkten. «Eine massvolle Korrektur» der nationalen Schwellenwerte könnte sich der Schellenberger Vorsteher Norman Wohlwend vorstellen. «Land und Gemeinden haben die Pflicht, mit öffentlichen Geldern behutsam und marktkonform um­ zugehen. Erhöht man die nationa­ len Schwellenwerte, schliesst man nicht nur den Wettbewerb in der Region, aus, sondern auch den Wettbewerb in Liechtenstein selbst.» Norman Wohlwend kons­ truiert den Extremfall: Dann könn­ ten theoretisch Bauaufträge bis zu nahezu 10 Millionen Franken unterhalb der EWR/WTO-Schwel­ lenwerte im Verhandlungsverfah- re'n vergeben werden. Damit könn­ ten auch Grossbauten mit stark ein­ geschränktem Preis-Wettbewerb gebaut werden, was bedeute, dass teurer gebaut würde und zahlreiche Unternehmer 
nie die Chance er­ hielten, Offerten einzugeben. Ein heikler Punkt liegt offen Bei den Schwellenwerten können Länder und in der Schweiz auch die Kantone untereinander die Schrau­ be drehen, um 
«Heimatschutz» zu betreiben. Für die Revision des Ge­ setzes über das öffentliche Be­ schaffungswesen vier Jahre nach In-Kraft-Treten war die Diskussion der liechtensteinischen Schwellen­ werte zunächst nicht vorgesehen. • Die Überwachungsbehörde der EF- TA, die ESA, hatte Liechtenstein aufgefordert, die EWR-Richtlinien vollständig im Gesetz zu veran­ kern, unabhängig, ob sie für Liech­ tenstein relevant sind. Das grösste Manko erkannte die ESA bei den Sektorenrichtlinien für. Strom-, Wasser-Grundversorger und den öffentlichen Verkehr. Die Regie­ rung hat daher beschlossen, dies in einem zweiten Gesetz umzusetzen, das derzeit in Arbeit ist. 
Und als Reaktion auf das Grum­ mein in Gemeinden und Verwal­ tung hat die Regierung kürzlich auch entschieden, den heiklen Punkt der nationalen Schwellen-, werte offen anzugehen. «Nach Ab­ wägung der verschiedenen Vor- und Nachteile kann ich mir eine massvolle Anpassung der nationa­ len Schwellenwert auch, unter ge- werbepölitischen Gesichtspunkten vorstellen. Die Regierung wird zu dieser Problematik nebst den Ge­ meinden auch die GWK in die Ver­ nehmlassung einbeziehen», lenkt Regierungschef Otmar Hasler ein. Mit sich reden lassen und die Frage unter den GWK-Mitgliedern disku­ tieren will auch Oliver Gerstgras­ ser, obwohl es der Geschäftsführer der Gewerbe- und Wirtschaftskam­ mer am liebsten sieht, wenn liech­ tensteinische Unternehmer im In- und Ausland zeigen, wie konkur­ renzfähig sie sind. Mehr Transparenz für Unternehmer Vielmehr sind die Qualität der Ausschreibungen, die Qualitäts­ kontrolle bei der Ausführung öf­ fentlicher Projekte und die hohen nationalen Schwellenwerte der Schweiz die Dauerbrenner für die- GWK. Zehn Zuschlagskriterien für die Ausschreibung beinhaltet das Gesetz Uber das öffentliche Beschaffungswesen, doch fast al­ le öffentlichen Aufträge würden, so Oliver Gerstgrasser, über das Kriterium «Preis» entschieden, was zur Preisdrüpkerei führe. Mit ' dem neuen Gesetz sollen auch Kriterien wie Anzahl und Qualität der Mitarbeiter oder Lehrlings­ ausbildung berücksichtigt und die Kriterien nach ihrer Wichtigkeit für einen Auftrag benannt wer­ den. Das macht Ausschreibungen für die Unternehmen transparen- • ter. Bereits im Gesetz verankert ist die Verpflichtung zur Quali­ tätskontrolle. Jedoch kennt der 
GWK-Geschäftsführer einige Fäl­ le, wo Kontrollen schlicht unter den Tisch fielen. Tendenz stei­ gend. Zugleich sind die niedrigen na­ tionalen Schwellenwerte in Liechr tenstein nicht nur in Gemeinden und ..Verwaltung .in Liechtenstein ein Thema, sondern, auch den Schweizer Nachbarkantonen ein Dorn im Auge. Entsprechend flat­ tern bittere Beschwerden nach Liechtenstein, weil Land und Ge­ meinden Schweizer Unternehmer bei öffentlichen Aufträgen kaum berücksichtigen. «Die Schutzmau­ er der Schweizer ist hoch und in je­ dem Kanton anders», erklärt Oliver Gerstgrasser. Damit bestehe kein Gegenrecht. Wenn beispielsweise im Bauhauptgewerbe der Schwel­ lenwert im Kanton St. Gallen bei 30Ö 000 Franken und in Liechten- , stein nur bei 30 000 Franken liege, dann komme ein Schweizer Anbie­ ter nicht in Frage. «Liechtenstein hat die tiefsten Schwellenwerte», betont Oliver Gerstgrasser. Für einen offenen Markt müssten die Schweizer Kan­ tone nicht nur ihren «Heimat­ schutz» gegenüber Liechtenstein abbauen, sondern auch in der Schweiz selbst eine einheitliche und transparente Lösung finden, damit Kantone und Gemeinden den Wettbewerb nicht weiter be­ hinderten. Damit geht auch das ge­ legentlich zitierte Argument ins Leere, die Schwellenwerte in Liechtenstein müssten erhöht wer­ den, damit öffentliche Aufträge im Inland bleiben. Die Statistik Über die Vergabe öffentlicher Bau-, Lie­ fer- und Dienstaufträge aus dem Jahr 2001 zeigt deutlich, dass nur 16 Prozent der Liechtensteiner Aufträge an Anbieter im Ausland gingen. Die Hälfte davon musste ins Ausland vergeben werden, weil unter den Liechtensteiner Unter­ nehmern niemand die Aufträge er­ füllen konnte. ANZEIGE IN IHREM INTERESSE- GEMEINSAM ERFOLGREICH GWK TOURISMUS & FREIZEITWIRTSCHAFT GEWERBE- &.WIRTSCHAFTSKAMMER . FOR DAS FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN
	        

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