Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

FREITAG, 20. DEZEMBER 2002 
VOLKS I I A IVIHT A P DEBATTE ZU DEN BEIDEN BLATT I LMIMU I MU 
VERFASSUNGSINITIATIVEN 
3 PRO UND KONTRA «Ein Konsens im Sinn des Mit- einanders von Fürst und Volk» VADUZ - Zu der von Fürstenhaus. Verfas- sungskoinmission und Regierung erarbeite­ ten Initiative des Fürstenhauses sagte Land­ tagspräsident Klaus Wanger (FBP): «Die vom Landesfürs­ ten und dem Erbprinzen ein­ gereichte Volks­ initiative vom 2. August 2002 zur Abänderung der Landesverfas­ sung, ist ein in rriehreren kon­ struktiven und offenen Ge­ sprächen zwi­ schen dem Lan­ desfürsten und dem Erbprinzen einerseits und dem Regierungschef und der Verfas­ sungskonimission des Landtages anderer­ seits erzielter Kompromiss. Es ist somit ein Konsens zwischen Landesfürst, Regierung und der Mehrheit der Vcrfassungskommissi- on des Landtages erzielt worden. Ein Kon­ sens, der heute und in der Zukunft das Mit­ einander zwischen Fürst und Volk sichert. Ein Miteinander, das unabdingbar notwen­ dig ist, um die Monarchie in der Form zu erhalten, die uns in den vergangenen 80 Jah­ ren Glück und Segen gebracht hat. Dieser Konsens basiert auf einem fairen Kompro­ miss, der in der Gesamtheit weder das mo­ narchische Element stärkt, noch das demo­ kratische Element schwächt, Unklarheiten der Verfassung von 1921 weitestgehend eli­ miniert und ausserdem einige substanziellc Verbesserungen gegenüber der bestehenden Verfassung aufweist.» «Für unverändertes Beibehal­ ten der jetzigen Verfassung» Landtagsvizepräsident Peter Wolff (VU) hielt fest, dass er «beim besten Willen nicht in der Lage sei, dieser Initiative zuzustim­ men. weil sie einige Bestimmungen enthal­ te, «die man meiner Meinung nach beim besten Willen nicht akzeptieren kann». TTT~ ~ Wolff weiter: «Ich spreche mich für ein unverändertes Beibehalten der jetzigen Verfas­ sung aus. Das bedeutet nicht die Abschaffung der Monarchie, eine Verände­ rung der politi­ schen und gesellschaftli­ chen Rahmenbedingungen in diesem Land, sondern im Gegenteil ein Beibehalten der­ selben. Ich spreche mich deshalb gegen die Zustimmung des Landtages zu dieser Initia­ tive aus.» Wolff stellte die Frage nach dem Motiv, weshalb die Verfassung geändert werden solle. «Leider enthält die Initiative diesbe­ züglich keinerlei Begründung der Initian- ten», meinte Wolff. Der Landtagsvizepräsident vertrat auch die Ansicht, der Landtag habe 1996 entge­ gen anderer Aussagen keinen Entschluss gefasst, nicht mehr bei der heutigen Verfas­ sung bleiben zu wollen. Landtagspräsident Wanger bezeichnete dies jedoch als «geschichtsverfälschende» Aussage und belegte dies anhand von Proto­ kollauszügen. 
Vor acht Jahren habe der Fürst klar gesagt, er sei bereit, bei der beste­ henden Verfassung zu bleiben. In der Land- tagssitzung vom 31. Oktober 1996 hätte Wanger dann den Antrag gestellt, bei der alten Verfassung zu bleiben. Diesem Antrag habe jedoch nur der damalige VU-Abgeord- nete Oswald Kranz Folge geleistet, so der Landtagspräsident. 
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«Eine tragfähige Lösung» Siebenstündige Landtagsdebatte zur Verfassungsinitiative des Fürstenhauses VADUZ - Auf Seite der FBP- Fraktion wurde die Verfas­ sungsinitiative des Fürstenhau­ ses gestern als «tragfähige Lösung» bezeichnet. Seitens der Opposition wurde diese Ein­ schätzung nicht geteilt. * Martin Frömmel t Im Verlauf der sich über knapp sie­ ben Stunden hinziehenden Behand­ lung der Initiative wiederholten die Abgeordneten ihre bereits mehrfach zuvor geäusserten Standpunkte. Als Gesamtpaket tragfähig Die Fürsteninitiative entspreche zwar nicht in allen Punkten seinen Wimschvorstellungen zur Abände­ rung der Verfassung, sagte der FBP-Abgeordnete Alois Beek. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt müsse man jedoch sehen, dass nicht alle Vorstellungen umgesetzt werden könnten. In einem dualen System wie der liechtensteinischen Verfassung werde ein gewisser Grundkonsens vorausgesetzt. Und in diesem Rahmen gelte es zu schauen, so der Abgeordnete, ob die in Diskussion stehenden Vor­ schläge ein gangbarer Weg seien. Gerade im Vergleich zur 1921er Verfassung gebe es, wie Alois Beck gestern aufzeigte, einige Verbesse­ rungen in der Fürsteninitiative. Zumindest als Gesamtpaket betrachtete er daher diese Initiative als «tragfähige 
Lösung», vor allem auch in Abwägung der sich bieten­ den Alternativen und den jeweili­ gen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkun­ gen und Konsequenzen. Im Sinne des dualen Systems FBP-Fraktionssprecher Helmut Konrad hatte schon am Mittwoch 
«Zumindest als Gesamtpaket eine tragfähige Lösung»: Oer FBP-Abgeordnete Alois Beck. 
«Zu weitreichende Forderungen»: Die VU-Abgeordnete Ingrid Hassler-Gerner. ausgeführt, dass auch er die gemeinsam mit dem Fürstenhaus erarbeitete Initiative des Fürsten­ hauses als eine tragfähige Lösung im Sinne des dualen Systems erachte. Konrad meinte, dass die Debatte zwar meist sehr sachlich gehalten worden sei, dass bei eini­ gen aber doch sehr polemische Untertönc zum Vorschein gekom­ men seien, hätte ihn doch gestört. Immer wieder werde von Abgeord­ neten, die nicht für die Initiative eintreten können, den anderen Abgeordneten unterschwellig unterstellt, dass man diese als Monarchieabschaffer oder gar Slaatsfeinde bezeichnen würde. Konrad: «Dagegen möchte ich mich wehren. Ich habe noch nie von einem Repräsentanten unserer Seite solche Aussagen gehört. Im Gegenteil: Es ist immer wieder betont worden, dass man zwar sachlich eine andere Meinung haben kann, dass man einander aber 
Respekt entgegenbringen soll.» Die VU-Abgeordnete Ingrid Hassler-Gerner sagte dagegen, sie könne der Initiative des Fürsten­ hauses nicht zustimmen, weil sie zu weitreichende Forderungen beinhalte. Nein zu Gesamtpaket «Für mich war es kein Gesamt­ paket, das den Durchbruch schafft». Mit einem Nein zu die­ sem Vorschlag könne eine neue Richtung für eine Verfassungsän­ derung eingeschlagen werden, so Ingrid Hassler-Gerner. Für Verbleib bei Verfassung Der VU-Abgeordnete Walter Hartmann sprach sich für einen .Verbleib bei der bestehenden Ver­ fassung aus, deshalb werde er kei­ ner der beiden Initiativen zustim­ men: «Ich bekenne mich zur Ver­ fassung von 1921, weil sie genial ist. Ich glaube an eine gedeihliche 
Zukunft unseres Landes auf der Basis unserer Verfassung.» Regierungschef Otmar Hasler hielt fest, dass er zu dieser Initiati­ ve stehe: «Es waren viele schwieri­ ge Gespräche, aber wir sind einen Schritt aufeinander zugegangen. Auf jeden Fall haben wir eine Vor­ lage, die eine Grundlage ist, wie wir jetzt auf der Basis der heutigen Verfassung einen Schritt weiter in die Zukunft gehen können.» «Hinter diesem Weg» Nachdem der VU-Abgeordnete Hugo Quaderer die Position der anderen Regierungsmitglieder wis­ sen 
wollte, sagte Regierungschef- Steil Vertreterin 
Rita Kieber-Beck: «Den Weg, den die Regierung ein­ geschlagen hat, trage ich vollum­ fänglich mit. Die liechtensteinische Verfassung lässt, wenn man am Dualismus festhält, keine einseiti­ gen Verfassungsänderungen zu.» Mehr Stimmen auf Seite 5 ABSTIMMUNGSERGEBNISSE IM 
LANDTAG • 
Initiative des Fürstenhauses 
Initiative Verfassungsfrieden Beck Alois 
FBP Ja 
Nein Büchel Markus 
FBP Ja 
Nein Bühier Helmut FBP Ja 
Nein Hasler Adrian 
FBP Ja 
Nein Kaiser Johannes FBP Ja 
Nein Kindle Elmar FBP Ja 
| Nein Konrad Helmut FBP Ja 
Nein Lampert Peter FBP Ja 
Nein Lampert Rudolf FBP Ja 
1 Nein Lampert Wendelin FBP Ja 
Nein Wanger Klaus FBP Ja 
Nein Wohlwend Renate FBP Ja 
Nein Zech Jürgen FBP Ja 
Nein Hagen Rudolf (Stv. V. 
Peter Sprenger) 
VU Nein Ja Hartman Walter VU Nein 
Nein Hassler-Gerner Ingrid VU Nein Nein Klein Ivo 
VU Nein Nein Laternser Dorothee 
VU Nein Ja Marxer Alexander (Stv. v. Otto Büchel) 
VU Nein Nein Oehri Donath 
VU Nein Nein Quaderer Hugo 
VU Nein Ja Sprenger Erich VU Nein Ja Vogt Walter 
VU Nein Ja Wölfl" Peter 
VU Nein Nein Vogt Paul FL Nein Ja GESAMTERGEBNIS 13 Ja-12 Nein 6 Ja - 19 Nein
	        

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