Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
SPORT Dienstag, 15. Oktober 2002 
1 3 EM-Qualifikation: Klare Sache in Istanbul Schach: 16. Titel für Renato Frick Jugend holt sich den letzten Schliff Fussball-Tabellenparade Liechtenstein Nicht brillieren, aber fighten EM-Qualifikation, Gruppe 7: Teamkapitän Daniel Hasler fordert gegen die Türkei Kämpfermentalität Nicht das Ergebnis steht bei Liechtensteins Teamka­ pitän 
Daniel Hasler beim EM-Qualifikationsspiel ge­ gen die Türkei im Vorder­ grund, sondern viel mehr die Art und Weise, wie sich die Mannschaft präsen­ tiert. Für ihn ist wichtig, dass nicht der Einzelne brilliert, sondern dass jeder kämpft und 100-prozentig bei der Sache ist. 
nien getankt. Zudem haben sich die Türken letzten Samstag gegen die Mazedonier bei ihrem 2:1-Sieg auch nicht ge­ rade mit Ruhm. bekleckert: Grozdanovski brachte Mazedo­ nien bereits in der zweiten Mi­ nute in Führung, doch Okan Buruk (29.) und Nihat (54.) sorgten dann doch noch für die erwarteten drei Punkte, die den Türken nach zwei Spielen die Tabellenführung in der Aus­ scheidungsgruppe 7 mit sechs Punkten sicherte. Heinz Zöcltbauer aus Istanbu l 
Aus der Rolle des David Die Auswärtsbilanz der Liech­ tensteiner Fussball-National­ mannschaft gegen Top-Teams ist alles andere als erfreulich. Gegen Spanien (24. März 2001) setzte es in Alicante eine 5:0- Niederlage und gegen Portugal (9. Juni 1999) kam das Team von Ralf Loose in Coimbra gar mit 8:0 unter die Räder. Auch in Freiburg (7. Juni 2000) mus- ste sich die LFV-Elf, nach an­ fanglich sehr gutem Start, am Ende Deutschland 8:2 geschla­ gen geben. Nun folgt am Mitt­ woch in Istanbul um 20.30 Uhr Ortszeit (19.30 Uhr Lokalzeit) die erste schwere EM-Qualifi­ kationshürde Türkei und die Voraussetzungen sind alles an­ dere als optimal. Denn gegen den offensiv starken WM-Drit­ ten fehlen mit Harry Zech und Frederic Gigon (das Volksblatt berichtete) ausgerechnet zwei erfahrene Abwehrrecken. Doch Teamkapitän Daniel Hasler * lässt sich deswegen nicht entmutigen und fordert von seinen Mitspielern Kämp­ fermentalität. «Es ist egal gegen wen wir spielen, wir müssen auf uns achten und unsere Qualitäten auf den Platz brin­ gen.» Dafür hat das Team Selbstvertrauen beim 1:1-Heim­ unentschieden gegen Mazedo-Vom 
bisher schwierigsten Auswärtsmatch will Hasler trotzdem nichts hören. «Auch in Spanien oder in Portugal sind wir neben den Top-Mann- schaften auf ein frenetisches Publikum getroffen und sind daher gut vorbereitet auf das, was uns am Mittwoch erwartet. Ich bin zuversichtlich.» Für den Routinier geht es - un­ abhängig vom Resultat - darum, «wie wir uns verkaufen». «Nach dem Spiel müssen wir erhobe­ nen Hauptes vom Feld gehen können», erklärte Hasler vor seinem 44. Länderspieleinsatz. Dass die Vorzeichen auf ein gutes Resultat gegen die Tür­ ken, die von Seiten der Fans und den Medien mächtig unter Druck stehen, nicht gerade gut stehen, will der Captain nichts hören. «Klar werden wir mehr aus der Defensive agieren, aber vielleicht gelingt uns über ei­ nen schnellen Konter gar eine kleine Überraschung.» Heisst: Aus der Rolle des David soll der Angriff erfolgen. Zuversicht­ lich stimmt ihn auch, dass in­ nerhalb des Teams «die Chemie stimmt und alle an einem Strang ziehen. Nicht der Ein­ zelne soll brillieren, sondern im Kollektiv muss gefightet wer­ den.» 
Captain Daniel Hasler (im Bild links bei der Ankunft am Flugha­ fen in Istanbul): iNicht der Einzelne soll brillieren, sondern im Kollektiv muss geßghtet werden.» (Bild: Faruk Aydemir) 110 Prozent Ähnlich sieht auch Goalie Peter Jehle die Situation: «Im Endeffekt haben wir gegen den WM-Dritten doch nichts zu verlieren. Jeder erwartet, dass wir untergehen und genau dar­ in liegt unsere Chance auf ein gutes Resultat. Hier kann sich doch jeder von uns für höhere Aufgaben empfehlen - voraus­ gesetzt, jeder gibt die berühm­ ten 110 Prozent.» Er selbst hat sich auch einiges-vorgenom-men 
und will keine Fehler ma­ chen und wenn überhaupt, dann nur Tore zulassen, die «einfach nicht haltbar sind». Katastrophale Trainings­ bedingungen Nach der Ankunft im Hotel «Ceylan Intercontinental» gabs für unsere Spieler zuerst eine kleine Stärkung, ehe Loose zur ersten Trainingseinheit auf tür­ kischem Boden bat. Auf dem Programm stand, sich in erster Linie an die örtlichen Begeben­heiten 
zu akklimatisieren. Doch dies war nicht einfach. Das von den Türken zugeteilte Gelände, ein Jugend-Trainingsplatz von Besiktas Istanbul, entsprach mehr einem Kartoffelacker als einen Fussballfeld. «Die Türken haben vor uns Gästen keinen Respekt, sonst hätte man uns dies nicht zugemutet», ärgerte sich Loose. Und das heutige Vormittagstraining wolle er so­ gar absagen, sollte kein anderer Platz zur Verfügung gestellt werden. Das Abschlusstraining findet wie geplant um 20.30 •Uhr im Ali-Sami-Yen-Stadion statt, wo am Mittwoch das Spiel über die Bühne geht. Quali-Splitte® Liechtenstein ernst nehmen Türkeis Teamchef Senol Günes hat vor dem Spiel ge­ gen Liechtenstein iein Pro­ blem mit den Medien. Den diese schreiben im Vorfeld kaum über Liechtenstein, sondern bereits jetzt über den Mitfavoriten England. Daher hat Günes in mehreren Inter­ views aufgefordert: «Bitte ignoriert die Liechtensteiner nicht, wir nehmen sie auch ernst.» Fehlendes Gepäck Eine kleine Verzögerung gab es bei der Ankunft in Istanbul. Teamspieler Franz Burgmeier hat vergeblich auf sein Gepäck gewartet und musste beim gestrigen ersten Training 
die Fussballschuhe von Goalie Peter Jehle aus­ borgen. Die Aufregung währ­ te jedoch nicht lange, denn bereits am späten Abend wurden die fehlenden Uten­ silien ins Hotel nachgeliefert." Grenzgänger im Kicker-Paradies EM-Qualifikation, Gruppe 7: Türkische Nationaltrainer habens nicht einfach Die Medien verachteten ihn und die Fussballfans versagten ihm ihre Zuneigung. Türkeis Teamchef Senol Günes stand trotz der Qualifikation zur WM unter massiver Kritik und sprach sogar von Rücktritt. Heute, nach dem sein Team in Japan und Südkorea Bronze holte, ist die Situation anders. Doch die Stimmung kann im Land der «Fussballverrückten» schnell wieder kippen. Heinz Zöcltbauer aus Istanbul Wie schwer es der Nationaltrai­ ner einer extrem emotionellen Fussball-Nation wie der Türkei hat, musste schon Senol Günes' Vorgänger Mustafa Denizli am eigenen Leib erfahren: Obwohl der Ex-Coach von Alemannia Aachen seine Elf bei der EM 2000 bis ins Viertelfinale filhrte, hagelte es Kritik von allen Sei­ ten. Unattraktive Spielweise, zu defensive Taktik, kein klar err sichtlicher Spielstil. Prompt nahm Denizli nach der Euro den 
Hat kein leichtes Amt: Türkeis Teamchef Senol Günes. Hut; übergab das haarige Amt an Senol Günes. Als der 50- jährige die direkte Qualifikation für die WM in Japan und Süd­ korea nicht schaffte (1:2 zu Hause gegen Schweden im ent­ scheidenden Spiel) und den Um­weg 
übers Play-off gegen Öster­ reich nehmen musste, stand er kurz vor dem Abschuss. Auch die Triumphe gegen die Österreicher (1:0, 5:0) konnten seinen heissen Schleuderstuhl nicht einzementieren. Dabei stand die Türkei erstmals seit 54 Jahren wieder in der End­ runde einer WM, tobten im ganzen Land exstatische Sie­ gesfeiern von der Schwarz­ meerküste bis an die türkische Riviera. «Lasse mich nicht mehr beschimpfen» Unmittelbar nach dem 5:0 gegen eine ausser Rand und Band befindliche Austria-Elf sprach der in seiner Ehre tief getroffene Günes sogar vom Rücktritt: «Ich lasse mich nicht länger von den Medien be­ schimpfen und fertigmachen. Wenn sie mich nicht wollen, dann soll ein anderer diesen Job übernehmen. Ich wünsche ihm viel Glück und ein dickes Fell.» Erst der Verbandspräsident konnte ihn zum Weitermachen 
überreden. Ein Grund, warum ihm die fussballverückten Tür­ ken ihre uneingeschränkte Zu­ neigung versagten, ist seine Herkunft. Günes, der als aktiver Spieler 31 Länderspiele im Tor der Nationalelf absolvierte, kickte bei Trabzonspor. Stimmung schwenkte um Undenkbar für die rund 30 Millionen fanatischen Anhän­ ger der Klubs aus der Hauptstadt wie Fenerbahce, fialatasaray oder Besiktas Istanbul. Auch bei der WM in Asien stand Günes nach der Auflaktniederlage ge­ gen 
Brasilien - dank eines frag­ würdigen Elfers und der beschä­ menden Comedy-Einlage von Rivaldo, der den sterbenden Schwan markierte, iin Kreuzfeu­ er 
der Kritik. Vorgeworfen wur­ de ihm, dass er die sichtlich aus­ ser Form befindliche Stürmer- Ikone Hakan Sükür protegiere und den aktuellen Liga-Topsco- rer Ilhan Mansiz auf der Bank dunsten lasse. Weiters habe er beim Konflikt der Muslime in der Mannschaft mit den in 
Deutschland aufgewachsenen «religiös lockereren» Spielern zu weich agiert. Günes verhängte daraufhin einen Presse-Boykott. Erst nach dem historischen Sieg der 
Türken über die Sensations- Afrikaner aus dem Senegal im Viertelfinale schwenkte die öf­ fentliche Stimmung zugunsten des ruhigen und bescheidenen Fussball-Lehrers um. Denkmal für Günes Nach Platz drei durch den Sieg über Gastgeber Südkorea, schlug der Präsident des türki­ schen Parlaments sogar vor, man solle Günes ein Denkmal in den Hallen der Volksvertre­ tung errichten.' «So ist das eben in einem Land wie der Türkei. Heute bist du Vaterlandsverrä­ ter, morgen Nationalheld!» Günes ist klar, dass «die Er­ wartungen in der Türkei nach . dem historischen WM-Erfolg noch höher sind. 50 Millionen Teamchefs fordern, dass wir uns nicht nur für die EM 2004 qualifizieren, sondern in Portu­ gal den Titel holen.» 
Türkischen Teamspieler Ylldfray Bastürk Wovon träumen Sie? Yildiray Bastürk: In Spa­ nien zu spielen. Sind Sie mehr Deutscher oder Türke? Ich habe von beidem ein wenig und ich kann das gut kombinieren. Was nervt Sie an Ihrem Job? Die ständigen Fliegereien, ich habe etwas Flugangst. Wann ärgern Sie sich über sich selbst? Wenn wir verlieren und Ich nicht meine- Leistung bringe, die ich von mir sel­ ber erwarte. Welchen Tipp geben Sie ei­ nem Kind, das Fussballpro- fl werden will? Disziplin, Freude am Fuss­ ball und hartes Training. Wann haben Sie zuletzt ge­ weint? Da ich sehr sensibel bin, kommt das bei mir häufiger vor. Ich möchte aber nicht verraten, wann es zuletzt so weit war. Was wären Sie, wenn Sie. kein Profi wären? " Ich würde studieren, weiss aber nicht was. Welche Menschen achten Sie? Menschen, die täglich hart arbeiten müssen, um ihre Familie zu ernähren. Bei welchem Club möch­ ten Sie unbedingt einmal spielen? Da möchte ich mich nicht festlegen, aber wie schon gesagt, ein Spitzenclub in Spanien wäre toll. Beschreiben Sie Leverku­ sens Manager Rainer Cal­ mund. Er ist auch sehr sensibel, weiss mit Fussballern umzu­ gehen und hat menschlich meinen höchsten Respekt. Haben Sie ein Vorbild? Früher Maradona. Manche glauben, dass es Ähnlichkei­ ten zu ihm gibt - wie die Körpergrösse (Baistürk lacht herzlich). Heinz Zöcltbauer
	        

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