Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VÖLKSBLATT 
LAND UND LEUTE Montag, 7. Januar 2002 
7 Ungereimtheiten und Millionenbeschlüsse! Parkhaus Balzers: Pressemitteilung des Komitees gegen die Bodenabgabe an die Firma ITW In der Informationsbroschüre der Gemeinde zur Abstimmung vom 11. und 13. Januar 2002 wird Gemeindevorsteher Oth- mar Vogt zum Thema befragt. Wenn man seine Aussagen auf­ merksam liest, fallen ein paar Unregelmässigkeiten und Ge­ dächtnislücken auf. Im Gemeinderatsbeschluss vom 4. Juli 2001 ist dokumentiert, dass «Die Ge­ meinde Balzers grundsätzlich der Er­ stellung eines Parkhauses gemäss Vor­ schlag der Firma ITW beim heutigen MEBA-Gebäude» mehrheitlich zu­ stimmt. Was dem Vorsteher entfallen ist oder er nicht wahrhaben will: Gemäss Konzept der Firma ITW und gemäss dem Gemeinderatsprotokoll wird vom privaten Bauherren ITW er­ wartet, dass die dafür benötigten 140 KJafter «kostenlos von der Gemeinde zur Verfügung gestellt werden». In der Gemeindeinformation spricht er neuerdings aber davon, dass der Bo­den 
zu «den üblichen Baurechtszinsen abgegeben werde». Entschieden ist dies aber noch nicht. Hier greift er wohl schon dem Gemeinderat vor oder hat er die Sachen mit dem potentiellen Bauherren Werner Vogt schon geregelt oder ist es ganz einfach nur Schadens­ begrenzung? Dabei legte er bis anhin immer grossen Wert auf den dritten Gemeinderatsbeschluss, der festhält, dass über Konditionen zu einem späte­ ren Zeitpunkt vom Gemeinderat be­ schlossen wird. Millionenbeschlüsse? Mit «Es wird immer wieder von Millio­ nenbeschlüssen gesprochen» wird die letzte Frage an Vorsteher Othmar Vogt eingeleitet. Wir wissen nicht, wer von Millionenbeschlüssen in der Vergan­ genheit gesprochen hat. Das Referen­ dumskomitee hat diesen Ausdruck ein einziges Mal in den bisherigen Auftrit­ ten und Publikationen verwendet. Die­ ses eine Mal ist in unserem Beitrag auf Seite sechs der Informationsbroschüre der Gemeinde Balzers zu finden! 
Zur Erinnerung: Volle acht Tage hat­ ten die Befürworter Zeit, unseren Bei­ trag zu studieren, bevor dann endlich der Druck gestartet wurde. Es ist of­ fensichtlich, dass der Beitrag der Ge­ meinde zum offiziellen Redaktions- schluss (13.12.2001) noch nicht fertig war. Wie soll er auchl Man konnte jetzt ja in Ruhe unseren Beitrag studie­ ren und auf die Argumente des Refe­ rendumskomitees eingehen. Auch wenn der Vorsteher dies abstreitet, bleibt doch ein komischer Beige­ schmack an dieser Aktion. Mehrverkehr und Planungschaos Die Gemeinde will auf keinen Fall mehr Verkehr im Dorfzentrum. Das ist lobenswert. Auch das Referendumsko­ mitee will das nicht, auf keinen Fall I Es stellt sich nun die Frage, wieso es im Dorfzentrum Mehrverkehr geben soll, wenn die Bodenschenkung vom Volk abgelehnt wird. Das ist und bleibt das Geheimnis unseres Vorstehers. Derselbe Vorsteher hat in seiner Pla­nungskiste 
einen Coup, der mit Sicher­ heit massiv Mehrverkehr Ins Dorfzent­ rum bringen wird. Wer die Gemeinde- ratsprotokolle der vergangenen Jahre aufmerksam studiert hat, weiss, dass an der Fürstenstrasse eine Wohn- und Geschäftsstrasse geplant ist. Mittelfris­ tig sollen dort neben Wohnraum für 500 Personen auch Geschäfts- und Ge­ werberäumlichkeiten links und rechts der Fürstenstrasse geschaffen werden. Für all die Leute, die dort wohnen und einkaufen werden, muss die Parkie­ rung gelöst werden. Die Planung sieht vor, dass Tiefgaragen filr 200 bis 300 Autos erstellt werden. Das gibt dann so richtig Mehrverkehr, aber davon re­ det niemand. Visionen - Fehlanzeige! Die Aussage «die Zukunft unseres Dorfzentrums ist auf Grund der beste­ henden Bauten weitgehend vorgege­ ben» ist eine Kapitulation an sich. Auch wenn Vorgaben da sind, kann man Visionen entwickeln, damit wir und unsere Nachkommen in ein paar 
Jahren noch in einem lebenswerten Dorf wohnen. Wenn man allerdings den Begierden von Unternehmen wie der ITW ständig willenlos nachgibt, gibt man das Planungsheft aus der Hand. Dann planen und betonieren genau.diese privaten Unternehmer Idas Balzers der Zukunft nach ihren Vor­ stellungen. Dört steht dann die Renta­ bilität an oberster Stelle und nicht das Wohl und die Interessen der Gemeinde und Bevölkerung von Balzers! Das Referendumskomitee Helmuth Büchel, Eugen Frick, Urs Vogt und Markus Wille . Forum Unter derRubrik«Forum» veröffe^f^l' liehen wir Zuschriften und Beiträge- vonVerbänden^Verünen.AictiöKcn^ und 
.Instihitionen., Das. «Fpriim»; drücktaus,dass dieinden Beiträgen; &eäüssertoi- Meinungen nl^-ini^ der;Haltunjj 
:tder- Zeitung'übereft& stimmen müssen. .  t 
< 't. $ Einkaufen und Raumplanung hängen eng zusammen Stellungnahme der Liechtensteinischen Gesellschaft für Umweltschutz In Vaduz Nord ist ein Einkaufs- und Gewerbezentrum von 5600 m2 ge­ nutzter Fläche geplant. Der Gemein­ derat von Vaduz hat am 4. Dezember Ol das Baugesuch grundsätzlich be­ fürwortet sowie der nötigen Umzo- nierung zugestimmt. Die LGU sieht mit diesem Projekt diverse Problem­ bereiche, wie beispielsweise Verkehr und Siedlungsplanung, verknüpft und sie steht diesem Vorhaben äus­ serst kritisch gegenüber. Sie hat zu diesem Thema das Gespräch mit dem Bürgermeister von Vaduz gesucht. Der bestehende Zonenplan ist ein Kompromiss, der bestmöglich alle In­ teressen berücksichtigt hat. Einmal er­ arbeitete Grundlagen kurzfristig auf­zuweichen, 
ohne die weit reichenden Fragen, die sich daraus ergeben, aus­ führlich zu diskutieren, erscheint uns grundsätzlich fragwürdig. Der Bau eines Einkaufszentrums dieser Grösse hat massgebende Aus­ wirkungen auf die Raumentwicklung, den Verkehr und die Gesellschaft. Das Gesicht des betroffenen Wohnquartie- res verändert sich, das Verkehrsauf­ kommen wird stark erhöht und das vielfältige Warenangebot auf einem Raum konkurrenziert die Dorfläden - auch in anderen Gemeinden. Es wer­ den Bedingungen und Fakten geschaf­ fen, die eine zukünftige nachhaltige Entwicklung erschweren, wenn nicht gar verunmöglichen. Aus Sicht der LGU entspricht ein 
solches Einkaufszehtrum weder nach-' haltigen Kriterien noch ist es grössen- verträglich für Liechtenstein. Die LGU spricht sich deshalb gegen eine ent­ sprechende Umzonierung aus. Sie for­ dert die Verantwortlichen auf, eine Be­ darfsabklärung zu machen, ein umfas­ sendes Verkehrskonzept zu erstellen, die Auswirkungen auf das nahegelege­ ne Schulzentrum abzuklären und vor allem eine breite Diskussion über eine gewünschte zukünftige Siedlungspoli­ tik und -entwicklung zu führen, bevor diese durch den Bau eines so grossen Gebäudekomplexes vorweggenommen wird. Solche Vorabklärungen sind eine Chance und bringen nur Vorteile. Durch Optimierungen können Kosten minimiert werden und Belastungen re­duziert 
werden. Die breite Diskussion hilft Fehler zu vermeiden und wichtige Anliegen wie die Raumplanung in der Bevölkerung abzustützen. Raumplanung und Nachhaltigkeit In Liechtenstein fehlt nach wie vor ein Raumplänungsgesetz. Ein grosses Risiko für ein kleines Land mit wenig Fläche und grossem Wirtschaftswachstum. Um­ so mehr wird von den Politikerinnen und den Gemeinden ein verantwor­ tungsvoller Umgang mit der Nutzung des Bodens und anderen begrenzten- Ressourcen gefordert In die Planung je­ des Infrastiukturprojektes müssen auch die Auswirkungen auf die räumliche Entwicklung einbezogen werden. 
Eine Siedlungspolitik, die nachhaltt- . ; gen Kriterien entspricht, muss neue, , Wege und Ziele verfolgen. Ziel niüss eine lokale Versorgung mittels diverser kleiner Läden in den Quartieren sein. Dies muss selbstverständlich gefördert und gelenkt werden, es kann unter den' ; gegebenen Bedingungen nicht von 
al- leine entstehen. Der schnelle Entscheid des Vaduzer Gemeinderates über dieses grosse Pro» v jekt Hess kaum Zeit für Diskussionen in der Öffentlichkeit. Eine Abklärung der genannten Aspekte ist vor dem endgültigen Entscheid jedoch unbe- 
 i dingt notwendig. Wir werden in einem Gespräch mit dem Bürgermeister von Vaduz diese Problemp'unkte anspre­ chen und diskutieren. Parkhaus in Balzers - der richtige Standort? Stellungnahme des Verkehrsclubs Liechtenstein zum geplanten Parkhaus in Balzers Der Verkehrs-Club wurde mehrfach angefragt, warum er gegen das ge­ plante Parkhaus in Balzers nicht Stellung beziehe. Gerne begründet der VCL dies, ohne jedoch auf das Zurverfügungstellen von Baugrund durch die Gemeinde und ohne auf Details des Gemeinderatsbeschlusses einzugehen. Aus verkehrspolitischer Sicht sind die gute Erschliessung und die direkte An- bindung an das Hauptstrassennetz (d.h. das Auffangen des motorisierten Ver­ kehrs ausserhalb der Wohngebiete) zu betrachten. Unabdingbar ist eine klare 
Aussage der Unaxis Balzers AG zu ei­ nem umfassenden Mobilitätsmanage­ ment inklusive Parkplatzgebühren und dem Ziel, dass mittelfristig höchstens 40 % der Beschäftigten mit dem eige­ nen Auto zur Arbeit kommen. Auch die Gemeinde ist gefordert: sie muss sich zu einer Parkplatzbewirtschaftung im Gemeindezentrum bekennen. Distanzen für Benutzerinnen unserer Busse Den Benutzerinnen der Liechtenstein Busse werden Distanzen bis 450 Meter zu/von den Haltestellen selbstverständ­ lich zugemutet. Um die Haltestellen legt 
man einen Kreis mit einem Radius von 300 Metern. Alle Quell- und Zielorte in­ nerhalb dieser Fläche gelten offiziell als zumutbar. Da die Fusswege praktisch nie der Luftlinie entsprechen, ergeben sich typischerweise Distanzen bis etwa 450 Meter. Viele Busbenutzerinnen legen so­ gar deutlich längere Wege zurück. Für' Benutzerinnen der Liechtenstein Busse betragen beispielsweise die Distanzen von den relevanten Haltestellen Hotel Post, Post und Schlossweg bis zum Ge­ meindesaal Balzens je etwa 400 Meter. Standort des Parkhauses Der Standort des Parkhauses auf 
dem Meba-Areal scheint optimal, was das Auffangen des motorisierten Ver­ kehrs ausserhalb der W oh ngebiete be­ trifft. Ein Standort auf dem Unaxis- Gelände nord-westlich der Fabrik­ strasse gegenüber dem Meba-Gebäude bietet den gleichen Vorteil. Andere Va­ rianten sind von der Verkehrsbelas­ tung der Anwohnerinnen aus be­ trachtet deutlich schlechter zu bewer­ ten. Die Entfernungen Vom Parkhaus zu allen relevanten Zielen sind zumutbar. Die Distanzen betragen etwa: Kirche/Friedhof = 400 m, Gemeinde­ verwaltung/Hallenbad/Haus Guten­berg 
» 350 m, Gemeindesaal «* 300 m,T Primarschule = 250 m, Kino ° 200 m, Alten-/Pflegeheim = 150 m; Ar­ beitsplätze Unafcis = 50 - 200 m. Aus den erwähnten verkehrspöliti- schen Gründen spricht sich der VCL für den Bau eines Parkhauses am ge­ planten Standort auf dem Meba- Areal oder nord-westlich der Fabrik­ strasse gegenüber dem Meba-Gebäu­ de aus. Warum sollen den Autofah­ rerinnen nicht annähernd • gleiche GehdistanzCn vom Parkplatz zum Zielort . zugemutet werden wie den Benutzerinnen der Liechtenstein Busse? LESERBRIEF Philosophie, von aussen nach Innen! Lieber Leser (in dieser Anrede sind die weiblichen Leser eingeschlossen per Definition: Leser * lesender Mensch), nehmen Sie ein A4-Blatt und falten Sie es in der Mitte der Längsseite. Dann tragen Sie von Falz nach links und nach rechts 1 Millimeter ab. Was Sie nun sehen ist Folgendes. Der linke Blattrand repräsentiert den Beginn unseres Kosmos vor ca. 
15. Milliarden Jahren, der rechte Blattrand repräsen­ tiert das Ende unseres Kosmos irgend­ wann in 15 Milliarden Jahren. Der Falz stellt die Gegenwart dar, der Mil­ limeter nach links stellt eine Vergan­ genheit von 100 Millionen Jahren, der 
Millimeter nach rechts eine Zukunft von 100 Millionen Jahren dar. In die­ sen 2 Millimetern spielt sich das Schicksal der Menschheit ab. Eine Vergangenheit von 100 Millio­ nen Jahre für die Menschheit ist aller­ dings viel zu hoch gegriffen. Erste Spu­ ren 
reichen 4 Millionen Jahre zurück, kulturgeschichtlich kann man aber nur die letzten 100 000 Jahre zählen, wenn man bedenkt, dass der Neandertaler erst vor 70 000 Jahren lebte. Auf dem A4-Blatt können Sie diese kleinen Spannen nur mit einem ganz spitzen Bleistift markieren. Vom 5000 Jahre- alten ötzi gor nicht zu reden. Auch ei­ ne menschliche Zukunft von 100 Mil­ lionen Jahren wird es sicher nicht ge­ ben, vielleicht ist der Homo sapiens schon in einer Million Jahre von der Erde verschwunden. Es gilt auf jeden 
Fall der relative Vergleich: Die Amei­ sen werden den Menschen um viele Jahre überleben. Stephen Hawkins, der berühmte Physiker, sieht daher das Überleben des Menschen nur im Kos­ mos. Heute haben wir die Möglichkeit, die Erde in einer kosmischen Arche Noah zu verlassen, noch nicht; ob wir sie je haben werden, ist fraglich. Noch fraglicher ist es, ob diese Arche ein lohnendes Ziel finden wird. Sie werden nun einwenden, was die­ se Zahlenspielereien für einen Sinn machen. Der Einzelmensch, ja Regie­ rungen ganzer Länder, haben alle Hän­ de voll zu tun, in den nächsten 10 Jah­ ren gut über die Runden zu kommen. Richtig, aber ich möchte damit'eine Philosophie von aussen nach innen deutlich machen und darauf hinwei­ sen, dass sießr uns an Bedeutung zu­nehmen 
wird. Das Gegenstück, und die Ergänzung, ist eine Philosophie von in­ nen nach aussen. Eine solche hat als eine wesentliche Komponente das an- thropische Prinzip zur Grundlage, da­ nach ist die Welt so, weil sie so sein muss, damit der Mensch sie betrachten kann, d. h. es wäre sonst, gar kein Be­ obachter vorhanden. Ausgangspunkt dieser Art zu philosophieren ist also der Mensch. In meiner Vorstellung von der Philosophie von aussen nach innen ist der Mensch Endpunkt. Einfach aus­ gedrückt: Ich betrachte den Kosmos, die Natur, das. biologische Leben, die Erkenntnisse von Naturwissenschaften etc. und frage erst danach, was macht denn der Mensch darin. Die Vorwürfe an diese Philosophie werden im Urteil *unmenschlich» gipfeln. Sie werden von den Seiten kommen, die den Men­schen 
überhöhen, um ihn dann umso leichter manipulieren zu können. Was erwarte ich von einer Philoso­ phie von aussen nach innen? Sie wird den Blick der Menschen för die Ge­ meinsamkeiten schärfen. Wir werden entweder auf die Schnelle gemeinsam untergehen oder wir verhalten uns ver­ nünftig, unterstützen uns gegenseitig und erhalten uns unsere Existenz-; grundlage so lange als möglich. Das christliche *Liebe Deinen Nächsien» erhält ein rationales Fundament. Wit werden uns von Überlieferungen, Tra­ ditionen, alten Texten etwas freier man­ chen und die Bedeutung der Gegen­ wart im richtigen Sinne realisieren. Dadurch wird der Weg geebnet zu ge­ genseitigem Verständnis, über Religio­ nen, Rassen und Nationen hinweg. Dr. Wo\fgang Bayer, Gamprin 
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