Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
KULTUR Donnerstag, 26. September 2002 27 «Höhenrausch und Fernsicht» Bergwelten im zeitgenössischen Kunstschaffen - Ausstellung im Kunstraum Engländerbau Es müssen nicht immer echte, naturgetreue Berge erkennbar sein, um Bergwelten zu sehen. Das beweist die aktuelle Aus­ stellung «Höhenrausch und Fernsicht» im Kunstraum Engländerbau in Vaduz. Der Verein Tangente hat das Aus­ stellungskonzept erarbeitet und zwölf Künstlerinnen und Künstler zu einer Ausstellung und einem künstlerischen Wett­ bewerb eingeladen. Noch bis zum 20. Oktober sind die Ar­ beiten der zwölf Kunstschaffenden aus Liechtenstein, 
Vorarlberg, St. Gallen und Graubünden zu sehen. Die acht Künstler und fünf Künstlerinnen näherten sich dem Thema «Höhen- rausch und Fernsicht» (eine Ausstel­ lung zum internationalen Jahr der Berge) mit der Vielfalt der zeitgenössi­ schen Medien und unter verschiedens­ ten Aspektea.sowie einer Bandbreite, die dem Pluralismus des heutigen Kunstschaffens entspricht. Vier der zwölf Arbeiten in der Ausstellung sei­ en kurz beleuchtet. Wandersmann - ein Film von Martin Walch Man nimmt ein Pfeifen wahr, aber auch laute Motorengeräusche und starke Winde. Und dann sieht man Be­ kanntes an einem vorbeiziehen. Der Liechtensteiner Künstler Martin Walch hat anlässlich der Ausstellung einen medialen Rundlauf im Liechtensteiner Rheintal und seinem Alpenland ge­ macht, der Videoloop «Wandersmann» ist sein Beitrag und für den Künstler schafft sein Film eine Komprimierung von Raum und Zeit. Mit Hilfe manuel­ ler Kameraführung und Digitalzoom sowie dem pointierten Einsatz des Ori­ ginaltons gelingt Martin Walch «eine räum- und zeitkritische, sympolhafte 
Ein idealer Ausstellungsraum befindet sich mitten in Vaduz: Im Kunstraum Engländerbau wird'noch bis zum 20. Oktober 2002 die Ausstellung «Höhenrausch und Fernsicht» gezeigt, für Liechtenstein nimmt Carol Wyss mit ihrer grossen Stahl­ radierung tUrlandschafi» teil. (Bild: Kunstraum / v.com Beham) Collage, welche neben ihrem humoris­ tischen Ansatz offensichtlich die Schnelllebigkeit unseres Daseins, aber auch allgemein die Dimensionen un­ serer Erlebnis- und Wahrnehmungs­ fähigkeit anspricht.» Der Höhenrausch und die Fernsicht sind erlebbar... Der KOPF.STEIN von Johannes Ludescher Hinter dem schwarzen Vorhang taucht man in eine eigene, spezielle Steinwelt ein, wenn man in die Instal­ lation des Vorarlberger Kunstschaf­ fenden Johannes Ludescher betritt. Der Künstler sagt zu seiner Arbeit, 
dass man selten die Schönheit von Form und Farbe beim Blick auf die fernen Berge erfahrt. Verletzungen durch technische Eingriffe trüben die "KUNSTRAUM Engländerbau 9490 Vaduz www.künstraum.li Sehnsucht nach der unberührten Na­ tur. Im unbeachteten kleinen Stein sind die Merkmale des Grossen enthal­ ten: skulpturale und malerische Qua­litäten 
in unfassbarer Menge. Auf ein Papierobjekt von Johannes Ludescher - im Massstab 1:10 nachgebaute reale Steine aus Haselruten und Papier - werden über zwei Diaprojektoren Bil­ der projiziert; abwechselnd erscheinen- nacheinander Steinflächen und „Ge­ sichter, die langsam ineinander über­ gehen. Hochgefühle eines Künstlerpaares Jacqueline Jurt und Harald Pridgar vertreten als Künstlerpaar den Kanton St. Gallen an der Ausstellung zum in­ ternationalen Jahr der Berge 2002, die im Moment im Kunstraum Engländer­bau 
zu sehen ist. In.Frankfurt ist ein Videoloop entstanden, welches die beiden Kunstschaffenenden einzeln oder 
zusammen ins Bild schreiten läs- st. Jurt/Pridgar dazu: „Vor uns jeweils ein alltäglicher Körper oder Gegen­ stand, wie wir ihn in unserer Urbanen Umgebung zuhauf vorfinden. Der Be­ steigung folgt ein kurzes Jodeln in der Höhe. Abstieg und der Schritt aus dem Bild, so folgt eine Szene der anderen, mit kurzen dunklen Unterbrüchen." Und in dieser Mission werden Bau­ gerüste, Abfallkübel, Billettautomaten und vieles mehr erklommen. Chur? Chur! - gesehen von Menga Dolf Das Ölbild der Churer Malerin Men­ ga Dolf kommt einem bekannt vor; Chur Süd zeigt sich dem Betrachter. Aber, so die Künstlerin, «der Pizökel ist wie immer im Wegdie Sicht aufs, Meer versperrt. Auf deni' Mittenberg war ich noch nie und auch der Fälknis zeigt sich heute nicht. .Der Blick ins Oberland lohnt sich nicht - da gibt es nichts zu sehen. Von Domat/Ems bis Trimmis alles unter Wasser gesetzt - so haben wir einen See. Die Altstadt ist geeignet für Kanäle, die mit Bus­ schifftransporten und Gondeln end­ lich nicht mehr verkehrsfrei ist. Alle Fussballfelder werden den Pferden übergeben und alle Turnhallen werden Reithallen und'Ställe. Chur ist 
die ein­ zige auto- und velofreie Stadt - niir Pferde- und Schiffverkehr ist gestattet; Aus Chur kommen die besten Reiter.» Insgesamt zwölf Kunstwerke sind zum Thema «Höhenrausch und Fern­ sicht» entstanden. Die Ausstellung des Vereins Tangente zum internationalen Jahr der Berge 2002 ist noch bis 20. Oktober 2002 im Kuhstraum Englän­ derbau Vaduz jeweils am Dienstag von • 10 bis 20 Uhr sowie Mittwoch bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr geöffnet; Montag ist geschlossen. Mahnung zu Toleranz Werner Hollweg liest «In der Strafkolonie» von Franz Kafka Ein deformiertes Justizwesen steht im Mittelpunkt der surrealen Erzäh­ lung «In der Strafkolonie», von Franz Kafka im Stil eines sachlichen Reise­ berichts beschrieben, detailliert und ohne erkennbare Gefühlsregung. Werner Hollweg liest die Erzählung am Freitag, 27. Oktober um 20 Uhr im Gymnasium Vaduz. Gerolf Hause r «Dieses schmale Buch ist eine Meister­ leistung», sagt Werner Hollweg. «Seit dem «Michael Kohlhaas» ist keine ANZEIGE 
deutsche Novelle geschrieben worden, die mit so bewusster Kraft jede innere Anteilnahme anscheinend unter­ drückt.» Rhythmische Gestaltung Schon vor mehreren Jahren stellte Werner Hollweg dieses Melodram in­ nerhalb des Carinthischen Sommers in Villach vor. Nun hat er eine Neufas­ sung hergestellt, die in ihrer Darstel­ lung wesentlich genauer und präziser vorgeht als die erste Version. «Der Text verlangt förmlich nach einer rhythmi­ schen Gestaltung und auch der Klang 
hat seine berechtigten Ansprüche. Einzig das harmonische Melos kann hier keinen Zutritt haben.» Hollweg will in seiner Lesung diesen «unerträg­ lichen Text» deutlicher und mit rhyth­ mischen und musikalischen Entspre­ chungen vorstellen und damit auch eine Mahnung zu Toleranz vermitteln, möchte dazu aufrufen, wach zu blei­ ben und sich nicht zu sehr auf die mässigende Kraft des Wohlstands zu verlassen, denn der steht auf tönernen Füssen. Kafka, der sich als einsamer und un­ verstandener Einzelgänger fühlte, nur 
mit Max Bröd und Franz Werfel ver­ band ihn Freundschaft, schrieb «In der Strafkolonie» in der Woche yom 12. bis 18. Oktober 1914, mitten zwischen seinen Arbeiten an seinem Roman «Der Prozess». Seit Juli hatte der erste Weltkrieg begonnen und damit jene Kriegsepoche von 1914 bis in das Jahr 1945. Was hier bei Kafka Alptraum ist, muss im nachhinein wie eine Vision erscheinen: 25 Jahre später ist dieser Alptraum für unzählige Menschen in Europa brutale Wirklichkeit geworden. Sein literarischer Nachlass, den Kafka testamentarisch zur Verbrennung be­stimmt 
hatte, wurde posthüm gegen seinen Wullen von Max Brod veröf­ fentlicht. Bei «In der Strafkolonie» be­ schreibt Kafka den Besuch eines For­ schungsreisenden bei der Strafkolonie auf einer Insel. Der dortige Komman­ dant lädt ihn ein, einer ExekutiQn bei­ zuwohnen mittels eines Apparats, des­ sen Nadeln dem Verurteilten seine Verfehlung immer tiefer in die Haut schreiben, bis er unter Schmerzen be­ greift, was er getan hat. Zwölf Stun­ den dauert dieser Vorgang. Dann wirft die Maschine den toten Körper des Verurteilten aus. Liechtenstei VOLKS 
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Do. 10. Oktober 2002 - Vaduzer Saal Türöffnung: 19.00h,Konzertbeginn: 20.00h 
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