DONNERSTAG, 4. SEPTEMBER 2003
VOLKS BLATT
EUREGIO VORTRAG «ELTERN KIND FORUM»
26 Grenzen des schulischen Auftrags Ein Vortrag im «Eltern Kind Forum» in Schaan SCHAAN - Noch vor dreissig Jah ren waren Familie und Schule zwei weit voneinander entfernte Wel ten. Eltern waren froh, wenn sie von der Schule möglichst wenig hörten, ganz im Sinne des Mottos «keine Neuigkeiten, gute Neuig keiten». Auch die Schulc hielt sich eher auf Distanz, setzte aber mit einer grossen Selbstverständlichkeit auf die Vorleis tungen der Familien, wie-z. B. die Ein übung von Disziplin, Pünktlichkeit, Benimm-Regeln und Rbspekt vor Autoritätspersonen. In • der Nach kriegszeit und bis weit in die 70cr-Jah- rc hinein konnte sich die Schulc auf einen durch alle sozialen Schichten hindurch recht einheitlichen familiä ren Hintergrund verlassen mit einer Hausfrau und Mutter, die ihre Kinder rechtzeitig zur Schule schickte und von dort wieder in Empfang nahm. Die Schule konnte sich zudem auf ziemlich homogene Werthaltungen gegenüber Schule und Lehrpersonen verlassen. Gesellschaftliche Verändeningen In der Zwischenzeit haben sich bei de Welten, Familie und Schulc, sehr 'verändert. Das gilt für alle europäi schen Länder und auch für die Schweiz und Liechtenstein. In vielen Familien sind beide Litern erwerbstä tig. Die Zahl der Familien mit nur ei nem Ellcrnteil steigt. Die schulische Bildung wird immer wichtiger, aber in vielen Familien fehlen die Ressourcen, um Kinder wirksam zu fördern und zu unterstützen. Gleich zeitig nimmt auch die Zahl der Ein Kind-Familien zu, in denen das Kind einen sehr hohen Stellenwert hat und im Zentrum der Zukunftsplüne, Wün sche und emotionalen wie sozialen Bemühungen der Eltern steht. Viele Eltern sind selbstbewusster geworden
Silvia Grossenbacher wird im Vortrag «Schnittstelle Eltern - Schule» die neues ten Erkentnisse zu diesem Thema beleuchten. und interessieren sich für die Belange der Schule. Schulische Verändeningen Die Schule selbst befindet sich lau fend in Entwicklung. Als einzelne In stitution hat sie heute mehr Gcstal- lungsspiclraum, doch auch die zu bc-~ wältigenden Aufgaben haben zuge nommen. Die Schulc kann sich heute nicht mehr darauf verlassen, dass die Familien sich ihren Bedürfnissen an passen. Vielmehr muss sich die Schule ' vermehrt den Bedürfnissen z.B. er werbstätiger Eltern anpassen. Dies tut sie mit Blockzcitcn oder Tagcsstruklu- ren. Doch nicht nur strukturell wird die Schnittstelle Familie - Schule umge formt. Sie muss ganz generell neu ge staltet werden. Bereits seit einiger Zeit wird beispielsweise die Kommunika tion zwischen Schulc und Elternhaus
verstärkt. Lehrpersonen und Schulen suchen häufiger das Gespräch mit den Eltern. Umgekehrt wollen auch die El tern vermehrt mitreden und mitwirken. Ein wichtiges Eltcrnanliegen ist die engere Zusammenarbeit zwischen Schule, Behörden und Eltern. Um die ses Anliegen umzusetzen, engagieren sich Eltern in steigender Zahl in ent sprechenden Organisationen. Zusammenaiteit Eltern-Schule Im Rahmen des in den 80er-Jahrcn durchgeführten grossen Entwick lungsprojektes «Primarschule Schweiz (SIPRI)» galten 3 der 22 Entwick lungsthesen der Zusammenarbeit zwi schen Schule und Elternhaus. Dort wurde formuliert, dass es zum Berufs auftrag der Lehrperson gehöre, den Kontakt zu den Eltern zu pflegen und das Gespräch, mit ihnen im Dienste
der kindlichen Entwicklung zu su chen. Die Schulbehörden sollten die Zusammenarbeit unterstützen und ent sprechend günstige Rahmenbedingun gen schaffen. Das damals von der Schule her initiierte Zugehen auf die Eltern, das ja auch verstanden werden kann als Versuch, die Definitions- macht über die Schnittstelle in den ei genen Händen zu behalten, löste auch auf der Gegenseite Aktivitäten aus. El ternorganisationen haben sich for miert, um die Interessen der Eltern besser vertreten zu können. •temorganisationen Am Anfang dieser Zusammen schlüsse standen häufig Konflikte oder uneingelöste Wünsche der Eltern gegenüber der Schule. Mittlerweile sind die Elternorganisatiorien zu einer Kraft geworden, die von der Schule durchaus als valable Partner gesehen werden..In Elternorganisationen enga gieren sich jedoch längst nicht alle El tern. Besser gebildete, sozial gut ge stellte, der örtlichen Sprache mächtige Mütter und Väter sind übervertreten. Mit der Tendenz zur Teil-Autonomie von Schulen und der Einrichtung von Schulleitungen verstärkt sich auch der Trend, die Elternmitwirkung an der Schule nicht mehr dem Zufall zu über lassen, sondern sie institutionell zu verankern und damit möglichst alle Eltern einzubeziehen. Besonderes Au genmerk verdient dabei der Einbezug von Migrantinnen und Migranten. Grenze Die Schnittstelle Schulc - Familie bleibt trotz aller Intensivierung des Kontaktes und der Zusammenarbeit auch eine Grenze. Sie verlangt von beiden Seiten Respekt, Gesprächsbc- reitschaft, die Fähigkeit Kompromisse einzugehen und Konflikte Au bewälti gen. Es gilt, an dieser Grenze die
Integrität und Kompetenz der Familie ebenso zu wahren wie die Professio nalität der Lchrpersonen und' der Schule. Wenn diese Voraussetzung er füllt ist, kann die Zusammenarbeit die Zufriedenheit aller steigern, den Schulerfolg der Kinder verbessern und die Qualität der Schule sichern. Vortrag Am Dienstag, den 16. Sepetmber veranstaltet das «Eltern Kind Forum» einen Vortragsabend zum Thema «Schnittstelle Eltern - Schule». Die Referentin, Frau Dr. Silvia Grossenba cher, stv. Direktorin der Schweizeri schen Koordinationsstelle für Bil dungsforschung in Aarau, ist Erzic- hungswissenschafterin und Mitautorin eines Trendberichtes zum Thema Schnittstelle Eltern - Schulc. Sie wird anhand einiger Beispiele aus der Schweiz darlegen, wie sich die Schnittstelle entwickelt, welche Chan cen und Probleme sich ergeben kön nen und was bei einer engeren Zu sammenarbeit zu beachten ist. Diese Veranstaltung findet im Rah men des Jahresprogramms 2003 des «Eltern Kind Forums» statt. Als Schwerpunkt wurde die Reflexion von Themen gewählt, welche Familien im Zusammenhang mit Pädagogik und Schule betreffen. Der Votrag Der Vortrag «Schnittstelle Eltern - Schule» findet am Dienstag, 16. Sep tember um 19.30 Uhr im «Eltern Kind Forum», Landstr. 170, Schaan, statt. . Anmeldung unter Tel. 233 24 38 oder per E-Mail: wclcomete'eltcrnkindfo- rum.li. . BLATT
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