Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

FREITAG, 27. DEZEMBER 2002 
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«EIN LAND IN NOT» BLATT I I IM LM IM 
U HILFT HOCHWASSEROPFERN 
7 HOCHWASSERHILFE Rückreise und die Eindrücke Die Rückreise führte uns von Norden her westlich an Prag vorbei an den südlichen Stadtrand. Immer wieder vorbei an dbn zerstörten Häusern, viele unbewohnbar oder zumindest der Putz bis auf das Mauerwerk weggeschlagen zum Trocknen. In den Wiesen und Feldern, am Strassenrand und in 
den Gärten und Vorhöfen liegt immer noch der Schmutz und der mitgeschwemmtc Abfall des Hochwassers. Mit viel Glück ist die goldene Stadt Prag an der ganz grossen Überschwemmung vorbeigekom­ men. der Stadtrand ist aber von Zerstörung gezeichnet. Was Arno Oehri und Elmar Gangl bleibt, ist die Erinnerung an die gewaltige Kraft des Wassers und seine Zerstörung. Und das Wissen, dass dies nur ein ganz kleiner Teil der Katastrophen ist, Sie waren gemeinsam für «Ein Land in Not» in Tschechien unterwegs: Von links Arno Oehri, die ortskundigen Projektbetreuer iiri Jelen und Dagmar Svobodova sowie Elmar Gangl. welches das Hochwasser dieses Jahr in der ganzen Welt angerichtet hat. Eindrücklich die Machtlosigkeit gegenüber der Flut. Bewusst wird einem, dass wir von grossen Unwettern und Naturgewalten in Liechten­ stein eigentlich verschont sind; und das obwohl in nur wenigen Fahrtstunden ent­ fernt ganze Täler und Landschaften zer­ stört werden, Jahr für Jahr.. Dass es uns gut geht und wir das Glück haben, in diese Region geboren worden zu sein. Oer Schuldirektor Jan Langthaler (links) zeigt Arno Oehri, wie hoch das Wasser an der Strasse stand; die Schule war bis in den ersten Stock überflutet und zerstörte Gebäude und Infrastruktur. Geblieben sind aber nicht nur die Erin­ nerungen an die Katastrophen. "Eine Freundschaft ist entstanden mit lieben Menschen in Tschechien, ein Bezug zu einer landschaftlich, und geschichtlich schönen und interessanten Region. Blei­ ben wird auch die Gewissheit, dass dank der vielen Besucherinnen und Besucher der Filmdokumentation «Ein Land in Not» und mit der Verdoppelung der Einnahmen durch die Regierung eine Schule weiterhin bestehen wird und mit viel Motivation an die Zukunft denkt. Arno Oehri und Elmar Gangl 
Hilfe für Hochwasseropfer «Ein Land in Not» unterstützt Schule in Tschechien TSCHECHIEN - Was für grosse Teile von Schaan und dem Liechtensteiner Unterland 1927 das Hochwasser des Rheins anrichtete, mussten In diesem Jahr Menschen in ganz Europa in dramatischer Realität erle­ ben. Die Dokumentation «Ein Land in Not» von Arno Oehri erlebte über zehn Aufführungen und die eingenommenen Ein­ tritte und Spenden konnten nun nach einer Verdoppelung durch die Regierung einem Projekt in Tschechien übergeben werden. Nicht nur die vielen Menschen in Liechtenstein, die den Film gese­ hen haben, unterstützten die Hilfsaktion. Nachdem die Regie­ rung einer Verdoppelung der Spen­ den zugesagt hatte, offerierte die Tschechische Airline CSA zwei Freiflüge nach Prag, Hertz Auto- verleih stellte ein Auto für den Auf­ enthalt zur Verfügung. Vor Ort konnten Arno Oehri, Elmar Gangl und die Betreuerin der Hilfsaktion, Dagmar Svobodova, dank Vermitt­ lung von Jiri Jelen, des zweiten Partners in der Hilfsaktion, in Roudnice nad Labcm im Hotel Legner Resort U sv. Vavrince gratis absteigen. So erfuhr die spontane und private Hilfsaktion der Pro­ jektgruppe Rheinnot 1927 eine breite und sehr erfreuliche Unter­ stützung - hiermit sei auch allen nochmals herzlich gedankt! Prag auch betroffen Nach dem Flug mit der CSA von Zürich nach Prag und mit der Übernahme des Hertz-Mietwagens wurden Arno Oehri und Elmar Gangl gleich schon mit den Spuren des Hochwassers 
konfrontiert. Die Dame des Autoverleihers zeichnete im Stadtplan die verschiedensten Strassensperren ein, weil Brücken einsturzgefährdet oder Strassen weggespült waren. Nach dem ein- checken im Hotel - die erste Nacht wurde in Prag verbracht - wurde die Stadt an der Moldau zu Fuss besichtigt. Und immer wieder konnte man die Gewalt des Was­ sers, das sich durch die Stadt wälz­ te, sehen: Schwer beschädigte, leergeriiumte Häuser und mit Treibgut und Schlamm gefüllte Keller, gesperrte Strassen am Ufer, und überall ist die Höhe des Wasser an die immer noch nassen Fassa­ den gezeichnet. Gleichzeitig wird aber allen Ortes emsig repariert und renoviert. Kompetente Partner in Tschechien Am zweiten Tag kam Dagmar Svobodova in das Hotel und begleitete uns ortskundig nach Roudnice nad Labem, von wo aus die kleine Hilfsaktion der Liech­ tensteiner starten sollte. Dagmar Svobodova war einige Jahre Sekretärin in der Schweizer Bot­ schaft und kennt nicht nur die Region, sondern - und das war mehr als nur ein Vorteil - sie spricht auch die Sprache. Die selbi­ ge beherrscht auch der aus Roudni­ ce mld Labcm stammende Jiri Jelen, der nach einigen Berufsjah­ ren in Schweden auch in der Schweiz lebte und dadurch eben­ falls perfekt dcutsch kann. Die bei­ den Helfer vor Ort lernten sich durch die Arbeit mit dem Schwei­ zerischen Korps für humanitäre Hilfe SKH kennen, für welche 
Die Stadt Steti stand grösstenteils unter t/Vasser und entkam nur mit Glück einer noch grösseren Katastrophe: Ein Staudamm in der Region musste wegen Reparaturarbeiten schon vor den Regenfällen viel Wasser ablas­ sen, sonst wären über 80 Dörfer und auch Steti mehrere Meter unter Wasser gestanden! beide direkt nach dem Hochwasser im August 2002 gearbeitet haben. Und beide haben nach einer Anfra­ ge des Eschners Frcdy Gstöhl, der ebenfalls für das SKH in Tschechi­ en war, spontan zugesagt, auch für die Hilfsaktion von «Ein Land in Not» zu arbeiten. Ein Glücksfall, dass zwei so sympathische und ' hilfsbereite Menschen für eine pro­ fessionelle Zusammenarbeit gefun­ den werden konnten! Grosse Überschwemmungsgebiete Obwohl das akute Hochwasser eigentlich sehr schnell wieder ver­ schwunden ist - blieb das Ackcr- und Kulturland noch sehr durch- nässt. In der Zeit des Aufenthalts in Tschechien regnete es und so bilde­ ten sich immer wieder Tümpel, weil das Wasser nicht abziehen konnte. Am Ortsrand von Roudnice 
Solidarität während und nach dem Hochwasser. Jeder half jedem und wenn einer nicht so stark betroffen war, schickte er die Hilfstrupps weiter zum Nachbarn, den es schlimmer erwischt hatte. Auch die Stadt Steti war schwer vom Hoch­ wasser betroffen, und . mit viel Glück blieb die totale Über­ schwemmung aus und der grösste und wichtigste Arbeitgeber - die Papiermühlen - konnten nach kur­ zer Räumarbeit die Arbeit wieder aufnehmen. Das unterstützte Projekt Dagmar Svobodova und Jiri Jelen, die Helfer vor Ort, suchten einige Projekte aus,, die dringend der Hilfe bedürfen; und es waren nur ein paar wenige von noch viel zu vielen! Die Wahl fiel auf die ein­ zige Berufsschule für Verpackungs­ technik und Verpackungsdesign in Im Büro des Bürgermeisters von Steti fand die offizielle Übergabe der Spende statt: Geteilte Freude bei Bürgermeister Antonin Böhm, Elmar Gangl, Arno Oehri und dem Schuldirektor Jan Langthaler (von links). nad Labem ist ein kleiner Flugha­ fen, auf welchem eine Flugschule beheimatet ist. Der Leiter des Flug­ hafens lud zu einem kleinen Rund­ flug ein, bei welchem die ganzen Ausmasse der grossen Über­ schwemmung zu erahnen waren. Die Stadt Steti ist eine von vielen Dass es bei einer Katastrophe dieses Ausmasses sehr schwierig ist, überall und gerecht zu helfen, konnte man immer wieder verneh­ men. Aber alle, egal ob Privatper­ sonen oder öffentliche Institutio­ nen, betonten immer wieder die grosse und vorher nicht gekannte 
Tschechien, welche in Steti behei­ matet ist. Sie war die einzige Schu­ le der Stadt, die keine direkte finanzielle Unterstützung bekam. Jan Langthaler, der Schuldirektor, durfte aber von einer unglaubli­ chen Solidarität berichten. So sei­ nen Schüler und ehemalige Schüler aus allen Regionen in der Urlaubs­ zeit, die während des Hochwassers war, freiwillig und ohne Aufruf nach Steti gekommen und hätten angepackt wo auch immer es nötig war. Er freute sich auch mit ein wenig Stolz über die grosse Ver­ bundenheit zu der Ausbildungsstät­ te. Bei der Führung durch die Schule mit mehreren Gebäuden sah 
man dann das ganze AusmaSs: das untere Geschoss komplett unter Wasser, Prototypen aus dem Ver­ packungsdesign und unzählige Arbeiten vernichtet, die Lagerbe­ stände zerstört. Im ersten Stock hat das Wasser bis zum Fenstersims gereicht und die Klassenzimmer sowie die Verwaltung schwer beschädigt; überall nackte Ziegel­ wände, Baustelle und laufende Entfeuchter oder Heizstrahler; 12 Stunden heizen und dann wieder die Luft durchziehen lassen. Und dazwischen die Schüler, welche mithelfen wo immer es geht. Zufäl­ lig war gleichentags ein Tag der offenen Türe und interessierte Schüler aus ganz Tschechien besuchten die Schule und man konnte erleben, wie sehr sich die Schüler und Lehrer mit ihrer Schu­ le identifizieren. Grosse Freude über die Hilfe Nachdem an einem Tag die Fol­ gen der Überschwemmung gese­ hen wurde, standen am nächsten Tag die offiziellen Besuche an. Der Bürgermeister von Steti gab einen kleinen Empfang und erzählte über seine Stadt; vor, während und nach dem Hochwas­ ser. Das war auch der Moment der Geldübergabe und wissend um die angesichts der grossen Katastro­ phe nur kleine Hilfe aus Liechten­ stein, war man auch sehr berührt, wie wichtig die CHF 30 000.- für die Schule sind: Es kann ein Zehn­ tel der Schäden repariert und bezahlt werden, für den Rest wer­ den Kredite notwendig sein. Direktor Jan Langthaler bedankte sich nochmals bei allen Beteilig­ ten, allen voran Arno Oehri und Elmar Gangl, welche dann auch berichteten, dass die Unterstüt­ zung auf einer Dokumentation gründe, welche aus Anlass des 75- jährigen Gedenkjahres der. Rheinüberschwemmungen in Liechtenstein produziert wurde und dass die Einnahmen sowie weitere Spenden aus den Vor­ führungen von der Regierung ver­ doppelt wurden. 
Dank ging auch an Dagmar Svobodova und Jiri Jelen, ohne die die Hilfsaktion nicht so möglich gewesen wäre. Nach einem Besuch beim Bezirksvorsteher von Litomericko endete der offizielle Besuch und bei einem Abendessen in Roudnice nad Labem Hess man.die eindrück­ liche Zeit nochmals Revue passie­ ren. (Eing.)
	        

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