Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2003)

DONNERSTAG, 12. JUNI 2003 VOLKS II A Iii 
n T A P DEBATTE ÜBER DEN BLATT I 
L.MIM U I MU RECHENSCHAFTSBERICHT 
6 Rechhnscha fts beric ht VADUZ - Vor allem das Ressort «Bildung» stand gestern im Mittelpunkt einiger Fragen bezüglich des Rechenschaftsberichts der Re­ gierung. Nachdem die Bereiche «Äusseres» sowie «Inneres» von den Landtagsabgeord­ neten mit keiner einzigen Frage bedacht worden waren, musste Rita Kieber-Bcck, die zuständige Regierungsrätin für «Bildung», in einigen Punkten für Klarheit sorgen. Regie­ rungschef Otmar Hasler stellte sich danach den Fragen jener Abgeordneten, die Fragen zum Ressort «Familie und Gleichberechti­ gung» hatten. Religionsunterricht, oder...? Der VU-Abgcordnete Erich Sprenger warf eine interessante Frage bezüglich des Reli­ gionsunterrichts in den Grundschule, auf. Laut Rechenschaftsbericht wurden im ver­ gangenen Jahr die Gespräche zwischen Re­ gierung und Erzdiözese betreffend der zu­ künftigen Gestaltung des Religionsunter­ richts weitergeführt. Die Gemeinden vertra­ ten in der Vernehmlassung die Ansicht, dass eine eigenständige Vereinbarung zwischen Erzdiözese und Gemeinden an der Primarschu­ len erarbeitet werden soll. Im Rechenschafts­ bericht für 2002 peilte die Regierung den Ja­ nuar 2003 als jenen Zeitpunkt an, an dem die Frage nach der künftigen Ausgestaltung des Religionsunterrichts an den Grundschulen beantwortet werden soll. Erich Sprenger wollte nun von Rita Kieber-Bcck wissen, ob es im Januar eine Entscheidung gegeben hat­ te und wenn ja, wie diese aussehe. Rita Kie­ ber-Beck bestätigte, dass es eine Lösung gibt, die wie folgt aussieht: Ab dem Schul­ jahr 2003/2004 wird man zwischen einem konfessionellen Religionsunterricht und dem Fach «Religion und Kultur» wählen können. Wobei natürlich' der Begriff «kon­ fessioneller Religionsunterricht» selbstre­ dend zwei verschiedene Unterrichtsfächer beinhaltet: wahlweise entweder katholischen oder evangelischen Religionsunterricht. Der schiefe Bildungsturm von Pisa Seit Monaten geistert der italienische Ort Pisa mit einer gänzlich neuen Bedeutung durch die Medien. Pisa steht seit geraumer Zeit entweder für Bildung oder für das Feh­ len derselben. Rita Kieber Beck erläuterte gestern auf Anfrage, was die Regierung an­ gesichts des schwachen liechtensteinischen Pisa-Ergebnisses in Zukunft zu tun gedenkt. «Die Regierung», so Kieber-Beck, «erachtet es als sinnvoll, in fünf verschiedenen Hand­ lungsfeldern gezielt tätig zu werden.» Er­ stens soll die deutsche Unterrichtssprache bei Schülern und auch bei Lehrern gefördert werden. Zweitens sollen die bereits beste­ henden Anstrengungen zur Unterrichtsent­ wicklung auch vermehrt die Leseförderung mit einbeziehen. Drittens sollen die Schulen in Zukunft vermehrt mit externen Partnern (Wirtschaft, Eltern, Ausländervereine) ko­ operieren. Viertens soll in Liechtenstein ein systematisches «Bildungsmonitoring» auf­ gebaut werden. Schlussendlich sollen fünf­ tens Unterstütztungsstrukturen wie zum Bei­ spiel Lernbegleitung, Hausaufgabenhilfen und Tagesschulstrukturen ausgebaut werden. Problemfall Zigarettenautomat Der Jugendschutz stand im Mittelpunkt der Fragen, die das Ressort «Familie und Gleichberechtigung» betreffen. Auf die Fra­ ge, wie das heikle Problem der Zigaretten­ automaten in Lokalen, wo sich Minderjähri­ ge Rauchware besorgen können, gelöst wer­ den soll, hatte Regierungschef Otmar Hasler eine differenzierte Antwort parat. Klar sei, dass man das nicht verbieten könne, stellte der Regierungschef fest. Derzeit so Hasler, versuche man das Problem zu lösen, indem man das Gespräch mit dem Gastgewerbe su­ che. «Oft ist bei den Wirten Einsicht vor­ handen», so Hasler. Zudem bestätigte Has­ ler, dass Erwachsene, die Alkohol an Ju­ gendliche ausschenken, bestraft werden. «Jugendliche werden zwar angezeigt, aber in der Regel nicht verurteilt. Es wird viel­ mehr das Gespräch mit den Jugendlichen und deren Eltern gesucht», so der Regie­ rungschef. (woz) 
Ein Geheimnis bleibt Viele Detailfragen des Landtages zum Rechenschaftsbericht der Regierung VADUZ - Das Parlament stimm­ te dem Rechenschaftsbericht der Regierung gestern im Land­ tag einhellig zu. In den Berei­ chen Soziales, Umwelt, Wirt­ schaft, Verkehr, Gesundheit standen jedoch einige Fragen im Raum. • Komella Pfeiffe r Wie dringlich die Gesundheitsre­ form ist, blieb unbestritten. «Eine Gesundheitspolitik ohne Präven­ tion kann keine gute Gesundheits­ politik sein», stimmte Gesundheits­ minister Hansjörg Frick mit dem FL-Landtagsabgeordneten Paul Vogt überein. Die Gesundheitsvor­ sorge werde daher im Zuge der Ge­ sundheitsreform ausgebaut. Ein­ sparungen bei den Gesundheitskos­ ten über die Spitalkosten in den Nachbarländern Schweiz und Vor­ arlberg sehe er jedoch nicht. Poten­ zial Geld zu sparen liege freilich in der Einfuhr von EWR-Arzneimit- teln. Medikamente aus Frankreich seien klar billiger. Dem stünde ein­ zig das Problem nicht-deutschspra­ chiger Beipackzettel im Weg. Nicht mehr Arbeitslose Entwarnung gab Hansjörg Frick zur aktuellen Arbeitsmarktsituation in Liechtenstein. Die Arbeitslosig­ keit habe sich im Mai beruhigt, in­ formierte Hansjörg Frick. Zwar ha­ be sich die Zahl in den letzten drei Jahren auf 532 im Mai 2003 ver­ doppelt, liege mit 1,8 Prozent aber im europäischen Vergleich tief. Der Arbeitslosenkasse drohten damit keine Probleme, informierte der So- zialministcr auf die Frage des stell­ vertretenden FBP-Abgeordneten Christian Brunhart, Auch was die betriebliche Personalvorsorge ange­ he, habe es in Liechtenstein bislang nur vier Einzelfälle gegeben, die als Folge von Verlusten an der Börse eine Unterdeckung aufwiesen. Die Fälle seien unter Kontrolle. 
Die Abschusszahlen tür Wild miissten erhöht werden, kündigte Umweltminister Alois Ospelt an, um den Wald vor Wildverbiss zu schützen und gesund zu erhalten. Massnahmen und Abstriche kün­ digte Regierungsrat Frick für die stagnierende Wirtschaft an. Sei noch im Jahr 2002 der Wirtschafts- förderungsfonds des Landes nicht ausgeschöpft worden, sei der Topf für das Jahr 2003 schon ziemlich leer. Doch habe die Fachhochschu­ le Liechtenstein den Auftrag, ein Wirtschaftsjeitbild zu erarbeiten, erklärte Wirtschaftsminister Frick. Zum neuen Konsumentenschutzge- setz plane das Ressort Wirtschalt für den Herbst die versprochene In- formationsbroschiirc. Das neue Energiekonzept liege auf dem Tisch, bedürfe aber aufgrund der angespannten finanziellen Lage ei­ niger Diskussion. b--. 
Zu viel Wild, zu wenig Wald Der alte Konflikt zwischen Jä­ gern und Waldhütern brachte Emo­tionen 
in die Landtagsdebatte. Die grenzenlose Gier des Menschen sei verantwortlich, dass der Lebens­ raum für Wildtiere in Liechten­ steins Wäldern bedrohlich schrumpfe, so der VU-Landtagsab- geordnete Walter Hartmann. Die Abschusszahlen für Wild müssten erhöht werden, kündigte Umwelt­ minister Alois Ospelt an, um den Wald vor Wildverbiss zu schützen und gesund zu erhalten. Zugleich aber seien Ruhezonen für das Wild notwendig. Fachleute arbeiteten an der Planung. Das Waldgesetz ma­ che aber klar, dass der Schutzwald das wichtigste Gut sei. Für Generationen bedeutend sei auch das Alpenrhein-Entwick- lungskonzept, an dem Liechten­ stein mit den Nachbarländern ar­ beite. Dies sei ein Jahrhundertpro­ jekt, unterstrich Alois Ospelt. Die 
für Liechtenstein aktuellste Frage sei die Untersuchung der Damm- Stabilität, der Hochwasserschutz stehe an erster Stelle. Auf die Frage nach dem geplanten Landwirt­ schafts-Leitbild kündigte der Land­ wirtschaftsminister einen Entwurf bis Ende des Jahres* an. Die Neugier der Abgeordneten, wie das angekündigte, neue Ver­ kehrsmittel aussehe, das die Ver- kehrsministcrin als Verbindungsli­ nie durch Liechtenstein plant, blieb unbefriedigt. Regicrungschef-Stell- vertreterin Rita Kieber-Beck wollte nicht vorgreifen. Zur strittigen Fra­ ge des Letzetunnels zur Verkehrs- entlastung von Feldkirch bekräftig­ te Kieber-Bcck die Haltung der liechtensteinischen Regierung. Sie akzeptiere den Lctzetunnel nicht, wenn er für Liechtenstein eine grössere Verkehrsbelastung bringe. Entflechtung von Kirche und Staat Rechenschaftsbericht der Regierung: Von Kirche bis zur Frage eines EU-Beitritts VADUZ - Im Rahmen der Be­ handlung des rund 400 Seiten dicken Rechenschaftsberichtes der Regierung haben die Land- tagsabgeordneten gestern sehr rege von der Möglichkeit Ge­ brauch gemacht, von der Regie­ rung detailliert Auskunft zu den verschiedensten Bereichen zu erhalten. Dazu gehörte - aus aktuellem Anlass - auch die Frage nach der Trennung von Kirche und Staat. »Marlin Frömmel t Die VU-Abgeordnete Ingrid Hass- ler-Gerner bemängelte, dass die Regierung die Arbeiten zur Thema­ tik «Staat 
und Kirche» gemäss Re­ chenschaftsbericht im Berichtsjahr 2002 nicht parallel zur intensiven Verfassungsdiskussion vorange­ trieben hat. Als Inhaber des Res­ sorts «Präsidium» sagte Regie­ rungschef Otmar Hasler dazu, dass es sehr einfach wäre, seitens des Landes einfach die rechtlichen Grundlagen für eine Entflechtung oder gar Trennung von Staat und Kirche zu schaffen. Weil diese Be­ ziehungen zur Kirche aber vor al­ lem auch die Gemeindeebene be­ treffen, müsse die Lösung konkret durchdacht werden. Es sei seiner 
Meinung nach nicht richtig, die Verfassung nur abstrakt aufVerfas- sungs- und Gesetzesebene vorzu­ nehmen, so der Regierungschef. Demnächst würden die verschie­ densten Institutionen angeschrie­ ben werden, um die Diskussion auf Grundlage der geleisteten Vorar­ beiten wieder in Gang zu bringen. Ausländerrecht Ein weiteres Thema, welches das Ressort Präsidium betraf, war das Ausländerrecht. Gemäss Grund-satzbeschluss 
der Regierung kön­ nen liechtensteinische Staatsange­ hörige mit Wohnsitz in Liechten­ stein und EWR-Staatsangehörige mit Aufenthalts- und Niederlas­ sungsbewilligung in Liechtenstein künftig um eine Aufenthaltsbewil- ligung für ihre Lebenspartner ansu­ chen. Hugo Quaderer (VU) ersuch­ te dazu um konkretere Ausführun­ gen. Wie Regierungschef Otmar Hasler sagte, wollte die Regierung damit Härtefälle vermeiden, dass nämlich Lebenspartner aufgrund Besorgt Uber das Thema «Staat und Kirche»: Ingrid Hassler-Gerner (VU). 
des Ausländerrechts das Land ver­ lassen müssen. Die Regierung hat hierfür pro Jahr eine Quote von fünf derartigen Aufenthaltsbewilli­ gungen 
festgelegt. Aufgrund des grossen Nachholbedarfs sei die Re­ gierung im ersten Jahr jcdoch «viel grosszügiger damit umgegangen», bemerkte der Regierungschef. Opferhilfegesetz Hugo Quaderer erkundigte sich auch nach dem Opferhilfegesetz. Gemäss Regierungschef liegt die­ ses im Entwurf vor. Ein entspre­ chender Bericht soll nach der Som­ merpause in die Vernehmlassung gehen. Keine Empfehlung für EU-Beitritt Im Zusammenhang mit dem von der Regierung eingesetzten Exper­ tenrat wollte Paul Vogt (FL) von der Regierung wissen, ob die von gewissen Medien verbreitete Mel­ dung zutreffe, wonach der Exper­ tenrat die Meinung vertrete, dass Liechtenstein der EU beitreten sol­ le. Regierungschef Hasler vernein­ te dies. Der Expertenrat sei falsch wiedergegeben worden. Die Exper­ ten hätten sich ganz unterschied­ lich geäussert, eine Empfehlung an die Regierung habe es aber nicht gegeben, so der Regierungschef.
	        

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