Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

24 Freitag, 27, September 2002 
AUSLAND Liechtensteiner VOLKSBLATT Angehörige rufen Justiz an PARIS: Angehörige von zwei aus Frankreich stammenden Gefangenen im US-Stützpunkt Guantänamo auf Kuba haben die französische Justiz eingeschaltet, um für die Festgehalte­ nen den Status von Kriegsgefangenen einzufordern. Wie die Anwälte am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP sagten, will ein Pariser Gericht sich am 18, Oktober mit der Frage be­ fassen. Nizar Sassi und Möurad Bcn- Chellali, die aus der Region Lyon stammen, wurden von den- USA als mutmassliche EI-Kaida- und Taliban- Kämpfer in das Hochsichcrheitslager gebracht. Das Pariser Gericht solle nun feststellen, dass beide Gefangenen urt- ter 
dem Schutz der Genfer Konvention stünden, sagten* die Anwälte William Bourdon und Jacques Debray. Auf Guantänamo sind knapp 600 Männer untergebracht, die beim Einsau der Anti-Terror-Koalition in Afghanistan festgenommen wurden. Die USA ver­ weigern ihnen den Status von Kriegs-, gefangenen und wollen sie vor gehei­ men Sondergerichten aburteilen. Die USA gerieten wegen der Haftbedin­ gungen und des unklaren Status der Gefangenen auf Kuba International in die Kritik. Kroatien in der Krise ZAGREB: Die Diskussion um die An­ klage des früheren Generalstabschefs Janko Bobetko durch das UNO-Tribu- nal in Den Haag hat in Kroatien zu ei­ ner Krise geführt. Präsident Stipe Me- sic rief zu Besonnenheit auf. Mesic er­ innerte am Mittwochabend seine Landsleute daran, dass Kroatien eines der Länder war, die die Errichtung des Haager Tribunals befürwortet hatten. Er wandte sich zudem gegen extreme Gruppen, die die Auffassung verbreite­ ten, die Welt wolle Kroatien mit der Anklageerhebung gegen Bobetko ver­ nichten. Generalstreik nach Blutbad NEU DELHI: In Indien sind die be­ fürchteten Unruhen zwischen Hindus und Moslems ausgeblieben. Ein Gene­ ralstreik aus Protest gegen das Blutbad in einem Hindutempel im Bundesstaat Gujarat brachte am Donnerstag das öf­ fentliche Leben weitgehend zum Erlie­ gen. Landesweit nahm die Polizei Hunderte von Menschen fest. Es kam aber nur vereinzelt zu gewalttätigen Zwischenfällen. In Gujarat flohen Hunderte Moslems aus Furcht vor Ra­ cheakten in Lager, die dort nach den blutigen Unruhen im Frühjahr eröffnet worden waren. «Einen solchen Horror wie damals wollen wir nicht noch ein­ mal durchmachen müssen» sagte Hali- mabibi, Bewohner eines Moslem- Viertels von Ahmedabad, der Zeitung «Indian Ejcpress». In Surat im Süden von Gujarat wurde am Donnerstag ein Busfahrer durch Messerstiche verletzt. Schweres Gefecht mit Tschetschenen MOSKAU/TIFLIS: Tschetschenische Rebellen haben sich mit russischen Truppen das schwerste Gefecht seit zwei Jahren geliefert. Dabei kamen nach russischen Angaben rund 100 Freischärler und mindestens-17 Solda­ ten ums Leben. Im Bergdorf Gaiaschki in der südrussischen Teilrepublik lngu- schetien bekämpften Armee und Poli­ zei die rund 200 Rebellen mit Artillerie und Kampfhelikoptem. Die Wider­ standskämpfer schössen einen der Helikopter vom Typ Mi-24 mit einer Flugabwehrwafie ab. In Gaiaschki hat­ ten sich am Morgen bis zu 300 Rebel­ len verschanzt. Nach Angaben der Nachrichtenagentur ITAR-TASS ver-' trieben die russischen Soldaten die Tschetschenen bis zum Mittag aus dem Ort. Auch die rund 6000 Einwohner verliessen die umkämpfte Ortschaft. 
Weiter Ringen um Irak-Resolution USA werfen Bagdad Unterstützung der El Kaida vor WASHINGTON: In der Irak-Krise haben sich die Töne weiter ver­ schärft. Die USA warfen Bagdad vor, Mitgliedern der EI Kaida Unterschlupf zu gewähren. Si­ cherheitsberaterin Condoleezza Rice erklärte, es gebe eindeutig Kontakte zwischen Irak und dem Terrornetzwerk von Osama bin Laden. Amerikanische und britische Flugzeu­ ge bombardierten am Donnerstag abermals Ziele in der Flugverbotszone im Süden Iraks. In New York warben . US-Diplomaten weiter für eine neue Irak-Resolution des UN-Sicherheits- rats, Unterschiedliche Ansichten Eine solche. Entschliessung bedürfe sorgfältiger Vorarbeiten, sagte der Sprecher des US-Aussenministeriums, Richard Boucher. Die "USA verlangen eine einzeige Resolution, in der Bag­ dad ein Militärschlag angedroht wird, es sei denn, die UN-Waffeninspektoren werden ohne Vorbedingungen ins Land gelassen.. Darin werden sie von Grossbritannien unterstützt. Frank­ reich sprach sich dagegen für zwei se­ parate Resolutionen aus. Die erste soll die Einreise def Rüstungskontrolleure fordern, die zweite soll Militäraktionen nur dann rechtfertigen, wenn die erste Entschliessung nicht eingehalten wird. .Der chinesische Ministerpräsident Zhu Rongji bekundete bei einem Besuch in Paris Unterstützung .für die französi­ sche Positiön. Der russische Präsident Wladimir Putin bekräftigte seine Vor­ behalte gegen eine neue UN-lResolu- tion. In Washington rangen Kongress­ abgeordnete weiter um einen gemein­ samen Beschluss. zur Irak-Politik. Die 
US-Präsident George W. Bush'versucht mit allen Mitteln, eine breite Front gegen den Irak zusammen zu bekommen. Demokraten wandten sich gegen einen . Entwurf des Weissen Hauses, der dem Präsidenten den Einsatz von militäri­ schen Mitteln erlaubt, «um internatio­ nalen Frieden und Sicherheit in der Region wieder herzustellen». Dies wür­ de weit über Irak hinausreichen, hiess es. Präsident George W. Bush zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass der Kongress letztlich «mit einer Stimme sprechen» werde. Das US-Repräsen- tantenhaus beschloss derweil, den Ver­ einten Nationen die letzten noch aus­ stehenden Beiträge der USA zu über­ weisen. Dabei geht es um 244 Millio­ nen Dollar an offenen Verbindlichkei­ ten und 78 Millionen Dollar an neuen Verpflichtungen. 
Bereits Bomben auf Irak Das Pentagon bestätigte, dass es am Donnerstagmorgen einen weiteren Luftangriff in der Flugverbotszone im Süden Iraks gegeben habe. Irak er­ klärte, in der Hafenstadt Basra seien die Radareinrichtung und das Abferti­ gungsgebäude des zivilen Flughafens getroffen worden. Über etwaige Opfer wurde nichts mitgeteilt. Bereits am Mittwoch hatten alliierte Kampfjets eine Radarstellung bei El Amaräh so­ wie eine Funkzentrale in Tallil ange­ griffen. Südafrika dementierte unterdessen, dass es von Irak ersucht worden sei, Uran zum Bau von Atomwaffen zu verkaufen. Der stellvertretende Aus-senminister 
Aziz Pahad reagierte da­ mit auf entsprechende Andeutungen im Irak-Dossier des britischen Pre­ mierministers Tony Blair. Südafrika (sei 
das einzige Land des Kontinents, das zur Produktion waffenfähigen Urans in der Lage sei, erklärte Pahad. Auf Grund der strikten Auflagen sei es für Firmen aber sehr schwierig, Uran ohne Zustimmung der Regierung zu verkaufen. Das ukrainische Aussenmr- nisterium wies abermals amerikani­ sche Vorwürfe zurück, das Land habe Irak kürzlich ein Radarsystem ver­ kauft. Die Beschuldigungen entbehr­ ten jeglicher Grundlage, sagte Mi­ nister Anatolij Slenko bei einem Be­ such in New York. Auto von Hamas-Bombenbauer in die Luft gejagt Verwirrung über Zustand von Deif - Baby offenbar nach Tränengaseinsatz gestorben GAZA: In einem entscheidenden Schlag gegen die militante Hamas hat Israel das Fahrzeug des obersten Bombenbauers der Organisation in die Luft gesprengt. Am Donnerstag­ abend herrschte allerdings Verwir­ rung darüber, ob Mohammed Deif bei dem Angriff auf Gaza ums Leben kam oder, nicht. Die israelische Polizei teilte unter Be­ rufung auf Militärkreise mit, Deif sei getötet worden. Ein ranghoher palästi­ nensischer Sicherheitsbeamter erklärte dagegen ebenso wie zuvor die Hamas, Deif habe mit leichteren Verletzungen überlebt. Bei dem Raketenangriff wur­ den mindestens zwei Menschen getö­ tet und 35 Passanten verletzt. Die isra­ elische Armee bestätigte, dass Deif das Ziel der von zwei Hubschraubern aus­ geführten Attacke gewesen sei. Der 
Bombenbauer steht seit Jahren ganz oben auf der israelischen Fahndungslis­ te. Vor wenigen Monaten War er einem ähnlichen Luftangriff entkommen. In den vergangenen zwei Jahren sind bei so genannten Zielattacken der Israelis 76 gesuchte Palästinenser und 52 Pas­ santen getötet worden. Augenzeugen berichteten, bei dem Angriff seien mindestens zwei Raketen auf das Scheich-Radwan-Viertel von Gaza abgefeuert worden. Dabei sei ein Auto zerstört und ein zweites beschä­ digt worden. Ein Hamas-Sprecher kündigte Vergeltung an: «Wir werden Tel Aviv treffen, wir treffen alles.» Bei anderen Kämpfen im Westjor­ danland und Gazastreifen wurden am Donnerstag drei Palästinenser und ein israelischer Soldat getötet. Vier Israe­ lis, darunter ein ein Monate altes Baby, wurden von Heckenschützen verletzt. 
Systematisch bombardieren die Israelis ganze Stadtteile, in denen Widerstands­ kämpfer vermutet werden, Offensive angekündigt Elfenbeinküste: Städte zum Kriegsgebiet erklärt An der Elfenbeinküste herrscht das blanke Chaos. 
ELFENBEINKÜSTE: Die Regierung der Elfenbeinküste hat am Donnerstag zwei von Rebellen' gehaltene Städte zum Kriegsgebiet erklärt und eine Grossoffensive gegen die Aufständi­ schen angekündigt. Die Streitkräfte wUrden innerhalb der kommenden Stunden einen Einberufungsbefehl erhalten, kündigte Verteidigungsmi­ nister Lida Moise Kouassi am Don­ nerstagabend an. Französische Soldaten bemühten sich unterdessen weiter um die Rettung westlicher Ausländer vor den blutigen Unruhen in dem westafrikanischeh Land. Kouassi erklärte die beiden Städte Bouaka und Korhogo, die sich seit dem Putschversuch vom 19. Sep­ tember in der Hand der Rebellen befin­den, 
zu Kriegszonen. Alle bewaffneten Personen . in Bouaka würden als Staatsfeinde betrachtet, sagte Kouassi in einer im Fernsehen verlesenen Er­ klärung. Er rief die Rebellen auf, ihre Waffen niederzulegen. Westliche Dip­ lomaten bestätigten die Evakuierung von Ausländern aus der umkämpften Stadt. Französische Truppen waren am Mittwoch in der Stadt eingetroffen, um unter anderem knapp 200 Schüler und Lehrer einer Missionarsschule zu retten, die meisten von ihnen Ameri­ kaner. Nigeria entsandte am Donners­ tag drei Kampfflugzeuge zur Unter­ stützung der Regierung in die Elfen­ beinküste. Der. Gewalt fielen seit ver­ gangener Woche mindestens 270 Men­ schen zum Opfer, mehrere tausend wurden aus ihren Häusern vertrieben.
	        

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