Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2003)

MITTWOCH, 26. FEBRUAR 2003 VOLKS I IIVII A MIY 
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U ZUR VERFASSUNG 
4 PRO UND KONTRA «Doppeltes Nein ist ein äusserst gefährlicher Weg» Josef Eberle: «Die Regierung hat sich den Weg in der Kon- sensfindung nicht leicht gemacht und hat den Verhand- lungsspielraum aus­ geschöpft-- Aus mei­ ner Sicht konnte sie keinen 
1 anderen Weg finden.» Mit diesen Wor­ ten begründete gestern Josef Eberle sein «Ja» zur fürstlichen Verfassungsinitiative im leidi­ gen Verfassungsstreit zu finden. Hart ins Gericht ging Eberie mit der offiziellen Partei­ linie der VU: «Die VU geht mit der Empfeh­ lung des doppelten Neins einen äusserst gefahr­ lichen Weg. Nichts wäre mehr wie vorher.» . «Es geht sehr wohl um den Fortbestand der Monarchie» • Hansjörg Marxer: Der frühere Präsi­ dent der FBP, vertrat die Meinung, dass es bei der Abstim- . mung im März um mehr geht als um die Zustimmung oder die Ablehnung des fürstlichen Verfassungsvorschlags: «Es geht um die Ausgestaltung der Staatsform. Wenn diese Ausgestaltung eine Fassaden­ oder Folkloremonarchie zum Ziel hat, ist dies mit einer Abschaffung der Monarchie gleichzusetzen. Insofern stimmen wir im März sehr wohl über den Fortbestand der Monarchie ab.» Marxers Votum wurde übri­ gens von Markus Vogt vorgelesen, da Mar­ xer aus gesundheitlichen Gründen nicht per­ sönlich anwesend sein konnte. «Kalt den Rücken runter» Georg Schierscher: Schierscher erinner­ te die Zuhörer - daran, dass die Ver­ fassung «ein Vertrag zwischen zwei Part- . nern ist, mit dem Zweck, auf der Basis gegenseitigen Vertrauens gemeinsam für das Wohl des Volks zu sorgen». Schierscher kreidete dem «Partner» Fürst Hans-Adam II. vor allem seine TTironrcde vom 13. Februar an. «Mit meiner Geisteshaltung gehöre ich zu jenen Tausenden, die gemäss der Thronrede poli­ tisch und sozial wieder integriert werden müssen - wie vor gut 50 Jahren.» Ihm, so Schierscher, laufe es bei solch einer AnSpie-. lung «kalt den Rücken runter». Sein Fazit: «Die Friedensinitiative ist eine Konkretisie­ rung dessen, was unter heutigem Demokra­ tieverständnis zu verstehen wäre.» «Eine Machtdemonstration» Thomas Büchel: ' Für ihn, so Thomas Büchel, sei die Fürs- % teninitiative kein ? echter Kompromiss, | da sie auf eine mit Drohungen verbun- ; dene Machtdemop- j strätion basiere. r Zudem sei sie, wie Büchel festhielt, kein ; Fundament für eine gemeinsame Zukunft, l da sie Parteien, Freundschaften und Famiii- F • en spalte. «Ich sehe darin auch keinen , Garant für den Erhalt der dualen Staatsform. • Die Staatsgewalten verschieben sich zu Gunsten der monarchistischen Seite», argu­ mentierte er Weiter. «Ich bin nicht antimon­ archistisch, ich bin nicht gegen die Fürsten- familie, aber ich bin gegen die Verfassungs­ vorschläge des Fürstenhauses», so. sein Fazit. 
«Scheut nicht das Nein!» Kritiker der fürstlichen Initiative appellierten an Teilnehmer des Sonderparteitags VADUZ - Mit Spannung erwar­ tet wurden gestern beim FBP- Sonderparteitag die Voten der Kritiker des fürstlichen Verfas­ sungsvorschlags. Guido Meier, der ehemalige FBP-Fraktlons- sprecher und Carl Walser, der ehemalige FBP-Partelsekretär legten sachlich ihre Sicht der Dinge den hunderten Zuhörern dar. . « WoIHwib 
Zechtur ' Hart ins Gericht sowohl mit der Ver­ fassungsinitiative des Fürsten als auch mit der eigenen Partei ging' erstmals der ehemalige Fraktions­ sprecher Guido Meier in seinem Votum. «Es darf nicht sein», so Meier, «dass ein modemer Staat und ein Volk im 21. Jahrhundert wesentliche demokratische Errun­ genschaften und rechtsstaatliche Garantien seiner Verfassung aufgibt, nur Weil das Staatsoberhaupt droht, ansonsten seinen Wohnsitz ins Aus­ land zu verlegen und seine Verant­ wortung und Aufgaben nicht wahr­ zunehmen.» Das, so Meier, dürfe man nicht akzeptieren. «Wir sind jetzt drauf und dran, unseren demo­ kratischen Rechtsstaat zu schwächen - das haben dutzende renommierte internationale Verfas­ sungsjuristen im In- und Ausland festgestellt», appellierte Meier an die Zuhörer. Meier warnte davor, dass der Fürst mit der-von ihm vor­ geschlagenen Verfassungsänderung alle drei Staatsgewalten in den Griff bekomme. «Das wäre mehrMacht, als alle Staatsoberhäupter Europas, Demokratien und Monarchien inbe­ griffen», so 
sein Nachsatz. «Gift für unsere Selbstachtung» An einigen Kernproblemen macht Meier seine Kritik an der fürstlichen Initiative fest. Erstens warnte Meier davor, dass «der Fürst .in Zukunft die Gesamtregierung jederzeit nach seinem Gutdünken entlassen kann». Er brauche, so Meier, in Zukunft nicht einmal mehr einen Entlassungsakt. «Kann so eine Regierung überhaupt noch eine Position des Volkes gegenüber dem Fürsten im Interesse des Lan­ des wirklich vertreten?», rief Meier 
«Scheut euch nicht, ein Nein In die Urne zu werfen», so Guido Meier. 
Carl Walser rührte gestern die Werbetrommel für ein «Ja» zum Verfassungsfrleden. fragend in den Vaduzer Saal. Einen weiteren Knackpunkt ortete'Meier in der Frage der Richterernennung: «Sämtliche Richter wird der Fürst * letztendlich auswählen können durch ein von ihm dominiertes Gre­ mium, in dem er das absolute Veto­ recht hat» Mit fester Überzeugung in seiner Stimme stellte er den Delegierten die rethorische Frage, ob sie das wollen, würden: «Wollt ihr das wirklich, dass cuch der ent­ scheidende Einfluss auf die Rieh' terwahl praktisch weggenommen wird?» Sein düsteres Fazit formu­ lierte Meier mit markigen Worten: «Diese Verfassungsänderungsvor­ schläge unterhöhlen unsere Demo­ kratie' und unseren Rechtsstaat, neh­ men uns unsere Selbstachtupg als. Volk und nehmen uns die Achtung def anderen Mitglieder der demo­ kratischen Staatengemeinschaft.» Die Parteiführung der FBP griff Meier direkt an: «Die Regierung und die Parteileitung verstricken sich in ihren widersprüchlichen Argumenten. Sie handeln gegen ihre Überzeugung und werden dadurch unglaubwürdig.» Ohne Fürst sind wir nichts. Dieser Spruch, der Landtagspräsident Klaus Wan­ ger zugeordnet wird, stösst bei Meier auf völliges Unverständnis: «Dieser tragische Spruch unseres obersten Volksvertreters ist Gifl für unsere Selbstachtung als Volk, 
unterminiert die geistigen und emo­ tionalen Grundlagen unseres Staats- bewUsstseins 
und bringt uns in' bedingungslose Abhängigkeit.» Sein Rede beendete Meier mit einem leidenschaftlichen Schluss­ appell: «Beide, Fürst und Volk, haben einander viel zu verdanken und können einander auch weiterhin viel geben. Scheut euch aber nicht; gegen diese Fürsteninitiative und 
- auch'gegen die Parple unserer Partei ein Nein in die Urne zu werfen - für -die wahre Stärkung unserer Demo­ kratie, für unseren Rechtsstaat, unsere Institutionen Landtag, Gerichte und Regierung, für den langfristigen Bestand unserer Mo­ narchie, für Gott, Fürst und Vater­ land.» Seine Schlussworte gingen im Vaduzer Saal aber ein wenig unter. Zahlreiche Zuhörer, die an Meiers "Ausführungen offenbar keinen grossen Gefallen finden konnten, verliehen ihrem Unmut kräftig Ausdruck. Pfiffe und Buhrufe wur­ den bislang so laut, dass Partciprä- .sident Johannes Matt um Ruhe bit­ ten musste. Einzig Meier liess sich durch die Störaktionen nicht aus der Ruhe bringen. Aufruf zur Faimess Als Aufruf zur Faimess, Sach­ lichkeit und Respekt wollte Carl Walser, der ehemalige FBP-Partei-sekretär, 
sein Votum verstanden wissen. Walser, der sein Referat unter das Motto «In Sorge um die FBP- in Verantwortung für Liech­ tenstein» stellte, sprach auch gleich Klartext: «Mit vielen Liechtenstei­ nerinnen und Liechtensteinern bin ich gegen eine Machtverschiebung zugunsten des Fürstenhauses. Ich •unterstütze uneingeschränkt die. Friedensinitiative, welche eine Machtverschicbung. zu Gunsten des Volkes vorsieht.» Mit Sorge, so Walser, sehe er den Riss, der durch die Bevölkerung, • durch Familien, Freundschaften, durch Berufs- und Geschäftsbezie- hurigen und nicht zuletzt .auch durch die FBP gehe. Walser, ein Mitinitiant der Friedensinitiative, argumentierte in derSache ähnlich wie sein Vorredner. Des Pudels Kern liegt für Walser in der Annah­ me der Friedensinitiative versteckt. «Die Waage des Dualismus würde sich mit einer Annahme der Frie­ densinitiative zugunsten des Volkes verschieben, 
wir hätten unsere Rechte gesichert. Fürst, Volk, Landtag, Regierung und Parteien hätten nach dem 16. März die Möglichkeit, alle politischen Fra­ gen ohne Drohung anzugehen. Ich bin überzeugt, dass das Fürsten' haus diese Entscheidung des Volkes mittragen würde», so sein. Fazit. VADUZ - Nachdem Ihre Vorred­ ner Carl Walser und Guido Meier ihre tiefen Vorbehalte gegen die fürstliche. Verfas­ sungsinitiative geäussert hat­ ten, trat die Europaratsabge- ordnete Renate Wohlwend ans Rednerpult. Ihre Botschaft war klar: ein «Ja» zur Fürsten-Initia­ tive. «WtHgina Zachru r  . . Sie sehe die Problematik, so Wohl- wend, anders als ihre beiden Vor­ redner, vertrete daher einen ande­ ren Standpunkt, werte anders und gelange deshalb zu einer änderen Schlussfolgerung. Für Wohlwend stellt die Friedensinitiative keine Alternative dar: «Wie kann ich ohne Rücksprache oder zumindest ohne Informationsgespräch - mit Seiner DurchlauchL ein derart wichtiges Thema angehen, im Wis­ sen, dass gerade ein -Kompromiss 
mit anders lautenden Texten zustande gekommen war? Die Befürworter der Friedensinitiative sind nicht Befürworter des Dualis­ mus, der unsere Staatsform prägt», so die Europaratsabgeordnete. Wohlwend warf den Gegnern der 
Initiative von Fürst und Erbprinz vor, «an den Grundfesten unseres ganz speziell ausgeprägten Dualis­ mus herumzulaborieren». Und Wohlwend weiter: «Im Eifer des Sich-gegenseitig-Angiftelns bemerkten und bemerken viele 
«Friedensinitiative ist keine Alternative» Renate Wohlwend plädierte für ein «Ja» zur fürstlichen Verfassungsinitiative Kritiker-gar nicht mehr, dass ihre Äusserungen selbst zerstörend für unser Land sind.» Auch erinnerte dioEuroparatsab­ geordnete an die ihrer 'Meinung nach falschen Schlüsse der Vene- dig-Kommission. Das Gutachten ist fehlerhaft», so Wohlwend, die sich auch erleichtert darüber zeig­ te, dass es zu keiner dringlichen Debatte im Europarat zum -Thema gekommen war. Eine solche Debat­ te hätte, so Wohlwend wörtlich, «vernichtend für unser Land» sein können.- . Zum Schluss appellierte sie noch einmal an alle Anwesenden ''sich für ein «Ja» zur fürstlichen Initiative auszusprechen: «Diejeni­ gen von uns, die weiterhin in einer Monarchie gedeihlich leben wol­ len, mit einem Monarchen, der nicht nur Pflichten und Lasten, sondern auch Rechte hat, sollten sich mit einem <Ja> aussprechen.» 
Renate Wohlwend appellierte gestern an alle Anwesenden, der fürstli­ chen Verfassungsinitiative zuzustimmen.
	        

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