Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

1 0 Samstag, 9. Februar 2002 
LAND UND LEUTE Liechtensteiner VOLKSBLATT Forum: Pressemitteilung der Freien Liste Mit seiner Thronrede hat Fürst Hans-Adam II. seinen Gegnern den Tarif durchgegeben und zu­ gleich die Fronten verhärtet: Wie zu befürchten war, bietet er nicht Hand zur Lösung des Kon­ flikts, sondern grenzt seine ver­ meintlichen Feinde aus. In Wien wird bereits krilHig gebaut, der bedeutendste Teil seiner Kunst­ sammlungen wird wieder bald dort zu sehen sein. Darüber wird - wen wun­ dert's - nur in den österreichischen Medien berichtet. Fürst Hans-Adam II. wird, darauf deuten alle Anzeichen hin. wohl so oder so seinen Wohnsitz verlegen. Zuvor aber will er diesen Verfassungsstreit um jeden Preis ge­ winnen. Es geht ihm nicht um trag- fahige, demokratisch und rechtsstaat­ lich einwandfreie Lösungen - darüber müsstc man in Ruhe und ohne Zeit­ druck nachdenken und reden. Dabei helfen könnten auch Experten. Nein, es geht nur noch darum, seinen Stand­punkt 
durchzubringcn, den Politikern zu zeigen, wer Herr im Haus ist. Koste es, was es wolle. Fürst Hans-Adam II. brüskiert Re­ gierung und Landtag, indem er dem demokratisch gewählten Landtag zum wiederholten Male das Recht ab­ spricht, sich als Volksvertretung zu be­ trachten. Er appelliert unverhohlen an das 
Volk, es den Abgeordneten zu zei­ gen, dass ihm der Fürst mehr bedeutet als die Volksvertretung. Ganz gezielt verwischt er den Sinn der Worte und trägt so dazu bei, dass am Sehluss viele nicht mehr verstehen, worum es eigentlich geht. So spricht er konsequent davon, dass seine Gegner «die Staatsform ändern» wollen. In Wirklichkeit verlangt keine politische Gruppierung eine Änderung • der Staatsform, alle sprechen sich für die Monarchie aus - wobei die Vorstellun­ gen über die Ausgestaltung durchaus verschieden sind und auch sein kön­ nen. Auch der Fürst selber hat immer wieder gesagt, dass eine repräsentative Monarchie für das Fürstenhaus eine 
denkbare Lösung sei - war das nur ein Lippenbekenntnis? In der heutigen Situation jedoch plädieren sämtliche Gegner dafür, dass man bei der heutigen Verfassung bleibt, so lange kein breiter Konsens über eine Verfassungsänderung erzielt werden kann. Zu suggerieren, dass die Gegner die Monarchie abschaffen wol­ len, ja dass sie sogar die Demokratie und den Rechtsstaat beseitigen wollen und an deren Stelle allenfalls eine Dik­ tatur errichten könnten, geht weit über das hinaus, was in einem fairen Mei- nungsbildungsstreit unter Demokraten akzeptabel ist. Fürst Hans-Adam II. fragt, wer den Fürsten in den letzten 300 Jahren Machtmissbrauch vorwerfen könne? Liechtenstein ist erst seit 80 Jahren ei­ ne Demokratie - oder versucht zumin­ dest, eine zu werden. Wir fragen: Kann man denn einem absolutistischen Monarchen überhaupt Machtmiss­ brauch vorwerfen? Aber lassen wir die Geschichte: Wir haben in den letzten zehn Jahren mehrmals erlebt, wie der 
heutige Fürst die Grenzen der verfas­ sungsmässigen Rechte des Monarchen ausgelotet hat. Fürst Hans-Adam II. sieht sich seit 30 Jahren persönlich verfolgt und an­ gefeindet. Seinen Gegnern gibt er zu bedenken, dass sie «noch bei jeder Ab­ stimmung.und Wahl verloren» hätten. Worauf bezieht sich Hans-Adam II. mit dieser Äusserung? 
Mischt der Fürst bei Abstimmungen und Wahlen jeweils mit - und dies gar in einem Mass, das wähl- bzw. abstimmungsentscheidend ist? Die einzige Abstimmung, die er . nach aussen sichtbar beeinflusst hat, war die EWR-Abstimmung. Waren die EWR-Gegncr zugleich Monarchie- Gegner? Wohl kaum, denn sie versam­ meln sich heute wohl zu einem erheb­ lichen Teil hinter den Vorschlägen des Fürsten. Wie auch immer: Mit solchen Äusserungen befindet sich der Fürst jedenfalls nicht ausserhalb der partei­ politischen Auseinandersetzungen, sondern mitten drin. In Ermangelung sachlicher Argu­ mente personalisiert Fürst Hans-Adam 
II. den Verfassungskonflikt: er sieht Verschwörer am Werk, wo es keine gibt. Wir machen Änderungen der Ver­ fassung nicht von der konkreten Per­ son des Fürsten abhängig. Auch der gegenwärtige Streit hat nur insofern etwas mit der Person Hans-Adam IL zu tun, als sich dieser völlig unabhängig zeigt. Unsere Haltung wird sich nicht ändern, auch wenn er in eine Opferrol­ le schlüpft und kurz vor oder nach der Abstimmung seinen Sohn zum Stell­ vertreter macht. Freie Liste fcDtrra Unter der Rubrik •Forum» veröfTent- • liehen wir Zuschriften und Beiträge ' von Verbänden, Vereinen, Aktionen und Institutionen. Das «Forum» drückt aus, dass die in den Beiträgen geäusserten Meinungen nicht mit der Haltung der Zeitung überein­ stimmen müssen. LESERBRIEF Stellungnahme Am Samstag, den 2. Februar 2002 stand in der Zeitung, dass es eine Schlägerei zwischen einigen Jugendli­ chen vor dem Jugendraum Ruggell ge­ geben hat. Die Jugendarbeiter und das Jugendteam verstehen diese ungenaue Information nicht und möchten die Po­ lizei darauf aufmerksam machen, dass sich der Jugendraum im I. Stock des Vereinshauses befindet und das Haus um 23 Uhr zu ist. Es kann keine Schlägerei vor dem Jugendraum im ersten Stock geben, wenn niemand dort 
gewesen ist. Wir ersuchen die Polizei, ihre Infor­ mationen genau zu prüfen, bevor sie sie weiter leiten, weil solche Schlagzei­ len dem Ruf unserer Jugendinstitution schaden, in einer Zeit, wo alle - Besu- clterZ-innen. Jugendteams, Jugendar­ beiter, Jugendkommission usw. - sich bemühen, eine gute Jugendszene in der Gemeinde aufzubauen. Ausserdem, wie man in der Zwi­ schenzeit erfahren hat, waren die Be­ teiligten an dieser Schlägerei nicht einmal von Ruggell, und sie haben ver­ mutlich irgendwoanders angefangen und die Schlägerei vor dem Vereins­ haus Ruggell fortgesetzt. Dr. Hamid Lechhab, Jugehdleiter 
Fachkommission der Jugendarbeitsgemeinschaft Ruggell, Schellenberg, Gamprin LESERBRIEFE Es Ist zu befürchten, efdSS • a > An der Gemeindegrenze Schaan - Va­ duz soll auf der Höhe des Hotels Müh­ le zwischen Landstrasse und Schaa­ nerstrasse ein Einkaufszentrum in bis­ her für Liechtenstein unbekannten Di­ mensionen entstehen. In unmittelbarer Nähe zum geplanten Objekt befinden sich das Schulzentrum Mühlvholz, das Schwimmbad Mühleholz, eine Mini­ golfanlage, der Sportplatz des Schul­ zentrums Mühleholz sowie ein wun­ derschönes Naherholungsgebiet. Darü­ ber hinaus plant die Gemeinde Vaduz auf dem ebenfalls benachbarten PAV- Areal eine Freizeitanlage und ein wei­ terer Ausbau des Schulzentrums Müh­ leholz 
Ist ebenfalls beschlossene Sa­ che. Ganz zu schweigen davon, dass sich rundherum Wohnquartiere befin­ den. Es ist zu befürchten, dass . . . . . . sich das Verkehrsaufkommen rund um dieses Einkaufszentrum täg­ lich um mehrere Tausend Personenwa­ gen erhöht. .. . durch die Warenanlieferung täg­ lich vom frühesten Morgen an Dutzen­ de von Lastkraftwagen die Quartiere rund um das Einkaufszentrum befah­ ren werden. ... die Schulwege für die Kinder aus den umliegenden Quartieren sowie für die Schülerinnen und Schüler des Schulzentrums Mühleholz noch 
unsi­ cherer werden als sie es ohnehin schon sind. ... die heute schon völlig überlaste­ te Kreuzung Landstrasse-Marlanum- strasse für noch mehr Staus sorgen und damit für Fussgänger trotz Ampel nahezu unpassierbar wird. ...die vorstehend beschriebenen Frei- zeitanlagen an Attraktivität einbüssen. . . . endgültig keine Kinder mehr zu Fuss oder per Fahrrad zur Schule, ins Schwimmbad oder zum Minigolf ge­ langen können. .., sich eine nicht mehr vertretbare, 
weitere Zunahme des Individual- und Warenverkehrs in den Quartierstras­ sen ergibt. . . . die Lebensqualität vom Schaa­ ner Pardiel bis zur Vaduzer Schaaner­ strasse noch mehr abnimmt. Es wird Zeit, dass die Bauherr- schaft, der künftige Betreiber (COOP?) und/oder die Bewilligungsbehörden mit vollumfänglichen Informationen an die Öffentlichkeit gelangen. Tau­ sende Eltern, Schüler, Bewohner der umliegenden Quartiere und Zufahrts­ achsen, Schwimmbadbesucher, Mini­ golfer, Spaziergänger, Radfahrer, Ska­ ter, etc. haben ein Anrecht darauf. Elternvereinigung Schaan Tatsachen können nicht richtig gestellt werden Dr. Mario Frick schreibt, die Erfah­ rung zeige, dass Leserbriefe, die unwi­ dersprochen bleiben, als wahr angese­ hen werden, und deshalb möchte er meine Behauptungen richtig stellen. Mit dieser Aussage unterstellt mir Mario Frick, dass ich die Unwahrheit gesagt habe, was ich ganz entschieden zurückweise. Tatsachen können nicht richtig gestellt, sondern höchstens kommentiert werden. Diesen Versuch hat Dr. Mario Frick unternommen, konnte aber trotz langatmiger Aus­ führungen meine Behauptungen nicht widerlegen. Im Gegensatz zu Mario Frick hoffe ich, dass die überwiegende Mehrzahl aller Mitbürgerinnen und Mitbürger dem Verfassungsvorschlag zustimmt, damit endlich wieder Ruhe und Frie­ den einkehrt. David Vogt, Rheinstrasse 54, Balzers Eine Thronrede als Scherbenhaufen Niemand Geringerer als S.D. führt sich auf als oberster Provokateur dieses Staates. Der Tonfall seiner Thronrede verrät die Not seiner Verfassung. Das Verschwörungsszenario S.D. hat noch nie einer realen Wirklichkeit entspro­chen. 
Sachlich sind dem Fürsten die Argumente ausgegangen. Der Fürst betreibt die Polarisierung der Verfas­ sungsfrage auf höchster Ebene, spielt den Landtag gegen die unbekannte Grösse «Volk• aus und legt damit einen Schatten über das ganze Land. Geht es jetzt nur noch um die Mundtotma- chung und Einschüchterung der Geg­ ner der Fürstlichen Regierungsvor­ lage? Wirim mau sich anschaut, wie un­ wirsch sich der Fürst in einer Thronre­ de am schmutzigen Donnerstag gebär­ det, gibt das einen Begriff, wie hyste­ risch und humorlos sein Verfassungs­ umbau weiterhin propagiert werden wird. Die Koppelung von Person und Präsenz des Fürsten mit der Staats- form und die Stilisierung der Abstim­ mung über seine Verfassungsvorschlä- ge 
zur ominösen Vertrauensfrage ist nichts anderes als eine Bauernfänge­ rei. Ich glaube, dass ein Verfassungsmo­ ratorium das einzig Vernünftige ist, um einen totalen Scherbenhaufen zu vermeiden. Hansjörg Quaderer, Reberastrasse 27, Schaan Repräsentativ ist immer noch besser als repressiv Herr Bayer, ich musste ob Ihrer Frage, ob ich anstelle des Fürsten so handeln würde, wie der Fürst zu handeln pflegt, herzlich lachen und will Ihnen eine Antwort geben: Mich an die Stel­ le des Fürsten auch nur zu denken, würde mir das fürstliche Hausgesetz schlichtweg verbieten. Frauen im Hau­ se Liechtenstein haben zu repräsentie­ ren. 
Stimmberechtigt sind sie nämlich nach dem Hausgesetz nicht. Ich würde also, könnte ich in solchen Sphären denken, es mir ganz schnell abgewöh­ nen müssen, mich an die Stelle des Fürsten zu denken. Der Fürst als Lakaie der Politiker - und das in einer repräsentativen Mo­ narchie? Das glauben Sie wohl selbst 
nicht. Ich erlaube mir eine umgekehrte Frage: Die Politikerinnen als Lakaien des Fürsten - so wie es die strittigen Verfassungspunkte sowohl der Regie­ rungsvorlage als auch der Fürstenvor­ schlag ahnen lassen, ist das die Alter­ native, die Sie so vehement unterstüt­ zen? Wollen Sie statt eines Parlaments ein Marionettentheater? Die Denk­ spiele des Fürsten sind spätestens seit seiner Thronrede vom 7.2.2002 allen bekannt. Und Ihre Logik, dass allein deshalb, weil der Fürst eine repräsentative Monarchie ablehne, die Freie Liste sich für anderes zu engagieren habe, hat kabarettistische Züge. Oder darf nur mehr gedacht werden, was dem Fürs­ ten genehm ist? Sie sind doch ein klu­ ger Mann und werden diese Gedan­ kengänge sicher nachvollziehen kön­ nen. Ich danke Ihnen für die Antwort, sie hat hoffentlich auch andere Lese­ rinnen zum Lachen gebracht. Das kommt ja in Zeiten wie diesen recht selten vor. Karin Jenny, Gamprin Baldige Abstimmung zu wünschen Niin hat es der Fürst nochmals deut­ lich gesagt, der Verfassungsvorschlag ist gültig, andernfalls verlässt er mit der Familie das Land. Das Letztere bleibt uns hoffentlich erspart, verliert sonst unser Land an Glanz und Anse­ hen. Eine, baldige Völksabstimmung wäre zu wünschen, damit die vielen und teils emotionsgeladenen Diskus­ sionen in Presse und Landtag endlich aufhören. Margot Roeckle-Ospelt, Mesocco GR «Das Schweigen der Lämmer ist vorbei» - nun blöken die SchafböckeI Dass in unserem Land zur Zeit eifrig über die Zukunft unserer Verfassung diskutiert wird, ist nicht nur legitim, sondern auch notwendig. Es ist wich­ tig, dass Bürgerinnen und Bürger gut 
informiert sind und sich eine freie, un­ abhängige Meinung bilden können. Aus diesem Grund besuchte ich auch eine FBP-Veranstaltung in Vaduz, an welcher kontrovers, aber konstruktiv diskutiert wurde. Für mich konnte ich zumindest diese Erfahrung machen. Jede Meinung wurde aufgenommen, besprochen und kommentiert. So soll es seili, dies entspricht meinem Ver­ ständnis der Demokratie! Ich gehe aber mit gutem Gewissen davon aus, dass 'KonkurrenzVeranstaltungen' anderer politischer Gruppierungen ebenso ob­ jektiv und fair ablaufen. Als störend und stossend habe ich allerdings den Beitrag im Tagesanzei­ ger (Mittwoch, 6. Februar, Seite 10) empfunden, in welchem ein schweize­ rischer Journalist versucht, durch die Verwendung von Zitaten ausgewählter Leserbriefe ein Bild über die Stimmung in Liechtenstein zu zeichnen. Sehr geehrter Herr Nussbaumer, die­ ser Zeichenversuch ist nicht das Spie­ gelbild 
des liechtensteinischen Volkes und wird wohl kaum mit dem *Pulit- zerpreis» für seriöse und fundierte Re­ cherche belohnt werden. Ein starkes Stück ist zudem, dass sich der liechtensteinische »Journalist» und «Kommunikationsberater» Roman Banzer dazu hinreissen lässt, das oh­ nehin angeschlagene Liechtenstein- Bild im Ausland weiter mit Füssen zu treten. Ein Kommunikationsberater, der Anstand und Würde empfindet, wenn er über die heimische. Medienland­ schaft - sei es Volksblatt oder Vater­ land - spricht, würde sich für derarti­ ge Äusserungen kaum hergeben. Schade eigentlich, dass die Herren Nussbaumer und Banzer in ihren Äus­ serungen genau jene Objektivität ver­ missen lassen, die sie mit wehenden Fahnen von anderen fordern. Aber es ist ja bekannt, dass es ein Einfaches ist, anderen das Wasser zu predigen und selbst den Wein zu geniessen. Aber sei's drum: Sobald die Lämmer das Schweigen gebrochen haben, fan­ gen im Ausland die Schaflöcke zu blöken anI Karl Wolf, Vaduz
	        

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