Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

6 Dienstag, 6. August 2002 
EXTRA Liechtensteiner VOLKSBLATT Das Hollywood-Terrordrama «Der Anschlag» Almodovers Meisterwerk «Sprich mit ihr» Krimi mit Botschaft: Miezen machen mobil Die wöchentliche Kino-Hitparade Der Bösewicht mit deutschem Akzent Hollywood-Terrordrama «Der Anschlag» nach Bestseller von Tom Clancy «Um den Wahrheitsgehalt auch auf politischer Ebene zu garan­ tieren, berieten sich die Filme- macheLausfiihrlich mit Bera- . tern der CIA und des Verteidi­ gungsministeriums.» Das steht im Presseheft zu dem amerika­ nischen Film «Der Anschlag», der ab dem 8. August in den deutschen Kinos zu sehen ist. • Wolfgang Hübne r Offener und deutlicher wurde noch selten bei einer grossen Hollywood- Produktion gesagt,, in welchem Geist und welch erbärmlicher Haltung, näm­ lich der freiwilligen Zensur, sie in die . Welt gesetzt wurde. Nach einem Roman von Tom Clancy, der 1991 über Monate auf der Liste der US-Bestseller stand, wurde «Der An­ schlag» von Phil Alden Robinson mit den Stars Ben Affleck und Morgan Freeman in Szene gesetzt. Erzählt wird die Geschichte einer terroristischen Verschwörung, die ein teuflisches Ziel verfolgt: Die USA und Russland sollen in ein vernichtendes atomares Duell getrieben werden. Kopf dieses apoka­ lyptischen Plans ist der Industrielle Richard Dressler, der in der US-Ori­ ginalfassung Englisch mit hartem deutschen Akzent spricht und - es lebe die Holzhammermethode - sich mit ei­ nem verborgenen Hakenkreuz schmückt. Der Böse ist also - das ist von beinah schon anrührender Inaktualität - ein deutscher Revanchist, der ausgerech­ net mit einer im Nahostkrieg 1973 ver­ loren gegangenen israelischen Atom­ bombe Amerika in Angst und Schrecken versetzen will. Tatsächlich 
Morgan Freeman ist Hauptdarsteller im neuen Hollywood-Terrordrama »Der An­ schlag» nach dem Bestseller von Tom Clancy. 
explodiert die Bombe in den USA. Nur knapp entkommt Präsident Fowler dem Höllenfeuer, das davon ausgelöst wird. Haben die Russen samt ihrem "neuen 
-Präsidenten Nemerov die Untat auf dem Gewissen? Der gut aussehen­ de Jack Ryan, Analytiker beim CIA und Russland-Experte, glaubt es bes­ ser zu wissen. Das würde nicht viel nutzen, hätte er nicht die Unterstüt­ zung von'CIA-Direktor William Cabot, der auf den jungen Mann setzt. Geheimdienst gehört nicht auf den Regiestuhl Die CIA hat diesen Film also nicht nur unterstützt und geprüft, sondern stellt auch noch die beiden Sympathie­ träger. Affleck spielt dabei ebenso treuherzig wie ausstrahlungsfrei den Analytiker Ryan, Freeman verkörpert mit gewohnter Souveränität seinen Chef Cabot. Den teutonischen Osama bin Laden namens Dressler mimt der renommierte britische Schauspieler Alan Bates. Es ist eine unwürdige und alberne, aber sicher hoch bezahlte Rol­ le für einen Künstler dieses Kalibers. «Der Anschlag» beansprucht hohe Aktualität im Zusammenhang mit den Ereignissen 
des 11. September 2001. Aber zu sehen ist leider nur ein schlechter, klischeelastiger Film nach einer schlechten, klischeelastigen Vor­ lage. Hollywood sollte in Zukunft nicht dem Geheimdienst, sondern wieder ei­ nem richtigen Regisseur und begabte­ ren Drehbuchautoren das Filmema­ chen überlassen. Dann würden übri­ gens auch bessere Filme über die Ver­ teidigung der USA von Pentagon und CIA produziert werden. «Der An­ schlag» jedenfalls ist eine propagandis­ tische Zumutung mit geringem Unter­ haltungswert. 
:y- «Katzen würden Whiskas kaufen» - dieser Werbespruch trifft auf die ge­ heimnisvolle Minusch nicht zu. Sie steht auf frische Heringe und Sardi­ nen, die sie am liebsten entlang der Gräte abfrisst. Kein Wunder, dass es ihr bei dem armen Journalisten Tib- be so gut gefällt: Er kauft täglich beim Imbiss seine Portion Heringe und teilt sie gern mit seiner Mieze. Das Problem dabei ist nur, dass Minusch physisch ein Mensch ist, aber von tierischen Instinkten ge­ steuert wird. Nicht nur Fische isst sie auf Katzenart, sie würgt auch Mäuse hinunter, stöbert in Mülltonnen und sitzt bei Hundegebell ruckzuck auf dem Baum. Wie es dazu kam, dass Minusch Sich von einer Katze in ei­ nejunge Frau verwandelt hat, bleibt in diesem niederländischen Kinder­ film leider ein wenig im Dunkeln, wenn man von der Auffassungsgabe kleinerer Kinder ausgeht. Das soll aber die einzige Kritik bleiben an ei­ nem sehr gelungenen Film, der auf leichtpfötige Art einen Krimi mit Botschaft erzählt, immer nach dem Motto: Wer keine Katzen mag, muss ein schlechter Mensch sein. So wie der Unternehmer Ellemeet, der eine Deodorantfabrik besitzt und als grösster Wohltäter der Stadt gilt. Dabei hat Minusch aus einer Tonne genascht, die von Ellemeets Lastwa­ gen herunterfiel, bevor sie sich in einen, wenn auch niedlichen, Homo sapiens mit Audrey-Hepburn-Au- gen verwandelt hat. Tibbe, der er­ folglose, weil schüchterne Journa­ list, merkt bald, dass er von der selt­ samen Unbekannten im Tausch ge­ gen Fische die allerneuesten Nach­ richten bekommt. Denn Minusch pflegt die besten Verbindungen zu ihren Verwandten, nachdem sie mit einem markerschütternden Miau- Song bewiesen hat, dass sie nach wie vor Katze ist. FILMHITPARAPE Der Schweizerische Kino-Verband er­ mittelt jeden Freitag die Liste der 20 meist besuchten Filme der vergange­ nen Woche in den Kinos der deutschen Schweiz. Die repräsentativen Angaben stammen aus 05 Kinobetrieben in al­ len .wichtigen Städten der deutschen Schweiz. Die Filmhitparade nennt den Rang dieser Woche, den Vorwochen­ rang (in Klammer), den Filmtitel sowie den Regisseur des Films, «neu» heisst neu auf der Liste, «ern» heisst erneut auf der Liste. 1 (1) MEN IN BLACK 2 Barry Sonnenfeld 2 (2) SPffilT - STALLION OF THE... K. Asbury/L. Cook' 3 (4) MY BIG FAT GREEK WEDDING Joel Zwick 4 (3) 40 DAYS AND 40 NIGHTS Michael Lehmann 5 (neu) SCOOBY DOO Raja Gosnell 6 (5) SPIDER-MAN Sam Raimi 7 (6) UNFAJTHFUL Adrian Lyne 8 (neu) SEXY BEAST ' Jonathan Glazer 
9 (7) LILO 8t STICH D. Deblois/Ch. Sanders 10 (8) MURDER BY NUMBERS Barbet Schroeder 11 (9) SAMSARA Nalin Pan 12 (11) LAGAAN Ashutosh Gowariker 13 (10) WE WERE SOLDIERS Randall Wallace 14 (neu) INNOCENCE Paul Cox . 15 (12) ELLING Peter Naess 16 (13) CHAOS Coline Serreau 17 (14) HÜTT FEMMES F. Ozon 18 (15) STAR WARS EPISODE George Lucas 19 (neu) MATADOR Pedro Älmodovar 20 (neu) IL GIARDINO DEI FIN- ZI-CONTINI Visconti 
Zwei Frauen im Koma und die Liebe der Männer Pedro Almodovars neues Meisterwerk «Sprich mit ihr» Die grossen, beglückenden Filme die­ ses Jahres stammen nicht aus Hol­ lywood, sondern aus Europa. Nach den «Acht Frauen» des jungen Fran­ zosen Francis Ozon kommt nun ab dem 8. August das neue Meisterwerk des 51-jährigen Spaniers Pedro Äl­ modovar unter dem Titel «Sprich mit ihr» in die deutschen Kinos. Das bewegende Melodram erzählt von zwei ungewöhnlichen Paaren, vier Schicksalen, der Tragik der Liebe und dokumentiert die gereifte Könner­ schaft Almodovars, der wie stets für Drehbuch und Regie verantwortlich zeichnet. Im Mittelpunkt der Hand­ lung steht der Krankenpfleger Benig- no, ein freundlicher junger Mann, der seit Jahren sein Leben fast ausschliess­ lich der Betreuung einer im Koma be­ findlichen Schönheit gewidmet hat. Es ist die Tanzschülerin Alicia, der Be- nigno noch wenige Tage vor ihrem verhängnisvollen Unfall begegnet war und in die er sich prompt unsterblich verliebt hatte. Nun umsorgt er die Hilflose mit anrührender Hingabe. Vor allem aber spricht er zu ihr, als könne, ja müsse sie ihn verstehen und ir­ gendwann einmal, geweckt von sei­ nen Erzählungen, aus ihrem unseligen Schlaf erwachen. Ein ganz anderes Paar sind der Journalist Marco und die Stierkämpferin Lydia. Marco ver­liebt 
sich in die herbe Frau, deren Lei­ denschaft ihn fasziniert. Doch die to­ desmutige Lydia wird bei einem Kampf lebensgefährlich verletzt und fällt ebenfalls ins Koma. So lernen sich Benigno und der Journalist, der nun am Bett der Matadorin bangt, kennen. Beide sind der jeweiligen Ge­ liebten ganz nah und doch auch ganz fern. 
Ein seltsames Kinoerlebnis des Krankenpflegers, das er - von Äl­ modovar grandios und umwerfend originell ins Szene gesetzt - Alicia er­ zählt, hat schicksalhafte Folgen. Von denen erfährt Marco, der inzwi­ schen seinen Platz für Lydias nie ganz aufgegebenen Liebhaber El Nino 
geräumt hat und auf Reisen ist, wie äuch vom Ableben der Stierkämpferin. Doch das erschüttert ihn nicht so sehr wie die Nachricht, dass Benigno in Haft ist, wdl er die komatöse Alicia vergewaltigt haben soll. Tatsächlich ist diese schwanger, ein unerhörter Vorfall, und kein anderer gerät sofort unter Verdacht als Benigno, der doch den meisten als homosexuelles Mut­ tersöhnchen galt. Marco will dem Ver^ hafteten helfen und kehrt nach Spani­ en zurück. Dort hat sich ein tragisches Wunder ereignet: Alicia hat ein totes Kind geboren, ist aber vom Geburts­ schock aus dem Koma erwacht. Es ist nicht die letzte Pointe in diesem Film. Geraldine Chaplin, Leonor Watling und Rosario Flores (von links) spielen die Hauptrollen in Pedro Almodovars neuem Meisterwerk *Sprich mit ihr». I
	        

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