Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2003)

DONNERSTAG, 20. FEBRUAR 2003 VOLKS I 
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U MUSIKALISCHE SPENDE GUGGER-SPENDE Gugger für Kinder SCHAAN - Die Kindertagesstätte in Schaan hat anlässlich des Kindermasken- balls am vergangenen Samstag einen Check über 400 Franken von der Guggamusik Röfischrenzer erhalten. Wir möchten uns an dieser Stelle herzlich für die Spende bedan­ ken. Das Bild zeigt einige Kinder der Kindertagesstätte mit dem symbolischen Check. (Eing.) F 
ÄS. 125 qp 
JAHRE VOLKSBIÄTT Ereighisse der letzten 125 Jahre MALCOLM X ERMORDET NEW YORK, 23. Februar 1965 - Der nationalistische Negerführer Malcolm X ist am Sonntag im New Yorker Viertel Harlem während einer Zusammenkunft erschossen worden. Nacti Angaben der Polizei wurde der Anschlag in einem Gebäude in der 166. Strasse in der Nähe des Broadwäys verübt. Malcolm X wurden in den Magen getroffen und erlitt schwere Verletzungen, denen er . wenig später im Spital erlag. Beim Attentat wurden zwei weitere Männer verletzt. Auf Malcolm X, den ehemaligen Führer der Black Moslems; war bereits vor einer Woche ein Anschlag verübt worden. Mal­ colm X 
war vo r kurzer Zeit von einem . Besuch in Grossbritannien nach- New York zurückgekehrt. - Nach der Ermordung des Negerführers Malcolm X wurden zwei Neger verhaftet, die nicht entkommen konn­ ten und von den Teilnehmern ah der Zusam­ menkunft am Saalausgang beinahe gelyncht worden wären. Einer der Verhafteten wurde dermassen misshandelt, dass er ins Spital verbracht werden musste. Malcolrri X wurde 1925 geboren. Seineri Familiennamen hat er bewusst abgelegt, mit der Begründung, er sei seinen Vorfahren von weissen Sklaven­ händlern gegeben wörden". Er stammte aus Omaha in Nebraska und war der Sohn eines schwarzen Baptistenpfarrers,, der vom Ku Klux Klan umgebracht wurde. Morgen: 20 Jahre Heilpädagogische Stätte ANZEIGE 
«Ein Gebot der Vernunft» Gespräch mit Alt-Regierungschef Dr. Walter Kieber SCHAAN - «Hinter den Artikel 112 der Verfassung habe ich mich nie gestellt», widerspricht Alt-Regierungschef Walter Kle­ ber Aussagen von VU-Fraktlons- sprecher Peter Sprenger, der bei Kieber in Sachen Staatsgerichts­ hofkompetenz einen Sinneswan­ del festgestellt haben will. • Martin Frömmelt — . ? Volksblatt: Herr Dr. Kieber, Sie wurden letzte Woche von Dr. Peter Sprenger in einem Leser­ brief wegen ' Ihrer Beiträge in unserer Zeitung zum Verfas­ sungsthema heftig kritisiert: Wie gehen Sie damit 
um? Dr. Walter Kieber: Ich wurde vom Fraktionssprecher der Vater­ ländischen Union Dr. Peter Spren­ ger nicht kritisiert, sondern persön­ lich angegriffen. Das ist ein grosser Unterschied. Dr. Peter Sprenger hat nämlich zum Inhalt meiner 
Zei- WEG DER ATTACKE tungsartikel überhaupt nicht Stel­ lung genommen, sondern den Weg der Attacke gegen meine Person gewählt. Er ist bekannt dafür, dass ihm immer wieder «die Sicherung durchbrennt». Auf das Niveau des Herrn 
Doktor Sprenger werde ich mich nicht herablassen. Was waren Ihre Motive für Ihre seinerzeitige, völlig unerwartete Kritik an dem von Dr. Gerard Batlin?r, Dr. Herbert Wille und Professor Andreas Kley publi­ zierten Memorandum? ^ ^— Ich darf.vora.usschicken, dass ich von allen drei Autoren des •Memo­ randums 
wissenschaftliche ArbeU ten kenne, die in Fachkreisen gros­ se Beachtung und Anerkennung gefunden haben. Das Memoran­ dum hat mit dergleichen leider Gottes nichts zu tun. Bei der Lektü­ re des Memorandums war es für mich schockierend, feststellen zu müssen, dass es die heutige duale Verfassungsstruktur in Zweifel zieht. In den acht Kapiteln des Mem'orandums werden nämlich Regelungen in Frage gestellt, die "bereits seit 81 Jahren, zum festen Bestand der Verfassung von 1921 gehören. Es sind dies die «Immu­ nität des Landesfürsten», das «Sanktionsrecht des Landesfürs­ ten», das «Notverordnungsrecht des Lande^fürsten», das «Recht des Landesfürsten, die Regierung bei Vertrauensverlust des Amtes zu entheben» und das «Recht des Fürstenhauses, die Thronfolger die Volljährigkeit des Fürsten und des Erbprinzen sowie die Vormund- . schaft ipi Hausgesetz zu regeln». Angesichts dieser Situation habe ich für mich als ehemaligen Regierungs­ chef upd als Verfassungsjurist eine Verpflichtung gesehen, meine Sicht der Dinge öffentlich darzulegen. Dr. Peter Sprenger sieht in Ihrem Engagement für die vom Fürsten und vom Erbprinzen eingereich­ te Volksinitiative einen Sinnes­ wandel. * . Eine Verfassungsreform ist keine Publikumsveranstaltung unter dem Motto «Wünsch dir was». 'Sie ist auch Jcein juristisches Seminar,.bei iiem Professoren ihre 
Verfassungs­ theorien ausbreiten. Eine Verfas­sungsreform 
ist zähe, aüf die Erzielung eines politischen Kom­ promisses ausgerichtete Arbeit. •Ein solcher Kompromiss ist im August des letzten Jahres zwischen der Regierung, der Landtagsmehr­ heit und der VerfassurigskommissH on einerseits und dem Landesfürs­ ten sowie dem Erbprinzen anderer­ seits zustande gekommen. Der Kompromiss, der beiden Seiten einiges abverlangt hat, hält- sich sireng an die Prinzipien unserer dualen Verfassungsstruktur und beinhaltet neue 
Kompeten2zuwei- KOMPROMISS VER­ LANGT EINIGES AB sungen und Kompetenzverlage­ rungen, die sachlich begründet sind und das in der Verfassung vön 1921 geschaffene Machtgleichge-- wicht nicht verändern. Die Verfassung von 1921 wurde seinerzeit dem Volk nicht vorge­ legt. Von den rund 30 Verfassungs­ änderungen in den letzten 8j Jata ren würde nur ein Bruchteil vor. das Volk gebracht. Es betraf nur Teilaspekte, wie Änderung des Wahlrechts, Erhöhung der. Abge­ ordnetenzahl, Einführung des Fr'auenstimmrechts, Verankerung des Staatsvertragsreferendums; . Die Volksinitiative des. Fürsten und des Erbprinzen hat einen ganz anderen Charakter. Ihre Reform­ vorschläge betreffen allesamt Ver­ fassungsprinzipjen,- welche die liechtensteinische* Verfassung von 1921 prägen, nämlich den Dualis­ mus von Fürst und Volk, die Demö- kratie, den Parlamentarismus und den Rechtsstaat. Die Entscheidung über die systemkonforme Verstär­ kung dieser Prinzipien beinhaltet zugleich eine Entscheidung über diese Prinzipien selbst. Insofern ist das liechtensteinische Volk zum ersten Mal in der Geschichte aufge? rufen, auch über die Grundprinzipi­ en unseres Staates zu entscheiden. Es ist ein Gebot der Vernunft, diese Chance zur direkt-demokratischen Legitimation unseres Grundgeset-" zes zu nutzen. Dies ist dine neue Einsicht und kein Sinneswandel. Dr. Peter Sprenger wirft Ihnen vor, dass Sie sich früher für die 
«Es ist ein Gebot der Vernunft, diese Chance zur. direkt-demokra­ tischen Legitimation unseres Grundgesetzes zu nutzen»: Alt- Regierungschef Walter Kleber. Beibehaltung von Art. 112 der Verfassung ausgesprochen hät­ ten, davon jetzt aber nichts mehr wissen wollen. Ich habe mich 1996 in einer an den Fürsten, die Regierung und den Landtagspräsidenten 
gerichteten Stellungnahme für eine Kompetenz des Staatsgerichtshofs zur Durchset­ zung der verfassungsmässigen Kompetenzordnung ausgesprochen. Hinter den Artikel 
.112 der Verfas­ sung, der rtcliüich darüber weit hin­ ausreicht, habe ich mich jedoch nie gestellt. Im Gegenteil, ich habe. 1998 in einer Stellungnahme an den damaligen Regierungschef Dr. Mario Frick zu einem Entwurf der Verfassungskommission, der sich eng an den geltenden Art. 112 der Verfassung anlehnte, Folgendes ausgeführt: «Da nach dem vorgeschlagenen Text der Staatsgerichtshof offen­ sichtlich mit Bindungswirkung für alle und nicht nur für das antrag­ stellende Organ über die 
Ausle- GEGEN AUSUFERNDE KOMPETENZ gung der betreffenden Verfas-- sungsbestimmung zu entscheiden hat,.würde mit dem neuen Art. 112 
ein Verfahren zur allgemein ver­ bindlichen Interpretation der Ver­ fassung eingeführt, das die in Art. 65 Abs. 1 lind Art. 1 LI. Abs, 2 der Verfassung enthaltenen. Vorschrif­ ten über die authentische Interpre-' tation völlig aushöhlt. Eine solche ausufernde und den Staatsgerichts­ hof letztlich überfordernde Ausle­ gungskompetenz ist aus demokra- tiepölitischen Gründen abzuleh­ nen.» . Dies ist eine deutliche Sprache und ein Beweis dafür, dass der Vor­ wurf von Dir Sprenger, ich hätte frühere Überzeugungen Über Bord geworfen, ungerechtfertigt ist. Sind Sie der Meinung, dass die Stimmbürger im Hinblick auf die Volksabstimmung vom 16. März bisher ausreichend infor­ miert worden sind? Nachdem.ich in den letzten drei Monaten versucht habe, mit ver­ schiedenen Artikeln im «Volks­ blatt» selbst einen Bditrag zur Information der iiechtensteini- scheg Öffentlichkeit zu leisten, möchte ich mir in dieser Frage köin Urteil anmassen. In einem Punkt traue ich mir aber zu; ein Urteil abzugeben:* Die liechtensteinischen Stimmbürger haben es nicht verdient, seitens des «Demokratie-Sekretariats» in den Landeszeitungen laufend 
"Schlag- KEINE SACHLICHE INFORMATION worte aufgetischt zu erhalten, die mit einer sachlichen Information nicht das Geringste zu tun haben. Vor einiger Zeit hiess es, dass «Liechtenstein bei Annahme der Fürsteninitiative seine demokrati­ schen Errungenschaften verlieren und in die Zeit des Spätabsolutis­ mus zurückgeworfen werde». Am letzten Freitag wurde verbreitet, dass eine «Annahme der Fürsteni- niüative unweigerlich dazu führen würde, dass sämtliche Staatsgewal­ ten (Regierung, Landtag und Justiz) vom. Fürsten beherrscht würden». Mit der Verbreitung solcher gerade­ zu grotesken Unwahrheiten leistet das «Demokratie-Sekretariat» der liechtensteinischen Demokratie wahrlich keinen ÖiensL «Die direkte Demokratie verteidigt» Eüroparats-Mitglied kritisiert Einmischung durch Strassburg ZÜRICH - In einer am 18. Febru­ ar in der NZZ veröffentlichten Zuschrift äussert das Schwei­ zer Europarats-Delegatiorismit- glledMaximllian Reimann sein Unverständnis darüber, dass sich einige Europaratsgremlen «wie wild» auf das. Thema Liechtenstein gestürzt hatten. Der Aargiauer SVP-Ständerat Maximilan Reimann bezog sich in . seinem Schreiben auf den NZZ- Artikel vom 4. Februar, wonach das Büro der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, mit seiner Stellungnahme eine Ein- flussnahme von Strassburg aus auf die umstrittene Verfassungsabstim­ mung vom 16. März in Liechten­ stein verhindert habe. Laut Rei-" 
mann trifft das Gegenteil zu. "«Wie wild» auf das Thema Liechtenstein gestürzt Maximilian Reimann: «Es waren das Büro des Europarates und die. vörberatenden Kommissionen, die sich wie wild auf das Thema ^Demokratie-Vorstoss in Liechten­ stein) gestürzt hatten und mittels einer dringlichen Debatte am 30. Januar.dem monarchistischen Klein­ staat 
eine Lektion<rteilen wollten.» Vbn Liechtensteins • Demokratie höchstens träumen Wie Reimahn weiter ausführt, hätte er sich, nachdem auch er sich gegen diese Dringlichkeitsdebatte zum' Thema Liechtenstein ausge­ sprochen hatte, den - nicht ganz 
emst genommener) Vorwurf gefal­ len lassen müssen, die liechtenstei­ nische . Monarchie verteidigt zu haben. Dazu Reimann: «Verteidigt hatte ich vielmehr die direkte Demokratie, von der die Bürgerin­ nen und Bürger in den meisten anderen Ländern Europas höchstens zu träumen wagen.,Das liechtenstei­ nische Volk ist reif genug, sich seine • Meinung zu der vom/Fürsten lan­ cierten Volksinitiative zu machen. Da braucht .'es keine Belehrungen durch den Europarat, dem ja erst noclf einige. Staaten angehören, die nicht-einmal die volle Pressefreiheit verwirklicht haben. Nicht Vor­ zustellen, der Europarat hBtte uns Schweizern vor einer Vplksabstim- mung Belehningen in Demokratie zukommen lasseh!» -
	        

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