Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

1 0 Montag, 14. Oktober 2002 
AUSLAND Liechtensteiner VOLKSBLATT Bali - die «Insel der Götter» BALI: Mlf Bali verknüpfen sich für • ; ; die meisten Europäer Bilder von ; > palmengesäumtfen Traumstränden, ! i luxuriösen Hotels und farbenpräch- ; tigen Tempeln. In den letzten Jahren ; spielte der Tourismus eine Immer : • Wichtigere Rolle filr das Wirt-, ? schaftsieben auf der Insel. Sollte der blutige Anschlag vom Samstag- • /abend dazu fuhren, dass die jährlich Hunderttausenden ausländischer l Urlauber der «Insel der Götter» I • den Rücken kehren, wäre dies nicht, I nur ein zerstörerischer Schlag für; ; • die balinesische Wirtschaft, sondern : für . ganz Indpnesien, das sich noch ' ; immer bemüht, die Folgen der asia- > tischen Finanzkrise Ende der 90er ! : 
Jahre zu überwinden. Kuta Beach, Schauplatz des ver- j heerenden Anschlags, ist eines deri wichtigsten Tourismuszentren auf . ; i Bali. Dort beßnden sich hunderte Re&tkurants, billige Unterkünfte, ! Nachtclubs und Souvenirläden. Je- j den Abend füllen sich die Strassen • ; mit trinkenden und tanzenden Ur-{ ; laubern. •" • ' \ Im ansonsten muslimisch gepräg- j ten Indonesien nimmt die «Insel der • Götter» eine Sonderstellung ein: Die • Kultur der rund drei Millionen Ein- I ; wohner wird hauptsächlich vom j Hinduismus bestimmt, nur im Nor- • den gibt es einen stärkeren islami- 
1 ; sehen Einfluss. Bei der Mehrheit der  : Bevölkerung handelt es sich um in- i : digene Balinesen. doch gibt es auch zahlreiche Einwanderer aus anderen Teilen Indonesiens. Bali ist eine relativ kleine Insel, rund 145 Kilometer lang und 95 Ki­ lometer breit. Es ist eine der mehr als 13 000 Inseln, aus denen sich die , Republik Indonesien - der bevölke- ! rungsreichste islamische Staat der i Erde - zusammensetzt Neben dem ] Tourismus sind Landwirtschaft' {Reis, Tabak, Vanille, Kaffee, Kau- • : tschuk) die; wichtigsten Einnahme- : quellen der Balinesen. 
Fast 200 Tote auf Ferieninsel Bali Schwerster Terroranschlag.seit dem 11. September - Drei Explosionen an einem Tag BALI: Beim schwersten Terror­ anschlag seit dem 11. Septem­ ber sind auf der indonesischen Ferieninsel Bali fast 200 Men­ schen in den Tod gerissen wor­ den. Unter den Opfern ist auch eine Schweizerin. Über 300 weitere . Menschen, darunter fünf Touristen aus der Schweiz, wurden verletzt. Die Explosion ereignete sich am Samstag­ abend vor einem Nachtclub im beliebten Urlaubsort Kuta Beach. Der indonesische Polizeichef General Da'i Bachtiar sprach am Sonntag vom «schlimmsten Terrorakt in der Ge­ schichte Indonesiens». Die Explosion in Kuta Beach zerstörte den haupt­ sächlich von Touristen besuchten Nachtclub «Sari». Das Lokal geriet nach der Explosion in Brand. Auch ein weiterer benachbarter Nachtclub fing Feuer, wie Augenzeugen berichteten. Der Sprengsatz war nach Angaben der Polizei in einem Geländewagen ver­ steckt. Zwei weitere Anschläge richte­ ten sich am Samstag gegen diplomati­ sche Vertretungen der USA und der Philippinen. Zu den Taten bekannte sich zunächst niemand. 187 Tote und 309 Verletzte Die Regierung gab die Zahl der To­ ten mit 187. an, die der Verletzten mit 309. Rund 90 der Verletzten befanden sich in kritischem Zustand. Bei den meisten Todesopfern handelte es sich nach Polizeiangaben um Australier. Auch Kanadier und Briten seien ums Leben gekommen. Der australische Mi­ nisterpräsident John Howard; der als enger Verbündeter von US-Präsident George W. Bush im Krieg gegen den Terrorismus gilt, forderte eine deutli­ che Reaktion auf den Anschlag. Die australische Beteiligung am Krieg ge-Die 
Explosion vor einem Nachtclub im beliebten Urlaubsort Kuta Beach riss 187 Menschen in den Tod. (Bilder: Key) gen den Terrorismus stehe aber nicht zur Debatte. Bush sprach von einem «feigen Akt, der Terror und Chaos her­ vorrufen soll» und fügte hinzu: «Die Welt muss dieser globalen Gefahr Ter­ rorismus gegenübertreten». Es war zunächst unklar, ob US-Bürger unter den Toten waren. Der russische Präsi­ dent Wladimir Putin rief zu einer ver­ stärkten Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus auf. Von Reisen wird abgeraten Der Schweizer Botschafter in Jakar­ ta, Georges Martin, berichtete, unter den Toten sei eine junge Schweizerin. Nach Auskunft des Eidgenössischen 
Departements für auswärtige Angele­ genheiten (EDA) wurden mindestens fünf Schweizer Touristen verletzt, zwei von ihnen schwer. Bundesrat Joseph Deiss verurteilte das Attentat aufs Schärfste. Wie andere Länder, rät auch die Schweiz vorläufig von Reisen nach Indonesien ab. Die EU bot der indone­ sischen Regierung am Sonntag Hilfe bei der Suche nach den Tätern an. «Die EU bleibt dem Kampf gegen den Terro­ rismus verpflichtet und fordert die in­ donesische Regierung dazu auf, keine Mühen zu scheuen, um die Täter zu finden und der Gerechtigkeit zuzu­ führen», heisst es in der in Brüssel ver­ öffentlichten Erklärung. 
Nahezu zeitgleich zu dem Anschlag in Kuta Beach kam es in der Haupt­ stadt von Bali, Denpasar, nahe des US- Konsularbüros zu einer zweiten Explo­ sion. Dabei wurde nach Angaben der Polizei niemand getötet. Erst vor eini­ gen Tagen hatten die Vereinigten Staa­ ten vor neuen Terroranschlägen ge­ warnt und unter anderem erklärt, dass sich im mehrheitlich muslimischen In­ donesien Terroristen mit Verbindun­ gen zu El Kaida aufhalten könnten. Das philippinische Konsulat im Lan­ desinneren wurde von einer dritten Bombenexplosion erschüttert. Bei dem Anschlag in Manado entstand geringer Sachschaden. SPD und Grüne geraten in Zeitnot BERLIN: In Deutschland geraten SPD und Grüne bei ihren Koalitionsver­ handlungen immer stärker unter Zeit­ druck. In rund siebenstündigen Ge­ sprächen der Spitzen von SPD und Grünen blieb am Sonntag in Berlin der angestrebte Durchbruch aus. Ur­ sprünglich wollten sich di^ Regie­ rungspartner über alle wichtigen fi­ nanzpolitischen Themen einigen. We­ gen anhaltenden Streits an vielen Ecken und Enden verzichtete die grosse Verhandlungsrunde sogar auf eine für den Nachmittag angesetzte Beratung. Nach Angaben aus Koalitionskreisen gibt es weiter Unstimmigkeiten in sämtlichen zentralen Bereichen: die Massnahmen zur Schliessung des Zehn-Milliarden-Euro-Defizits im Haushalt 2003, die Ausgestaltung der Ökosteuer, das Ehegattensplitting und die Abschaltung des Kernkraftwerks Obrigheim. Das Gerangel um Kompe­ tenzen im Kabinett ging ebenfalls wei­ ter. «Es geht einen Schritt vor und dann wieder zwei zurück», hiess es. SPD-Fraktionschef Franz Müntefe­ ring räumte «erheblichen Klärungsbe­ darf» ein, «was das Geld angeht». De­ tails wollte er nicht nennen. Sozialde­ mokraten und Grüne wollen ihre Ge­ spräche heute Montag fortsetzen. Der Koaiitionsvertrag soll laut Müntefe­ ring am Mittwoch unterschrieben wer- " den. Einig war sich die Koalition darüber, den Sparkurs zu lockern. Sie hält zwar am Ziel fest, 2006 erstmals seit Jahr­ zehnten wieder einen Bundeshaushalt ohne neue Kredite zu finanzieren. In den Jahren bis dahin wollen sie aber notfalls mehr Schulden aufnehmen als bisher geplant. Damit will sich die Re­ gierung Spielräume für Massnahmen zur Belebung von Konjunktur und Ar- t^itsmarkt bewahren. 
Aufruhr in München Gfegendemonstranten stoppen Neonazis MÜNCHEN: Rund 3000 Gegende­ monstranten haben am Wochenende in München einen Neonazi-Umzug gestoppt. Die rund 800 Neonazis pro­ testierten am Samstag gegen die in der Stadt gastierende Ausstellung «Verbrechen der Wqhrmacht». Nach einer Auftaktveranstaltung auf der Theresienwiese marschierten die Rechtsextremisten durch die Innen­ stadt, müssten aber auf halbem Wege zum geplanten Kundgebungsort um­ kehren, weil die Gegendemonstranten die Strasse blockierten. Die Polizei nahm nach eigenen An­ gaben elf Gegendemonstranten und neun Rechtsextreme vorläufig fest. Mindestens zehn Demonstranten wur­ den vorübergehend in Gewahrsam 
ge­ nommen. Es gab Strafanzeigen, unter anderem wegen Verstosses gegen das Vermummungsverbot und Tragens 
verfassungsfeindlicher Abzeichen. Die Extremistendemonstration unter dem Motto «Die Deutsche Wehrmacht kämpfte tapfer und anständig. Stoppt die Lügenausstellung!» war gerichtlich gestattet worden. Der Bayerische Ver­ waltungsgerichtshof hatte am voran­ gegangenen Freitag die Aufhebung ei­ nes yon der Stadt München erlassenen Verbots bestätigt, weil eine Gefähr­ dung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht ausreichend nachge­ wiesen worden sei. Das Gericht ver­ wies auf die Grundrechte. Als die Polizei vergeblich versuchte, die Strasse für die Neonazis zu räu­ men, kam es zu Rangeleien mit An­ hängern des «Bündnisses gegen den Nazi-Aufmarsch». Dabei brach sich ein Gegendemonstrant ein Bein. Die Si­ cherheitskräfte zwangen die Rechtsex­ tremen schliesslich zur Umkehr. 3000 Beamte trennten beide Lager. Die Polizei zwischen Gegendemonstranten und Neonazis. 
(Bild. Keystone) 
Druck auf Irak erhöht USA verlegen weitere Armee-Einheiten WASHINGTON: Die USA haben den Druck auf Irak erneut erhöht: Nach der Zustimmung des Kongresses zu einem Irak-Krieg kündigte Washing­ ton am Wochenende die Verlegung weiterer Soldaten in die Golfregion an. Zwei Hauptquartiere von Boden- und Spezialeinheiten sollen nach Kuwait verlegt werden; knapp 1000 Soldaten seien betroffen, teilte das Pentagon mit. Damit solle die Entsendung grös­ serer Bodentruppenkontingente vorbe­ reitet werden, falls Bush einen Angriff auf Irak befehle. , Es handle sich um das Hauptquartier des in Heidelberg stationierten fünften Korps der US-Armee in Europa sowie das Hauptquartier des im US-Bundes­ staat Kalifornien stationierten ersten Marineirifanteriekorps. Beide Einhei­ ten kämpften bereits im ersten Golf­ krieg 1991 und waren auch in Somalia und auf dem Balkan im Einsatz. Keine baldigen Inspektionen Die US-Regierung wies die Forde­ rung Bagdads zurück, Ende nächster Woche die UNO-Waffeninspektionen wiederaufzunehmen. Bei dem Brief des irakischen UNO-Botschafters Moham­ med el Duri an den obersten UNO- Waffeninspektor Hans Büx handle es sich um «anderthalb Seiten Rhetorik» ohne eine konkrete Zusage, sagte ein Vertreter des US-Aussenministeriums. El Duri hatte die UNO zu einer ra­ schen Rückkehr der Waffenkontrolleu­ re aufgefordert. Diese könnten wie ge-~ plant am 19. 
Oktober ihre Arbeit auf­ nehmen. Kontrollen in Saddams Palästen Das irakische Schreiben war eine Antwort auf einen Brief von Büx und 
der Internationalen Atomenergie-' behörde (IAEA), in dem Bagdad aufge­ fordert wurde, die Anfang Oktober in Wien getroffenen Vereinbarungen schriftlich zu bestätigen. Bei dem Tref­ fen waren die umstrittenen Präsiden­ tenpaläste von Saddam Hussein zunächst ausgeklammert worden. Irak ist offenbar nun aber doch be­ reit, die Paläste kontrollieren zu lassen. Das deutete der irakische Vize-Präsi­ dent Taha Jassin Ramadan gegenüber dem deutschen Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» an. «Von uns aus mögen die Inspektoren suchen und inspizie­ ren, wie und wo immer sie möchten.» Auch Senat fur.Entschliessung Nach dem.Repräsentantenhaus hatte am Freitag auch der US-Senat für eine Entschliessung gestimmt, die den Prä­ sidienten zum Einsatz der Streitkräfte für den Schutz des Landes gegen Irak ermächtigt. Einzige Bedingung ist, dass Bush alle diplomatischen An­ strengungen als gescheitert betrachtet. Nun sei die UNO am Zug und müsse eine Resolution verabschieden, sagte Präsidenten-Sprecher.. Ari Fleischer. Für kommenden Mittwoch wurde auf Antrag der blockfreien Staaten eine öffentliche Debatte im UNO-Sicher 
1- heitsrat angesetzt. Der irakische Vize-Ministerpräsident Tarik Asis warnte vor einem Flächen­ brand in der Region. Irak sei zwar das erste Ziel, aber «alle Nachbarländer werden gespalten», sagte Asis am Wo-» chenende dem libanesischen Satelli­ tenfernsehen LBCI. In Paris demonstrierten am Samstag tausende Menschen gegen einen Krieg in Irak. Zu dem nationalen Protesttag gegen einen Irak-Krieg hatten mehrere französische Parteien, Gewerkschaften und Verbände aufgerufen. ,
	        

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