Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2003)

DIENSTAG, 3. JUNI 2003 SÄ??L LANDESMUSEUM GEGENWART UND ZUKUNFT 
11 ORIGINALE VADUZ - Im Liechtensteinischen Lan­ desmuseum begegnen sich Volkskunde, Geschichte, Kunst, Volksfrömmigkeit, Industriegeschichte und Archäologie. Wer seiner Neugier nachspürt, begeg­ net einzigartigen Originalen: Finanzielle Werte verteidigen und schützen, mussten auch Liechtensteins Vorfahren. So ruht im gotischen Zimmer im Landesmu­ seum ab Herbst der kostbare Münzschatz von Vaduz mit 2434 Gold- und Silbermün­ zen samt Pfennigen aus dem 14. Jahrhun­ dert. 1957 im Altenbach gefunden, gut ver­ borgen in einem Keramiktopf. Von römischer Kirchcngeschichte berich­ tet ein Taufbecken, entdeckt unter der Kir­ che St. Peter in Schaan. Das Taufbecken ist gemauert wie ein Brunnenschacht. Die Christen der Frühzeit Hessen sich als Erwachsene ins'Taufwasser eintauchen. Die älteste Kirche. Liechtensteins entstand im Kastell, das die Römer im 5. Jahrhundert bauten. Das Fragment eines mittelalterlichen Wassergefasses in Form eines Hirsches ist eine besonders schöne Keramikarbeit. Das Aquamanile stammt aus dem 13. Jahrhun­ dert. Das Gefiiss wurde auf der Oberen Burg Schellenberg gefunden. Vielleicht hat sie als Klappdeckel einer Tasche gedient, die Bronze-Zierscheibe aus dem 7. Jahrhundert nach Christus. Sie zeigt einen Tierkopfwirbel mit einem. Durchmesser von 9,3 Zentimetern. Die Zierscheibe wurde 1934 in einem alemanni­ schen Frauengrab in der Specki in Schaan gefunden. 
Vom Raritätenkabinett zum Museum Serie über das Liechtensteinische Landesmuseum - Teil 3: Odyssee für die Kulturgeschichte VADUZ - Eine Reise in die Welt unserer Vorfahren - die ist ab Herbst im Liechtensteinischen Landesmuseum in Vaduz zu erleben. Viele Jahre war die Museums-Sammlung auf Odys­ see. Nun ist sie am Ziel. Was vor 110 Jahren als Raritätenka­ binett begann, zeigt sich als einmaliges Gedächtnis einer 7000 Jahre alten Kulturge­ schichte. »Liechtensteinisches Landesmuseum Sie konnten kämpfen, die Ahnen Liechtensteins. Ein kleiner gepan­ zerter Krieger aus Bronze scheint ein Indiz. Der Mars von Gutenberg stammt .aus dem 3.-1. Jahrhundert vor Christus. Gefunden hat man ihn in einer Felsmulde auf dem Gutenberg. Zum Mars gehören drei weitere Kriegerfigürchen, dazu drei Figuren mit betonten Geschlechtsmerkmalen, ein Eber und ein Hirsch. Die Miniaturgrup­ pe ist einzigartig in den Alpen und weist den Burghügel Gutenberg aus als vorchristliche Opferstätte für Fruchtbarkeit und Kriegsglück. Das Leben hat sechs Themen Die neun Votivfiguren wirken geheimnisvoll, im kleinen dunklen Raum unter den über vierzig Aus­ stellungsräumen des Liechtenstei­ nischen Landesmuseums. Weil die Sehnsucht nach Schutz tief veran­ kert liegt im Menschen, ordnen sich die wertvollen Figuren ins Thema «Schützen» ein. Auf sechs Etagen findet der Museumsbesu­ cher liechtensteinische Landeskun­ de, aufgeteilt in sechs Schwer­ punkte des menschlichen Tuns. Leitmotive zu den Themen «Sie­ deln, Schützen, Herrschen, Feiern, Schaffen, Nutzen» führen auf die Reise gemeinsamer Erinnerung durch die Zeit. Die sechs Brücken von der Ver­ gangenheit ins Jetzt schlägt das Museum über drei eigenwillige Häuser. Zwei Zeugen des Kulturer­ bes - das Landesmuseum aus dem Spätmittelalter und das Verweser- haus mit seiner Neurenaissancefas­ sade - sind mit der Bruchsteinmau­ er eines Neubaus zusammenge­ wachsen. Im zurückhaltenden Neu­ bau im Schlossberg findet die Naturkunde ihren Platz. Im Lan­ desmuseum und im Verweserhaus begegnen sich Volkskunde, Geschichte, Kunst, Volksfrömmig­ keit, Industriegeschichte und Archäologie. Händler und Römer Von der frühen Wirtschaftsge­ schichte Liechtensteins erzählt im gotischen Zimmer des Museums 
Der Mars von Ortenberg stammt aus dem 3.-1. Jahrhundert vor Christus. Zu ihm gehören drei weitere Krie­ gerfigürchen, drei Figuren mit betonten Geschlechtsmerkmalen, ein Eber und ein Hirsch. Die Votivgruppe ist einzigartig in den Alpen. Der römische Legionärshelm stammt aus dem 1. Jahrhundert nach Christus. Zwei davon wurden im Duxwald gefunden. 
der kostbare Münzschatz yon Vaduz. Die 2434 Gold- und Silber­ münzen samt Pfennigen aus dem 14. Jahrhundert sind Zeugen, dass in Vaduz einst reger Handel statt­ fand. Von römischer Kirchenge­ schichte berichtet ein gemauertes Taufbecken, entdeckt bei der Kir­ che St. Peter in Schaan. Die älteste Kirche Liechtensteins entstand neben einem Kastell, das die Römer im 5. Jahrhundert als Mili­ tärbasis bauten. Zwei Römerhelme aus dem 1. Jahrhundert nach Christus, gefun­ den im Duxwald in Schaan, weisen darauf hin, dass römisches Militär zumindest zeitweise im Gebiet des heutigen Liechtensteins war. So die Archäologin Ulrike Mayr. Kopien der Helme - die Landesmuseen in Zürich und Bregenz besitzen die Originale - sind wie das Schaaner Taufbecken und der Vaduzer Münzschatz unter dem Lebenslhe- ma «Schützen» im Landesmuseum zu sehen. Archäologische Expona­ te finden sich jedoch überall ver­ streut im Museum - auf dem Weg von Thema zu Thema. Antiquitätenhändler tummein sich Die frühesten Kronzeugen der Kulturgeschichte sind im Gewölbe des Verweserhauses untergebracht. Ein Keramiktopf aus dem 6. Jahr­ hundert vor Christus signalisiert als Leitmotiv das Ur-Thema «Sie­ deln». Keramik gilt als Symbol dafür, dass sich Nomaden zu Sied­ lern entwickelten. Keramik deutet auf Land- und Milchwirtschaft, Technik, Handwerk, Handel hin, belegt den Schönheitssinn unserer Altvorderen, erzählt von Totenkul­ ten. Und mit den archäologischen Spuren, bei Ausgrabungen gefun­ den, begann die Geschichte der Sammlung des Liechtensteinischen Landesmüseums. «Museumsgeschichte ist immer Sammlungsgeschichte und umge­ kehrt», sagt Norbert Hasler, Kon­ servator des Liechtensteinischen Landesmuseums. Beides freilich geriet 110 Jahre lang zu einer Odyssee. Zunächst beobachtete Landesverweser Friedrich Stellwag von Carion, dass sich Antiquitäten­ händler in Liechtenstein tummel­ ten. Ein Grund, warum wertvolle Zeugen der Kulturgeschichte spur­ los verschwanden. Der fürstliche Beamte beschloss, auf Schloss Vaduz ein Kuriositätenkabinett ein­ zurichten. Suche nach Spuren Mit Feder und Tinte schrieb von Carion das erste Verzeichnis für das fürstliche Landesmuseum. 
Pfeilspitzen» Topfscherben,, ein Plan von Resten eines römischen Wohnhauses in Nendeln, Münzen notierte er für die Antiquitäten- und Raritätenabteilung. Ausgestopfte Alpenhasen, Steinmarder,. 150 Schmetterlinge und 650 Käfer ver­ zeichnete er mit anderen Ausstel­ lungsstücken für die naturhistori­ sche Abteilung. Von Carion starb 1896, seine Sammlungen wurden 1905-1909 ins Regierungsgebäude evakuiert, Schloss Vaduz renoviert. Ein Auge auf die Spuren der Vor­ geschichte und der Römerzeit zu werfen - das hatte sich inzwischen auch der 1901 gegründete Histori­ sche Verein zum Ziel gesetzt. 1938 zerfiel das Museumsgut jedoch in drei Teile. Einer kam ins Rathaus Vaduz, einer ins Schulhaus Eben­ holz, ein Teil in den Engländerbau. Schloss Vaduz wurde für Fürst Franz-Josef II. zü seinem Wohnsitz ausgebaut. 1954 zog das Museum schliesslich auf einer Etage der Liechtensteinischen Landesbank ein. «Altes Kulturgut der Heimat» hiess eine Ausstellung 1959, die die Schätze der Kulturgeschichte Liechtensteins zeigte. Landesmuseum seit 1972 1966 kam dann die Nachricht, dass die Landesbank die Museums- etage selber brauche. Wieder wurde zusammengepackt. Die Kul­ turgüter kamen ins Magazin in die alte Volksschule in Vaduz, bis die ehemalige Taverne «Zum Adler» bereit stand. 1972 wird das Liech­ tensteinische Landesmuseum - bis dahin Projekt des Historischen Ver­ eins - als eigenständiges Landes­ museum gegründet.- Sammeln, erhalten, dokumentieren, erfor­ schen, vermitteln sind die zentralen Aufgaben. 1992 kam jedoch für elf Jahre nochmals das Aus. Bauarbei­ ten rissen Spalten ins historische Mauerwerk. Die nächste Schülergeneration hat nun das Vergnügen wieder, ihr Land im Museum zu entdecken. Wenn das Liechtensteinische Lan­ desmuseum im Herbst seine Türen öffnet, zeigt es eine Ausstellung, die Kulturgeschichte und Natur­ kunde zum Erlebnis macht. Man­ che Lücke gibt es noch zu schlies- sen, manches" Wunschobjekt zu ersteigern, manches Exponat zu erforschen. Ein Beispiel: ein klei­ ner Napoleon Bonaparte, den ein französischer Soldat im Franzosen­ krieg verlor. Norbert Hasler fand heraus, dass die Bleifigur in Mau­ ren beim Haus Nr. 111 begraben lag. . Stationen der Kulturgeschichte Im Museum begegnet der Besu­cher 
den Originalen. Beispiele sind die sechs Leitmotive, die durch das Museum führen. Der Keramiktopf aus dem 6. Jahrhundert vor Chris­ tus signalisiert das Thema «Sie­ deln». Der heilige Luzius, der am Kirchturm von Bendern thronte, ist Leitmotiv für das Thema «Schüt­ zen». Für das Thema «Herrschen» steht die Goldmedaille mit dem Porträt Fürst Johann Adam Andre­ as'. Die Stalltür mit den 35 Alpab­ fahrtsherzen ist Leitmotiv für «Feiern». Ein Telefonvermittler- schrank macht neugierig auf das Thema «Schaffen» und ein Stein­ adler zum Thema «Nutzen» auf­ merksam auf die Naturkunde. «Zur Kulturgeschichte gehört alles: Streitkultur, Sprachkultur, Essenskultur, politische, wirt­ schaftliche, soziale Kultur, Reli­ gion, Aberglaube», fasst Norbert Hasler zusammen. Das neue Lan­ desmuseum zeigt Stationen durch den Kulturraum des Landes von den Anfängen vor rund 7000 Jah­ ren bis heute. Eine Institution, die wie keine andere umfassend an der Kulturgeschichte mitschreibt, mag der Stammtisch sein, der zum «Feiern» im Museum aufgestellt ist. Und ein mittelalterlicher Spiel­ würfel gibt der Fantasie einen Tipp, wie 
Liechtensteins Ahnen Lebens- glücksuchten. Das Liechtensteinische Landesmu­ seum zeigt die Kulturgeschichte Liechtensteins in drei eigenwilli­ gen Häusern. Das spätmittelalter­ liche Landesmuseum und das Ver­ weserhaus mit seiner Neurenais­ sancefassade sind mit einem zurückhaltenden Neubau im Schlossberg zusammengewach­ sen. TEIL 4 Soweit Teil 3 unserer Serie über das Liechtensteinische Landes­ museum, das im Herbst wieder­ eröffnet wird. Am 21. August folgt die Fortsetzung. Dann steht die Abteilung Naturge­ schichte des Museums im Mittelpunkt.
	        

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