Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

24 Dienstag, 24. September 2002 
EXTRA Liechtensteiner VOLKSBLATT Mehr als «Europe in Ten Days» Die Dänen können es besser Neu in den Kinos Die wöchentliche Filmhitparade Franka Potente an der Seite von Matt Dämon im aufregenden Spionagethriller «Die Bourne Identität» Ein Körper treibt im Mittelmeer, der von einem italienischen Fi­ scherboot geborgen wird. Wider Erwarten ist der junge Mann trotz zweier Kugeln im Rücken nicht tot. In seiner Hüfte ist die Nummer eines Schweizer Bank­ kontos 
implantiert - einziger Hinweis auf die Identität des Verwundeten, der sein Gedächt­ nis verloren hat. Der am 26. September anlaufende Spiona­ gethriller «Die Bourne Identität» erzählt von einem Mann auf der Suche nach seiner Vergangen­ heit, deren Spuren nichts Gutes verheissen. < Birgit Roschy/A P Vorlage des Thrillers ist ein Spionage- Roman aus dem Jahre 1980 von Robert Ludlum, dessen Kalter-Kriegs- Szenario der heutigen Situation ange­ glichen wurde. Nicht die Russen sind hier der Feind, sondern der amerikani­ sche Geheimdienst selbst, als dessen aus dem Ruder gelaufenes Franken- steln'sches Geschöpf sich der Namen­ lose erweist. In einer Züricher Bank öffnet er das Schliessfach des Nummernkontos, in dem sich Geld, Waffen und Pässe be­ finden. Er wählt den Namen Bourne, unter dem er anscheinend eine Woh­ nung in Paris- gemietet hat. Scharfe Blicke empfangen ihn in der amerika­ nischen Botschaft, wo man alsbald Jagd auf ihn macht. In einer atembe­ raubenden Kletterszene an der Haus­ wand kann er entwischen. Es folgt der Auftritt unser aller Fran­ ka Potente: Gegen 10 000 Dollar bringt 
Franka Potente und Matt Dämon sind im aufregenden Spionagethriller «Die Bourne Identität» zu sehen. die etwas chaotische Marie Bourne mit ihrem Mini Cooper nach Paris. Wie in der Fabel von Hase und Igel sind die Häscher schon da - ein fieser CIA-Chef lässt sämtliche Agenten in Europa zur Eliminicrung von Bourne ausschwir­ ren. Denn Bourne ist eine austrainierte Kampfmaschine wie einst «Rambo», der seine Fähigkeiten erst in Gefahr in­ stinktiv anwendet - Talente, die der Zuschauer, ebenso überrascht wie amüsiert, mit Bourne zusammen ent­ deckt: So beherrscht er mehrere Spra­ chen - darunter, jawohl, auch Deutsch 
- und kampfsportarten und entpuppt sich als überaus gefinkelter Killer. Bourne ist oder war keiner von den «Guten» - diese Zwiespältigkeit ver­ leiht den Actionszenen, wie man sie von einem Thriller erwartet, eine raffi­ niertere Note, und Matt Dämon bringt sowohl die kinetische Energie der Kampfszenen wie auch Bournes zwie­ spältigen Charakter hervorragend zur Geltung. Der einstige Independent-Re- gisseur Doug Liman, dessen letzter Film «Go» leider ein Geheimtipp blieb, inszeniert gekonnt Adrenalin steigern­ de Actionszenen, darunter eine sensa­tionelle 
Verfolgungsjagd mit einem Mini Cooper und einer Armada fran­ zösischer Polizeiwagen quer durch Pa­ ris - entgegen der Fahrtrichtung. Einreise ohne Pass in die Schweiz All das ist zwar nichts bahnbre­ chend Neues, aber Liman setzt durch seine sorgfältige Charakterzeichnung, durch lakonische Dialoge und seinen visuellen Stil frische Akzente in dem altmodischen Genre. Von Italien über die Schweiz (in Prag gedreht) bis Paris zeigt er besonders die französische Metropole aus einer, in amerikani­ schen Filmen ungewohnt authenti­ schen, steinern-vergammelten Per­ spektive - mehr als das gewohnte «Eu­ rope in Ten Days». Dass alle kontinen­ talen Umtriebe von feinster US-Tech­ nik überwacht zu sein scheinen, ist al­ lerdings ziemlich beklemmend. Einen Lapsus stellt Bournes problemlose Ein­ reise ohne Ausweis in die Schweiz dar, in der Realität wohl kaum möglich. t 
Der europäische Touch wird durch Franka Potente beglaubigt, die durch «Run, Lola, Run» zumindest einem amerikanischen arthouse-Publikum bekannt sein dürfte. Als liebreizende Streunerin Marie in stilbewusster Post­ Punk-Aufmachung, die gezwungener- massen zu Bournes Helferin und dann zu seiner Geliebten wird, macht Poten­ te ihre Sache wirklich gut. Zwar ist sie die Petersilie auf dem Braten, doch ih­ re Ausstrahlung verleiht der dekorati­ ven Anhängsel-Rolle Momente, die im Gedächtnis hängen bleiben - beson­ ders in den wenigen, zurückhaltend­ schönen Liebesszenen. Ihr Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft, und man wartet gespannt auf weitere Ent­ deckungen. 
«Bibi Blocksberg» Deutschland 2002 Verleih: Constantin Regie: Hermine Huntgeburth Hauptdarsteller: Sidonie von Kro­ sigk, Katja Riemann - ohne Alters­ beschränkung. Inhalt: Die Hörspiel-Erfolgsfigur Bi­ bi rettet in ihrem ersten Kinoeinsatz zwei Kinder vor dem Flammentod, indem sie ihre Hexenkünste einsetzt. «Son de Mar» Spanien 2001 \ Verleih: Arsenal Regie: Bigas Luna Hauptdarsteller: Leonor Watling, Jordi Molla - ab 16 Jahren. Inhalt: Der Lehrer Ulises verliebt sich in einem spanischen Mittelmeer­ ort in die schöne junge Martina, verschwindet aber eines Tages spur­ los im Meer. Martina tröstet sich mit dem reichen Macho Sierra. Doch die Sehnsücht nach der'grossen Liebe bleibt. «Väter» Deutschland 2002 VERLEIH: X Verleih Regie: Dani Levy Hauptdarsteller: Maria Schräder, Sebastian Blomberg - ab zwölf Jah­ ren. . . Inhait: Zwischen dem Ehepaar Mar­ co und Melanie kriselt es gewaltig. Für den fünfjährigen gemeinsamen Sohn Benny ist das schlimm. Bei der Trennung der Eltern geht er mit der Mutter, doch das kann Vater Marco nicht ertragen. «Die Boume-Identität» USA 2001 Verleih: UIP Regie: Doug Liman (siehe nebenan) F1LMHITPAWAPE Der Schweizerische Kino-Verband ermittelt jeden Freitag die Liste der 20 meistbesuchten Filme der ver­ gangenen Woche in den Kinos der deutschen Schweiz. Die repräsenta­ tiven Angaben stammen aus 85 Ki­ nobetrieben in allen wichtigen Städ­ ten 
der deutschen Schweiz. Die Filmhitparade nennt den Rang die­ ser Woche, den Vorwochenrang (in Klammer), den Filmtitel sowie den Regisseur des Films, «neu» heisst neu auf der Liste, «ern» heisst erneut auf der Liste. 1 (neu) SIGNS M. Night Shyamalan 2 (1) ABOIJT A BOY Chris Et Paul Weitz ' 3 (2) HABLE CON ELLA Pedro Almodovar 4 (3) ALI G IN DA HOUSE Mark Mylod 5 (4) THE ROAD TO PERDITION Sam Mendes 6 (neu) MAN WITHOUT A PAST Aki Kaurismäki 7 (5) MR. DEEDS Steven Brill 8 (6) K 19 Kathrin Bigalow 9 (7) THE SUM OF ALL FEARS Phil Alden Robinson 
10 (9) MY 
BIG FAT GREEK WEDDING Joel Zwick 11 (10) PETER PAN 2: RETURN TO... Robin Budd 12 (neu) INTERVENTION DI- VINE Elia Suleiman 13 (11) CRUSH John McKay 14 (13) IM TOTEN WINKEL - HITLERS... Heller/Schmiderer 15 (8) BAD COMPANY Joel Schumacher 16(14) A LA FOLIE PAS DU TOUT Laetitia Colombani 17 (15) SPIRIT - STALLION OF THE... K. Asbury/L. Cook 18 (12) HUNDSTAGE Ulrich Seidl 19 (18) SCOOBYDOO Raja Gosnell 20 (ern) AMORES POSSIVEIS Sandra Warneck 
Die Dänen können es besser Tragikomödie «Kleine Missgeschicke» von Anette K. Olesen Man kann sich vieles im Leben aus­ suchen, aber noch immer nicht die Familie. Das gilt auch in Dänemark. Dort leben John, Ulla, Eva, Tom und Marianne, die Hauptpersonen des Films «Kleine Missgeschicke», der ab dem 
26. September in die Kinos kommt. Erzählt wird die Geschiehte einer Kopenhagener Familie, die nach dem plötzlichen Unfalltod von Mutter Ulla vor harte Prüfungen ih­ res Zusammenhalts gestellt wird. Die junge dänische Regisseurin Anette K. Olesen beweist mit ihrem Filmdebüt, wie anrührend auch un- •geschönt realistisches Kino sein kann. Wolfqang Hübner/AP Fast 50 Jahre ist der herzkranke Schwerenöter und Spassvogel John mit seiner Ulla verheiratet, als das Un­ glück passiert. Nun wird er nicht mehr mit 
gutem Kochen und häuslicher Ordnung verwöhnt werden. Und auch für die extrem schüchterne Marianne, die jüngste Tochter von Ulla und John, beginnt ein ganz neuer Lebensab­ schnitt, in dem sie sich nicht länger bei den Eltern verborgen halten kann. Für ihre chaotische ältere Schwester Eva, von zu wenig Talent für zu viele Interessen geplagt, ändert der Tod der Mutter weniger. Doch ist er für' sie ebenso ein. Ein­ schnitt wie für den beruflich erfolgrei­ chen Sohn Tom, dessen Ehe mit Lis- beth in die Krise gerät. Auch Soren, 
«Kleine Missgesehicke» kommt ab dem 26. September in die Kinos. ein in tler idyllischen Provinz lebender Bruder Johns, steht in der Ehe mit Hanne vor ganz unerwarteten Heraus­ forderungen. Dänemark mag ein wohlhabendes, wohlgeordnetes Land sein. Doch die Probleme der Men­ schen, die dort nördlich von uns leben, kreisen wie überall um Liebe, Tod und den täglichen Alltagskampf. Olesen macht uns ohne falsche Sentimenta­ litäten mit Menschen vertraut, die we­ der spektakulär aussehen noch etwas Aussergewöhnliches machen oder er- . leben... Wie das Werk ihter Kollegin Scher- fig im Jahr 2001 wurde auch Olesens 
Film im Februar 2002 im Wettbewerb der Berlinale gezeigt, beide mit positi­ vem Echo. In 104 Minuten werden die Zuschauer immer vertrauter mjt den Personen, vor allem mit der von der herben Maria Würgler Rieh grossartig gespielten Marianne. Sie ist die heim­ liche Hauptfigur der manchmal etwas zu verzweigten, vor Überambitioncn nicht ganz freien Handlung. Wie sich diese junge Frau, die bis zum Tod der Mutter ein verklemmtes Leben als hässliches Entlein fristete, plötzlich dem Leben stellt und ein wenig Glück findet, ist allein den ohnehin lohnen­ den Filmbesuch wert.
	        

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