Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2003)

SAMSTAG, 25. JANUAR 2003 VOLKS I CDADT SKI-WM 2003 BLATT I Or Un i IN ST. MORITZ 
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GESPRÄCH Hanni Weirather-Wenzel über... ... die >VM St. Moritz 2003: Ich werde die WM vor Ort milvcrfolgen. Heute bin ich nicht mehr auf der Sportlerseite, sondern bin auf Griind unseres Geschäfts aut der wirt­ schaftlichen Seite. Es ist interessant, beide- Seiten kennen zu lernen und sich auf beiden zurecht zu finden. Das Interessanteste ist. dass sich der Kreis plötzlich schlicsst und man ein ganzes Bild hat. ... den WM-Empfang 1974: Ich weiss nur noch, wie wir mit dem Helikopter nach Bal- zers geflogen wurden und eine riesige Men­ schenmenge auf uns wartete. Das grosse Fest fand anschliessend in Schaan statt, auch dort waren viele Leute, die uns gratu­ lierten und mit uns feierten. Davon habe ich aber keine richtigen Bilder mehr. ... das Skitalent von Tochter Tina: Sie ist sehr, fokussiert auf ihr Tun und kann sich sehr gut auf den Rennsport konzentrieren. In Tina sehe ich manchmal auch mich selber wieder, glücklicherweise hat sie aber auch sehr viel'von Harti geerbt. Für mich ist sehr wichtig, unseren Kindern den Sport vorzu­ leben. nur so erhalten sie die Begeisterung. Willi Frommelt über... ... die WM St. Moritz 2003: Ich werde die WM in der Zeitung mitverfolgen. Vor zwei Jahren'war ich in St. Moritz, als ehemalige Skirennfahrerinneii und -rennfahrer eingela­ den waren. F.s war interessant, die Pisten heute zu sehen. Das ist sicherlich kein Ver­ gleich mehr mit den Verhältnissen vor 29 Jahren. Heute sind die Pisten von oben bis unten genau gleich präpariert, während sich 1974 Hartsclince mit Eis und Neuschnee abwechselten. ... das .Skifahren: Ich stehe heute kaum noch auf den Skis. Ab und zu mache ich zwar noch eine Skitour, hauptsächlich habe ich die Skis aber gegen das Fahrrad einge­ tauscht. Ich liebe es, aufs Velo zu 
sitzen, auf den Rlieindamm zu fahren und im Voraus nicht zu wissen, ob ich links oder rechts gehen, ob ich nach 80 oder erst nach 200 km umkehren werde. die Gesundheit: Sie ist mir FIS 
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wichtig und zu ihr trage ich gut Sorge, denn ohne sie geht gar nichts. Deshalb hat der Sport und vor allem der Aus­ dauersport n 
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meinem Leben. Ich brauche die Bewe­ gung in der Natur. Sie ist für mich ein wichtiger Ausgleich zu meiner Arbeit. ... das Wohnen: Das Wohnen bedeutet mir sehr viel.' Das Leben aus dem Koffer und von einem Hotelzimmer zum nächsten war spannend, aber diese Zeit ist vorbei. Heute schätze ich es/mich in meine vier Wände zurückziehen zu können, den Arbeitsalltag hinter mir zu lassen und neue Energien zu tanken. Diese Ruhe suche und brauche ich. Das ist ein Privileg und dies weiss ich auch zu schätzen. 
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Jung und unbeschwert Ski-WM 1974 in St. Moritz: Hanni Wenzel gewinnt Gold und Silber PLANKEN - 17 Jahre jung war Hanni Wenzel an den Ski-Welt- meisterschaften von 1974 in St. Moritz, als sie Slalom-Gold und Kombi-Silber gewann. • Cornelia Hofar «Hoffnungen machte ich mir für den Riesenslalom, denn in dieser Disziplin war ich schon den ganzen Winter über immer wieder in den Top-3 klassiert gewesen», Hanni Weirather-Wenzel lacht, wenn sie von vergangenen Zeiten erzählt. Sie kann sich noch ziemlich genau an den 
WM-Riesenslalom von St. Moritz vor 29 Jahren erinnern. «Es schneite-dicke Flocken vom Him­ mel und der Bewerb wurde zu einem Startnummernrennen. Ich glaube, ich trug die Nummer 14. Auf alle Fälle hatte ich überhaupt nichts mit dem Ausgang des Ren­ nens zu tun», erzählt das ehemalige Skiass fröhlich. «Ging unbeschwert an den Start» So ganz entsprechen-diese Aus­ sagen der Wahrheit nicht, denn Hanni Weirather-Wenzel wurde nicht nur sehr.gute Siebte, sondern verpasste das Podest um knappe 0.3 Sekunden. Und dies'als Sieb­ zehnjährige! Die heutige Ge­ schäftsfrau relativiert aber.auch diese Tatsache und sagt: «Mit der heutigen Skitechnik ist es physisch gar nicht mehr möglich, dass man so jung schon so grosse Erfolge feiern kann. Heute steht die Kraft im Vordergrund, zu meiner Zeit war es die Technik.». Und diese wusste Hanni Weirather-Wenzel im Slalom auszuspielen. Nach dem l-. 
Hanni Weirather-Wenzel, wie man sie kennt: Kraftvoll und schnell dem Ziel entgegen. Lauf noch auf Rang 2, stürmte sie im 2. Durchgang an die Klasse­ mentsspitze und holte damit die erste WM-Medäille für Liechten­ stein. «Ich ging ganz unbeschwert an den Slalomstart, denn in dieser Disziplin vermochte ich mich zwar während der gesamten Saison unter den besten zehn zu klassieren, grosse Favoritin war aber Michele Jacot.» Und die Französin lag nach der Halbzeit auch an der Ranglis­ tenspitze, winzige zwei Hunderts­ tels vor der Liechtensteinerin. In der Endabrechnung hiess die Sie­ gerin aber Hanni Wenzel. 0,54 Sekunden vor Michele Jacot! «Bin ich die Abfahrt gefahren?» Einen Moment lang überlegt 
Hanni Weirather-Wenzel. Das Handy schellt, der nächste Termin wird geplant. Und dann fragt sie: «Bin ich eigentlich die Abfahrt gefahren in St. Moritz? Ich kann mich wirklich'nur noch an ganz wenige Dinge erinnern.» Wieder lacht sie, jetzt vor allem über sich selber und sie sagt: «Ich weiss noch genau, was ich getragen hab, wo wir untergebracht waren und was für eine Überraschung es war, dass Willi Abfahrtsdritter geworden ist.» Jetzt lacht sie laut und herzlich und fragt, mehr sich selber als mich, ob sie die Abfahrt bestritten hatte. «Alpine Kombina­ tion, 
2. Rang Hanni Wenzel», lese ich ihr aus einem Skibuch vor. Jetzt lachen wir beide. Dann sagt sie: 
Hanni Weirather-Wenzel: «Ich traue­ re der Vergangenheit nicht nach.» «Dann bin ich die Abfahrt wohl gefahren.» «Was zählt, ist das Jetzt» Hanni Weirather-Wenzel wird einen Moment lang ruhig. Ihr Blick geht hinaus zu der Baustelle'auf der anderen Strassenseite. Schon wieder geht das Handy los, erneut wird ein Termin fixiert. Das Lachen ist einem ernsteren Ge­ sichtsausdruck gewichen und Hanni Weirather-Wenzel sagt: «Ich habe viele schöne Momente in meiner Karriere erlebt. Doch diese Zeit ist vorbei. Was zählt, ist das Jetzt. Ich lebe in der Gegenwart, schaue in die Zukunft und trauere der Vergangenheit nicht nach.» Und dann kehrt das Lachen zurück. «Blicke lieber nach vom» Willi Frommelt gewann vor 29 Jahren WM-Abfahrtsbronze in St. Moritz SCHAAN - Willi Frömmelt ge­ wann 1974 an der Ski-WM in St. Moritz überraschend Abfahrts­ bronze. Und heute denkt er kaum noch dran zurück. «Cornelia Hote r «Meine Geschichte von St. Moritz ist schnell erzählt. Ich bin im Trai­ ning die ganze Woche gut gefah­ ren, verlor aber auf Grund des Materials immer viel Zeit. Am Abend vor dem Rennen kam dann Atomic-Besitzer Rohrmoser in den Skiraum und entschied, dass ich das Rennen mit den Skis vom Österreicher Tritscher fahren soll­ te, da sich dieser nicht qualifiziert hatte. Franz Klammer gab mir dann auch noch seinen alten Rennanzug, da er für die WM einen neuen erhalten hatte. Und so wurde ich 1974 WM-Dritter.» Die Medaille Willi Frommelt erzählt seine Geschichte mit Leidenschaft. Sein Körper ist ständig in Bewegung. Seinen wachen Augen entgeht keine Handlung im Aufenthalts­ raum unserer Redaktion. Stillsitzen und erzählen ist. aber nicht die Sache des ehemaligen WM-Edel- mctallgewinners und er sagt: «So, jetzt kennst du meine Story. 
Jetzt kann ich wieder gehen.» Er sagts und steht auf. Irgendetwas hält ihn 
Das St.-Moritzer-Siegerbi!d: Franz Klammer (links), David Zwilling (Mitte) Willi Frommelt: «Der Sport war und Willi Frommelt. eine gute Lebisnsschule.» dann doch zurück, und er meint: «Ich schaue nicht gerne zurück. Lieber blicke ich in die Zukunft und lebe heute.» Oer Schnitt Den Skirennsport verfolgt der Schaaner nur noch aus der Zeitung und «auf den Skis steh ich kaum noch. Höchstens auf den Touren­ ski». Willi Frömmelt ist einer jener wenigen Sportler, der den Schnitt vom Spitzensport in den Berufsall­ tag problemlos geschafft hat. «Mir blieb gar nichts anderes übrig», sagt er mit fester Stimme und 
erklärt: «Zu meiner Zeit war im Skirennsport kaum Geld zu verdie­ nen. Und im Gegensatz zu Andy . Wenzel oder meinem Bruder Paul hat mir die Konstanz gefehlt. Ich hatte nach meiner Karriere keine Reserven, die ich anzapfen konnte, sondern musste ganz einfach selber Hand anlegen.» Die Zufriedenheit Jetzt schaut mich Willi Frommelt an und es ist ihm wichtig, zu beto­ nen, dass «ich keine Minute meiner Karriere bereue oder missen möch­ te. Es war eine gute Lebensschule.. 
Sie hat mich gelehrt, zu arbeiten.» Sein Studium verdiente er sich denn auch selber und «erstmals ich genügend Geld auf der Seite hatte, schrieb ich mich an der Uni ein.» Die Früchte blieben nicht aus «und bisher hat es kaum einen Tag gege­ ben, an dem ich nicht gerne zur Arbeit ging.» Noch immer ist die Stimme Willi Frommelts 'von Leidenschaft ge­ prägt. Sein Gesicht erhält den Aus­ druck eines zufriedenen, glückli­ chen Menschen. Zum Glück ist er noch geblieben, denke ich, als er die Tür hinter sich zuschlägt.
	        

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