Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
EXTRA Samstag, 5. Januar 2002 
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Was kann man gegens Schnarchen tun? Wieso schnarcht der Mensch? Auslöser der Umweltkrankheit Buchtipp: «Ich will leben» Schnarchen ist noch immer Männersache Tiefer Kehlkopf führt zu verengten Atemwegen - Kein Patentrezept in Sicht MÜNCHEN: Ob lautstarkes Sägen oder zartes Grun­ zen - der morgendliche Vorwurf «Du hast wieder geschnarcht!» hat schon manche Beziehung zer­ mürbt. «Ein grosser Teil unserer Patienten hat ge­ trennte Schlafzimmer», sagt die Leiterin des Schlaflabors der Klinik Schillerhöhe in Gerlingen, Ingrid Dobbertin. Angela Stol l Immerhin brächten es Rckord- schnarcher auf den Lärmpegel einer Autobahn. Docli tun sich Mediziner mit der Behandlung schwer: Noch immer gibt es kein Patentrezept gegen das ur­ alte Phänomen des Schnar­ chens. Unbestritten ist, dass vor allem Männer schnarchen. «Das liegt an der Anatomie», erklärt Rainald Fischer vom Schlafla­ bor der Münchner Ludwig-Ma- ximilians-Universität. Bei Männern sitze der Kehlkopf tie­ fer als bei Frauen, was zu einer Verengung der oberen Atem­ wege führe. Auch wegen der Gewichtverteilung sind Männer häufiger betroffen. Sie setzten leichter am Hals Fett an, was die Atcmwcgc noch enger ma­ che, sagt der Schlafexperte. Im Extremfall komme es dann zur gefährlichen Apnoe, einem Schnarchen mit längeren Atempausen. Es kann schwere gesundheitliche Folgen wie Herzinfarkt und Schlaganfall nach sich ziehen und muss 
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gesehen sei Schnarchen gewissennassen der Preis, den der Mensch fiir das Sprechen habe zahlen müssen. her behandelt werden. Eine Nebenwirkung vom Sprechen Evolutionsgeschichtlich ge­ sehen sei Schnarchen gewisser- massen der Preis, den der Mensch für das Sprechen habe zahlen müssen, erklärt Fischer. So sitzt beim Affen der Kehl­ kopf höher als beim Menschen: «Affen schnarchen nicht. Sie können aber auch nicht spre­ chen.» Aber es gibt auch Über­ legungen, dass Schnarchen 
einst durchaus seinen Sinn hat­ te: «Es war möglicherweise ein ' Selektionsvorteil. Schnarchen hat wilde Tiere abgehalten», sagt Florian Fuchs vom Schlaf­ labor der Uni Erlangen. Viel­ leicht sei Schnarchen also ähn­ lich wie der Blinddarm ein Ru­ diment. Heute ist es aber vor allem «sozial problematisch», wie der Mediziner betont. So musste einer der Patienten, ein Brummifahrer, nachts auf Au­ tobahnraststellen immer ab­ seits von anderen Brummis 
parken. Aus der Fahrerkabine drang nämlich so lautes Sägen, dass sogar die anderen Lastwa­ genfahrer wach wurden. Tennisball im Schlafanzug Die Behandlung des Schnar­ chens ist nicht einfach, da jeder Fall anders ist. «Schnarchen kann auf ganz verschiedenen Ebenen stattfinden, irgendwo zwischen Kehldeckel und Na­ se», sagt Fuchs. Daher gebe es auch kein Allheilmittel. Gene­ rell unterscheiden die Experten 
harmloses und gefährliches Schnarchen: Bei letzterem, der Schlafapnoe, kommt es wegen eines Verschlusses der Atem­ wege zu längeren Atempausen und unbewusstem Aufwachen. Erhötes Risiko für Herz­ infarkt Die Betroffenen fühlen sich ständig müde, nicken tagsüber ein, sind unkonzentriert und leiden häufig an Kopfschmer­ zen. Wegen Sauerstoffmangel und Stress haben sie ein erhöh­ tes Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle. Dagegen beein­ trächtigt harmloses Schnarchen die Gesundheit meistens nicht, es ist nur störend für den Part­ ner. Gute Erfahrungen haben Mediziner mit dnem Ball ge­ macht, den die Patienten wie ei­ nen Rucksack aufschnallen. Er verhindert die Rückenlage, in der es häufig zum Schnarchen kommt, da die Zunge nach hin­ ten fällt. Bei einer preiswerten Variante für daheim nähen sich die Betroffenen einen Tennis­ ball in das Rückenteil ihres Schlafanzugs. Doch auch diese Methode hilft nur dann, wenn ein Patient vor allem in Rückenlage schnarcht, wie Fuchs erklärt. ' Eine Operation sei nur in Ein­ zelfällen sinnvoll, etwa bei ei­ ner extrem verkrümmten Na­ senscheidewand oder sehr gros­ sen Rachenmandeln. Auch spe­ zielle 
Schnarchtropfen, wie sie manche Apotheken anbieten, garantieren keine ruhige Nacht. Fischer sagt: «Es gibt keine Da­ ten, ob das etwas bringt.» Kri­tisch 
sehen die Schnarchexper­ ten Zahnschienen, die den Un­ terkiefer vorziehen, um den Zungengrund von der Ra­ chenwand zu lösen. «Das ist un­ physiologisch und kann Schmerzen bereiten», erklärt Fi­ scher. Und Fuchs betont: «Da hat man nach zehn Jahren ein kaputtes Kiefergelenk:» Zungenpiercing gegen das Schnarchen Noch abenteuerlicher sei der Versuch eines Betroffenen gewe­ sen, sich mit Zungenpiercing aus dem Schnarchdilemma zu be­ freien: Er hängte die Zunge vor­ ne am Mund ein. Garantiert er­ folgreich ist nur die «Maskenthe­ rapie»: Dabei setzen Patienten eine Nasenmaske auf, die die Atemwege im Rachen durch Überdruck freihält. Mit dieser Methode werden normalerweise Apnoe-Patienten behandelt. Sie helfe aber auch bei «normalem Schnarchen», sagt Fischer: «Da­ mit ist das Schnarchen zu hun­ dert Prozent weg.» Allerdings empfindet mancher das Gerät als störend, ausserdem kann es die Nasenschleimhäute austrock­ nen. Einig sind sich die Ärzte immerhin darin, was Schnar­ chen verschlimmert, nämlich Übergewicht, Alkohol und Schlafmittel. Ausserdem sind Fi­ scher zufolge häufiger alte Men­ schen betroffen, da mit den Jah­ ren offenbar das Bindegewebe schlaffer wird. http://www.schlafapnoe-ortli- ne,de/ http://schnarcherhilfe.de/   http://www.dgsm.de/ 
1 Umweltkrankheiten als Probleme der Psyche Therapeuten machen bei Betroffenen seelische Störungen und Hypochondrie aus LUDWIGSBURG: Die Ursache vieler vermeintlicher Umwelt­ krankheiten liegt nach Über­ zeugung von Therapeuten in der Psyche der Patienten. Bei den meisten von ihnen sei­ en die körperlichen Symptome wie Muskel-, Gelenk- und Kopfschmerzen, Atembe­ schwerden, Hautveränderun­ gen und Haarausfall mit psy­ chischen Störungen und einer Neigung zur Hypochondrie verbunden, berichtete Hermann Ebel von der Deutschen Gesell­ schaft für Psychiatrie, Psycho­ therapie und Nervenheilkünde (DGPPN). Betroffen seien häu­ fig Frauen Mitte 40, gebildet, wohlhabend und scheinbar sor­ genfrei. Die Ursachen für ihre Beschwerden sehen sie nach 
Viele Frauen führen ihr Leiden auf Umweltprobleme zurück. 
Angaben des ärztlichen Direk­ tors der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in • Lud­ wigsburg in einer ganzen Pa­ lette von Umweltgiften: Amal­ gamfüllungen, Lacke, Schim­ melbakterien, Elektrosmog, Abgase; Formaldehyd und Holzschutzmittel. Picken Krankheiten heraus Die Patientinnen sind nach Angaben der Experten auf das Thema Umweltgefahren fixiert, weisen von vornherein Zweifel an ihren Krankheitsvorstellun­ gen zurück und picken sich aus Medienberichten gezielt das he­ raus, was ihr Weltbild festigt. Der Fachausdruck dafür sei um­ weltbezogene somatoforme be­ ziehungsweise funktionelle Störung. Nach Angaben des DG-PPN-Präsidenten 
Max Sehmauss kommen solche Beschwerden fast ausschliesslich in westlichen Industriestaaten vor. «In ärme­ ren Ländern spielen sie\keine Rolle, obwohl hier die Umwelt­ verschmutzung oft ein noch grösseres Problem darstellt», sagte Sehmauss. Das deute da­ rauf hin, dass dieses Phänomen an bestimmte kulturelle und so­ ziale Voraussetzungen gebunden sei. Trotzdem seien die Patienten keine eingebildeten 
Kranken, be­ tonte Sehmauss. Sie litten unter ihren Beschwerden genauso wie Patienten mit organischen Krankheiten. Etliche seien vorü­ bergehend 
oder dauerhaft ar­ beitsunfähig. Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie sei daher, dass die Störungen ernst genommen würden. 
BUCH-TIPP Endlich leben! Christine Gottwald Ich will endlich leben! «Soll das etwa alles gewesen sein?» fragen sich viele Men­ schen angesichts der täglichen Routine. Die Autorin zeigt auf, wie man diese Monotonie über­ winden und zu einem Leben in Fülle und zu innerer Zufrieden­ heit gelangen kann. Das Buch ist ein Ratgeber der Mut auf Neues macht. «Ich will endlich leben I Schluss mit Monotonie und Routine» (Bild) von Christi­ ne Gottwald ist'im Ueben-euter Verlag erschienen. FIT www.lkk.Bi 
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