Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2003)

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Liechtensteiner VOLKSBLATT Medienfreiheit Falsch verstandene Von Günther Meier, Volksblatt-Chefredaktor 1984 - 1999 Was, zwei Tageszeitungen gibt es in Liechtenstein? Bewunde­ rung oder zumindest Erstau- * nen ausländischer Besucher, die sich trotz bekannter Klein­ heit des Landes für die Presse- landschaft unseres Fürsten­ tums interessieren. Beides sind Parteiblätter? Die Stirne legt sich in Falten, die Parteien :haben 
offenbar, im Ausland den gleichen schlechten Ruf wie hier. - Ähnlich JcUift es anter uns Liech­ tensteinern dl). Man schimpft * über die Zeitungen, ganz generell, weil alle«., was'in cJer heute globa­ lisierten Well unter dem Begriff -lokal" lauft, als «Kase» abgetan wird - Zeitung folglich Käseblatt/ Parteizeitung .erst recht!. Sehr tiefe Toleranzschwelle Soll sich keiner zu früh rühmen, er sei bei seinem «Kaseblatt » tole­ rant Die Toleranzschwelle liegt sehr weit unten, wenn die Redak­ tion-einen. Leserbrief odereine Stellungnahme, einen höchst informativen Bericht eines, er- Itluchten'Vereinsprasidenten, eines Komiteemitglieds oder einer par­ teipolitischen Gruppierung nicht zum angegebenen Datum, nicht am vorgesehenen Platz und nicht . nut dem mitgelieferten Foto veröf­ fentlicht. Dann wird Druck gemacht, mit 
Inserate-Boykott gedroht, der Konkurrenz gleich 
der Sachverhalt per Leserbrief ' geschildert-, die.Drohung der '' Abo-Kundigung per Einschreiben mitgeteilt - das obligate Be- schwerdeschr'eiben.fin dtn Partei- prasidenlen nicht zu vergessen • Grösste Pressefreiheit... Wo man sich solche Sachen erlauben kann, zuweilen sogar mit Erfolg, xla inuss man in einem. Land mit grosser Pressefreiheit . leben Ich wage-zu behaupten, nachdem was ich gerade geschil­ dert habe, dass unser Land das Land .mit der grossten Pressefrei­ heit ist. Das ist leider eine Behaup­ tung, die ich so nicht beweisen kann, weshalb ich'mich auf die ' Schweiz, Osterreich und Deutsch­ land beschranken möchte. Haben Sie dort'schon einmal versucht, einen Leserbrief zu platzieren? Haben Sie-schon Erfolg gehabt, wenn Sie zum Inserat ultimativ auf einen PR-B.eitrag - gratis natürlich gepocht haben? Haben Sie schon mitgeteilt", auf welcher Seite Sie Ihre unbescheidene Meinung zu einer aktuellen Sache unter der Rubrik "Forum» veröffentlicht haben mochten, weil Sie einer Initiativgruppe von 5 oder 10 Leu­ ten vorstehen? Bei uns ist das alles möglich. Aber nur, weil die beiden Zei­ tungen eben Parteizeitungen sind. Wären .sie keine Pa'rteizeitungen mehr, so wären die Spielregeln anders. Mari weiss, woran man ist Viele regen sich furchtbar auf, weil die beiden Zeitungen als Par­ teiblätter nur aus parteipolitischer Optik schreiben. Bestimmt, es gibt 
- i •Urk. < ^ ' -f* ' • Auswüchse.' Für den Leser ist aber sofort klar: Hier wird die Meinung einer Partei vertreten. Wenn man . es genau wissen will, liest man halt, das andere Blatt auch noch. Schliesslich rühmen sich ja die Demokraten, dass sie'mehrere Stimmen einholen, bevor sie sich eine Meinung bilden. Warum also "nicht bei den Zeitungen? Und nicht vergessen: Hinter . unseren Parteiblättern steht je­ weils eine Partei, die-eine gewisse Legitimation hat, ihre Meinung kundzutun. Als Leser weiss ich, was mich erwartet. Im Gegensatz zu vielen anderen,.die auf auslän­ dische Beispiele verweisen und gar 
nicht wissen welche Ideologien - von Parteipölitik bis zum finanziel­ len -Geschäft - dahinter stehen, ist mir das viel lieber. Auch wenn Kollegen von.bestimmten Blättern offiziell keiher Partei angehören, bei vielen ist die Tendenz klar, in welche Richtung geschrieben' wer­ den muss. Andere müssen «Geschichtchen» zu einer «Story» hochpushen, damit Sie als freie Journalisten-ihre Artikel verkaufen können. Wir. leben, wie gesagt, in einem Land mit fälsch verstandener Pressefreiheit. Und viele verstehen auch Pressefreiheit falsch.
	        

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