Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2003)

DONNERSTAG, 3. JULI 2003 
VOLKS 
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IIVII A IVin REGIERUNGSINFORMATIONEN BLATT I I IM LM l\l 1/ ROUNDTABLE BEI DER VPB 
3 Nachrichten Monitoring: «Vor allem Objektivität» VADUZ - Mit Gesprächen bei Demokratie- Sekretariat und Liechtenstein-Institut begin­ nen die Berichterstatter des Monitoring-Ko­ mitees des Europarates, der britische Liberale ; 
Michael Hancock und der niederländische So- ; zialdemokrat Erik Jürgens, heute ihre Infor- mationstreffen zur Verfassung. Er erwarte von den Gesprächen «vor allem Objektivität», sagte Jürgens gegenüber Radio L. Während zwei Tagen werden sich die beiden Berichter­ statter bei Gegnern und Befürwortern über die Verfassungsreform informieren. So sind heute auch Treffen mit der Gruppierung «Duales Liechtenstein», dem Präsidenten des Staatsge­ richtshofes, den Vertretern der drei Parteien und der Regierung geplant. Morgen stehen schliesslich noch Gespräche mit dem Landes­ fürsten und den Mitgliedern der Verfassungs­ kommission auf dem Programm. «Unvoreingenommen» Wie Erik Jürgens gegenüber Radio L aus­ führte, will er sich seinen Gesprächspartnern unvoreingenommen stellen: «Ich erwarte mir von allen Seiten möglichst viele Informatio­ nen.» 
Ihn beschäftigt jedoch vor allem eine Frage: «Wie ist es möglich, dass ein Fürst ein Referendum ausschreiben lassen kann?» In den Niederlanden wäre dies jedenfalls un­ möglich, so Jürgens. Fehlerhafter Bericht Liechtensteins Verfassungsreform hat laut Jürgens in den niederländischen Medien zu­ nächst keinen grossen Niederschlag gefunden. Dies habe sich jedoch nach dem Bericht der Venedig-Kommission geändert. Mittlerweile , ist jedoch bekannt, dass dieser Bericht in meh­ reren Punkten unkorrekt ist. So basiert das von der Kommission kritisierte Sanktions­ recht des Fürsten nicht, wie von der Venedig- Kommission dargestellt, auf der Verfassungs­ änderung. Vielmehr war dieses Sanktionsrccht bereits Bestandteil jener Verfassung, die bei der Europarats-Aufnahme Liechtensteins in diesem Punkt in keiner Art und Weise in Fra­ ge gestellt worden ist... (M.F.) IWF: Tragen unsere Bemühungen Früchte? TRIESEN - Ende der neunziger Jahre ist Liechtenstein als Finanzplatz international un­ ter Druck geraten. Mit radikalen Gesetzesre­ formen und massiven Personal-Aufstockun- gen im Bereich der Justiz, des Justizvollzuges und der Finanzaufsichtsbehörden haben die vorherige und die heutige Regierung versucht, weitere Einbrüche bei dieser lebenswichtigen Einnahmequelle für den Staat und die Volks­ wirtschaft zu vermeiden. Nur 
auf diese Weise war es überhaupt möglich, von der ominösen schwarzen Liste der OECD-Arbeitsgruppe gegen die Geldwäscherei herunterzukommen. Inzwischen ist die Regierung noch weiter ge­ gangen. Sie beantragte beim Internationalen • Währungsfonds (IWF) freiwillig eine Bewer­ tung der liechtensteinischen Gesetzgebung im Finanzdienstleistungsbereich und deren Voll­ zug im internationalen Vergleich. Mit einem personellen Kraftakt, in den 13 Verwaltungs­ einheiten des Staates, sechs Berufsverbünde und diverse Unternehmen mit insgesamt 60 Personen eingebunden waren, musste innert kurzer Zeit zu einem Katalog von rund 650 , • Fragen Stellung genommen werden. Das Er­ gebnis liegt vor und ist ermutigend. Der IWF attestiert unserem Land, dass es seine Haus­ aufgaben als Finanzzentrum (mit Schwer­ punkt Banken, Versicherungen, Wertschriften etc.) gemacht hat. Bleibt die Frage, ob der grosse Aufwand, der in den letzten Jahren zur Verteidigung unseres guten Rufes als Finanz­ dienstleistungsplatz betrieben wurde, am En­ de auch wirklich Früchte tragen wird. Und ob es sich gelohnt hat, so viel Energie und perso­ nelle Ressourcen dafür einzusetzen. Mit die- | sen Fragen, die Radio L ins Rampenlicht sei­ ner Diskussionsrunde vom kommenden Sonn­ tag (6. Juli) stellt, werden Regierungschef Ot­ mar Hasler, Bankenverbands-Präsident Adolf j E. Real und Dr. Stephan Ochsner, Leiter der • Stabsstelle für Sorgfaltspflichten, konfron- • tiert. Die Sendung beginnt wie immer am Sonntagvormittag, kurz nach den 11-Uhr- ; 
Nachrichten. 
EWR-Lösung vor Abschluss Regierungschef Hasler optimistisch zu EWR-Erweiterungsverhandlungen VADUZ - «Die EWR-Erweite­ rungsverhandlungen stehen kurz vor Abschluss», sagte Regie­ rungschef Otmar Hasler gestern am Mediengespräch der Regie­ rung, an dem auch Reglerungs­ chef-Stellvertreterin Rita Kie- ber-Beck und Sozialminister Hansjörg Frlck Fragen zu wichti­ gen Agenden beantworteten. «Martin Frömmel t Am 1. Mai 2004 wird die EU von 15 auf 25 Länder erweitert. Die zehn neuen EU-Länder treten gleichzeitig dem EWR bei. Zwei Schwerpunkte der Erweiterungs­ verhandlungen bildeten für Liech­ tenstein die Finanzen und die Per­ sonenverkehrsregelung. Wie im Volksblatt bereits am 11. April be­ richtet, wird Liechtenstein statt. 300 000 Franken neu 1,5 Mio. Franken zu bezahlen haben. Betref­ fend Personenverkehrsregelung wird Liechtenstein 
jedoch keine Erhö­ hung der Zuzugsquote zugestehen müssen, zeigte sich Hasler erfreut. Zinsertragsbesteuerung Nach der Sommerpause wird auch intensiv über die Zinsertrags­ besteuerung verhandelt. Nach der grundsätzlichen Einigung, welche die EU mit der Schweiz getroffen hat, ist der Regierungschef zuver­ sichtlich, dass auch Liechtenstein eine Einigung erzielen kann. Be­ treffend Schengen verfolge Liech­ tenstein die Gespräche der Schweiz, je nach Ausgang werde auch Liech­ tenstein in solche Gespräche eintre­ ten, so Regierungschef Hasler. Kirche und Bauen Vermutlich in der nächsten Wo­ che wird die Regierung das Wohn- bauförderungsgesetz 
in.die Ver­ nehmlassung schicken. Im Herbst 
soll die Baugesetz-Revision folgen. Die Entflechtung von Staat und Kirche wird nach der Sommerpau­ se mit der Einberufung einer er­ weiterten Arbeitsgruppe vorange­ trieben. Telefonle: «Verbesserungen» Regierungschef-Steil Vertreterin Rita Kieber-Beck informierte, dass der Kauf der Telecom FL durch die LTN kurz vor dem Abschluss stehe. Im September wird das Geschäft dem Landtag vorgelegt. Die Regie- rungschef-Stellvertreterin ist über­ zeugt, dass die neue Telefonielö- sung «deutliche Verbesserung gegenüber der heutigen Situation bringen wird». Ob dies auch eine Verbilligung der Teiefoniepreise bedeutet, liess Rita Kieber-Beck noch offen. Verkehr und Medien Rita Kieber-Beck zum grossen Verkehrsmittel-Projekt: «Wir sind voll dran. Die Regierung wird sich zu dieser Frage in Klausur bege­ben.» 
Zu der anfangs Woche vorge­ stellten «Alpenrheinbahn» sagte Rita Kieber-Beck, die Anbindung des Oberrheintals an die internatio­ nalen Bahnlinien sei für sie nichts Neues, diesbezüglich würden be­ reits Gespräche auf Regierungs­ und Beamtenebene stattfinden. Ein Projekt 
schliesslich, das die Re- gierungschef-Stellvertreterin im Herbst forcieren will, ist die Erar­ beitung einer Medienrecht-Vorlage. Gesundheitsreform Sozialminister Hansjörg Frick beschäftigt sich derzeit sehr inten­ siv mit der Gesundheitsreform. Es gelte derzeit, alle Anträge und Er­ gänzungen seitens des Landtages bestmöglichst einzuarbeiten, um im Oktober die zweite Lesung durch­ führen zu können. Frick betonte, dass die Regierung aber nicht von ihrer grundsätzlichen Stossrichtung abweichen werde. «Das Modell ist zusammen erarbeitet worden und ist eine auf unser Land zugeschnit­ tene Lösung. Wir wollen eine 
Zwischenlösung, um jungen Liech­ tensteiner Ärzten eine Chance zu geben, eine Praxis zu eröffnen», so der Sozialminister. Heute Ärzten, die nicht im Hausarztmodell vertre­ ten sind, die Kassenzulässigkeit wegzunehmen, wäre laut Frick «unmoralisch und unsozial», denn hier sei auf Besitzstandswahrung zu achten. Wirtschaftsleltblld Unter der Federführung von Frick wird derzeit auch ein Wirt­ schaftsleitbild erarbeitet. Als Erstes gelte es eine Art Vision zu ent­ wickeln, um aufuzuzeigen, wohin sich die Wirtschaft langfristig ent­ wickeln soll. Energiekonzept kommt Demnächst in. die. Vernehmlas­ sung schicken will Hansjörg Frick das Energiekonzept. Dieses ziele vor allem in die verstärkte Förde­ rung erneuerbarer Energien sowie die Einhaltung der internationalen Abkommen, sagte Frick. 
Standen Rede und Antwort (v.l.): Reglerungsrat Hansjürg Frlck, Reglerungschef-Stellvertreterln Rita Kleber- Beck und Regierungschef Otmar Hasler. Kein «goldenes Jahr» für Bankensektor Liechtensteinischer Bankeriverband blickt auf 2002 zurück und sieht nach vorne Roundtable-Gespräch gestern In Vaduz: 2002 war kein goldenes Jahr, für die Zukunft herrscht beim Liechtensteinischen Bankenverband aber ver­ haltener Optimismus. 
VADUZ - 2002 - ein schwieriges Jahr - Hessen Adolf E. Real, der Präsident des Liechtensteini­ schen Bankenverbands und Philip Schädler, der Bankenver- bands-Geschäftsführer gestern Abend in Vaduz noch einmal Re­ vue passleren. Die Kemaussa- ge: 2002 war «kein goldenes Jahr*, für die Zukunft Ist man aber verhalten optimistisch. «Wolfnang Zactine r Das schwierige wirtschaftliche Umfeld, eine schleppende Kon­ junktur und das angeschlagene Ver­ trauen in die Finanzmärkte führte dazu, dass die Gewinne bei den Banken im Jahre 2002 einbrachen. Dies 
spiegelte sich vor allem im Rückgang des Gesamttotais der Jahresgewinne der liechtensteini­ schen Banken von 443 Mio. Fran­ ken auf 251 Mio. Franken (-43,34 Prozent) sowie des Bilanzsummen- totals von 34,78 Mrd. Franken auf 32,67 Mrd. Franken (-6,07 Prozent) wider. Doch es gibt auch Positives voiji Bankenplatz zu vermelden. Der Tendenz der vergangenen Jahre fol­ gend, erhöhten sich die Eigenmittel aller Banken von 3,97 Mrd. Fran­ ken auf 4,25 Mrd. Franken, was einem Anstieg von 7,07 Prozent entspricht. Trotz der anhaltend schwierigen Rahmenbedingungen gelang es jedoch einigen Banken, 
'ihre Bilanzsummen zu erhöhen und zusätzliche Kundengelder zu akquirieren. Als besonders ent­ scheidendes Ereignis im Vorjahr - neben dem Ende des FATF-Moni- toring-Prozesses - nannte Real un­ ter anderem den Abschluss des Rcchtshilfeabkommens mit den USA, da so der Ql-Status der liech­ tensteinischen Banken um zwei 
weitere Jahre verlängert werden konnte. An der immensen Bedeu­ tung dieses «Banken-Qualitätssie­ gels» für Liechtenstein liess Adolf E. Real gestern keinen Zweifel: «Wertschriftengeschäfte ohne QI- Status wären zum Beispiel für eine Bank von der Grösse der VP Bank undenkbar.» Die laufenden Verhandlungen 
zwischen Liechtenstein lind der EU in Sachen Zinsertragssteuer sieht Real derweil differenziert: Das po­ sitive Element dabei ist die Beibe­ haltung des Bankgeheimnisses auf dem Status quo. Als nachteilig sind die hohen Projektaufwendungen zu sehen wie auch die Tatsache, dass Drittstaaten von einer fremden. Steuerpolitik vereinnahmt wer­ den.» Der Bankenverbandspräsi­ dent meinte aber, dass aus organi­ satorischen Gründen ein Kompro- miss bis zum Herbst dieses Jahres erreicht werden muss. Thomas Piske soll Adolf E. Real nachfolgen Apropos Bankenverbands-Präsi­ dent. Da Adolf E. Reals zweijähri­ ge Amtszeit die «Halbwertszeit» auch schon überschritten hat, wur­ de gestern während der Presseo­ rientierung die Frage laut, ob es ei­ nen «logischen Nachfolger» für das Jahr 2004 gibt? Eine Frage, die von Real gestern klar beantwortet wur­ de. Der LGT-CEO und bisherige Bankenverbandsvize Thomas Piske wird wohl Real «beerben». Zu guter Letzt konnte der Ban­ kenverband auch Zuwachs vermel­ den. Die NewCentury Bank AG trat zu Beginn des Jahres als 16. Bank dem Bankenverband bei. Somit sind nunmehr 16 von 17 in Liech­ tenstein tätige Geldinstitute unter dem Dach des Bankenverbandes organisiert.
	        

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