Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
INLAND Samstag, 24. August 2002 5 Ruhezonen für Wildtiere schaffen Verordnungsentwurf für die Ausscheidung von Ruhezonen für wildlebende Tierarten in der Vernehmlassung Auf der Grundlage eines Berich­ tes des Amtes für Wald, Natur und Landschaft hat die Regie­ rung den Gemeinden und inte­ ressierten Organisationen einen Verordnungsentwurf für die Ausscheidung von Ruhezonen für Wildtiere zur Stellungnah­ me unterbreitet. Amtsleiter Felix Näscher sieht hierzu keine Alternative, wenn man den Wildtieren das arteigene Wohl­ befinden zugestehen und si­ cherstellen will. Manfred Öhr i Volksblatt: «Ruhezonen für Wildtie­ re» - was Ist darunter überhaupt zu verstehen? Felix Näscher: Ruhezonen für Wild­ tiere sind wichtige und im Sinne einer wildtierökologischen Raumplanung verbindlich ausgeschiedene Kernle­ bensräume wildlebender Tierarten. In diesen Ruhezonen soll dem arteigenen Wohlbefinden der Wildtiere Vorrang vor menschlichen Nutzungsinteressen zukommen. Womit lässt sich das Erfordernis be­ gründen, heute solche Ruhezonen für Wildtiere auszuscheiden? In den letzten vierzig Jahren hat sich Liechtenstein stark verändert. Gleich­ zeitig hat sich auch der Lebensraum, welcher den wildlebenden Tierarten zur Verfügung steht, quantitativ ver­ ringert und qualitativ verschlechtert. Auswirkungen von Freizeit- und Erho­ lungsaktivitäten einschliesslich der Jagd führen auf beinahe der ganzen Landesfläche zu starken Beunruhigun­ gen der Wildtiere; sie beeinträchtigen die Lebensraumqualität schwerwie­ gend - und eine grundsätzliche Um­ kehr dieses Trends zunehmender Land­ schaftsnutzung und -beanspruchung ist nicht abzusehen. Sind denn Ruhezonen das einzige Mittel, um die wildlebenden Tierar­ ten vor Beeinträchtigungen durch den Freizeit- und Erholungsverkehr zu schützen? Nein, zwei Massnahmen stehen nach den Ergebnissen der einschlägigen Gutachten grundsätzlich zur Verfü­ gung. Beide müssen im Interesse der Erhaltung wildlebender Tierarten auch umgesetzt werden: Einerseits ist dies die Ausscheidung von Ruhezonen, an­ dererseits sind dies 
Lenkungsmassnah-Felix 
Näscher, Leiter des Amtes für Wald, Natur und Landschaft: »Wenn wir wildlebenden Tierarten und damit auch dem jagdbaren Wild wenigstens auf Teilen des Landes das arteigene Wohlbefinden zugestehen und sicherstellen wollen, gibt es zur Ausscheidung von Ruhezonen keine Alternative.» men im Freizeit- und Erholungsbe­ reich. Die Diskussion solcher Len- kungsmassnahmen erfordert aufgrund der verschiedenen Störfaktoren, deren unterschiedlichen Intensität und Aus­ wirkungen auf Wildtiere intensive Dis­ kussionen mit allen involvierten Part­ nern. Diese sollen im Verlauf der nächs­ ten Monate intensiv geführt werden. Jetzt, vor Beginn einer neuen Jagd­ pachtperiode, bietet sich dagegen eine ausserordentlich günstige Gelegenheit, noch 
weitestgehend naturnahe Le­ bensräume wildlebender Tierarten auch für die weitere Zukunft vor einer Vereinnahmung durch Aktivitäten der Freizeit- und Erholungsnutzung zu be­ wahren. Wenn nämlich Ruhezonen ausgeschieden werden sollen, muss dies geschehen, bevor die wenigen oh­ nehin 
in Frage kommenden Flächen als Jagdgebiet neu verpachtet werden. Bedeutet dies denn auch, dass in Ruhezonen nicht gejagt werden darf? Selbstverständlich: Der Hauptzweck der Ruhezonen besteht ja darin, natur­ nahe ' Rückzugslebensräume, die gleichzeitig wichtige Kernlebensräume wildlebender Tierarten bilden, vor Be­einträchtigungen 
oder Störungen so­ wie weiteren Erschliessungen zu be­ wahren. Wildlebenden Tierarten soll soweit wie möglich Ruhe gewährleistet und eine ungestörte Entwicklung si­ chergestellt werden. Deshalb gilt in Ruhezonen auch ein ganzjähriges Jagdverbot. Als Rückzugsraum für Wildtiere schliessen Ruhezonen zwar innerhalb ihrer Fläche eine Jagd aus; als Regene­ rationsraum für, Wildtierpopulationen bereichern sie aber die Wildtierfauna. Ausserhalb ihrer Flächen ermöglichen und begünstigen sie deshalb eine nachhaltige Jagdausübung. Ein Jagd­ verbot in Ruhezonen kann für die Jä­ gerschaft deshalb kein Problem sein. Denn mit der Ausscheidung von Ruhe­ zonen wird ja gerade einer seit Jahren vehement vorgetragenen Forderung der Jägerschaft entsprochen. Als ge­ eignete Massnahme zur Erhaltung ei­ nes Bestands jagdbarer Tierarten, der sich in Wohlbefinden entwickeln kann, ist sie schliesslich auch in allen einschlägigen jagdlichen Gutachten der letzten Jahre dringendst zur Um­ setzung empfohlen. Ausserdem ist festzuhalten, dass trotz der enormen Entwicklung, die im Lande im 
Verlau-(Bild: 
Paul Trümmer) fe der letzten 40 Jahre stattgefunden hat, immerhin noch knapp 75 % der Landesfläche als Jagdgebiet zur Verfü­ gung stehen. Die Ruhezonen für Wild­ tiere umfassen dagegen, verteilt auf 4 zusammenhängende Gebiete, lediglich gut 10 % der Landesfläche. Aber gehen den Jägern damit nicht Rechte verloren? Aber nein, keineswegs I Wir befinden uns vor der Vergabe der Jagdreviere für e|ne neue, neunjährige Jagdpacht­ periode. Die Jagdreviere werden des­ halb unabhängig der bisherigen Päch­ ter neu zur Pacht ausgeschrieben. Vor­ her muss das Land als Inhaber des Jagdregals allerdings die Pachtbedin­ gungen festlegen und bekannt ma-. chen. Jagdpachtwilligen, die sich in ei­ ner Gruppe von mindestens vier Perso­ nen zu einer Jagdgesellschaft zusam­ menfinden, steht es dann frei, unter genau diesen von der Regierung be­ schlossenen Pachtbedingungen ein Revier zu pachten - oder, falls ihnen die Bedingungen nicht zusagen, bitte eben nicht. Und diese Pachtbedingun­ gen müssen so sein, dass im Grundsatz alle Jagdpachtwilligen die gleichen Chancen haben. 
Ruhezonen für Wildtiere scheinen ei­ ne geeignete Massnahme zum Schutz der wildlebenden Tierarten vor Störungen durch den Menschen zu sejn. Ist es beispielsweise verbo­ ten, Ruhezonen zu durchwandern - und, wie steht es mit der Alp* und Forstwirtschaft? In Ruhezonen sollen Freizeit- und Sportaktivitäten auf das Wandern auf Wegen beschränkt werden. Dabei sol­ len die Wanderwege so geführt wer­ den, dass sie die Ruhezonen möglichst wenig durchschneiden. Gleichzeitig sollen sie aber vermehrt Möglichkeiten bieten, von diesen aus Wildtiere auf Distanz und ohne Störungseinwirkun­ gen zu beobachten. Ruhezonen sollen sich deshalb auch dadurch auszeich­ nen, dass sie für ökologisch verträgli­ che Natur- und Wildbeobachtungs­ möglichkeiten besonders geeignet sind. Damit vermögen sie im Sinne ei­ nes sanften Tourismus auch das Frei­ zeit* und Erholungsangebot zu berei­ chern ohne dem Ziel der Ruhezonen zu widersprechen. Die alpwirtschaftliche Extensivnut­ zung mit .Grossvieh richtet sich auch in Ruhezonen nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen. Gerade im Wald-Weide-Grenzbereich ist eine solche Beweldung aus verschiedenen Gründen zu fördern. Nicht gestattet ist dagegen eine Kleinvieh-Standweide mit ihren zerstörerischen Auswirkun­ gen auf den Pflanzenbestand. Wenn überhaupt zur Diskussion stehend, ha­ ben sich waldwirtschaftliche Mass­ nahmen auf minimale Pflegeingriffe zur Sicherstellung der Schutzfunktion zu beschränken. Spricht denn etwas gegen die Aus­ weisung von Ruhezonen? Wenn wir wildlebenden Tierarten und damit auch dem jagdbaren Wild wenigstens auf Teilen des Landes das arteigene Wohlbefinden zugestehen und sicherstellen wollen, gibt es zur Ausscheidung von Ruhezonen keine Alternative. Diese Ausscheidung ist somit glei­ chennassen im Interesse der Natur­ schutz- und der Jagdpolitik. Sie ist aber auch im Interesse eines jeden Ein­ zelnen, der den wildlebenden Tierarten ein artgemässes Leben zuzugestehen bereit ist und Wildtiere mit der gebote­ nen Rücksichtnahme vermehrt beob­ achten möchte. Und vor allem ist dies eine Entscheidung für unsere Enkel, indem wir ihnen damit zumindest noch ein kleines' Stück urtümliche Na­ tur vererben. ANZEIGE #**• 
IGT Group LGT Campo Rin Forum \ Einladung zum öffentlichen Vortrag \ " «Die Börse und die Psychologie» Begrüssung: Heinz Nipp, Mitglied der LGT Gruppenleitung Einführung: Hanspeter Oehri, Mitglied der Geschäftsleitüng der LGT Capital Management Referat: Alfons Cortes, Finanzmarktanalyst \ . Datum: Dienstag, 27. August 2002, um 18.30 Uhr mit anschliessendem Apero Ort: Mehrzwecksaal «Campo Rin», LGT Bank in Liechtenstein in Bendern 
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